Kapitel 10 ~ Die Karte

Fred

Ruhelos liege ich in meinem Bett, greife immer wieder nach der Karte und lege sie erst fort, wenn ich sie gefunden habe. In letzter Zeit ertappe ich mich dabei immer wieder. Ich weiß, dass ich mich aufführe wie ein Besessener, aber ich glaube immer noch, dass sie es wert ist. Immer verspüre ich in mir das Verlangen zu wissen, dass es ihr gut geht. Ich mache mir Sorgen um sie, ich will sie beschützen und ich will ihr helfen. Ich weiß nicht mehr, wann das alles angefangen hat, aber im vergangenen Schuljahr ist es so viel schlimmer geworden. Immer öfter habe ich mich dabei ertappt, wie ich sie in der großen Halle anstarre und mir vorstelle, dass ich es bin mit dem sie redet, dass sie mich anlächelt und über meine Witze lacht. Ich will einfach nur bei ihr sein. Als Kind habe ich sie geliebt wie den Rest meiner Familie, denn genau das war sie für mich. Ich liebte sie wie Georgie und ich wollte sie beschützen wie meine kleine Ginny. Aber jetzt ist es so viel mehr als das. Ich hasse es sie mit anderen Jungen zu sehen – vor allem mit diesem Eckel von Malfoy. Ich hasse es, wenn sie lächelt und ich nicht der Grund dafür bin. Ich hasse den Gedanken, dass sie meine Gefühle niemals erwidern wird. Ich hasse den Gedanken sie vollkommen zu verlieren. Denn dann müsste ich akzeptieren, dass ich sie schon vor langer Zeit verloren habe.
Ich bin so sehr in meine Gedanken versunken, dass ich nicht bemerke, wie Georgie unseren Schlafsaal betritt und sich auf sein Bett fallen lässt.
„Sie ist immer noch in ihrem Zimmer, Freddie", unterbricht er meine Gedanken und ich zucke erschrocken zusammen. Ertappt blicke ich auf und er mustert mich mit einem ungewohnt ernsten Ausdruck im Gesicht. Dann lässt er sich seufzend auf sein Kissen fallen und schüttelt den Kopf.
„Das muss aufhören, Freddie", meint er besorgt. „Du verlierst langsam den Verstand. Dieses Mädchen macht dich vollkommen verrückt und so tut sie dir nicht gut. Du weißt ganz genau, dass sie und du – ihr habt einfach keine Zukunft. Die Malfoys hassen uns, sie werden es niemals akzeptieren können und sie sind die einzige Familie, von diesem Wahnsinnigen ganz zu schweigen, die sie noch hat. Zwing sie nicht dazu, sich zwischen ihnen und dir zu entscheiden"
Ich schlucke, dann frage ich: „Was hast du vor?"
„Wir müssen die Karte loswerden, Freddie", erklärt er und erwidert endlich meinen Blick, sodass er die Verzweiflung in meinem Gesicht sehen kann. Sanfter fährt er fort: „Ich würde sie gern Harry als frühes Weihnachtsgeschenk geben. Du weißt ganz genau, dass er sie im Moment mehr braucht als wir"
Keinen Augenblick wende ich meinen Blick von seinem Gesicht ab. Ich sehe, dass er sich ernsthafte Sorgen um mich macht und seine Aufrichtigkeit gibt für mich den Ausschlag. Also nicke ich und werfe ihm wortlos die Karte zu. Stumm fängt er sie auf, löscht sie und faltet sie ordentlich zusammen. Er hat recht. Mein Verhalten ist absolut erbärmlich. Es grenzt an Stalking und es muss aufhören. Aber in einem Punkt kann ich Georgie nicht zustimmen. Ich liebe sie. Ich habe es immer getan und ich werde es immer tun. Georgie kann meine Gefühle für sie nicht verstehen, aber jede Nacht handeln meine Träume von ihr. Mal sind es Erinnerungen und manchmal liegen wir einfach nur beieinander im Gras an ihrem Lieblingsplatz auf dem Schlosshofgelände unter dem alten Baum am See und unterhalten uns. Ich liebe das Gefühl, wenn sie im Traum meine Hand nimmt und eines Tages werde ich ihre Hand auch im Wachen halten. Ich weiß, dass es hart ist und hart werden wird. Aber ich weiß auch, dass wir eine Zukunft haben können, weil es schon immer unser eigene zu erschaffen war.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top