11 》Schlagzeilen
"Elizabeth!", schrie Jonathan und ich öffnete benommen meine Augenlider. Es war Samstagmorgen, warum weckte er mich bitteschön? Er wusste genau, dass ich es hasste, wenn mir Schlaf gestohlen wurde. Moment...Samstag! Heute würde ich zu Tony gehen. Falls alles glatt lief und Jonathan mir die Sache mit dem Besuch meiner Eltern abkaufte. Irgendwie fühlte ich mich schlecht, wenn ich ihn anlog, aber die vergangenen Ereignisse hatten bewiesen, dass ich ihm gegenüber - zumindest was Tony betraf - nicht ehrlich sein konnte. Das führte nur wieder auf Diskussionen, wilde Anschuldigungen und belastenden Streit hinaus. Und davon hatte ich in letzter Zeit mehr als genug gehabt.
Wenigstens hatte ich die letzten Tage gut überstanden. Dieser Banküberfall...je länger ich darüber nachdachte, desto mehr schnürte sich meine Kehle zu. Ich hätte tatsächlich sterben können. Was wohl geschehen wäre, wenn Tony nicht aufgetaucht wäre? Ich konnte und wollte es mir gar nicht ausmalen.
"Was ist denn?", rief ich Jon zu und richtete mich blinzelnd auf.
Er stürmte aufgebracht ins Zimmer und warf eine Zeitung direkt neben mich aufs Bett.
"Du bist berühmt, herzlichen Glückwunsch!", erwiderte er mit nicht überhörbarem ironischen Unterton in seiner Stimme.
"Was?", murmelte ich verwundert und schnappte mir die Zeitung. Oh oh. Mir war sofort klar, was er meinte, als ich die Titelseite erblickte. Ein riesiges Foto von mir und Iron Man kleidete diese und direkt darüber rühmte sich in fetter Blockschrift folgender Satz: Iron Man und seine heldenhafte Freundin.
"Ich kann das erklären", verteidigte ich mich.
"Das brauchst du nicht!", warf er mir wütend an den Kopf, "Ich hatte Recht. Von Anfang an. Du bist echt das Letzte!"
"Jonathan!", ich erhob meine Stimme ebenfalls, "Es gab überhaupt keinen Anfang von irgendeiner Sache zwischen Tony Stark und mir! Du hattest also nicht Recht! Er war beim Überfall involviert, na und? Er hat dir dein Leben gerettet, wie wäre es mit einem Funken Dankbarkeit?"
"Es ist mir vollkommen egal, dass mir dieser arrogante Milliardär das Leben gerettet hat!", entgegnete er gehässig, "Ich schulde diesem Kerl nichts, rein gar nichts außer einem Schlag in sein blödes, grinsendes Gesicht! Und du brauchst gar nicht zu leugnen, dass du etwas mit ihm hattest, denn ich weiß, dass du mich nicht mehr liebst und dieser Typ perfekt in dein Beuteschema passt!"
"Beuteschema?", ich war fassungslos, "Jetzt reicht es aber! Ich lasse mir deine Anschuldigungen nicht länger gefallen!"
Furios sprang ich aus dem Bett, rannte zum Schrank, schnappte mir eine große Reisetasche und schmiss einige meiner Klamotten in diese.
"Was machst du?", wollte er verwirrt wissen und ich war kurz davor, überzukochen.
"Blöde Frage, ich hau' ab!", brummte ich sauer und hängte mir die Tasche über die Schulter.
"Wo willst du denn hin?", er war dicht hinter mir, als ich durch die Wohnung lief und mir schließlich im Flur meine Turnschuhe und einen Sweater überzog. Ihm hatte ich nichts mehr zu erklären. Ich hatte ihm immer wieder eine Chance gegeben, aber irgendwann hatte selbst ich die Schnauze voll.
Ich ignorierte ihn, schnappte mir meinen Schlüssel und drehte mich dann noch einmal um. Er stand dort wie ein nasser Hund, doch das weckte in mir kein bisschen Mitleid. Ich hatte es versucht, das hatte ich wirklich. Aber jetzt war es an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen.
"Morgen früh hole ich meine restlichen Sachen", klärte ich ihn lediglich auf und ging dann aus der Wohnung.
Seufzend stürmte ich die Treppen hinunter und verließ schließlich auch das Haus. Ich stieg in meinen alten Fiat, mit dem ich seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gefahren war, weil ich mich mittlerweile ans Busfahren gewöhnt hatte, startete den Motor und fuhr los.
"Beuteschema", grummelte ich kopfschüttelnd, "Der hat ja wohl 'ne Schraube locker!"
Erst jetzt wurde mir klar, wie demütigend und verletzend seine Worte doch waren. Ich wäre niemals, wirklich niemals, auf die Idee gekommen, ihn tatsächlich zu betrügen. Klar, in meinen Gedanken hatte ich das vielleicht schon getan und das wollte ich keinesfalls schön reden, aber es war doch etwas ganz anderes, diese Fantasie in die Tat umzusetzen.
Mein Weg führte mich ein weiteres Mal nach Santa Monica, wo ich schließlich in der Einfahrt des Einfamilienhauses meiner Eltern parkte. Es war noch immer mein Zufluchtsort Nummer Eins.
