14 》Auszeit

"Jonathan?", murmelte ich kleinlaut. Was machte er denn hier? Das war unmöglich. Er musste doch arbeiten.
"Du Mistkerl!", er rannte wutentbrannt auf Tony zu und riss ihn zu Boden, "Was fällt dir ein, dich an Elizabeth zu vergreifen? Du arrogantes Arschloch!"
Seine Faust schlug auf Tonys rechte Gesichtshälfte und ich konnte nichts tun, als vollkommen geschockt und wie versteinert auf der Stelle stehen zu bleiben. Tony starrte Jon mit aufgerissenen Augen an und versuchte, sich unter ihm wegzurollen. Das klappte auch, jedoch erst, nachdem er einige Schläge eingesteckt und ausgeteilt hatte.

"Tony!", ich half ihm auf die Beine, musste aber erschreckenderweise feststellen, dass Jonathan sich ebenfalls wieder aufgerappelt hatte. Sein erzürnter Blick glitt zu mir und er musterte mich abfällig von oben bis unten, was mir eine unangenehme Gänsehaut bescherte. So gehässig hatte er noch niemals geguckt und augenblicklich gab mir mein schlechtes Gewissen einen ordentlichen Arschtritt. Jon liebte mich wirklich und ich hatte ihn in den letzten Wochen nicht gerade gut behandelt. Plötzlich war meine Selbstsicherheit wie weg geblasen. Natürlich wusste ich, dass es das Richtige gewesen war, die Beziehung zu beenden, aber auf diese Weise? Das hätte nicht sein müssen. Wir hätten bestimmt auch friedlich auseinander gehen können.

"Du miese Schlampe!", Jon stürmte wütend auf mich zu, doch Tony stellte sich schützend vor mich und versperrte ihm somit den Weg.
"Du hast mir geschworen, dass du nicht mit diesem Mistkerl schläfst und mich nicht betrügst! Elende Lügnerin!", warf mir mein Ex mit siedendem Ton an den Kopf und abermals zuckte ich aufgrund seiner Lautstärke zusammen.
"Ich hab' nicht gelogen", erwiderte ich lakonisch und senkte den Blick, "Das ist alles erst geschehen, nachdem wir Schluss gemacht haben..."
"Ja und soweit ich weiß, war das erst gestern!", entgegnete er verachtend. Ich konnte ihm seine Wut nicht übel nehmen. Er hatte ja recht. Ich verpasste ihm mit dem Ganzen wahrscheinlich einen Stich mitten ins Herz und das hatte er nicht verdient - vollkommen egal, was zwischen uns vorgefallen war. Ich hatte es nie gewollt, ihn zu verletzen, denn ich hatte Jonathan einst geliebt und auch, wenn es jetzt nicht mehr so war, wollte ich ihn nicht leiden sehen.

"Woah, stop", Tony trat ihm entgegen, "Es ist aus zwischen euch und es wird nie mehr ein ihr geben, nur noch eine Elizabeth und ein aggressives Arschloch."
Ich hätte nicht gedacht, dass Tony in dieser Situation so schnell aus der Haut fahren würde, aber ich war zu überrumpelt, um etwas zu unternehmen und ihn davon abzuhalten, das alles noch schlimmer zu machen, weshalb ich weiterhin einfach nur stumm da stand und mit ängstlichem Blick beobachtete, wie Jon vor Wut brodelte. Er war kurz davor, auszubrechen wie ein Vulkan.

"Arg!", schrie Jonathan und holte aus, doch Tonys eiserne Faust fing den Schlag ab. "Was zum?", Jons Miene verzog sich und mein Blick wechselte ebenfalls zu einem verwunderten.
"Gute Nacht", Tony zwinkerte ihm provokant zu und Jonathan wollte widersprechen, doch wurde eine Sekunde später ausgeknockt.
"Was ist das denn?", ich schaute auf die rot-goldene metallische Hand von Tony, die vor wenigen Augenblicken seine menschliche Hand ummantelt hatte.
"Ein Markband", klärte er mich auf, "Am Namen arbeite ich noch. Es ist im Grunde ein Armband, das sich mit einem Klick in die untere Armschiene meines Iron-Man-Anzuges verwandeln lässt. Schick, oder?"
Ich nickte seufzend und realisierte noch immer nicht wirklich, was hier gerade geschehen war.
"Hey, was ist denn los?", er schaute mich mit schief gerichtetem Kopf an.
"Ich...ich bin furchtbar", bestürzt schlug ich mir die Hände über dem Kopf zusammen, "Erst verhalte ich mich ihm gegenüber so gemein und jetzt mach ich auch noch mit Tony Stark vor ihm rum. Schlimmer könnte ich sein Herz gar nicht zermatschen. Ich bin zu einem Monster mutiert."
"Nein", lehnte er eifrig und kopfschüttelnd ab, "Das bist du nicht. Wir haben vielleicht vorschnell gehandelt, aber das eine bedeutet nicht direkt das andere. Wenn du dich dadurch besser fühlen würdest, könnten wir...wieder Schluss machen? Vorausgesetzt du gibst mir noch eine Chance, wenn wir uns richtig kennengelernt haben und du dich bereit dazu fühlst. Außerdem ist es doch eine ziemliche Ehre, mit Tony Stark rum zu machen."
Sein kesses Zwinkern zu diesem Spruch entlockte mir schließlich doch ein Lächeln, zugleich starrte ich ihn jedoch ungläubig an. Hatte ich mich gerade verhört? War Tony wirklich so verständnisvoll, dass er das, was wir erst vor wenigen Augenblicken beschlossen hatten, wieder fallen ließ? Das war überwältigend. Er war ein viel besserer Mensch, als ich vermutet hatte.

