(3) - Warum!

Seine Antwort war ein Lachen. Der perplexe Hauch in seinem Blick hielt nur kurzzeitig. Dennoch finde ich die Worte, die beim Schwung seiner Stimmenbänder dazugekommen sind, recht interessant. In einer fragwürdig komischen Weise der Art dieser wörtlichen Existenz. Was ich damit sagen will, er hat ‘Das klingt gut Coach.‘ gesagt.

Gruselig, erschreckend und von verfluchend leichter Verstörung eingenommen ist es auch noch.

Dass ich ihn beim ersten Wortwechsel geduzt habe, wurde von allen mit Blicken der Furcht kommentiert. Ist er etwa so ein Schnösel? Eigentlich besaß ich genau dies als Hoffnung. Hätten wir gestritten, wäre das Interesse an dieser schnell vergesslichen Persönlichkeit gewachsen. Auf eine andere Weise wie es jetzt geschehen ist.

Er hätte mich aufgrund seines Hasses, dass ich so frech war und das siezen als keine Option ansah, immerhin ist unser Alter etwa auf einer Länge jeglicher Welle. Also weswegen sollte ich? Er hätte mich verflucht und abscheut. Eine Partnerschaft wohl kaum in Erwägung gezogen. Ich hätte schnell ausgedrückt, mit seinen Nerven gespielt. Sie überstrapaziert und zum Reißen verleitet.

Als Folge, so nebenbei:
Ich wäre ihm zufällig auf jeder hierauf folgenden Veranstaltung begegnet, hätte ihn beobachtet, möglicherweise ab und zu, nicht selten, E-Mails geschrieben. In denen ich Versöhnung einfordernd, mich vor lauter Lachen für das Duzen entschuldigt hätte.

Aber seine nun präsente Erwiderung meiner recht frechen, in dem Business unüblichen, Aussage, hat etwas anderes in mir erweckt.

Ich will diese Person nicht kennenlernen, weil ich die Strapazierfähigkeit ihrer Nerven erforschen will und die Provokation jeglicher Art versuchen, nein. Es ist anders. Ich will wissen, weswegen er etwas Derartiges erwidert hat.

Meine eigenen Gründe sind mir bekannt. Aber seine. Die möchte ich kennenlernen, wissen, weswegen er so locker ist. Wir als Giganten des Marktes.

Ich muss einfach erfahren, wie es sich einwickeln konnte. Und ja. Genau deswegen steh ich in meinem Büro. Starre hinaus, in die Dunkelheit, welche in der Stadt und dem digitalen Lichter-Spiel, eher Verschwörung als Wahrhaftig ist. In meiner Hand halte ich ein Glas. Der Rand ist dick, scheint unzerstörbar, während die goldbraune Flüssigkeit eines Inhaltes leicht schwenkt. Nachdem ich dieses Teil soeben wieder, von meinen Lippen lösend, gesenkt habe.

Ich hasse dieses Leben. Will es schon, solang nicht mehr haben. Vorhin dachte ich noch, dass einzig diese Hoffnung auf News eine Erhaltung von Atmung in mir hervorruft. Aber jetzt. Es hat sich vieles geändert.

Die ganze Zeit hab ich ihn angestarrt. Sein Abbild ist nur noch vage und gewissermaßen schwach in meinen Kopf erkennbar. Fast schon schade, immerhin konnte ich meinen Blick keine Sekunde abwenden. Jedoch werde ich eine Sache nie vergessen können. Diese Stimme. Ihr Klang ist so betörend, verdammt nochmal wie eine Entspannungstherapie für meine Ohren.
Ich könnte sie immer wiedererkennen. Dabei hab ich sie nur so selten gehört.

Einmal bei dieser spöttischen Antwort.

Und das zweite Mal, nach dem langen Anstarren, als wir die Partnerschaft eingegangen sind.

Erst dann ist mir auch etwas aufgefallen, was die ganze Zeit einen Bestand hatte. Auch er hat mich durchgängig angestarrt. Also wahrscheinlich. Immerhin sind wir beide mehr erschrocken, als gewollt zusammengezuckt, als die ganzen Gespräche zum Geschäftlichen übergingen.

Keine Ahnung worauf ich mich genau eingelassen habe, aber ich hab ihn angestarrt. Während ich den Kugelschreiber in meiner Hand geführt und unterschrieben habe. Ich hab ihn angelächelt, als wir uns entschlossene Blicke zu warfen. Die Erleichterung unserer Mitarbeiter ignoriert. Einfach nur ihn angestarrt.

Die Person, welche mir einen jetzt wohl noch länger bestehenden Wert fürs Leben überreichte, hat mein Leben betreten, bevor das Eintreten von News es wieder auf das Dach, dem Fall nah, bringen konnte. Und das einzige, was die Person mir überreicht hat, war sie selbst.

Ich hab ihn angestarrt. Einfach nur angestarrt. Und sobald das Formale durch war, bin ich gegangen. Nach einem weiteren Wimpernschlag, hab ich unseren Blickkontakt, den ich nie beachtet habe, weil seine dunklen Augen wie ein Bann waren, beendet. Ich hab mich umgedreht. Die Tür geöffnet und ohne eine richtige Verabschiedung habe ich kaum danach mein Büro betreten.

Mir den Whisky eingegossen. Nur um jetzt vor dieser Fensterfront zu stehen.

Weswegen hab ich dieses Ziel zugelassen, warum verdammt hab ich mir vorgenommen diese noch fremde Persönlichkeit entdecken, kennenlernen und verstehen zu wollen. Ich weiß es nicht. Aber er fasziniert mich.

