Chapter 22
Teil 2 der Lesenacht 💃
"Es gibt noch so viel mehr, aber ich denke bevor wir weitermachen, sollte ich dir zeigen, wie man fliegt."
"Okay gib mir deine Hände.", sagte Aiden und drehte mich zu sich um, sodass ich ihm im Schneidersitz gegenüber saß.
Aufgeregt legte meine Hände in seine geöffneten Handflächen.
"Mach die Augen zu.", wies er mich an und ich tat was er sagte.
"Jetzt atme tief ein und konzentriere dich nur auf deine Umgebungen."
Die kalte Luft strömte ich meine Lunge, während der Wind mir durch die Haare fegte.
Unter uns hörte man die Wellen, wie sie auf dem Ozean brachen und dann mit voller Wucht gegen die Felsen schmetterte.
Von ganz weit entfernt drangen die leisen Schreie der Möven zu uns, welche von dem Rascheln der Bäume, die ihre letzten Blätter verloren, übertönt wurde.
Ich spürte wie mein Herzschlag immer langsamer wurde und ich nichts anderes als Ruhe in mir verspürte.
"Und jetzt denk an das, was deinen Herzschlag schneller schlagen lässt.", flüsterte Aiden leise und ich nahm seine Stimme nur noch wie ein leises Echo war.
Tausende Bilder schossen in meine Kopf vor meinen Augen vorbei.
Wie ein Film spulten sich meine Erinnerungen ab. Ich sah Mum und Dad, Madison, Loreen, Kelsy, meine alten Mitschüler, Jasmin, Taylor, James, Jermey. Jede einzelne Person, die mir in meinem bisherigen Leben begegnet war.
Doch plötzlich stoppte der Film und ich blickte in warme, braune Augen.
Meine Gedanken schweifen zu seinen Berührungen. Wie er seine Hand an meiner Taille lag, wie seine Lippen auf meine trafen und wie fest er mich umarmt hielt.
Es kam mir alles so real vor, als würde es wirklich genau in diesem Zeitpunkt passieren, sodass sich unbewusst ein kleines Lächeln auf meine Lippen legte.
Und dann fing es an.
Es fühlte sich so an, als würde ein Wirbelsturm in meinen Körper entstehen. Ein Wirbelsturm aus Schmetterlingen, die sich ihren Weg von meinen Zehenspitzen bis hoch in meinen Oberkörper bahnten.
Das Kribbeln breitete sich in jedem einzigen Muskel aus, zog sich dann in meiner Brust zu einem geladen Bündel zusammen und explodierte mit einer unbeschreiblichen Wucht, bis es wieder jede Stelle meines Körpers ausfüllte.
Und dann verspürte ich wieder diese Ruhe. Ruhe und Frieden.
"Wow.", hörte ich Aiden hauchen und öffnete meine Augen.
Seine Blick war hinter mich fixiert und als ich ihm folgte, sah ich wieder diese prachtvollen, silbernen Flügel.
"Sie sind wunderschön.", murmelte er und fuhr mit seiner Hand vorsichtig über die weichen Federn. Ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus.
"Aber sie sind anders.", fügte er nachdenklich hinzu und bevor ich nur mit meinen Wimpern schlagen konnte, sprossen weißen Flügel aus seinem Rücken hervor.
"Wie hast du das so schnell gemacht?", fragte ich verblüfft und sah ihn staunend an.
"Das kommt mit der Übung. Am Anfang ist es immer schwer aber nach einiger Zeit fühlt es sich wie Gehen an. "
"Deine Flügel- Sie sind silbern. Und so flach und gerade.", sprach er seine Gedanken laut aus. "Soetwas hab ich noch nie vorher gesehen."
"Haben die anderen Halbblüter nicht auch solche Flügel?", fragte ich verwundert und blickte über meine Schulter.
"Ich weiß es nicht, ich habe sie noch nicht zu Gesicht bekommen."
Im Gegensatz zu Aiden's weißen Federn sahen meine aus wie kleine Messerspitzen.
"Man kann gut mit ihnen schwimmen.", sagte ich beiläufig, woraufhin mich Aiden verblüfft ansah.
"Schwimmen? Du warst mit ihnen im Wasser?!"
"Glaubst du ich hätte den kleinen Jungen im Meer einfach so retten können? Ohne sie wäre ich fast ertrunken."
"Wahnsinn.", entgegnte er lachend und ich sah ihn verwirrt an.
"Was ist?"
"Engel können nicht schwimmen Skyla. Sie sind Wesen der Luft, nicht des Wassers. Man sagt, wenn die Flügel eines Engels mit Wasser in Berührung kommen werden sie so schwer, dass sie einen mit sich auf den Grund reißen und man qualvoll ertrinkt.", wiederholte er einen Satz, der sich so anhörte, als hätte man ihm ihn als Kind unzählige Male eingeprägt.
