(2) - Begegnung.

Gebunden ist er im Spiegel.
Mein Blick ist festgesetzt, will sich nicht lösen.

Warte. Es ist gar kein Spiegel.
Sondern diese dick, perfekt durchlässig gestaltete Glaswand, welche mir gleich den Weg zum Meeting, auch noch unbeschwert, ermöglicht.

Der Raum ist schon voll, mit Menschen besetzt. Ich bin doch wohl hoffentlich nicht zu spät.
Das wäre ja bei Weitem zu schade~

Ich kann zwar nicht lügen und hasse diese Existenz von Menschen, jedoch hab ich mich damit abgefunden. Will in dieser Welt kein hohes Alter erreichen. Ich weiß, wie Menschen sind. Es stört mich nicht.

Immerhin bin ich selbst ein Teil davon. Selbsthass geht immer noch nicht. Also mich selbst akzeptierend huscht ein amüsiertes Grinsen über meine bis eben noch flach gelegenen Lippen. Lustig. Man musste auf mich warten. Kommt zwar öfter vor, aber es erscheint mir jedes Mal aufs Neue recht entzückend.

Wenn einem dieses Bild durch den Kopf huscht. Personen an einem Ort. Wollen ein schon länger geplantes Treffen vollziehen. Sie warten. Müssen ihre Geduld auf eine testende Probe stellen und dies für wen? Für mich! Aber mal so nebenbei – ich bin selbst jetzt noch eine Minute zu früh.

Sollte ich sogleich, bei meinem Eintreten, komische Blicke abbekommen, würde ich bei Menschen gerne eine Hilfesuche starten.

Niemand hat es gefordert und noch weniger hab ich es, als Gastgeber, erwünscht, dass das Erscheinen in einer lang wartenden Frühe geschieht. Wofür gibt es denn die Planung von Zeiten? Wenn man diese nicht einhält, ob es nun zu früh oder spät sei, die Schuld liegt auf eigener Seite. Ich komme dann, wann es abgemacht wurde. Nicht später oder gar überhaupt, nutze ich meine Zeit doch nicht, um früher zu erscheinen. Na wie sehe denn aus? Wie eine geduldige Person?

Zweideutig. Immerhin bin ich noch am Leben, irgendwie spielt da schon Geduld mit.

Aber als ob ich meine Zeit fürs Warten verwende, wenn das Leben absehbar vom Grunde ausgehend, eine zeitliche Festlegung, als auch Spanne beinhaltet. Ich würde nie für andere Menschen etwas wie einen nicht notwendigen Wimpernschlag bereithalten, wenn ich doch auf dem Dach des Gebäudes dem Tod so nah sein kann. Während der Wind durch meine Haare fliegt und die wildesten Fantasien eines möglichen Endes bereithält. Ein Ende, welches nicht mein Organismus selbst mit der körperlichen Stärke einer Möglichkeit für mich bereithält. Sondern ein Ende, welches ich festgelegt habe. Auf diesen Tag angesetzt, entspricht es meinem Willen.

Ein letztes Mal, könnte ich verspüren, dass ich mein eigener Herr bin. Komplette Kontrolle über mein Leben hatte und diese bis zum letzten Atemzug zu keinen der unzählig bestehenden Verluste dieses Elends zählen musste.

Dieses Gefühl muss so befreiend sein.

Angekommen, stoße ich die gleichgesinnt durchsichtige Tür auf. Sofort fallen sie alle auf mich nieder. Augenpaare, welche ich in ihrer Höhe nur schätzen werde. Fürs Zählen hab ich keinen Nerv über, also würde ich jetzt mal so etwa zehn Köpfe in diesen Raum schmeißen.
Eins, zwei, drei, vier und vielleicht auch fünf gehören zu mir. Ich kenne sie. Die zweite Hälfte müsste für mich unbekannt sein.

