13 》Süß, schlau oder sexy
"Wie spät?", fragte ich Tony, als dieser gerade aus dem Bett steigen wollte. Ich hatte mit ihm an meiner Seite geschlafen wie ein Stein.
"Halb neun", antwortete er und drehte sich verschlafen zu mir um, "Warum erschreckst du mich überhaupt so? Ich dachte, du würdest noch schlafen."
Seine braunen Haare waren verwuschelt, seine gleichfarbigen Augen trüb und unter ihnen zeichneten sich dunkle Schatten ab. Er hatte anscheinend nicht so gut geschlafen wie ich.
"Ich stecke voller Überraschungen", ich warf ihm ein Grinsen ins Gesicht und rutschte zu ihm rüber, "Die viel wichtigere Frage ist doch, warum du mich alleine lassen wolltest."
"Frühstück macht sich nicht von selbst", erwiderte er ohne Überlegung.
"Touché", ich nickte zufriedengestellt und ließ mich noch von ihm küssen, ehe ich ihm gestattete, das Bett zu verlassen. Es war ein überschwängliches Gefühl, seine Lippen auf meinen zu spüren, sodass mich abermals ein wohliges Kribbeln durchströmte. Was stellte dieser Mann bloß mit mir an?
"Ach, Tony?", rief ich ihm hinterher, als er bereits in den Flur geschritten und hinter der Ecke verschwunden war.
"Was gibt's?", sein Kopf erschien neben dem Rahmen der Türe.
"Könntest du mir einen Gefallen tun?", fragte ich ihn.
"Egal, was es ist: ja", er nickte und verschwand wieder.
"Das war ja leicht", murmelte ich zu mir selbst und stand schlussendlich auch auf, obwohl ich noch stundenlang in diesem butterweichen Bett hätte liegen bleiben können - sogar ohne Tony. Aber leider ging das nicht, denn ich hatte Verpflichtungen. Am liebsten wäre ich jedoch für immer hier geblieben, wo mich nichts an den Stress der letzten Wochen erinnerte. Egal, wie kindisch und verantwortungslos es klang: ich wollte nicht zurück in mein 'altes' Leben. Natürlich hatte ich genau gewusst, welche Konsequenzen es hatte, sich auf eine Beziehung mit einem Arbeitskollegen einzulassen und natürlich hatte ich lange darüber nachgedacht und Vor- und Nachteile gewichtet, bevor ich mich dazu entschieden hatte, mit Jon zusammen zu kommen - das Herz siegte letztendlich schließlich fast immer, egal wie sehr der Kopf rebellierte. Doch nun, wo ich an dem Punkt angelangt war, der ganz oben auf meiner Kontra-Liste gestanden hatte (nämlich ein negatives und sich wahrscheinlich kaum besserndes Verhältnis ausgelöst durch eine Trennung und mit nachteiliger Auswirkung auf das Arbeitsklima in der Bar), hatte ich einfach nur Angst. Angst davor, dass durch die Trennung mit Jon auch die Liebe zu meinem Job in Mitleidenschaft gezogen worden war. Im Grunde klang das ziemlich idiotisch und das war es womöglich auch, aber für mich fühlte sich im Moment alles, was ich bisher als richtig erachtet hatte, einfach nur noch falsch an.
Nachdem ich im Badezimmer geduscht und mir wieder provisorisch meine Klamotten von gestern Abend angezogen hatte, gesellte ich mich zu Tony in die Küche. Wir saßen gegenüber voneinander am Esstisch und genossen das von ihm gezauberte, kleine Frühstück, was aus vielerlei Früchten und frischen Pfannkuchen bestand. Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass er selbst kochte. Schließlich hatte er mehr als genug Geld, um sich einen der beste Köche anzustellen, der das wohl köstlichste Frühstück der Welt zubereiten konnte...wobei das, was Tony auf die Beine gestellt hatte, nicht minder lecker war. Der eiserne Mann hatte offenbar nicht nur viele Stunden in der Werkstatt, sondern auch hinter dem Herd verbracht.
"Also", begann ich, als nichts mehr auf dem Tisch stand, "Da du ja bereits eingewilligt hast, wär's vielleicht gut, wenn du den Plan auch kennen würdest."
Ich wartete, warum auch immer, auf eine Bestätigung seinerseits, die kurz darauf mit einem stummen Nicken kam.
"Ich müsste die wichtigsten Sachen aus meiner Wohnung holen. Wir fahren am besten mit zwei Autos, dann können wir mehr mitnehmen", erklärte ich ihm.
"Woah, Moment. Du ziehst aus?", fragte er mich überrascht und schaufelte sich einige Trauben in den Mund.
"Ja", ich nickte, "Die Wohnung gehört zwar zur Hälfte mir, aber ich möchte sie nicht. Es wird Zeit für einen Neuanfang."
"Du und dieser Raufbold, ihr seid-?"
"Getrennt, ja. Das wurde auch langsam Zeit. Ich liebe ihn schon seit einer Weile nicht mehr."
"Und was ist das hier?", er deutete mit einer verworrenen Geste und skeptischem Blick zwischen uns hin und her.