Seine Art ist so anders. Er ist kein normaler Unternehmensführer. Wir ähneln uns. Das ist wahrscheinlich der Grund. Ich sehne mich noch immer danach. Habe ich damit nicht abgeschlossen? Es endlich hinter mich gelassen?

Sofort festige ich meinen Griff um das stabile Glas. Meine Faust ist angespannt. Ich spüre wie meine Knochen herausstechen und in ihrer runden Hebung die Haut durchdringen wollen.

Nein.

Nein.

NEIN.

Kräftig schlagend schwingt mein Arm zur Seite, während meine Hand sofort ihren Druck löst. Das Glas somit fliegend gegen die Wand schmettern lässt.

Verdammt.

Ein Platschen und der laute Knall des Aufstoßens folgen.

Mein Blick ist zum Boden gerichtet. Leer. Hoffnungslos. Ich hab doch mit der Menschheit abgeschlossen. Wollte niemanden mehr an meiner Seite wissend zu dieser ziehen. Von meiner Seele ausgehend, die Verbundenheit wissend nie wieder eingehen, welche Mögen, Verständnis und Vertrauen offenbart.

Hab ich damit tatsächlich doch noch nicht abgeschlossen?

Ich dachte, es wäre so, nachdem mein ganzes Leben der pure Reinfall, hoffnungsloser stets rückkehrender Einsamkeit der Verzweiflung war. Weswegen sehne ich mich danach? Ist es tatsächlich nur diese Möglichkeit von Gemeinsamkeit, dass wir uns irgendwie in der geringen Form von Irgendwas ähneln? Ist es dies?

Ich weiß es nicht.

Meinen Blick hebend, setze ich mich in Bewegung, meinem Arm folgend in gleiche Richtung gedreht schlendere ich zum Glas.

Das darf nicht sein. So oft habe ich es schon geplant. So oft, hatte ich mir ein letztes Ziel gesetzt.
Wieso suche ich ständig diese Gründe, um es nicht zu tun, wenn ich mir doch so sicher bin. Ich werde es tun. Irgendwann.

Aber mit offenen Zielen geht dies nicht. Kann ich wie beim Lügen nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.

Egal..

Hauptsache ich sterbe nicht natürlich, ungewollt, zufällig oder durch fremde Hand. Es ist mir alles egal.
Hauptsache ist, dass ich der Grund und Auslöser für mein eigenes Ende bin.

Dann hab ich halt dieses Ziel. Sachte bücke ich mich runter und nehme das Glas umschließend in meiner Hand auf, nur um mich dann wieder aufzurichten. Mich umdrehend schleifen meine Füße reibend über den Boden, während ich meinen Schreibtisch ansteuere. Das Teil hat keine Kerbe oder minimalste Absplitterung.

So stark, erscheint es fast schon unzerstörbar.

Aber der Mensch und in seine eigene Existenz eines Selbst ist dies leider nicht. Es schwindet alles irgendwann. So schön. Immerhin funkeln wir auch nicht im Licht und sehen perfekt symmetrisch hergestellt, makellos vom Fließband geholt aus, wie dieses wertlos ersetzbare Glas.

Das Teil mit einem kräftigen Druck auf der Tischplatte abstellend, schleicht sich meine Zunge über meine Lippen. Befeuchtet diese mit einer an ihr hängenden Spur von Speichel.
Sachte muss ich grinsen.

Dafür ist kein Mensch leicht ersetzbar. Man kann ihn durch andere austauschen, aber vergessen kann man die Seele, welche vorher an dieser Stelle war, nie komplett. Mal gucken, wie es mit dem guten, neuen und wunderbaren Geschäftspartner wird. Herr Kim. Sei doch so gnädig und diesen Hofknicks in Ehre, in deine dunkelbraunen Augen, aufnehmend, sollst du diese Bewegung nie vergessen, wie ich deine Worte und den Klang deiner Stimme in meinen Ohren hallen spüre. Auf ewig. Für immer. Vergiss es nie.

Sei einfach kein Fehler, der mich irgendwann verlassend, die Sinnlosigkeit des Lebens unterstreichend nur ein weiteres Mal heraushebt. Nutze mich aus, mach mich bankrott, nehm doch bitte all mein Geld. Solang dies dein wahres Ich und einziges Begehren ist, zeig es mir. Damit ich endlich abschließen kann.

Mach einfach was du willst. Es ist mir egal. Ich werde dich erkunden, bis zum Grad der befriedigenden Stillung meines Gewissens. Dann wann ich endlich wieder bedingungslos bin, ohne Ziel, von mir selbst überzeugt in den Tod fallen kann.

Ich muss nur wissen, weswegen du so bist, wie du bist.

Ich freue mich schon darauf.
Meinen Kopf zur Wand drehend sehe ich auf den Boden. Möglicherweise, sollte ich nochmal jemanden Bescheid sagen, dass mir bei einem Versehen das Glas niedergefallen ist.

Denn morgen früh will ich mein Büro in Sauberkeit vorfinden.

Diese Pfütze erinnert mich zu sehr an die gefilterte Flüssigkeit des Körpers, welche bei der Verdauung zurückgewinnend, als Urin heraustretend auf den Boden gepisst, niederlegend nie weggewischt wurde.

Widerlich. Einfach nur ekelhaft. Ist dieser Anblick von verlaufendem Whisky.

Dabei war sein Brennen in meiner Kehle so befriedigend.

Schande über mein Handeln eines Versehens der puren Absicht.

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Meine Storys und ich + Whisky 🤝.

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