"Kannst du noch mehr wovon ich wissen sollte?"
"Naja also ich hab unter Wasser Luft bekommen und konnte genau so scharf sehen wie jetzt.", erklärte ich ihm schulterzuckend.
"Das könnte die Lösung für alles sein. Komm. Das müssen wir Mrs. Niviria erzählen.", rief Aiden begeistert und lief auf die Klippen zu.
"AIDEN. Was tust du?", rief ich panisch, als er dem Abgrund immer näher kam.
"Denk einfach nicht darüber nach.", erwiderte er bloß lachend und sprang die Klippe ohne ein weiteres Wort herunter.
"Denk einfach nicht darüber nach.", sprach ich mir selber zu und sprang mit verschlossenen Augen in Richtung des dunklen Meers.
"[...] Es ist der absolute Wahnsinn. Das muss die Kraft der Halbblüter sein, von der Ihr mir immer erzählt habt. Was, wenn das letzte Rätsel der goldenen Feder Unterwasser liegt und nur deshalb die Halbblüter es lösen können? Das müssen wir den anderen erzählen. Die beiden Halbblüter im Himmel könnten es schaffen.", beendete Aiden aufgeregt seine Erzählung über 'die Gabe', so wir er es nannten, mit Flügeln schwimmen zu können.
Aber anstatt positiv auf Aiden's Theorie zu reagieren, bildete sich eine steile Falte zwischen Mrs. Niviria's Augenbrauen.
"Skyla, meine Liebe, wenn du uns für einen Augenblick entschuldigst. Ich muss mit Aiden ein paar vertraute Wort wechseln.", sagte sie plötzlich langsam und mit einem nachdenklichen Ton, woraufhin ich Aiden einen verwirrten Blick zuwarf.
Aber anstatt mir eine Antwort geben zu können, sah er mich mindestens genau so planlos an und folgte ihr wortlos durch die schwere Holztür, die in ihr Büro führte.
Zuerst versuchte ich etwas durch die Tür zu verstehen, aber das Holz war so dick, dass man kein einziges Wort hören konnte.
Seufzend lehnte ich mich mit dem Rücken an die Wand an und schloss für einen kurzen Augenblick meine Augen. Fliegen war anstrengender, als man es sich vorstellen würde.
"Na wen haben wir denn da.", ertönte plötzlich eine mir unbekannte Stimme.
Verwirrt blickte ich auf und sah geradewegs in die Augen eines blonden, großen Jungen. Seine grünen Augen blitzten furchteinflößend auf und das bedrohliche Grinsen ließ mich automatisch einen Schritt zurückgehen. Irgendwoher kam er mir bekannt vor, aber ich kam einfach nicht drauf woher.
"Wer bist du?", fragte ich verwirrt und versuchte ihn auf Abstand zu halten.
"Oh Kleine, ich bin sicher das du mich kennst.", entgegnte er und kam immer näher.
"Ich hab keine Ahnung wer du bist und was du von mir willst, also lass mich in Ruhe.", antwortete ich herablassend und wollte mich gerade umdrehen und abhauen, als seine Worte mich aufhielten.
"Mein Name ist Jeremy und ich denke, dass du meinen Freund James nur zu gut kennst.", knurrte er bedrohlich und das Blut schien mir in den Adern zu gefrieren.
Ich konnte kein Teil meines Körpers mehr bewegen und stand wie ein scheues Reh im Scheinwerferlicht.
"I-Ich weiß nicht wovon du sprichst.", stammelte ich panisch und wollte mich am liebsten selbst für das Stottern ohrfeigen.
Sein Grinsen wurde nur noch umso breiter, als er bemerkte, was für eine angsteinflößende Wirkung er auf mich hatte.
"Ach ich glaube sehr wohl, dass du weißt wovon ich spreche. Aber lass mich dir helfen. Du und dein Freund scheinen James ziemlich einen runtergehauen zu haben auf der Party am Freitag. Wer war bei dir? Mallory?", fragte Jeremy mit hochgezoger Augenbraue und sah mich abwartend an.
"Das- also ich-ich war nicht auf der Party. Du musst mich mit jemand anderem verwechselt haben.", sagte ich so überzeugend wie es ging und verschränkte meine Arme vor meiner Brust.
"Dann sieht dir diese Person ziemlich ähnlich, findest du nicht?", fragte er mit einem amüsierten Ausdruck auf dem Gesicht und streckte mir ein zerknicktes Foto entgegen.
Als ich es mir genauer ansah, erkannte ich mich alleine auf einem der umgekippten Baumstämme sitzen, wie ich gedankenverloren in die Flammen des Lagerfeuers blickte.
Mein Herz fing an schneller zu pochen. Meine Ausrede aufgeflogen, hinter mir kein Fluchtweg und an ihm vorbei zu kommen war so gut wie unmöglich.
Mein Blick huschte zu der Tür. Aiden war meine letzte Chance hier wieder heil rauszukommen.