"Ich weiß es nicht", gestand ich, "Aber ich hoffe, dass ich für dich mehr als nur ein Betthäschen bin."
"Ich hätte nicht gedacht, das einmal zu sagen, aber ja", er nahm meine Hände in seine und lächelte matt, "Ich hoffe, dass das umgekehrt nicht anders ist. Immerhin bin ich der Tony Stark. Heißester Superheld der ganzen Welt."
"Naja, dieser Captain Steve Rogers macht dir aber ordentlich Konkurrenz", ich grinste schelmisch, als ich sein geschocktes Gesicht sah.
"Spaß beiseite. Es geht mir nicht nur um das eine", ich schüttelte den Kopf und wählte dann weise die Worte aus, die mir in den letzten Minuten immer wieder durch den Kopf gehuscht waren, "Du könntest mein Neuanfang sein, Tony. Wir könnten es versuchen."
"Eine Beziehung?", seine Stirn runzelte sich und ich stimmte ihm nervös zu, wobei mir diese Idee, nachdem ich sie ausgesprochen hatte, plötzlich ziemlich ungut erschien. Immerhin hatte ich mich gerade erst von Jonathan getrennt. Da war eine neue Beziehung ganz bestimmt nicht die erste Sache, an die ich zu denken hatte.
"Hm", er schien zu überlegen, "Ich weiß es nicht."
"Vergiss das einfach", murmelte ich und blickte auf unsere Hände, die noch immer ineinander verschränkt waren. Der gestrige Abend war wunderschön gewesen und ich hatte ihn mit meinen Worten wahrscheinlich vollkommen verschreckt. Toll gemacht, Elli.
"Versteh' mich bitte nicht falsch", er seufzte, "Ich hätte nichts gegen dich als Freundin, aber ich weiß einfach nicht, ob es das richtige ist. Ich bin immerhin ein weltweit bekannter Held. Das lässt sich nicht einfach nach Lust und Laune ändern. Wenn ich zulasse, dass du ein Teil meines Lebens wirst, bringe ich dich in Gefahr. Und das ist das Letzte, was ich will. Mein Leben ist nicht leicht. Das war es nie. Es ist wenig Platz für etwas wie eine Beziehung. Ich muss darüber nachdenken, okay?"
Ich nickte, weil ich wusste, dass ich keine andere Wahl hatte. Wenn ich zum Leben des berühmt-berüchtigten Iron Mans gehören wollte, musste ich Abstriche machen.
"Jetzt sollten wir erstmal deine Wohnung plündern, nicht wahr?", er grinste mich an und ich stimmte ihm schmunzelnd zu.
Wir gingen gemeinsam aus seinem Anwesen und blieben in der Einfahrt stehen. Mein Blick fiel auf meinen weißen alten Fiat, neben dem Tonys orangener Audi stand, der aussah, als könnte er schneller fahren als ein ICE.
"Du willst nicht zufälligerweise tauschen, oder?", fragte ich Tony hoffnungsvoll.
"Damit habe ich gerechnet", er lachte auf, "Weißt du was? Warum nicht. Hier", er warf mir den Schlüssel zu, den ich geschickt fing. Im Gegenzug gab ich ihm meinen.
"Wer schneller da ist?", schlug ich vor.
"Ich hoffe mal nicht, dass das eine ernst gemeinte Frage war", erwiderte er und stieg in meinen Fiat. Ich dagegen ließ mich hinter dem Steuer seines Audis nieder und schmiss staunend den Motor an.
"Der blanke Wahnsinn!", mit rasender Geschwindigkeit fuhr ich vom Grundstück und schoss wie eine Rakete über die Straße.
"Das nenne ich ein Auto!", rief ich Tony entgegen, als wir aufeinander zu liefen. Er hatte soeben hinter meinem...nein, seinem Auto geparkt. Ich war natürlich lange vor ihm bei meiner Wohnung angekommen gewesen, aber das wollte ich ihm jetzt nicht unter die Nase reiben, denn sonst ließ er mich womöglich nie wieder mit einem seiner Autos fahren.
"Ich hab' dich nach etwa fünf Sekunden aus den Augen verloren. Geht es meinem Schatz gut?", wollte er wissen.
"Mir oder dem Audi?", fragte ich schmunzelnd nach.
"Meine Definition von Schatz umfasst sowohl Autos als auch Frauen. Die zwei besten Dinge der Welt. Von Technik mal abgesehen."
"Du bist wirklich süß, Tony", meine Mundwinkel zogen sich nach oben.
"Ich bevorzuge schlau oder sexy", erwiderte er und ich musste lachen.
"Wie wäre es mit süß, schlau und sexy?", schlug ich vor.
"Meine persönliche Dreifaltigkeit", er stimmte mir grinsend zu, "Find' ich gut."
"Auf geht's, Süßer", ich zwinkerte ihm zu und er wollte widersprechen, doch ich redete weiter, "Genie. Und nicht zu vergessen: Playboy."
"Mach' dich nicht lustig", er schüttelte den Kopf und ich starrte ihn entsetzt an.