Aber was weiß ich schon? Menschen und zuordnend dazu auch noch Gesichter wollte ich mir noch nie merken. Zum Glück lag es mir auch nicht in die Gene geschmissen und so vergaß ich ehemals schon aufgetretene Bekanntschaften und sah sie als neu an. All die Empörung, welche ich für meine Einstellung schon abbekommen habe, sollte nicht erwähnt werden. Diese wütenden Blicke und der Hass zu meiner abgehobenen Persönlichkeit, sind fast schon schmerzend.

Immerhin ist Hass so ein Wort. Es gehört zu jenen, die ich allerliebst einfach nur abstoßend finde. Verwende sie und du bist durch. Bei mir.

„Herr Jeon!"

„Bleiben Sie doch sitzen-"
Einen Stuhl vorziehend setze ich mich an eine der zwei Spitzen des eher länglichen Tisches.
„-immerhin sitz ich jetzt auch. Und wir sollten auf einer Augenhöhe verweilen, nicht wahr?"

Ich sehe seinen Kehlkopf herausstoßen, während er einmal kräftig schluckt, seine zu mir ausgestreckte Hand zurückzieht und von dieser halb aufgestandenen Position, wieder zurück auf seinen Stuhl fällt. Der Hand hab ich keinen Blick gewürdigt. Körperkontakt ist tatsächlich auch eine Sache, zu der meine Bezüge eher niedrig gelegen sind. Schon immer. Und nach der Erkenntnis von Menschen und der leichten Abscheu zu meiner eigenen Spezies bin ich Körperkontakt komplett aus dem Weg gegangen.

Außer bei ihm. Bei ihm hatte ich nie was dagegen. Eine friedliche Umarmung und ich fühlte mich wohl. Aber was daraus geworden ist, ist hoffentlich klar. Mittlerweile kann ich nur noch warten, bis die Nachrichten über den von der Decke baumelnden Körper berichten. Obwohl, kommt sowas dafür nicht zu oft vor? Wahrscheinlich muss ich die Recherche genauer anlegen und die News durchforstend tief und genauestens im Bereich der Suizide landen.

Was sein muss, muss halt sein. Immerhin will ich nach dieser Aktion selbst zu dieser Benachrichtigung gehören. Obwohl meine Seite eines Artikels, wohl das Titelblatt werden könnte.

Junger Unternehmer, nach außen perfektes Leben, glücklich, reich und tot. Passt nicht. Kurzzeitig werde ich Gesprächsthema aller sein. Interessiert jedoch nicht. Soll man reden, kurz darauf kommt dann die Periode der Ewigkeit; in der ich vergessen und wie noch nie existent erscheine.

Immerhin vergesse ich selbst und aller Munde eines: Der Grundbaustein des Unternehmens hat mein Vater gelegt. Sein plötzlicher Tod so kurz nach dem Anschlag des 18ten Jahres meines Lebens, nein, eher die gar fast schon komplett Ausrottung meiner Familie, das ist der Grund für meine Größe. Meine hohe Position im Markt. Ich hab mir sein Vermächtnis zum Gunsten gesetzt. Hab keine familiären Bezüge mehr, die mir etwas bedeuten.

Und mein Erbe werde ich ihnen auf jeden Fall auch nicht zukommen lassen. Ich war komplett alleine. Keine Ahnung, wie ich es geschafft habe, aber das, was ich alleine erbaut habe, werde ich niemanden überreichen, der nie an mich geglaubt hat. Also bekommt es mein Sekretär. Der hat immer an mich und die Firma geglaubt. Wahrscheinlich Potenzial und wie alle auch nur das Geld gesehen, jedoch ist er wenigstens nie von meiner Seite gewichen.

Und er stellt mir täglich eine Wasserflasche ins Büro.

Der Grund weswegen ich nicht verdurstet am Leben bin. Mein Sekretär. Klingt das gut? Ach ich weiß ja nicht.

