Kapitel 22:

          

Es besteht keinen Zweifel, dass sie über mich geredet haben. Natürlich haben sie das. Ich glaube kaum, dass mich hier niemand kennt, aber so langsam zweifele ich daran. Syke Sherman. Ich weiß nicht, dass ich Sherman heiße, aber gut zu wissen, denn viel hat man über mich auch nicht erzählt. Aber wieso nennen sie mich Agent? Ich gehöre nicht zu S.H.I.E.L.D. Ich bin ein Soldat von Hydra. Zum Teufel, was geht hier vor sich? Sie sagen, dass sie mich seit Jahren kennen und sagen jetzt, dass sie mich nicht töten sollen. Haben sie die Wahrheit über mich gesagt? Wissen sie vielleicht mehr über mich, als ich selbst über mich weiß? Ich möchte einfach nur die verdammte Wahrheit wissen.

Ich starre immer noch durch die Lüfte, verschwunden in meinen Gedanken und zerbreche mir den Kopf darüber, ob das alles stimmt oder, ob sie mich anlügen und hereinlegen wollen.

„Wir haben fast das gesamte Gebäude gestürmt.", sagt der Winter Soldier, welcher noch mehrere Meter von mir entfernt ist und mich mustert.

Und er kann deutlich durch meinen Gesichtsausdruck erkennen, dass etwas nicht mit mir stimmt und ich nicht ganz bei der Sache bin.

Denn ich erinnere mich.

Ich erinnere mich wieder.

Die Bilder kommen so schnell vor meinen Augen hervor.

Mein Name ist Skyeward Amy Sherman. Meine Eltern sind tot. Ich erkenne ein kleines achtjähriges Mädchen, das sich nicht traut auf einer Schulausführung als Hexe aufzutreten und lieber die schöne Prinzessin spielen will und deren Mutter sie aufmuntert. Das kleine Mädchen bin ich. Ich erkenne Steve, Clint und Natascha wieder. Als ich mit ihnen in auf einer Mission war, um gegen die Feinde zu kämpfen, die die Welt noch nie gesehen hat. Dabei sehe ich das S.H.I.E.L.D-Logo, das an meiner Schulter der Uniform gezeichnet ist.

Das ist alles, an was ich mich erinnere.

Mein Atem stockt. Wie kann das nur möglich sein?

Die Bilder verschwinden wieder schnell, wie sie aufgetaucht sind. Ich komme wieder zu mir und ich sehe für einen kurzen Moment alles verschwommen. Ich sehe den Umriss einer Person, die von weitem auf mich zugelaufen kommt. Es ist der Winter Soldier, der schreiend auf mich zuläuft. Doch von einem Moment auf den anderen, höre ich, dass er meinen Namen so laut schreit, wie noch nie – und ich nehme es nur in einem Echo wahr. In einem Bruchteil einer Sekunde frage ich mich, was los ist und wieso er mich anschreit, doch dann verstehe ich es, als ich es selbst zu spüren bekomme: das Gefühl, wie mir ein langes Schwert vom Rücken bis zu meinem Bauch herausragt. Der Schmerz ist für wenige Sekunden lang nicht zu spüren, doch dann tritt er ein.

Der Winter Soldier erblickt die Spitze des Schwertes, welches aus meinem Bauch ragt, er erblickt das viele Blut, welches auf den Boden tropft.

Ich halte meinen Mund und Augen weit geöffnet, versuche nach Luft zu schnappen und verzerre dabei mein Gesicht. Dann schaue ich zurück zum Winter Soldier und schreie auf, als das Schwert von hinten wieder herausgezogen wird. Der Schmerz in meinem Oberkörper ist erbarmungslos und ist noch schlimmer, als jede Kugel in den Kopf. Der Schmerz in der Glaszelle ist nichts dagegen. Ich kann ihn mir einfach nicht schlimmer vorstellen. Ich spüre, wie das Blut aus den großen Wunden quollt und ich auch beginne Blut zu spucken. Dann halle ich mit den Knien in meine eigene Blutlache und stehe unter Schock. Ich spüre, wie meine inneren Organe sich immer weiter mit Blut füllen und mich langsam im Stich lassen.

Der Winter Soldier läuft auf mich zu, ergreift mich noch gerade, bevor ich komplett zu Boden falle und hält mich in seinen Armen fest. Ein trauriger Blick ruht auf seinem Gesicht, aber dieses verändert sich, als er knallrot im Gesicht wird. Er schreit vor Wut und Reue auf, lässt mich sanft zu Boden sinken und ich höre, wie er dem S.H.I.E.L.D-Agent hinter mir das Genick bricht, dem ich das hier zu verdanken habe. Dieser S.H.I.E.L.D Agent hat es dennoch nicht verdient getötet zu werden. Ja, er hat diesen Befehl missachtet, den ich gehört habe, aber er war einer von der Seite, von der ich auch offensichtlich kam.

Sofort kniet der Winter Soldier sich neben mich hin und schaut zu meinen Wunden, welcher er versucht festzuhalten. Er erhebt etwas meinen Kopf und legt diese auf seine Knie. Dann hebt er mich etwas hoch, sodass ich wieder in seinen Armen liege. Ich spüre, wie eine Träne meine Wange bis zu meinem Kinn herunter kullert. Ich spüre, wie das Blut aus meiner Wunde fließt und sich alles in mir so schnell und stark verändert, dass ich kaum Kraft habe, um alleine zu atmen. Der Schmerz ist stark und er lässt nicht nach. Im Gegenteil – ich glaube, er wird noch schlimmer.

Der Gesichtsausdruck des Winter Soldiers zeigt mir, wie er wirklich ist. Er hat ein Herz, doch er zeigt es niemanden – nicht einmal mir. Seine hellen Augen schauen genau in meine und mir kommt dieser Moment so seltsam vor, als würde ich ihn seit Jahre kennen

„Danke.", flüstert er.

Ein Wort aus seinem Mund, auf das ich schon so lange gewartet habe. Als wüsste er, dass ich dieses Wort aus ihm hören wollte. Dass er je um mich trauern würde, weiß ich nicht. Ich bin doch nur ein weiterer Soldat von Hydra. Immer mehr Tränen verlassen meine Augen und kullern meine Wangen herunter. Ich kneife meine Augen zusammen, damit es aufhört, aber es funktioniert nicht. Ich versuche ihm dann zu danken, ohne meine übrige Kraft dafür zu verschwenden. Also hebe ich langsam meine rechte Hand und berühre sanft seine Wange. Er ist glühend heiß. Ich versuche irgendetwas zu sagen, doch mein Hals ist wegen dem ganzen Blut trocken. Dann kann ich nicht mehr und lasse meine Hand nach unten fallen. Die Energie hat mich verlassen. Die Lebensenergie hat mich verlassen. Dann erhebt er seinen Kopf über meinen, sodass ich nichts außer seinem Gesicht sehen kann. Er nähert sich langsam meinem Gesicht, als er mir einen Kuss auf die Stirn gibt. Seine dunkelbraunen, langen Haare fallen auf mein Gesicht und sie riechen nach ihm.

Nachdem er seine Lippen von meiner Stirn entfernt, kann ich noch gerade sehen, wie er schmunzelt, bis mir schwarz vor Augen wird.

Und das Letzte, was ich sehe, ist der trauernde Winter Soldier, der mich fest in seinen Armen hält, bevor mein Herz stillsteht.





The End

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