"Lizzy?", mein Vater sah mich verdutzt an, nachdem er die Türe geöffnet hatte, "Was machst du denn hier?"
"Lange Geschichte", ich seufzte schwer, "Darf ich vielleicht erst einmal reinkommen?"
"Natürlich", er nickte verständnisvoll, nahm mir meine Tasche ab und schritt beiseite, sodass ich eintreten konnte. Ich schlenderte sofort ins Wohnzimmer, wo meine Mutter auf der Couch saß und ihren Blick auf den Fernseher gerichtet hatte.
"Schätzchen, was machst du denn hier?", sie nahm mich wahr und ich setzte mich daraufhin neben sie.
"Ach, Mum", ich lächelte sie müde an, "Darf ich für ein paar Tage hier bleiben? Wirklich nicht lange, nur vorübergehend."
"Aber klar doch", sie nickte eifrig, "Möchtest du etwas trinken oder essen?"
"Nein, ich geh' jetzt erst einmal nach oben und ruh' mich ein bisschen aus, wenn das in Ordnung ist."
"Selbstverständlich", erwiderte sie, "Bis später Süße."
Ich schnappte mir noch meine Tasche und ging dann die Treppe hoch.
"Was hat sie gesagt?", ich hörte die fragende Stimme meines Vaters bis nach oben, obwohl er sich anzustrengen schien, diese möglichst leise zu halten.
"Nichts", entgegnete meine Mutter flüsternd, "Aber wir sollten ihr Zeit geben, Richard."
Ich seufzte abermals und betrat mein ehemaliges Zimmer. Hier hatte sich in all den Jahren nichts verändert. Meine weißen Möbel standen noch immer am selben Fleck wie vor zehn Jahren und auch die Poster der Bands, die ich damals angehimmelt hatte, klebten noch immer an den Wänden. Ebenso Fotos, die ich vor Ewigkeiten geknipst hatte und auf welchen sich neben einer jungen Elizabeth auch ihre alten Freunde wiederfinden ließen. Dieser Raum weckte so viele Erinnerungen. Erschöpft schmiss ich mich auf das Bett und starrte an die Decke. Was für ein verrückter Tag. Und er hatte erst vor wenigen Stunden angefangen. Es war elf Uhr morgens und eine neunundzwanzigjährige Frau war soeben wieder bei ihren Eltern eingezogen, nachdem sie einen heftigen Streit mit ihrem jetzigen Ex-Freund hatte, der davon handelte, dass sie angeblich eine Affäre mit Iron Man gehabt hätte. Objektiv betrachtet klang das alles ziemlich unwirklich und ich konnte selbst noch nicht fassen, dass ich diese Frau war. So schnell konnte sich das Leben wenden. Naja, die Erde drehte sich weiter, also durfte ich auch nicht stehen bleiben.
Ich quälte mich demnach wieder auf die Beine und stellte mich im Badezimmer unter die Dusche. Das lauwarme Wasser befreite mich nicht nur vom Schmutz, sondern auch von unreinen Gedanken. Ich versuchte, alles beiseite zu schieben und mich lediglich auf den Klang des prasselnden Wassers zu konzentrieren. Ich summte eines meiner liebsten Lieder und vergaß für einen Augenblick die Realität mit all ihren Problemen, die sich mir möglicherweise noch in den Weg stellen würden.
"Mum, Dad?", rief ich durchs Haus, als ich die Treppenstufen hinunter rannte.
"Hier!", schrie meine Mutter und ich verdrehte meine Augen, während ich das Wohnzimmer betrat.
"Mum, hier ist keine sehr ausführliche Beschreibung von deinem Aufenthaltsort", erinnerte ich sie.
"Und dennoch hast du mich gefunden", entgegnete sie mit triumphierendem Grinsen, "Was steht an?"
Ich fand es noch immer lustig, wenn sie sich an diesem modernen Slang bediente, denn das passte einfach nicht zu ihr - obwohl sie nicht wirklich konservativ war.
"Ich wollte dir nur sagen, dass ich jetzt weg bin. Kann sein, dass ich erst morgen wieder da bin. Kommt drauf an, wie sich alles entwickeln wird", klärte ich sie auf.
"Wohin geht es denn?", fragte sie - neugierig wie sie nun einmal war.
"Ich hab' eine Verabredung mit Tony", erzählte ich und lächelte matt vor mich her. Dieses Treffen brachte mich hoffentlich auf andere Gedanken.
"Der Tony, von dem du mir bereits berichtet hast?", sie wackelte mit ihren Augenbrauen.
"Genau der", stimmte ich zu.
"Dann wünsche ich dir viel Spaß", sie warf mir einen freundlichen Blick zu, "Nimm' am besten einen Schlüssel mit, denn je nachdem, wann du nach Hause kommen solltest-"
"Jaja, Mum", ich winkte schmunzelnd ab, "Ich hab' alles eingepackt, was ich brauche. Mach' dir keine Sorgen, ich bin mittlerweile erwachsen und mache nicht mehr so einen Mist wie früher."
"Schatz, das weiß ich doch", sie lachte, "Aber egal wie alt man ist, es kann immer wieder Menschen geben, in denen man sich täuscht."
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Neue Woche, neues Kapitel! Diesmal etwas länger und endlich die wahrscheinlich von euch sehnlichst erwartete Trennung zwischen Elizabeth und Jonathan :D
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