Kapitel 15:

In den nächsten drei Tagen halte ich es kaum noch mit Rumlow aus. Er trainiert viel zu hart und jedes Mal, wenn das Training vorbei ist, tut mir mein ganzer Körper weh, sodass ich für den nächsten Tag nicht gewappnet bin. Sein Schlag, den er mir gegeben hat, hat mir ein blau-lila Auge überlassen, dass immer noch nicht geheilt ist und noch schrecklich schmerzt. Vor allem, wenn er mir erneut einen Schlag ins Gesicht gibt und meine Auge damit noch mehr beschädigt wird. Er will wohl, dass das blaue Auge sein Merkmal ist und, dass es für immer an mir dranbleibt, aber so langsam habe ich die Schnauze voll von ihm. Er ist der schlechteste Trainer, den man sich vorstellen kann. Ich habe schon den Drang, es Alexander Pierce zu sagen, aber die Angst, dass Rumlow es herausfindet, und mich weiterhin verprügelt, ist viel größer, also lasse ich es einfach sein und versuche es irgendwie zu überstehen. Ich habe mich jeden Tag gefragt, wann der Winter Soldier endlich zurückkommt und ich wieder mein normales und vor allem besseres Training fortfahren kann, aber er kommt nie und das Warten wird zu einer Hoffnung.

Als ich am vierten Trainingstag mit Rumlow die Halle verlasse und in den Flur humpele, da mein Fuß – glaub ich jedenfalls – verstaucht ist, weil Rumlow es mit Absicht verdreht hat, als wir im Boxring kämpften, sehe ich viele Soldaten vor und neben mir vorbei gehen. Einige von ihnen sind verletzt und mir bin sicher, dass sie von einer Mission zurückkommen sind. Es sieht so aus, als hätten sie die Hölle überlebt. Ich will wissen, wo sie waren, aber ich weiß, dass es mir niemand erzählen würde. Wieso auch?

Ich gehe langsam, damit mein Bein nicht so schmerzt, in den Essaal, wo ich mich neben Conor und einigen anderen Soldaten setze. Conor habe ich seit zwei Tagen nicht mehr gesehen. Er war nicht im Essaal und im Flur bin ich ihm auch nicht mehr begegnet.

Er starrt mich kurz an, währenddem die anderen Soldaten uns ignorieren und über etwas anderes reden.

„Wie geht es deinem Auge?"

„Sieht man ja.", murmele ich und versuche dann das Thema zu wechseln. „Wohin ging die Mission?".

Die anderen Soldaten schauen auf und starren mich an. Ein Soldat namens Marc Walker lehnt sich etwas nach vorne.

„Das weiß niemand so genau, der nicht über Stufe 3 ist. Aber einige glauben, dass sie S.H.I.E.L.D-Waffen stehen wollten, um sie zu verbessern und ihnen ein Stück voraus zu sein."

Ich frage mich, wieso es so etwas wie Stufen gibt. Wir sind doch alle für das gleiche Team, also sollte auch jeder wissen, was die anderen durchgemacht haben – einfach aus Respekt her. Fast jeder Soldat hier war auf Stufe 1 oder, wenn man wirklich gut ist, dann Stufe 2.

Ich bin mir sicher, dass der Winter Soldier schon Stufe 4 oder 5 sein könnte, nachdem mir Conor seine angebliche Geschichte erzählt hat. Er ist ziemlich lange bei Hydra, also muss es auch wohl stimmen. Aber S.H.I.E.L.D kommt mir so bekannt vor. Der Name klingelt bei mir, doch ich weiß nicht, welche Tür ich in meinem Kopf öffnen soll.

Ich verlasse den Essaal ohne weitere Worte und begegne im Flur weiteren Soldaten. Einer blutet aus seinem Bein, sodass der ganze Flur mit Blut ist. Ich rieche verbranntes Fleisch und muss mich die Nase zuhalten.

Und dann sehe ich etwas schrecklich Seltsames. Ich erblicke mehr als zehn Meter von mir entfernt, am andere Ende des Flures – auf dem ich noch nie war – den Winter Soldier. Ich sehe ihn nur kurz, da er mit Soldaten redet, aber als er zur Seite schaut und mir direkt in die Augen sieht, erblicke ich, dass er rund um seine Augen schwarz verschmiert ist.

Als ich ihn nicht mehr erblicke, weiß ich, dass ich ihm nicht mehr folgen kann. Er hat mich eh vielleicht nicht gesehen, da es nur knapp eine Sekunde war, an der sich unsere Augen trafen. Vielleicht hat er mich nur meine Entstellung von Rumlow nicht mal erkannt.

Nachdem ich die Tür hinter meinem Zimmer schließe, denke ich über das Gerücht nach, das Marc gesagt hat. Es könnte stimmen, was er gesagt hat, denn das würde wenigstens Sinn ergeben; die Waffen der Feinde stehlen und sehen, wie weit sie sind und sie dann verbessern, damit wir ihnen ein Stück voraus sind. Das könnte auch erklären, wieso wir viele Verluste haben.

Aber er sah so aufgewühlt und wütend aus, als ich ihn erblickt habe. Vielleicht ist seine Mission wieder gescheitert.

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