(16) - Abholung.

Geschwind stecke ich mein Handy in die innere Tasche meines Jacketts, während ich die Tür aufstoße und vom wehenden Wind getroffen, in meiner Bewegung ausgebremst werde. Die Seiten des so perfekt an mir anliegenden Stoffes flattern fort, verfallen in eine Stellung, jene keineswegs zu meinem gewollten Auftreten passt.

Greife sogleich nach ihm, ziehe ihn zurück in die gewollt richtige Position. Gerade richte ich den Kragen nochmals und hebe meinen Blick an, da stocke ich auch schon in meiner Bewegung. Wie auch erst neulich schon, steht ein leicht bekannter Wagen in den mir recht gut bekannten Parklücken vor dem Gebäude meines Besitzes.

Verheißt wohl kaum meinem Willen entsprechend Gutes.

Der Ältere hat sich gestern zufrieden gestellt und vor allem schnell entfernt, nachdem ich gemeint hatte, dass er den ersten Termin eines Treffens festlegt und wir den Rest von dort aus planen.

Gestern. Gestern. Es war doch erst vor einem Tag!

Will er tatsächlich schon gleich am darauffolgenden die Abmachung an Worten einlösen und meine vom Tag geschaffen müde Persönlichkeiten zu sich kutschieren lassen?
Hoffentlich nicht. Möglicherweise ist es ja doch nicht sein Wagen, oder ich hab abermals etwas bei ihm vergessen.

Er war gestern bei mir...
Wenn dann, hätte er etwas bei mir vergessen müssen und ich es ihm vorbeibringen. Oder ist er hier, um es abzuholen?

Man muss ja nicht immer vom Schlimmsten ausgehen und sogleich damit rechnen, wieder Stunden an Zeit mit ihm zu verbringen. Dies ist tatsächlich auch kein Gedankengang, dessen Verführung ich mit Rosen und Wein begrüße. Wobei diese Symbole Bedeutungen bei sich tragen, jene mich bereit für das Zerbrechen meines noch heilen Genickes auftischen.

Somit gehe ich dann über zu Versuch; Eins.
Es war wahrscheinlich komisch, wie ich zögernd, kurz und vor allem genau vor dem Ausgang verharrte. Also sehe ich mich um. Über das Fahrzeug hinweg, dessen Präsens mir fast schon eine in die Zukunft blickende Gänsehaut beschert.
Drehe meinen Kopf zur Seite. Setzt zum Gehen an. Steuernd zu jener Richtung, die mich von hier wegbringen würde.

Versuch; Eins ist somit gescheitert. Ich selbst bin selbstverständlich auch nicht unentdeckt geblieben, wenn der Auftrag, den Herr Kim gegeben hat, mich als Hauptbestandteil des visierenden Fokus innehält.

Tatsächlich ist der Herr selbst nicht anwesend. Ausschließlich sein Sekretär, rechte Hand und angeblich, seiner Reaktion zu meiner neulichen Aussage folgend, nicht sein Erbe.
Herr Jung tritt sogleich um den Wagen herum, entfernt sich von der Seite seines fahrend festgelegten Punktes. Öffnet die hintere Tür, welche zum Gehweg ragt. Parallel verlaufend auf mich gerichtet ist.

Lächelt in meine Richtung.

Versuch; Zwei.

Ich komme abermals zu einem Stillstand. Starr den anderen an. Hebe meinen Zeigefinger an, zwinge diesen in eine Kehrung und deute letztendlich auf mich selbst. Mit gehoben, weit aufgerissenen Augen und einer Mimik der verzweifelnden Stellung einer nicht ausgesprochenen Frage.
„Guten Tag Herr Jeon, Sie werden schon erwartet."

„Der Tag war lang und ich komme gerade aus dem Gebäude, könnte ich nicht erst noch nach Hause?"

„Nein. Der gute Herr Kim denkt, dass Sie sich bei einer solchen Gelegenheit einschließen würden. Wollen Sie sich frisch machen so gewährt er Ihnen dies in seinem Anwesen."
Der Ältere lächelt mich an. Überheblich und wissend, dass dies tatsächlich mein Plan war - also (Fazit) ich bin nicht nur durchschaubar, sondern wurde auch komplett durchleuchtet Gegenmaßnahmen ausgesetzt.