Aber bevor ich auf die Tür zugehen konnte, hatte Jeremy meinen Blick schon gesehen und versperrte mir auch hier den Weg.
"Ist er da drin?", fragte er mit einem amüsierten Lächeln und deutete hinter sich. "Dann scheinst du deinem Lover ja gar nicht so wichtig zu sein, wenn er dich hier draußen alleine rumstehen lässt."
"Du hast keine Ahnung von ihm.", keifte ich wütend und sah Jeremy vernichtend an.
"Nanana nicht so frech meine Kleine.", schmunzelte er provozierend, doch genau in dem Augenblick, als ein Benachrichtigungston von seinem Handy erklang, verdunkelte sich seine Miene.
"So das reicht jetzt. Genug mit dem Rumgequatsche.", knurrte er wütend, packte mich unsanft an meinem Unterarm und wollte mich mit sich ziehen, als die dunkle Holztür mit einem Schwung aufgerissen wurde und ein wütend aussehender Aiden zum Vorschein kam.
Als er mich sah, wie ich mit einem ängstlichen Ausdruck in Jeremy's Griff feststeckte, verwandelte sich das Braun seiner Augen in ein beinahe tiefes Schwarz und ich sah, wie sich jeder einzelne seiner Muskeln anpannte.
"Fass sie nicht an du Wichser.", knurrte er bedrohlich und kam ein paar Schritte auf uns zu.
"Ich an deiner Stelle würde genau da stehen bleiben.", warnte Jeremy ihn und schloss seine Hand so fest um meinen Oberarm, dass ein spitzer Schrei meine Kehle verließ und eine einzelne Träne meine Wange runterkullerte.
Aiden's Kiefermuskeln begannen unkontrolliert zu zucken, als sein Blick kurz zu meinem Gesicht huschte und sich dann wieder auf Jeremy fixierte.
"Ich hab gesagt lass sie los.", brüllte Aiden agressiv, woraufhin Jeremy nur zu lachen begann.
"Ich denke du bist nicht in der Position mir irgendwelche Anweisungen geben zu können. Naja aber meine Zeit läuft auch davon, also kommen wir direkt zum Punkt. Die Party am Freitag. So wie es aussieht habt ihr beide eine ziemliche Scheiße mit James angerichtet. Wir wollen nur die letzten Konflikte beseitigen, mehr nicht."
"Halt sie da raus. Sie hat ihn noch nichtmal angefasst.", entgegnte Aiden nur wütend.
"Ach wie süß. Aiden setzt sich für ein Mädchen ein. Dann muss sie dir wohl viel bedeuten.", hängte Jeremy mit einem teuflischen Grinsen an, gefolgt von einem tiefen Grollen aus Aiden's Brust.
Seine Blicke schienen Jeremy umbringen zu wollen.
"Aber na schön, wie du willst. Dreiundzwanzig Uhr bei unserem Treffpunkt. Du weißt wo wir sind. Und wenn du nicht auftauchst, holen wir deine kleine Freundin dazu.", meinte Jeremy mit einem provokanten Lachen, schubste mich in Aiden's Richtung und verschwand um die nächste Ecke.
Sofort schlung ich meine Arme um seinen Bauch und er drückte mich beschützerisch an deine Brust.
"Hat er dir weh getan?", murmelte er und versuchte so sanft wie möglich zu klingen, doch man konnte die Wut in seinem Unterton deutlich heraushören.
Vorsichtig schüttelte ich meine Kopf und drückte meine Hand fester auf die pulsierende Stelle an meinem Oberarm.
Er ging einen Schritt nach hinten und sah mir für einen kurzen Moment in die Augen, dann zu meinem Arm und wieder zurück.
Er wusste sofort, dass ich log.
Für einen Wimpernschlag lang verdunkelte sich sein Blick.
Doch dann verließ ein leises Seufzen seine Lippen, bevor er mir einen sanften Kuss auf die Stirn gab und seinen Arm um meine Taille legte.
"Ist schon okay. Komm wir gehen nach oben zu mir.", sagte er und wollte mich mit sich ziehen, doch ich hielt ihn auf.
"Warte."
Verwirrt und fragend zugleich sah er mich an.
"Du gehst da doch nicht hin oder?"
Ich sah, wie er mit seiner Antwort zu zögern schien, weshalb ich schnell weiterredete.
"Ich möchte nicht, dass sie dir weh tun.", meinte ich besorgt und er blickte mir liebvoll in die Augen.
"Ach Skyla, mach dir keine Sorgen um mich.", murmelte er und strich eine verlorene Haarsträhne zurück hinter mein Ohr.
"Doch tu ich. Versprich es mir."
Stumm sah er mir in die Augen. Bittend erwiderte ich seinen Blick und es dauerte eine lange Sekunde, bis er leise aufseufzte und kaum merklich nickte.
"Versprochen."
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