"W-wirklich?", ich konnte ihm einfach nicht ganz glauben und fragte deshalb lieber nochmal nach.
"Logo", er nickte lässig, "Das wäre dann zwar meine bisher kürzeste Beziehung, aber es gibt für alles ein erstes Mal."
"Wow, danke", ich konnte gar nicht anders, als kurzerhand sein Gesicht in meine Hände zu nehmen und meine Lippen auf seine zu drücken.
"Freundschaft Plus?", er wackelte mit den Augenbrauen, als ich von ihm abließ und ich realisierte, dass ich jetzt besser meine Finger von ihm lassen sollte, denn sonst klappte unser eben indirekt aufgestellter Plan mit der Kennenlernphase und dem Abstand wohl kaum.
"Oh, ups", beschämt wendete ich meinen Blick von ihm ab, "Sieh' es als Abschiedskuss. Vorläufig."
Ich sah zu Jonathan, der noch immer benommen auf dem Boden lag. Er hatte in letzter Zeit viel einstecken müssen.
"Was machen wir jetzt mit ihm?", fragte ich Tony mit hilflosem Unterton.
"Ihm geht's gut. Wir könnten ihn ins Krankenhaus bringen, aber das ist eigentlich nicht nötig."
"Eigentlich?", ganz überzeugt hatte er mich noch nicht, weshalb ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen inspizierte.
"Es hat ihn nicht umgebracht, aber ohne eine Verletzung kommt niemand bei einem Schlag von mir davon", erklärte er mir lediglich.
"Ich ruf' einen Notarzt", seufzend ergriff ich das Telefon von der Kommode.

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"Wo willst du denn jetzt hin?", fragte mich Tony, als ich die letzte Kiste in den Kofferraum meines Fiats räumte.
"Wahrscheinlich wieder zu meinen Eltern", setzte ich ihn in Kenntnis, "Das ist vorübergehend vermutlich die beste Option. So bescheuert es auch klingt: ich muss erst einmal Ordnung in mein Leben bringen. Die Bar...ich weiß einfach nicht, ob ich das noch machen will. In letzter Zeit war mir das alles zu viel. Und jetzt mit Jon...ich glaube kaum, dass es besser wird."
"Nimm dir eine Auszeit", schlug Tony vor, "Das tut gut, glaub' mir."
"Aber das kann ich mir im Grunde nicht erlauben. Ich will nicht jeden im Stich lassen", widersprach ich wie aus der Pistole geschossen, weil ich damit gerechnet hatte, dass er so etwas sagen würde. Meine Mutter hatte das immerhin auch schon getan und sogar mein Vater hatte angedeutet, dass ich mir Zeit für mich genehmigen sollte.
"Auch nicht, wenn du dich sonst selbst kaputt machst?", fragte Tony skeptisch und ich hielt inne. Hm. Er hatte ja irgendwie recht. Meine Freunde waren mir wichtig, sehr sogar, aber ich durfte ihre Bedürfnisse nicht über meine eigenen stellen, wenn ich mich dadurch selbst unglücklich stimmte. Das klang vielleicht egoistisch, aber meine Güte: ich durfte nach all den Jahren der Treue doch wohl einmal an mich selbst denken, oder?

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Dieses Kapitel hat mich irgendwie auf die Palme gebracht...ich hab's dauernd umgeschrieben bis ich schließlich endlich damit fertig war.

Wie immer würde ich mich sehr über einen Kommentar und / oder Vote freuen :)

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