Meine Umgebung betrachtend drehe ich mich steuernd zum Wagen, dränge mich mit gesenkten Haupt durch die so nett geöffnete Tür.

Ich hätte wegrennen können. Das wäre dann wohl Versuch; Drei gewesen. Keine Ahnung, wie Herr Jung reagiert und dies verhindert hätte. Wahrscheinlich gar nicht? Möglicherweise jedoch auch komplett. Auf den Boden schmeißend, sich darauffolgend an mich ankernd und dann auch schon, wie bei einer Verhaftung, in den Wagen stopfend, perfekt gesichert. Den Willen seines Bosses ohne Missgunst seinerseits ausführend. Egal, welche Schmerzen er mir dabei beschert. Anzeigen an Schmerzensgeld würde ein gewisser Kim, mit Erhöhung meines Kontostandes, mit den starrenden Augen seines so oft gruseligen Blickes auf mich abgesetzt, vollziehen.

Kaum niedergelassen, wird die Tür neben mir auch schon in eine Schließung geschmissen. Meine Schulter aus Reflex zur Seite ziehend, greife ich dann auch schon zum Gurt und beobachte den Angestellten dabei, wie dieser um den Wagen rennt. Sich dann nachahmend setzend, anschnallt und losfährt. Im Rückspiegel tatsächlich eher auf mich einstarrt, statt den nachfolgenden Verkehr abzusichern. Einen Unfall blinkend nicht zu berücksichtigen scheint. Zum Glück kommt es auch zu keinem.

Meinem rasenden Herzen glaubend, ist dies jedoch nicht Jung, sondern dem Zufall des in dem Moment passenden Verkehrs zu verdanken. Der Typ hätte mich in den Tod geführt, während er mich anstarrte und scheinend notwendig, die ‚Ware' von Kim zu beobachten hatte. Jede Sekunde. Damit dessen Terminplan keinerlei Bruch erleidet.

Während das Management der Zeit anderer Personen, mir, nicht zu interessieren scheint. Denkt nur an sich selbst. Muss mich mit ihm abgeben. Alles meiner vorlauten Klappe des ersten Treffens zu verdanken.

Was sich darauf aufgebaut hat, ist mehr gruselig, einseitig und abstoßend, öfter ungewollt, als auch aufgezwungen, als ich mir erträumend je hätte erdenken können. Reue. Reue. Schönes Wort. Erscheint so passend gut, wie der Schlüssel zu seinem geschmiedeten Schloss.

Gerade bin ich noch in Gedanken vertieft. Überlege, wie ich das Wortspiel nutzen könnte. Welche Rolle das Schloss einnimmt. Wenn es der Kontakt zwischen Kim und mir ist, den dieses absichert, so geht die Überlegung weiter, wann der nächste Fluss kommt, in den ich das Teil schmeißen kann. Nachdem ich die Sicherung geöffnet, auch schon ersoffen habe.
Jedoch wollte ich eigentlich eher darauf hinaus, dass der Wagen soeben zum Stehen kommt.

Es mir diesmal nicht mal aufgefallen ist, wie wir durch das elegant riesige Tor gefahren sind und 100 m eines Vorgartens überwunden haben.
Ach. Wie die Zeit vergeht. Wäre es doch auch nur so, wenn ich mich mit dem Hausherren treffe. Dann hätte ich nichts dagegen einzuwenden.
Jedoch nutzt dieser unsere unangenehmen Momente der Stille und Allgemeinheit nur dafür aus, jede Sekunde in ihrem Umfang nochmal zu drehen und ihr Auskosten doppelt zu genießen.
Drehen und Wenden, aus jedem Winkel betrachten.

Mich anbei auf eine unangenehme Folter spannend.

Während Jung mir abermals die Tür öffnet und hinterm Rücken dann auch wieder zu schmeißt, steuere ich den Eingang an. Jener, der von einem Typen besetzt den Posten einer starrenden Spionage darstellt. Ich wurde anscheinend nicht nur erwartet, sondern sehnlichst auch schon herbeigewünscht.

Kaum angekommen, lächelt der Ältere mich an, mittlerweile schon seit einer knappen Minute. Breit aufgesetzt, geschoben in einer fast schon krankhaften Fassade gemeißelt, welche mehr Angst als jemals auferstandene Freude beherbergt.

