Florence

Ein Blick in den Kühlschrank verriet mir, dass Jeff ,während ich geschlafen hatte, einkaufen gewesen war. Noch deutlicher wurde es, als ich einen Zettel in einem der Fächer fand:

Du schuldest mir einen 20er.

Vollidiot. Wahrscheinlich ist das noch nicht mal das gesamte Geld, was er ausgegeben hat.

So voll hatte ich den Kühlschrank seit Ewigkeiten nicht mehr gehabt. Ich seufzte und machte mir ein Sandwich. Kauend schaute ich aus dem Fenster. Ich konnte einen Spaziergang gebrauchen. Zeit hatte ich und heute waren auch keine Besuchszeiten. Ich musste einfach meine Gedanken auf die Reihe bringen; die Ereignisse der letzten Tage mental verdauen. Ich stelle den Teller in die Spüle. Soll ihn doch meine neue Mami abwaschen. Schnell zog ich mich halbwegs vernünftig an, schnappte mir meine Schlüssel und verließ meine Bruchbude.

Es wurde langsam kälter, doch momentan störte es mich nicht. So wurde mein Temperament schneller beruhigt und das konnte ich bei Jeff gut gebrauchen. Die Straßen waren so gut wie leer, nur ein paar wenige Teenager waren unterwegs um ihre Geschäfte abzuwickeln. Der Drogenkonsum machte eben auch nicht bei kalten Wetter halt.

Meine Füße trugen mich an der Tankstelle vorbei. Lust mir irgendwas zu holen hatte ich schon, doch ich wusste, dass es das Geld nicht wert war. Ein Brüllen ließ mich aufhorchen:
„Verdammt, du nutzlose Schlampe! Die Kisten sollten schon vor 10 Minuten im Lager sein!"
Verflucht sei meine Neugier..
Ich ging auf den Streit zu, der sich anscheinend hinter der Tankstelle ereignete. Florence stand da, die Schultern hochgezogen und mit den Blick nach unten; über ihre baute sich ihr Boss auf mit knallrotem Gesicht und wild rummgestikulierend. Mit noch schwächerer Stimme als sonst versuchte sich die junge Frau zu wehren:
„I-Ich w-w-wollte...s-s-sie hatten mir g-gesagt i-ich sollte-"
„Was? Hör auf zu stottern und rede vernünftig!!!!"
„I-Ich sollte d-doch mich um d-die Kunden kümmern, w-während s-s-sie telefonieren..."
Mein Temperament meldete sich jetzt zu Wort, ob das gut war oder nicht würde ich später entscheiden. Mit entschlossen Schritten stellte ich mich vor Florence und fuhr ihren Boss an, bevor er auch nur seinen Mund aufmachen konnte:
„Was fällt dir eigentlich ein, deine Angestellte so anzuschreien?!Nur weil sie die Kisten nicht weggeräumt hat, weil du deinen Job nicht richtig machen kannst!?! Du hättest genauso gut die Kunden bedienen können und dann zurückrufen können!! Stattdessen behandest du deine Angestellten wie Scheiße und versetzt sie grade in Todesangst!!! Ich wette du zahlst ihr noch nicht mal den Preis, den sie für diesen Job verdienen würde, geschweige denn die zahlreichen Überstunden!!!!"
Kurz blinzelte er und öffnete den Mund, nur um ihn wieder zu schließen.
Wie ein Fisch.
Doch dann fing er sich wieder:
„Ich muss mir doch nicht von einer Hure sagen lassen, wie ich-!"
„Und ob du das musst, denn auch eine Hure wie ich es bin hat ihre Netzwerke! Deine Tanke ist nicht wirklich in der besten Gegend, was?! Warte nur ab was passieren wird, sobald ich mitkriege, dass du weiter deine Angestellten tyrannisierst!! Ich werd dir dein Leben noch mehr versauen als es eh schon ist, nur dass du dann deinen Frust nicht mehr konsequenzenfrei an anderen auslassen kannst!!!"
Während ich sprach war ich immer wieder einen Schritt auf ihn zugegangen und hatte ihn nun gegen die Wand getrieben. Sein Gesicht war jetzt nicht mehr so rot, im Gegenteil.
„Haben wir uns verstanden?"
Er nickte, räusperte sich und schuf wieder etwas Distanz zwischen ihm und mir, indem er ein paar Schritte zur Seite tat:
„Ja, ich-", er räusperte sich nochmal: „Ich räume die Kisten ein. Florence...du hast den Rest des Tages frei. Wegen deiner Überstunden."
„Sehr gut."
Ich überlegte immer noch nicht wirklich, nahm Florence am Handgelenk und schleifte sie weg von hier. Sie stolperte mir mehr oder weniger hinterher. Erst als wir die Straße überquert hatten ließ ich sie los.
„D-Danke."
Ich fuhr mir durch die Haare, eine Geste, die mich immer etwas beruhigte; ich warf ihr ein Lächeln zu:
„Ach iwo. Das schuldete ich dir noch."
„W-wie..?"
Mein Lächeln wurde etwas breiter:
„Ich hab versäumt dich zu besuchen, wie ich versprochen hatte."
„A-Ach, d-das-"
„War nicht fair von mir. Und darum verbringen wir heute den Tag, ja?"
Sie schaute kurz auf den Boden, dann nickte sie:
„W-Wenn es d-dir keine Umstände m-m-macht..."
„Nicht im Geringsten."

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