„Na dann, wir können gleich anfangen. Sobald Herr Kim wieder da ist. Beim Warten wurde ihm all das Trinken zum Verhängnis."

Mein Blick fällt tatsächlich auch mal auf die andere Seite des Tisches, die zweite Spitze. An ihr sollte der Führer meines möglich neuen Partners sitzen. Weswegen fällt es mir erst jetzt auf? Nichtmal die so schön durchsichtige Glaswand für perfekte Erkennung hat es mir früher klargemacht. Da sitzt ja keiner.
„Wie? Ist er Alkoholiker und es musste oben wieder raus? Also mit sowas geh ich keinen Vertrag ein."

Ein Husten. Es ist mein Sekretär. Park. Älter als ich. Aber dennoch ein echt feiner, netter und edler Milchbubi. Ein Mann ist er nicht. Nein. Geht nicht. Zu feine und jüngliche Gesichtszüge.

„Entschuldigen Sie ihn. Seine Zunge gerät manchmal außer Kontrolle." Der Blick des Älteren fällt fest auf mich ein und mit Druck zusammengequetschten Kiefer sieht er mich an. „Nein. Herr Kims Blase wurde ausschließlich schwach."

„Schwache Blasen müssen trainiert werden, sowas kann zum Verhängnis werden."

„Könnten wir bitte aufhören über Herr Kim und die Stärke seiner Blase zu reden-"
Gerade will ich etwas zu diesem Typen als Antwort geben, wobei ich seine Stimme auffangend tatsächlich noch nie gehört habe, da springt die Tür auf. Und ich höre eine Stimme, deren Vergessen nie in die Idee einer meiner Hirnbindungen reichen wird. So tiefen beruhigend.

Jetzt will ich schlafen. Und dabei fängt die ganze Langeweile doch jetzt erst an.
„Was ist mit mir, Herr Jung?"

„Ach wir haben gerade nur über ihre Abwesenheit geredet."

Mich umdrehend blicke ich in ein Gesicht, welches all mein Desinteresse und das Vergessen von Gesichtern schwinden lässt. Reinste, pure und eben gleich fallend einfach nur perfekte Schönheit. Die Augen sind in einem herrlichen Braunton, welcher den Bann eines Zuges, des ewigen Bundes suchend, nach Kontakt mit ihnen strebt. Seine Lippen sind in einem schön durchblutendem Ton, wobei ich diesem Teil keine weitere Beachtung schenke. Eingang für Essen und Gefäß für Speichel, als auch der Eingang des Lagers von Zähnen, interessiert mich nicht. Seine Nase ist wie bei jedem anderen Menschen ein herausstehender Teil, welcher von der Seite betrachtend wie Lippen und Wangenknochen Hügel darstellen, während die Augenhöhlen eingesackt wie Löcher erscheinen.

Dieses Gesicht werde ich nie vergessen können.

Kurz mal mich selbst verarscht.

Fünf Minuten und es ist weg.

Er sieht gepflegt aus und von seinen regelmäßigen Toilettenbesuchen, wohl auch recht, wie soll man sowas nennen, vorbildlich? Er uriniert in keine Windeln. Perfekt. Den nehm ich als Geschäftspartner. Bei sowas, wie Geschäften, lernt man sich immer kennen. Und bis die Nachrichten kommen dauert es vielleicht noch etwas und ich brauche die Beschäftigung, einer Ablenkung.

Mal gucken, ob er Humor hat und wirklich in mein Schema passt. Von Menschen, denen ich meine nervende Art zukommen lassen würde. Immerhin ist selbst dies nicht für jeden gedacht.
„Also eigentlich wollten wir Blasentraining für dich ansetzen."

- - -
Hier haben wir leichte Anzeichen von einer eher nur wagen Verbindung. Und den Anfang meines Humors, welcher seine Ecke schon gefunden hat.

Eigentlich wollte ich nur einen guten Rutsch wünschen.

Cu next year. 🦆🍞

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top