Sogleich werde ich am Arm gepackt, wobei Kim sich bei mir einhakt und die stets angespannte Körperhaltung meinerseits, als Stabilität eines Halters missbraucht.
„Schön, dass du dir die Zeit genommen hast und vorbeigekommen bist!"

„Keineswegs hab ich mir die Zeit genommen, sie wurde mir gestohlen und ich wurde somit deinem Willen folgend, hierher kutschiert."
Meinen Kopf zur Seite drehend ziehe ich an meinem Arm, obwohl er bei mir eingehakt ist, hält er uns mittlerweile mehr zusammen, als ich an Kontakt gewollt je eingegangen wäre. Er zwinkert mich unschuldig an. Tut auf unwissend, ist in sich geborgen jedoch der Einstein seines Willens und dem passenden Stoffgebiet.

„Wo schlägst du vor, unsere erste Stunde abzuhalten?"

„Lass uns in die Küche gehen. Ich habe Durst."
Mit einem Nicken kommentiert, werde ich dann auch schon, abermals, durch weiträumige Gemächer der scheinbar unendlichen Flure gezogen. Jedoch gar nicht allzu lange. Schnell kommt der Ältere zum Stillstand, schlägt die linke Seite ein und zerrt mich in eine weiße Küche, deren Helligkeit strahlend fast schon eine Krankheit der Diagnose meiner Augen hervorruft.

Müsste ich demnächst mal untersuchen lassen, wobei ein Termin beim Augenarzt bekommen ein Prozedere eines unglaublichen Zeitaufwandes ist, jenen ich mir nur ungern geben möchte.

„Also, trinken, reden und dann durchstarten? Klingt das gut?"

„Trinken, ganz viel und hier schweigend über Stunden verweilen. Du konzentrierst dich auf den Drang, das Klo besuchen zu wollen, darfst jedoch nicht."

„Ist das deine Trainings-Strategie?"

„Nein. Spontaner Einfall."
Abermals kann Kim mich ausschließlich anzwinkern. In einem verschnellerten Rhythmus der Befeuchtung und letztendlich auf Distanz schwindend zwei Gläser holend. Wieder angekommen, trägt er bei sich auch noch zwei Glas-Flaschen voll Wasser. Jeweils ein Liter.
Stellt diese und die restlichen Utensilien an geschmolzenen Sand dann auch schon ab und setzt sich zu mir.

Wobei ich mich mehr unweigerlich gezwungen auf einen der Hochstühle an der Theke gesetzt hatte, als ich realisieren musste, dass ich ihm meine Gesellschaft für die nächsten Stunden zugesprochen habe. Selbst Schuld Jungkook. Das hast du dir selbst zu verdanken.

Und zu all dem Glück meines Lebens dazugegeben, ist mein Schüler auch noch ein junger und unreifer Bengel, welcher sich nicht an Regeln halten kann und kaum gesetzt, auch schon anfängt zu reden. „Wie kam es dazu, dass du in deinem jungen Alter schon eine solch hohe Stellung hast?"

„Sollte ich dich nicht das Gleiche fragen?"

„Nein. Immerhin hab ich zuerst gefragt und das ist eine komplett andere Geschichte. Denn du bist ein gespielt aufgesetzter Stein und ich bin aufgedreht."
Sachte lehne ich mich über die Fläche und stütze mich kurz darauffolgend auch schon mit meinem Kopf auf meiner Hand ab. Denkerpose. Ich werde jetzt ganz sicher nicht mein Leben auspacken und ihm alles erzählen. Wenn der Typ jedoch ausschließlich aufgedreht, wie er es selbst beschreibt, ist und menschlich gesehen noch aktive Hirnzellen besitzt, sollten ein paar glatt gesetzte Worte das gewollte Schweigen hervorrufen.

„Meinen Eltern gehörte die Bank. Und alle, die Anrechte auf das Erbe hatten, sind bei einem Unfall verstorben. Außer ich."

Mit gehobenen Glas und somit die erste Fülle komplett leerend, setzt er das Teil ab. Greift sogleich zur Flasche und füllt es abermals auf.
„Ach. Davon hab ich gehört, hätte ich dem Artikel Beachtung geschenkt, so wäre es mir wohl bei deinem Nachnamen aufgefallen."
Das Glas dann auch schon ein weiteres Mal anhebend, schwenkt er mit diesem umher. Das Gelenk seiner Hand ausnutzend. Kommt anbei dem Schweigen nicht auch nur annähernd nah.
„Sehr dramatische Familien-Geschichte. Wie waren deine Eltern so?"

