ⅩⅤ
Schatten und Stärke
Hongjoong saß neben Seonghwa auf dem großen Ledersofa in der Bibliothek. Die Stille zwischen ihnen war fast greifbar, nur das Knistern des Kamins und das gelegentliche Umblättern einer Seite aus den umliegenden Büchern durchbrach die Ruhe. Sein Herz schlug wie ein Trommelwirbel in seiner Brust, während er nervös auf seine Hände starrte. Er war sich sicher, dass Seonghwa ihn wegen der vergangenen Nacht zur Rede stellen oder gar aus dem Schloss werfen würde.
Als Seonghwa schließlich das Schweigen brach, wagte Hongjoong kaum, aufzusehen. Doch die Worte des Königs ließen ihn ungläubig erstarren.
„Es tut mir leid, Hongjoong", begann Seonghwa, seine Stimme ruhig, aber von Bedauern durchzogen. „Was letzte Nacht passiert ist, hätte niemals geschehen dürfen. Ich habe dich in eine unangenehme Situation gebracht, und dafür übernehme ich die volle Verantwortung."
Hongjoong hob langsam den Kopf und starrte Seonghwa an, als hätte dieser gerade etwas Unmögliches gesagt. Eine Entschuldigung? Vom König? Von Zephyros? Er hatte mit vielem gerechnet – Vorwürfen, Abweisung, vielleicht sogar einem Rauswurf – aber nicht damit.
Seonghwa fuhr fort: „Ich hoffe, dass du verstehen kannst, dass ich nichts dergleichen beabsichtigt habe. Und ich möchte, dass sich für dich nichts ändert. Du bist ein Teil dieses Ordens, ein wichtiger Teil. Und ich habe keinen Zweifel daran, dass du einer der besten Strategen und Krieger wirst, die wir je hatten."
Eine Welle der Erleichterung durchflutete Hongjoong. Der Knoten in seiner Brust löste sich, und er atmete tief durch. „Danke, Euer Majestät", sagte er leise und bemerkte, wie sich ein kleiner Funke Stolz in ihm regte. Er war nicht nur geduldet, sondern geschätzt.
Seonghwa nickte leicht, ein sanftes Lächeln auf den Lippen. „Jetzt geh dich umziehen. Wir treffen uns in der Arena. Ich will sehen, was du drauf hast."
Hongjoong erhob sich und verbeugte sich respektvoll, bevor er das Zimmer verließ. Zurück in seinem Quartier schlüpfte er in die schwarze Uniform des Ordens – ein eng anliegender Anzug, der sowohl Bewegungsfreiheit als auch Schutz bot. Die Maske, die seine Gesichtszüge verbarg, vervollständigte das Outfit. Er fühlte sich bereit, bereit zu zeigen, dass er das Vertrauen, das Seonghwa ihm entgegenbrachte, wert war.
In der Arena angekommen, war er von der Größe und den modernen Geräten beeindruckt. Die Trainingshalle war mit allem ausgestattet, was man für körperliches und strategisches Training brauchte: Simulatoren, Hindernisparcours, Kampfringe und sogar holographische Gegner.
Neben Seonghwa waren noch zwei weitere Personen anwesend. Hongjoong musterte die beiden Frauen kurz, bevor sie sich ihm vorstellten.
„Ich bin Sylvien", sagte die kleinere der beiden mit einem charmanten Lächeln. Außerhalb des Ordens war sie als Ningning bekannt, doch hier war sie eine Kriegerin, die ebenso tödlich wie elegant war.
„Dravenia", fügte die andere mit einer dunklen, ruhigen Stimme hinzu. Sie war außerhalb des Ordens als Dami bekannt und strahlte eine Aura der Unerschütterlichkeit aus.
Die beiden Frauen beeindruckten Hongjoong sofort. Ihre Bewegungen waren präzise, ihre Stärke und Geschicklichkeit unübersehbar. Sie wirkten wie Schatten – schnell, lautlos und tödlich.
Seonghwa beobachtete die Interaktionen aus einiger Entfernung, bevor er mit verschränkten Armen auf die Gruppe zuging. „Zeigt ihm, was ihr könnt", forderte er die beiden Frauen auf.
Was folgte, war ein intensives Training, das Hongjoong an seine Grenzen brachte. Sylvien war unglaublich schnell und wendig, während Dravenia mit roher Kraft und Strategie punktete. Gemeinsam forderten sie Hongjoong in verschiedenen Disziplinen heraus – vom Nahkampf über taktische Simulationen bis hin zum Umgang mit verschiedenen Waffen.
Zu seiner Überraschung hielt er gut mit, auch wenn die beiden ihm immer wieder zeigten, dass er noch viel zu lernen hatte. Doch anstatt ihn zu entmutigen, spornte es ihn an.
Als das Training endete, stand Hongjoong keuchend, Schweiß auf der Stirn, aber mit einem entschlossenen Funkeln in den Augen. Seonghwa trat vor ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Gut gemacht", sagte er mit einem anerkennenden Lächeln. „Aber das war nur der Anfang. Von nun an wird es härter."
Hongjoong nickte. „Ich bin bereit, Zephyros."
Seonghwa musterte ihn für einen Moment, bevor er leise hinzufügte: „Ich weiß. Und ich bin stolz auf dich."
Die Worte trafen Hongjoong tief. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich wirklich angekommen – als Teil des Ordens, als Teil von etwas Größerem. Und er wusste, dass dies erst der Anfang seiner Reise war.
Also ist doch alles nochmal gut für Hongjoong ausgegangen
Raven
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