Verrückt

Als ich wieder zuhause ankam, war Jeff schon da und schrubbte seine Hoodie.
„Wieso kaufst du dir nicht eine schwarze Hoodie, da sieht man die Flecken wenigstens nicht so."
Lässig lehnte ich mich gegen die Küchenplatte. Er, die Haare zum Hipsterdutt hochgebunden, schaute zu mir auf:
„Die Frisur steht dir sehr. Wird die Kunden anlocken wie verrückt."
„Danke, Breitmaulfrosch."
„Quack."
Er grinste und schrubbte weiter. Mein Magen knurrte.
„Iss etwas."
Ich öffnete bereits den Kühlschrank und nahm eine Scheibe Toast raus, die ich lieblos mit einer Scheibe Käse beklatschte:
„Was denn, gefallen dir meine Walgesänge etwa nicht?"
„Absolut nicht, denn sie treffen keinen Ton."
Ich biss ein großes Stück ab:
„Dann sollte ich sie eigentlich häufiger erklingen lassen."
„Willst du mich quälen?"
„Nein, an sie gewöhnen oder sie trainieren, damit sie besser klingen."
„Dann bitte zweiteres, das könnte man dann wenigstens mit ins Angebot nehmen."
Ich schmunzelte:
„Das kann sogar gut passieren."
Jeff hob den nassen Stoff hoch, nickte zufrieden und fing an ihn auszuwringen:
„Was war denn das Verrückteste, was du für einen Kunden tun durftest?"
Was, die Grinsebacke interessiert sich aufrichtig für meine Arbeit?
Wieder musste ich schmunzeln und er schaute mich erwartungsvoll an.
„Ballons platzen lassen."
Er prustete los:
„Wie bitte, was?"
Auch ich fing an zu lachen:
„Ich musste in Unterwäsche Ballons aufpusten, ganz nah zu ihm herankommen und sie in irgendeinem Moment nach etwas Quietschen platzen lassen."
„Und das hat ihn angeturnt?"
„Extrem, das halbe Bett war am Ende voll."
Ungezwungen stolperte mir dann die nächste Frage aus dem Mund:
„Und was ist der schlampigste Mord, den du je begangen hast?"
Kurze Stille, wahrscheinlich weil wir beide überrascht waren. Doch dann lachte er wieder:
„Oh, bei dem ging wirklich alles schief! Ich brach in einem Haus von einem wichtigen Politiker ein, um ihn nachts in seinem Bett zu erstechen. Ich stieg also ins Haus ein, doch da waren einfach viel zu viele Türen! Ich öffnete vorsichtig ein paar Türen, bis ich ein dunkles Schlafzimmer fand. Ich, siegessicher, ging zum Bett, setzte mich auf den alten Sack drauf und stach zu. Erstens, ich traf eine Rippe. Zweitens, er schrie wie am Spieß. Also schnitt ich ihm die Kehle durch, doch da hatte jemand schon das Licht angemacht und ich sah, dass es nicht der Politiker, sondern der Hausmeister war! Ich drängte mich an der Person vorbei in den Flur, doch der Alarm war schon losgegangen und ein paar Bluhunde verfolgten mich. Schnell öffnete ich irgendeine Tür ein paar Flure weiter und versteckte mich dort. Es war ein Klo. Ein kleines Klo. Und auf der Kloschüssel saß ebendieser Politiker mit Verstopfung. Wir beide starrten uns verdutzt an, dann stach ich ihn endlich ab und flüchtete, wurde aber dabei noch von einem der bescheuerten Köter gebissen! Und dann durfte ich auch noch das Gebiet so schnell wie möglich verlassen, denn die Polizei suchte sehr gründlich nach mir."
Eigentlich sollte ich das nicht tun, doch ich kriegte mich vor Lachen nicht mehr ein. Auch Jeff musste sich schon den Bauch halten vor Lachen:
„Ich hab immer noch eine Narbe von diesem Vorfall!"
„Wo denn?"
Jetzt musste er vor Lachen auf die Küchenplatte klopfen:
„Auf meinem Allerwertesten."
„Nein!"
„Doch!"
Wir lachten noch etwas, bis mein Blick auf die Uhr fiel:
„Oh, ich muss mich langsam fertig machen für die Arbeit."
Der Übermut war verschwunden.
„Mach das ruhig, ich versuch mal den Hoodie bis dahin halbwegs trocken zu kriegen."
Kurz nickten wir uns zu, dann ging ich ins Bad um mich zu schminken. Von dort aus hörte ich ihn immer noch fluchen:
„Verdammte Scheiße! Wieso ist dieser Stoff auch so verdammt widerspinstig!"
„Soll ich dir meinen Föhn geben?"
„Her mit dem Teil!"
„Zauberwort?"
„Fick dich!"
Ich seufzte, legte den Mascara ab und ging zu ihm um ihn den Föhn zu geben. Er stand währenddessen am Fenster und peitschte die Außenwand mit seiner Hoodie mit Leibeskräften aus.
„Dein Föhn."
„Danke."
Er nahm das Gerät, steckte es in eine Steckdose und fing an das Kleidungsstück von innen mit warmer Luft zu bearbeiten.
„Sonst, wenn es dich nicht stört, kannst du meinen Hoodie anziehen. Ist nach deiner Arbeit heute vielleicht auch schlauer."
„Hör auf mir gute Ratschläge zu geben!"
Ich hob die Hände und wollte wieder ins Bad gehen, als hinter mir ein geknickter Massenmörder grummelte:
„Wo hast du deinen Hoodie nochmal?"
Grinsend holte ich ihn unter dem Bett hervor und warf ihn Jeff zu, welcher ihn mit einer Hand auffing.
„Sonst noch etwas?"
„Nein, außer dass du diesen einen Pickel dringend abdecken solltest."
„Ach, leck mich."
Ich ging wieder ins Bad, deckte den Pickel ab und trug noch etwas Lidschatten auf.
Als ich ins Wohnzimmer kam, war Jeff tatsächlich in meinem Hoodie gekleidet, welcher ihm vor allem an den Armen zu eng war.
„Beweg dich nur nicht zu viel in diesem Teil, das ist mein einziger Pullover."
„Keine Sorge, Atmen ist schon anstrengend genug."
Und so gingen wir wieder auf die Straße für eine weitere Arbeitsnacht.

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So, das war's mit der Lesenacht!
Ich hoffe ihr hattet viel Spaß und ein schönes Halloween 🎃
Bis zum nächsten Kapitel!

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