Schweig. Verdammt nochmal, du solltest zugrunde gehen, keinen Schwung deiner Stimmenbänder mehr ausführen und mit der Luft um uns herum eins werden. Einfach nur da sein. Ohne Ton. Ohne nötige Beachtung. Sogar noch tiefer gelegen als dieses Gemisch an Gasen, nämlich keine entscheidende Rolle für mein Überleben bereithaltend.

Ausschließlich auf meinen Durstlöscher starrend, jenen ich bisher noch nicht an meine Lippen angesetzt hatte, beachte ich den Älteren nicht mehr. Kämpfe mit mir selbst, unterdrücke Gefühle und Gedanken. Die ganze Einsamkeit, die plötzliche Verantwortung, all die Last, welche ich mit meinem geschmeidig kalten Auftreten nie vor anderen offenbaren wollte. Spielte perfekt, kann jedoch schon lange nicht mehr.

Wünsche mir die Winde zurück. Das Rauschen in meinem Kopf, wie es durch diesem tanzt und mich dem letzten Sinn einer Klarheit beraubt. Das Leben ziehenlässt, mich in seinem Zug mitreißt und bei seinem Abgang von der Höhe herab, nie wieder solche Gedanken ermöglicht. Mit dem Tod eine so sehr erwünschte Stille der Ewigkeit offenbart. Jene die Einsamkeit einer Person in diesem vollgestopft und wichtigen Alltag braucht, jedoch nicht bekommt. Weil sie Verantwortung hat. In diesem jungen Alter war es schon immer zu viel für mich. Wollte nie diese Verantwortung.

Bekam sie jedoch sofort übertragen, als ich den größten Verlust meines Lebens einging. Darauffolgend nichts mehr innehielt, dass mir wichtig war. Hoffentlich schafft Park es. Wir waren zusammen in der Schule, sowas Ähnliches wie Freunde. Spielen mittlerweile nur noch Boss und Erbe. Er ist dafür gemacht, es war schon immer sein Traum.

Ich sollte ihm diesen erfüllen. Jetzt. Heute. Jedoch nicht hier. Muss weg.

Meinen Blick in die Höhe reißend, huscht dieser durch den Raum und ist panisch. Will aufstehen und fliehen. Geht nicht. Bin von einem Arm eingenommen, welcher über meine Schulter geschmissen, einen niemals gewollt bestätigen Kontakt mit mir eingeht. Zu tief in meine Privatsphäre eingeht.

„Tut mir leid. Ich wollte dich näher kennenlernen und bin mit meiner Fragerei wohl zu weit gegangen."
Das wollte ich anfangs auch. Jedoch. Verspüre mittlerweile keinerlei Interesse mehr daran - oder eher nur noch wage. Mich interessiert es tatsächlich noch immer, wie ein solch komplettes Gegenteil meines Selbst existierend und eines Tages in einen meiner Räume einmarschierend, zu meiner neusten Partnerschaft werden konnte.

Gleichzeitig, will jedoch keineswegs eine persönliche Ebene mit ihm eingehen. Nichts erbauen, was ich mit dem Verlust meiner Familie und meiner einzigen Freunde gleichsetzen könnte. Nichts erlangen, dass dieses Leben als Bezugspunkt wieder sinnvoll erscheinen lassen könnte. Teils und ausschließlich minimalistisch dennoch existent.

„Lass uns in einen Club gehen. Du hast heute echt spät Schluss gemacht. Ablenkung tut dir gut und besoffen erfahren wir möglicherweise mehr voneinander."

Klingt gut. Gehirnzellen abtöten und aufgegangene Gefühle ersaufen lassen. Ein Vorschlag seinerseits, welcher tatsächlich mal gut, als auch sinnlos erscheint. Fast schon neu gewonnene und einmalig tatsächliche Sympathie aufglühen lässt. Fast.

- - -

Tut mir echt leid, dass ich momentan kaum update. Keine Ahnung, ob die Länge der Kapitel dafür einen dezenten Ausgleich (oder so) bereithält.

Ich komme momentan jedoch auch nicht wirklich in irgendeine Aktivität rein (Schreibblockade hab ich dennoch 0), weswegen sich daran nichts ändern wird.

Again sowwy und bis zum nächsten Mal. ;]

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