Natur (Special)
Die Straßen waren schmutzig, wie in jedem Ghetto. Die Häuser grau und die Bewohner verloren. So viel zu „Der Staat unterstützt die Armen und Schwachen". Klar, sofern sie den Papierkram bewältigen konnten. Und selbst dann kam meistens irgendein verschissenes Gesetz in die Quere. Früher war mir sowas am Arsch vorbeigegangen. Ein offenes Geheimnis, über das keiner spricht oder nachdenkt. Und ich hatte es ja gut mit meinem Bruder und meinen Eltern und mit unserem Haus, den Reisen jedes Jahr im Urlaub und unserem Auto. Erst als ich alles verloren hatte, als ich gesehen hatte, dass die Welt Dreck ist und wir nur dumme Wesen, die sich aufspielen. Dann erkannte ich solche Sachen. Und nun, arm und mental nicht ganz korrekt, gehörte ich in diese Straßen. Ich identifizierte mich mit den Bewohnern, obwohl ich kaum mit ihnen sprach. Natürlich, sie waren Primaten. Doch sie waren auch mit etwas gesegnet: Sie benutzten ihre Augen und ihren Verstand. Und eben da sie erkannt hatten, dass sie es aufgrund mangelnder Bildung und Unterstützung niemals aus diesem Loch schaffen würden und sie auch nicht Kämpfer genug waren um etwas zu ändern, hatten sie sich angepasst, ihr eigenes Reich errichtet mit eigener Hierarchie, und gaben sich ihren Trieben hin. Und auch wenn es mich manchmal anekelte, da in mir doch noch ein kleiner Snob steckte, ich war nicht anders. Auch ich gab mich meinen Trieben hin. So auch heute Nacht.
Nachdem ich mich von Lisa mehr oder weniger verabschiedet hatte, ging ich zu einer besonders düsteren Ecke des Viertels. Ich hatte diesen Burschen schon seit einer ganzen Weile im Visier gehabt und heute sollte er unter mir seinen letzten Atem gurgelnd und Blut spuckend aushauchen.
Es dauerte nicht lange, bis ich ihn fand. Ich kannte schließlich alle seine Gewohnheiten. Er war gerade damit beschäftigt eine Nutte zu verprügeln und ich wusste nicht, warum, aber irgendwie machte es mich rasend. Ohne Überlegungen warf ich meinen Plan beiseite, zog mein Messer und stach willkürlich auf ihn ein. Die Frau schrie, rannte aber nicht weg, sondern hielt sich gedeckt. Wahrscheinlich wollte sie später seine Sachen durchwühlen. Der Mann ging Luft schnappend zu Boden; versuchte an sein Handy zu kommen. Mit Freude trat ich darauf und machte es kaputt. War generell sicherer. Hasserfüllt, voller Schmerzen und ängstlich schaute er mich von unten aus an. Sein Blut tränkte seine Kleidung und verlief unter ihn in eine Pfütze. Sein Blick ging mir auf den Sack; ich stach ihm in die Lunge. Ein gurgelndes Pfeifen war zu hören, er begann Blut zu spucken, um seine Luftröhre frei zu kriegen, doch natürlich würde das nicht ausreichen. Er hustete, gurgelte, spuckte...und dann war dieser Arsch endlich tot. Nun wandte ich mich an die Nutte. Auch ihr Gesicht war mir bekannt. Sie war auch nicht ganz unschuldig und noch dazu Zeugin. Kurz flackerte vor meinem inneren Auge ein Bild von Lisa auf; schnell schüttelte ich den Kopf, um es zu vertreiben und schnitt ihr mit einem schnellen Hieb die Kehle durch. Ich wartete, bis auch sie tot war, dann warf ich beide Leichen in einen naheliegenden Müllkontainer und bedeckte sie mit Abfällen. Wenn sie gefunden wurden, dann wenigstens auf der Müllkippe. Blieb nur noch das ganze Blut, doch darum brauchte ich mir keine Sorgen machen. Wenn ich outdoor mordete, dann nur, wenn Regen anstand.
Also verließ ich den Tatort schnell wieder und ging in mein Versteck. Jetzt bei Lisa aufzukreuzen würde sie nur in Schwierigkeiten bringen. Mein Versteck war in einem alten China-Restaurant. Nur ab und zu verirrten sich ein paar Dealer hierher, doch ich verbrachte meinen Aufenthalt nie in deren Nähe, so dass ich sie nicht störte. Alles, was in meinem Versteck war, war ersetzbar. Die Laken hatte ich aus der Altkleidersammlung zusammengenäht, die Schüssel vom Sperrmüll. Wasser und Waschmittel hatte ich unvorsichtigen Leuten geklaut. Ich zog meinen Pullover aus. Eigentlich war weiß eine schlechte Farbe für solche Aktivitäten, doch ein bisschen Nostalgie musste sein, wie ich fand. Und wenn die Flecken frisch waren, gingen sie mit ein paar Tricks kinderleicht raus. Es hatte schon Vorteile gehabt seiner Mutter beim Waschen zu helfen. Meine Haare band ich mit einem zerschlissenen Haargummi zurück, dann begann ich die Flecken rauszuwaschen. Als ich den Pullover zum Trocknen aufhing, fiel mein Blick auf die Zigarettenpackung, die ich Lisa abgeluchst hatte. Ich hatte mal eine Zeit lang geraucht, doch merkte ich, wo ich aufgehört hatte, dass Nikotin eine Bitch war. Lisa war allerdings eine noch taffere, weshalb ich mir sicher war, dass sie die Sucht schnell abschütteln konnte. Wie alt war Lisa eigentlich? Und wie lange rauchte sie schon? Egal. Müde ließ ich mich aufs "Bett" fallen. Immerhin musste ich heute nicht den Zuhälter machen.
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