Chapter 3
"Ich soll wirklich auf dieses Internat?!", rief ich entsetzt und sah meine Eltern vorwurfsvoll an.
"Natürlich. Dr. James hat es so gesagt und wir werden tun, was er für richtig hält.", sagte meine Mum mit ruhiger Stimme und ließ sich durch mein Geschrei nicht aus der Ruhe bringen.
"Ha! Natürlich weiß er, was für mich richtig ist. Er hat einmal etwas an meinen Rücken gefühlt. Wie soll er da wissen, was mit mir los ist? Und was soll ich dann da auf diesen blöden Internat. Was macht das da für einen Unterschied?", schrie ich verzweifelt und wuchtelte mit meinen Armen wild in der Luft rum.
"Das Internat hilft einem in solchen Fällen.", versuchte meine Mutter mich immernoch zu überzeugen.
"In solchen Fällen? Was für ein Fall bin ich denn? Was ist nicht richtig mit mir?"
"Das kann man nicht sagen.", murmelte sie und mied den Augenkontakt zu mir.
"Ich will da nicht hin. Ich will bei meinen Freunden bleiben.", jammerte ich.
"Das reicht! Du gehst jetzt nach oben deine Koffer packen. Wir fahren um Mitternacht.", entgegnte mein Vater streng und zeigte mit ausgestrecktem Finger auf die Treppe, die hoch in mein Zimmer führte.
"Danke für das tolle Geburtstagsgeschenk.", zischte ich noch mit zitternder Stimme, während mir eine Träne über die Wange rollte und lief mit schnellen Schritten die Treppe hoch.
Koffer packen? Als ob ich jetzt meine Koffer für dieses scheiß Internat irgendwo im Nirgendwo packen würde.
Während mir mehr und mehr Tränen aus den Augen flossen, schnappte ich mir mein Handy, wählte Kelsy's Nummer und ließ mich auf mein Bett fallen.
"Hallo?", flötete meine beste Freundin durch die Leitung und ich konnte laute Musik im Hintergrund wahrnehmen.
Wahrscheinlich drehte sie die Musik wieder voll auf und tanzte wie eine Verrückte in ihre Zimmer rum, um das andauernde Gestreite ihrer Eltern zu übertönen.
"Kelsy?", schluchzte ich in mein Handy und wischte mit einem Taschentuch unter meinen Augen her. "Ich hab ein Problem."
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"Skyla kommst du? Wir fahren jetzt?", hörte ich meinen Vater von unten rufen und nahm Schritte war, die die Treppe herauf kamen.
Schnell drehte ich mich in meinem Bett um, sodass ich mit meinem Rücken zur Tür lag. Vielleicht ließ mein Vater mich ja aus Gnade schlafen und dann könnte ich mich morgen früh noch wenigstens von meinen Freunden verabschieden.
Fehlanzeige.
"Skyla. Aufwachen. Wir fahren jetzt los.", hörte ich meinen Vater sagen, während er mir leicht an der Schulter rüttelte.
Langsam drehte ich mich um und bemühte mich um den besten Hundeblick, den ich seit Jahrzehnten gemacht hatte.
"Können wir nicht morgen fahren? Dann kann ich mich noch von Kelsy verabschieden.", bettelte ich und sah ihn flehend an.
"Ich wünschte, dass du das noch machen könntest, aber es geht leider nicht.", sagte er schnell und drehte sich zur Tür. "Ich erwarte dich in zehn Minuten unten."
Die Autofahrt zog sich unheimlich in die Länge, da wir nur durch die Pampa gurkten und ich jedes Gespräch abblockte.
Sie konnten mich doch nicht einfach so an eine fremden Ort abschieben und mich noch nicht einmal mich von meinen Freundinnen verabschieden lassen? Doch das konnten sie. Und genau das taten sie gerade.
Gefühlte drei Stunden später hielt mein Vater das Auto an. Neugierig versuchte ich etwas aus der Scheibe heraus zu erkennen, aber alles was ich in der Dunkelheit sah, waren unheimliche Umrisse des Gebäudes, die mich mehr an ein altes Schloss, als an ein normales Internat erinnerten.
Gemeinsam stiegen wir aus dem Auto und mein Vater holte meinen Koffer aus dem Kofferraum und stellte ihn vor mich.
Dann war der Zeitpunkt gekommen, an dem ich mich von ihnen verabschieden musste.
Traurig umarmte ich meinen Dad und danach meine Mum.
