Kapitel 5:
Zurück in Washington treffe ich mich zusammen mit Clint, Bruce und Nick Fury in dessen Büro und reden über das Geschehen in London. Niemand kann es wirklich erklären, was genau dort passiert ist. Wir alle sind zusammen ahnungslos, denn niemand hat in all den Jahren so etwas derartiges gesehen.
Nick sitzt gemeinsam mit Bruce im Sessel und ich geselle mich zusammen mit Clint zu ihnen.
„Es war sie sogenannte Konvergenz.", sagt Bruce.
„Eine Konvergenz?", frage ich verwirrt.
„Das ist schon mal vor tausenden vor Jahren passiert."
„Und was hat das mit dem Gewirbel zu tun?", fragt Clint genervt.
„Er wollte mithilfe dieser Kraft, die uns unbekannt bleibt, Dunkelheit in unser Universum stürzen. Thor ihn noch gerade aufgehalten."
Nick sitzt nur da und starrt uns alle an. „Wieso konntet ihr das unbekannte Objekt nicht auslöschen?"
„Die Bombe wurde genauso, wie wir, durch dieses Portal gezogen.", antwortet Clint ihm.
„Und ist die Konvergenz noch dort?"
„Nein, sie ist bereits vor einer Stunde verschwunden.", meint Bruce. „Wir sind schon alle schon längst tot, wenn die nächste bevorsteht."
„Gut zu wissen.", murmle ich.
Es klingt in meinen Ohren schon beruhigend, vor allem das Wort „Tod", als wäre es wie Musik in meinen Ohren, aber trotzdem fühle ich schon etwas Mitleid mit den Menschen.
Als wir das Büro verlassen und ich alleine mit Clint im Aufzug stehe, welcher uns nach unten zur Lobby bringt, schaut er mich kurz an, bis er etwas sagt: „Was machst du jetzt?"
„Naja, ich glaube, dass ich heute nichts mehr aufhabe, also fahre ich nach Hause."
Er nickt und es sieht so aus, als soll ich ihn ebenfalls fragen, was er so vorhat, also tue ich ihm den Gefallen.
„Und was ist mit dir?"
Er antwortet sofort: „Also, ich muss noch in die Flugzentrale und mit dem Agent sprechen, der mit uns auf Mission war. Vielleicht hat er noch mehr gesehen als wir. Dann mach ich mich auch auf den Weg nach Hause."
Es wird still. Als wir im dritten Stockwerk stehen blieben und ein Wissenschaftler reinkommt, drückt er auf einen höheren Stock, aber wir fahren weiter nach unten, wobei dieser genervt aufseufzt.
„Wie geht es eigentlich Jeremy?"
An ihm habe ich schon lange nicht mehr gedacht, auch wenn er direkt nebenan wohnt. Er hasst mich bestimmt, denn sonst hätte er schon längst wieder Kontakt mit mir aufgenommen. Ich zucke zur Antwort mit den Achseln und will dieses Gespräch abschließen und nach Hause gehen.
Das Wetter draußen lässt meine Laune nur noch mehr sinken. Ende Dezember liegt hier selten Schnee, nur November ist die Chance größer. Aber man erblickt jetzt dunkele, graue Wolken, die sich der Innenstadt nähern. Als Clint und ich den Aufzug in der Lobby verlassen, trennen sich auch unsere Wege.
„Ruh' dich aus. Ich habe dich heute schon genug genervt."
„Hör bloß auf.", lache ich und schubse ihn leicht gegen die Schulter.
„Jetzt weiß ich, dass ich mit dir niemals in einen Freizeitpark gehen werde."
Clint entfernt sich wieder von mir und geht in Richtung Flugzentrale.
„Wir werden sehen.", rufe er mir hinterher.
Ich gehe in Richtung Garage, nehme eine warme Winterjacke aus dem Kofferraum, die ich mir überziehe und fahre aus der Garage raus auf die öffentliche Straße nach Hause.
Als ich bei meiner Einfahrt parke, erblicke ich das Auto von Jeremy. Als ich aussteige und zur Eingangstür gehe, wird diese plötzlich aufgerissen und ein wütender Jeremy schubst mich gegen die Schulter, sodass ich kurz zur Seite stolpere.
Jeremy dreht sich augenblicklich um und sein Gesichtsausdruck verändert sich abrupt. „T-tut mir Leid, Skye. I-ich habe dich nicht gesehen."
Ich schaue ihn verdunst an. „Ist etwas passiert?"
Er stottert etwas vor sich hin und er scheint nicht gerade klar denken zu können. Irgendetwas muss passiert sein, das sieht man ihm an.
„Na ja, mein Bruder steckt mal wieder in Schwierigkeiten." Er kratzt sich nervös am Nacken. „Er sitzt bei der Polizei zum Vernehmen."