"Das würde ich nie wagen!", entgegnete ich mit aufgesetzter Stimme, "Ich will dem großen Tony Stark ja nicht Unrecht tun!"
"Du bist ganz schön gemein", er schmollte.
"Du bist ein kleiner Narzisst, das verkraftest du schon", ich klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter.
"Hast recht", erwiderte er, plötzlich wieder selbstbewusst wie eh und je.
Lächelnd schloss ich die Haustüre auf und wir gingen die Treppen hoch. Seufzend betrat ich mit Tony im Schlepptau meine Wohnung und stellte ziemlich schnell fest, dass Jonathan nicht da war. Das war perfekt, denn wäre es nicht so gewesen, hätte es blutig enden können. Er musste ja glücklicherweise arbeiten, also hatten Tony und ich genug Zeit, um alles einzupacken. Ich hatte mich gestern Abend noch bei Marceline für heute krankgemeldet. Es war zwar nicht richtig von mir, sie anzulügen, aber mir blieb im Grunde keine andere Möglichkeit. Über die Trennung wollte ich nicht reden und damit hatten sich alle anderen Optionen erledigt.
"Womit fangen wir an?", riss mich Tony aus meinen Gedanken.
"Ich hol' die Umzugskartons aus der Abstellkammer und dann räumen wir als erstes den Kleiderschrank aus."
"Ui", ich hörte Tonys Pfeifen aus dem Schlafzimmer und rannte sofort in den Raum, "Heiße Unterwäsche."
Ich verdrehte meine Augen. Man konnte ihn nicht einmal für fünf Minuten alleine lassen.
"Lass das", ich schnappte mir den Tanga aus seiner Hand und stopfte ihn in den mittlerweile fast vollen Karton. Das war bereits der zweite, den wir gefüllt hatten. Der Schrank war auch schon so gut wie leer.
"Nein ehrlich: das ist echt scharf", redete Tony ungezügelt weiter, "Ich würde dich gerne mal nur damit sehen."
"Dann musst du dich anstrengen, Freundchen", ich grinste ihn frech an, "So leicht mach' ich mich nicht frei."
"Ach nein?", er schritt auf mich zu und ließ seine Hände über meinen Körper streichen, "Ich hab' übrigens nachgedacht."
"Das tun die meisten Menschen für gewöhnlich", ich wusste nicht, worauf er hinauswollte.
"Über uns", er seufzte.
"So schnell?", ich war überrascht.
"Du weißt doch, ich bin oberklug. Da geht das Denken ziemlich schnell", entgegnete er.
"Tony, Spaß beiseite", ich sah ihn ernst an.
"Okay, okay", er atmete tief durch und überwand sich schließlich, "Ich will es versuchen. Wir kennen uns zwar noch nicht lange, aber wenn sich herausstellen sollte, dass du eine kranke Psychopathin bist, kann ich dich immer noch mit meinem Anzug wegpusten."
"Aber bitte nur, wenn die Information aus verlässlicher Quelle stammt, okay?", ich lachte verlegen auf und schmolz innerlich vor Freude dahin.
"Natürlich", er lächelte mich an.
Ich war glücklich, zum ersten Mal seit langem. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass Jonathan mein Leben schlecht gemacht hatte, denn so war es nicht gewesen. Wir hatten eine tolle Zeit gehabt. Nur war meine Liebe zu ihm nicht so stark gewesen, dass ich länger mit ihm hätte zusammen bleiben können. Seine Wutausbrüche hatten diese Tatsache zusätzlich unterstützt. Und obwohl ich noch nicht alles über Tony Stark wusste, war mir klar, dass ich alles über ihn wissen wollte. Ich wollte ihn richtig kennenlernen, Abende wie den gestrigen mit ihm verbringen, möglicherweise auch einige Spritztouren in seinem Sportwagen unternehmen oder einfach nur mit ihm reden und lachen. Der Gedanke an all diese Dinge stellte mich nämlich zutiefst zufrieden und ließ mich Hoffnung schöpfen.
"Danke, Tony."
"Gerne", Tonys Lippen drückten auf meine und seine Zunge gewährte um Einlass, während seine Hände meinen Körper näher an seinen zogen, sodass all meine Zweifel sich plötzlich in die hinterste Ecke meines Kopfes verkrochen.
"Das glaub' ich einfach nicht!", schrie eine laute Stimme. Vor Schreck löste ich mich abrupt von Tony und stolperte nach hinten. Ach du heilige Scheiße.
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Ein kleiner gemeiner Cliffhanger, aber ihr könnt euch ja sicherlich denken, was den beiden blühen wird...
Oben zu sehen ist übrigens Tonys Sportwagen, mit dem Elizabeth die Ehre hatte zu fahren :D
An dieser Stelle möchte ich nochmal sagen, wie sehr es mich freut, dass vielen von euch diese Geschichte so gefällt! Eure Kommentare spornen mich so unfassbar an, das ist der Wahnsinn!
So das war dann auch genug Gequatsche, wenn's euch gefallen hat, hinterlasst doch gerne einen Vote oder Kommentar und wenn nicht, dann nicht :)
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