"Es tut mir leid, dass du deine Geburtstag so verbringen musstest. Ich wünschte auch es wäre anders gelaufen. Aber es ist das beste so.", flüsterte mir Mum traurig ins Ohr, während sie mich in einer festen Umarmung hielt.
"Warum denn? Bitte erkläre mir doch wenigstens, was das alles soll?", flehte ich sie an, bekam jedoch nur ein abweisendes Kopfschütteln zurück.
"Bald wirst du es verstehen, das verspreche ich dir.", entgegnte sie bloß, löste sich schweres Herzens von mir und stieg in das Auto, in dem mein Vater bereits den Motor angeschaltet hatte.
Das Knallen der Autotür ließ mich zusammenzucken und jagte einen eiskalten Schauer durch meine Glieder.
"Bis bald mein Engel.", rief Mum, als sie losfuhren und wank mir zu, bis sie um die nächste Ecke verschwanden.
Jetzt war ich alleine.
Alleine an einem unbekannten Ort und irgendetwas stimmte nicht mit mir. Nur was?
Ängstlich umklammerte ich den Henkel meines Koffers. Ich hatte das Gefühl, dass er das einzige war, das mich noch an Zuhause erinnern würde.
Plötzlich erklangen Glockenschläge und als ich nach oben blickte, zeigte die riesige Turmuhr zwei Uhr an.
Wie aus dem Nichts durchfuhr mich ein eiskalter Schauer und breite eine Gänsehaut über meinen ganzen Körper aus.
Fröstelnd zog ich die Ärmel meines Pullis weiter nach unten, um auch meine Hände vor der plötzlichen Kälte zu schützen und zog meinen Koffer in Richtung der riesigen Eingangstür.
Ein unheimliches Knartschen ertönte, als ich mich mit meiner Schulter gegen die schwere Tür lehnte und sie öffnete.
Der Einblick, der sich mir hier drinnen bot, war ein krasser Gegensatz zu der Fassade dieses Gebäudes.
Der Boden bestand aus hellem Mamor, während sich an den weißen, hohen Wänden unzählige alte Gemälde wiederfande. Eine edle, dunkle Holztreppe führte in einem geschwungenen Bogen in die obere Etage.
Auf dem größten aller Gemälden, das im Zentrum zweier Fenster hing und somit perfekt angestrahlt wurde, konnte man zwei schneeweiße, prächtige Flügel erkennen, die zu einem Mädchen mit dunkeln Haaren gehörten. Man konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber dafür hielt sie eine einzelne, strahlend goldene Feder in ihrer Hand.
"Hallo. Du musst Skyla sein.", ertönte plötzlich wie aus dem Nichts eine freundliche Stimme und als ich mich umdrehte, sah ich eine Frau auf mich zukommen.
Sie hatte weiße, schulterlange Haare und trug eine schwarze Hose, kombinierte mit einer ebenfalls schwarzen Bluse. Für ihr Alter hatte sie eine erstaunliche Figur. Groß, schlank und einen aufrechten Gang.
Trotz ihrer eiskalten, blauen Augen, die mit leichten Fältchen umgeben waren, machte sie einen herzlichen Eindruck, als sich ein Lächeln auf ihre Lippen legte.
"Ich bin Miss Nivira, aber du kannst mich auch Civil nennen. Falls du Fragen hast oder Hilfe brauchst, kannst du jederzeit zu mir kommen. Ich unterrichte hier nicht, sondern bin für organisatorische Dinge und zur Betreuung der Schüler eingesetzt worden. Mein Büro ist gleich da vorne."
Sofort wurde wurde mir warm ums Herz.
Vielleicht war es hier doch nicht so schlimm, wie ich gedacht hatte.
"Mein Name ist Skyla Rose.", wiederholte ich nochmal aus Höflichkeit und rang mir ein kleines Lächeln ab. "Und vielen Dank für ihr Angebot."
"Es ist mir eine Freude dich kennenzulernen Skyla. Deine Eltern haben mich bereits informiert. Ich würde vorschlagen, dass wir alles formelle morgen früh klären und du vorerst in dein Zimmer gehst und dich ausruhst. Die Fahrt war bestimmt sehr anstrengend. Dein Zimmer findest du unter der Nummer B7 im zweiten Geschoss. Ich wünsche dir eine gute Nacht.", sagte sie und wandte sich mit einem freundlichen Nicken von mir ab.
Noch immer etwas überrumpelt sah ich ihr hinterher, wie sie mit schnellen Schritten um die Ecke verschwand und die Halle wieder in vollkommener Stillen lag.
Und wo war jetzt genau dieser Flur mit Raum Nummer B7?
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