Ich weiß nicht, ob er lügt. Ich habe etwas viel Schlimmeres erwartet, denn bei all dem, was ich erlebt habe, ist das Nichts im Vergleich. Jeremys Stottern könnte darauf hinweisen, dass er lügt, aber er hat mir schon mal von seinem Bruder erzählt, der sich nicht immer an die Regeln hält. Seltsam, wenn man einen Bruder hat, der für S.H.I.E.L.D arbeitet. Womöglich weiß sein Bruder das überhaupt nicht und das würde mich auch nicht wirklich wundern.
Im Endeffekt ist es mir auch egal, ob er mich jetzt anlügt oder nicht. Es ist mir nicht von Nutzen.
„Na, dann.", seufze ich und lächele ihn als Abschied kurz an.
Er steigt in sein Auto, fährt davon, während ich ins Apartment gehe und meine Wohnung betrete. Ich hänge meine Jacke an den Kleiderständer, lege meine Pistole, welche in der Hose etwas zwickt, auf den Tisch im Wohnzimmer und gehe in die Küche, wo ich hoffentlich irgendetwas essbares finde. Mit einer Tüte Chips und salzigen Gurken gebe ich mich zufrieden und während ich auf der Theke sitze und alles in mich hineinschlinge, fällt mein Blick auf meine Pistole, die dort liegt und wartet, dass sie abgedrückt wird.
In meinem Kopf schwirren wieder verschiedene Methoden zu einem Tod. Eine Stimme erzählt mir, dass ich es vollenden soll. Sie sagt, ich hätte es nicht anders verdient. Erst, wenn es fast zu spät ist, wird mir klar, dass es meine eigene Stimme ist.
Ich schlendere ins offene Wohnzimmer, greife mir die Pistole und halte sie mit einem Ruck gegen meinen Kopf. Als ich sie entsichere, beginnt mein Herz an, wie verrückt zu pochen. Vielleicht brauche ich einfach nur dieses Gefühl des Adrenalins. Vielleicht will ich nicht mal sterben.
Dennoch... das wäre jetzt der perfekte Zeitpunkt, um mir eine Kugel in den Kopf zu verpassen. Weder Clint noch Steve oder jemand anderes würden heute bei mir vorbeischauen. Jeremy ist auch weg, also würde meine Leiche vielleicht morgen oder in wenigen Tagen gefunden werden.
Ich halte meinen Zeigefinger auf den Abzug bereit und schreie vor Unsicherheit auf. So alleine habe ich mich seit langem nicht mehr gefühlt. Es ist, als würde mir jemand ein Messer ins Herz stechen, darin drehen und es lächelnd wieder rausreißen und sehen, wie das Blut rhythmisch im Herzschlag rausspritzt.
Ich nehme tief Luft, halte das Schreien an und bin wenige Millimeter davon entfernt, den Abdrücke ganz nach hinten zu drücken. Aber dann kommt eine andere Stimme in meine Gedanken und verwischt alles. Tue es nicht, Skye. Es sind noch Leute dort draußen, die dir helfen wollen. Tue es nicht. Irgendwann wird es auch dir gut gehen und du kannst wieder lachen.
Mit einem Ruck werfe ich die Pistole gegen die Wand und falle weinend auf die Knie. Ich verstecke mein Gesicht mit meinen Händen und lasse meinen Tränen freien Lauf. Sie kullern mir die Wangen herunter und platschen auf den Boden.
Dabei erinnere ich mich diesem Moment. Es war ein Moment als ich siebzehn Jahre alt war. Damals dachte ich auch oft daran, mich umzubringen – heute sind Selbstmordgedanken eine Art Gewohnheit von mir geworden, aber damals war es meine Berufung.
An einem Morgen im September, als gerade die Schule wieder angefangen hatte, holte ich mir eine 44er Magnum aus meiner Tasche, die ich von Nick bekommen habe, als ich mit sechszehn ein offizieller Agent von S.H.I.E.L.D. wurde. Ich hielt sie stundenlang wie ein Baby auf dem Schoß. Was für ein Genuss würde es sein, mir einfach die Birne wegzublasen, dachte ich mir noch dabei. Alle meine fiesen Gedanken würden mit der Explosion davonfliegen, wie verblühte Löwenzahnschirmchen im Wind. Aber ich dachte an Nick oder besser gesagt an Jeremy, der damals schon mein Nachbar war. Ich stellte mir vor, wie er den Schuss hören würde, meine Tür einschlagen würde und meinen kleinen, noch nicht ausgewachsenen Körper zusammen mit einer großen Blutlache finden würde.
Und da, an diesem bestimmten Moment, brachte ich es nicht übers Herz es zu tun. Wahrscheinlich war ich deshalb so gemein zu ihnen, weil sie alle mich von dem abhielten, was ich mir am meisten wünschte. Ich konnte es ihnen einfach nicht antun, und deshalb ließ ich es sein und dachte noch dabei: vielleicht ein andermal.
Der Gedanke damals war, dass ich meine Eltern nie wiedersehen würde. Jetzt ist es wegen Bucky und irgendwann wird es mich treffen. Aber irgendwann wird es mir vielleicht gut gehen. Wann ist irgendwann? Wann wird es mir auch mal gut gehen? Wann kann ich mal wieder lachen?
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top