[02]
Jisung PoV
Die Schmerzen hatten nach meinen beiden Stunden Schlaf deutlich nachgelassen, sodass es kein wirkliches Problem mehr war, sie zu ignorieren und so zu tun, als hätten sie nie existiert.
"Du liegst ja schon wieder nur rum! Beweg dich doch endlich mal. Kein Wunder, dass du keine Freundin hast, wenn du nur in der Gegend rumliegst.", meinte meine Mutter genervt.
"Ich finde auch keine, wenn ich mich stattdessen an den Schreibtisch setze.", erwiderte ich kalt.
"Vielleicht findest du ja eine, wenn du deine Zeit mit lernen verbringst. Viele Frauen finden Intelligenz anziehend."
"Schön für die. Sollen die doch Einstein heiraten oder so."
"Mach so weiter und die Leute denken, du wärst schwul.", erwiderte sie, als wäre es das wohl schlimmste, was ich sein könnte. Es hatte schon seine Gründe, warum sie nicht wusste, dass ich auf Jungen stand.
"Kann denen doch egal sein. Selbst wenn ich es bin, geht es die doch nichts an. Ist doch nicht deren Problem, wenn ich mich lieber von einem Typen durchnehmen lasse. Ist schließlich mein Arsch."
"Musst du eigentlich immer so starrsinnig sein?! Du klingst wie dein Vater!"
"Ja, muss ich!", schrie ich schon fast zurück. Ihre Aussage hatte sich angefühlt wie ein fester Schlag ins Gesicht. Das Gefühl kannte ich ja inzwischen gut genug.
"Zick mich nicht so an!"
ICH zickte? Sie machte doch nichts anderes!
"Dann zieh du Dad da nicht mit rein!"
"Finde dich endlich damit ab, dass er tot ist und hör auf ihn heilig zu halten!"
Sie knallte meine Tür zu und beendete somit die Diskussion.
"Ich wünschte, du wärst es stattdessen...", flüsterte ich leise, sodass sie es nicht hören konnte und setzte mir meine Kopfhörer auf, um ihre Anwesenheit in diesem Haus besser ignorieren zu können. Mein Herz wurde schwer und ich spürte, wie sich mein Atem abflachte, als wäre er schon fast nicht mehr da.
"Oder ich.", murmelte ich noch und drehte mich auf die andere Seite meines Bettes.
Meine Kopfhörer drückten gegen mein Ohr, doch ich ignorierte es einfach und kuschelte mich in meine Decke. Was genau diese Emotion, die ich nicht anders als mit einem 'Es geht mir dreckig' beschreiben konnte, war, wusste ich nicht. Trauer? Einsamkeit? Ein Hauch von Wut?
Im Endeffekt war es doch egal, wie man es nennen wollte. Es ging darum, was es mit mir machte. Es vernebelte meinen Kopf, betäubte alles und ließ mich nur noch die Musik in meinen Ohren wahrnehmen ließ.
Ich musste dieses Gefühl wieder loswerden, bevor es schlimmer wurde, denn wenn das passierte, wurde es schwieriger, sich da wieder rauszuholen. Das wusste ich. Dann half normalerweise nur noch Schlaf, aber dafür war es noch viel zu früh.
Das Aufstehen fühlte sich mühsam an und ich hatte das Gefühl, mein Körper brach schon fast zusammen, als ich mich auf meinen Schreibtischstuhl setzte. Ich öffnete meinen Laptop und suchte einen der Songs raus, den ich angefangen hatte, als es mir das letzte Mal so ging. Die nächsten paar Stunden, saß ich nur noch an meinem Laptop und arbeitete an meinen Songs, wobei ich nicht merkte, wie es draußen langsam dunkler wurde und wie sich Hunger in meinem Magen breit machte.
Erst als ich in fast vollständiger Dunkelheit saß und kaum noch die Tastatur meines Laptops sehen konnte, realisierte ich, dass es bereits 8 Uhr abends war und ich allmählich mal etwas essen und trinken sollte.
Ich verband meine Kopfhörer also mit meinem Handy und machte mich mit Musik in den Ohren auf den Weg in die Küche. Auf dem Tisch standen noch zwei Töpfe, doch sie waren beide leer, weshalb ich im Kühlschrank nach Resten ausschau hielt. Ebenfalls nichts. Dann musste ich wohl selbst etwas kochen. Wenigstens war ich dabei anscheinend alleine, was eigentlich ungewöhnlich war. Normalerweise saß meine Mutter um diese Uhrzeit immer in der Küche und machte etwas an ihrem Handy oder an ihrem Laptop. Im Wohnzimmer und im Bad hatte ich auch kein Licht brennen sehen und einen Keller hatten wir nicht. Ich warf einen schnellen Blick auf den Parkplatz vor unserem Haus, doch ihr Auto fehlte ebenfalls. Dann hatte ich wenigstens mehr Platz für mich alleine.
Dadurch dass ich meine Zeit oft alleine oder nur mit Leuten, die ich mit etwas negativem verband, verbrachte, war ich am liebsten alleine. So war ich einfach am sichersten. Alleine bei dem Gedanken an zukünftige Unterhaltungen oder nach längerer Zeit gemeinsam mit anderen bekam ich Panikattacken. Wobei ich mir nichts sicher war, ob man sie wirklich so nennen konnte, da sie für gewöhnlich durch Stress ausgelöst wurden und nicht durch Angst. Angst konnte Stress hervorrufen, doch das war nicht das, was ich erlebte. Ich bekam in diesen Situationen das Gefühl, dass ich mich in einer stressigen Situation befand, die ich nicht ändern konnte. Ich war einfach viel zu überfordert und konnte nichts mehr wirklich einschätzen, was genau das war, was mich meist so fertig machte. Manchmal war es tatsächlich Panik, aber die meiste Zeit waren es Stress und zu viele unverarbeitete Eindrücken, die im gleichen Moment auf mich eindrückten. Es war anstrengend, das quasi täglich auszuhalten, doch mir blieb nichts wirklich anderes übrig.
Ein Seufzen entfloh mir und ich ließ meinen Blick über die unaufgeräumte Küche wandern. Das würde ich aufräumen müssen, auch wenn ich keine Lust dazu hatte und das meiste davon nichtmal benutzt hatte. Während ich begann, das Wasser für meine Nudeln zum Kochen zu bringen, räumte ich die ersten Teile an Geschirr weg, doch wurde nicht fertig und irgendwann konzentrierte ich mich eher darauf, meine Tütensoße und die Nudeln zu kochen, was mich irgendwie deprimierte. Ich wusste nicht genau wieso, aber immer, wenn ich etwas kochte, zog mich das ziemlich runter, weshalb ich nicht gerne kochte. Aber es musste gerade nunmal sein.
Ich stellte mein Essen auf den Tisch und begann dann zu essen. Noch immer kam niemand nach Hause und so verbrachte ich den restlichen Abend alleine.
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