Chapter 19

"Ich weiß nicht was hier vor sich geht Jas-", sagte ich und sah sie mit einem ernsten Blick an,"-aber für mich war das mitlerweile ein Zufall zu viel."

"Das selbe hab ich mir auch schon gedacht. Glaub- Glaubst du, dass es etwas erstes gefährliches sein könnte?", fragte sie und sah mich mit einem scheuen Ausdruck in den Augen an.

"Ganz ehrlich, ich hab keine Ahnung. Ich bin bestimmt nicht die einzige, die denkt, dass hier in diesem Internat einige Dinge anders laufen, als sie sollten.", murmelte ich gedankenverloren und bekam ein zustimmendes Nicken von ihr zurück.

"Komm gib Mal das Buch her. Ich will endlich wissen, was auf der ausgerissen Seite steht.", drängelte ich nervös und zog ihr das Buch aus den Händen, um auf die gesuchte Seite zu blättern.

"Also.", fing ich an und begann den letzten Satz im Buch mit dem auf der losen Seite zu verbinden. "Durch den Wolkenbruch kam ein stahlende Kreatur zum Vorschein. Die Menschen konnten nichts erkennen, wie dieses Wesen aussah, da die strahlende, prächtige Flügel, die aus seinem Rücken ragten so blendend waren, dass man gezwungen war wegzusehen. Eine tiefe Stimme verkündete den Frieden zwischen Himmel und Erde und ein strahlender Schleier legte sich über die Gegend. Man lebte in Friede und Einklang, bis eines Tages der Himmel so schwarz wurde, wie man ihn noch nie gesehen hatte. Goldene Blitze schossen aus den dichten Wolken heraus und schlugen in die Bäume und Gebäude ein. Meterhohe Wellen krachten gegen die Klippen und brachten die Erde zum erschüttern. Aus Angst um ihr Leben flohen die Menschen ohne etwas einzupacken. Sie rannten die Straße entlang, weg von der tobenden See. Und genau in dem Moment, in dem die beiden letzten Person, ein kleiner Junge mit seiner Schwester zusammen das Gebäude verließ, bildete sich eine riesige Welle und krachte mit einem lauten Knall auf die Mauern. Von diesem Tag an wurde dieser Ort als verflucht erklärt. Mit der Zeit verloren die Menschen ihren Aberglauben und man fing an die Trümmer zu beseitigen und ein neues Gebäude zu bauen. Die 'Black Sea Academy'.

"Das war's schon? Nur Engel? Dieses Märchen hätte sich doch jeder ausdenken können. Da wollte uns jemand bestimmt nur einen Streich spielen. Und wir machen hier so ein Theater. Lächerlich.", sagte Jasmin genervt und enttäuscht, während sie das Buch zuklappte und es zurück an seinen Platz in das Regal stellte.

"Ja, nur Engel.", murmelte ich nachdenklich und starrte gedankenverloren ins Nichts, bis mein Blick plötzlich nach draußen gezogen wurde und ich in warme, braune Augen blickte.

Ohne zu zögern sprang ich auf und ging mit schnellen Schritten wortlos aus der Bibliothek, Richtung der Tür zum Außenbereich.

Als ich auf das nasse Gras trat, stand er immernoch so da, bewegungslos, und sah mir genau in die Augen, als hätte er auf mich gewartet.

Langsam ging ich auf ihn zu, während er jede einzige Bewegung meines Körpers beobachtete.

Je näher ich ihm kam, desto stärker würde das Zittern in meiner Burst und mein Herz schlug kraftvoll gegen meinen Brustkorb.

Einen knappen Meter vor ihm blieb ich stehen.

"Wir müssen reden.", sagte ich bloß monoton, drehte mich um und ging Richtung Klippen.

Ich drehte mich nicht um, um zu sehen, ob er mir folgte. Ich erwartete es einfach.

Vorsichtig quetschte ich mich durch die winzige Lücke, die die Dornenbüsche freigab, während die Erinnerungen an diesen Ort mich wieder einholten.

Die Dornenranken ragten wie eine riesige Wand in den Himmel und schützten uns vor Blicken.

Perfekt für das, was ich vorhatte.
Es war riskant, aber ich hatte keine Wahl.

Zwei, drei Meter vor dem Abgrund blieb ich stehen und ließ meinen Blick über die atemberaubende Aussicht vor mir schweifen.

Unter mir tobte das dunkle, beinahe schwarze Meer, während die riesigen Wellen kraftvoll gegen die Felsen schlugen und der weiße Schaum sich langsam verteilte, bis er vor der nächsten Welle mitgerissen wurde.

Der Himmel war von einer grauen, trüben Schicht bedeckt und die Sonne schimmerte nur kaum erkennbar durch die Wolkendecke hindurch.

Ich schloss für einen kurzen Augenblick meine Augen und ließ den kühlen Wind durch meine Haare wehen.

"Du willst also reden.", ertönte Aiden's tiefe, ruhige Stimme hinter mir. Zu ruhig. Ich spürte seine Nervosität ohne mich umzudrehen.

Er war mir tatsächlich gefolgt. Und irgendetwas an seiner Stimme verriet mir, dass er genau wusste, worum es geht.

"Ja. Das will ich.", entgegnte ich leise. Immernoch mit dem Rücken zu ihm gedreht.

"Na dann schieß los." Er versuchte locker zu klingen, aber tief in seiner Stimme war die Anspannung unüberhörbar.

"Wozu? Du weißt genau was ich hören will."

"Ich hab keine Ahnung wovon du redest Skyla.", sagte er ahnungslos und ein leises, ironisches Lachen verließ meine Kehle.

"Natürlich weißt du es nicht.", fuhr ich fort und drehte mich zu ihm um, während meine Stimme vor Sarkasmus nur so zu triefen schien.

Mit verschränkten Armen stand er drei, vier Meter von mir entfernt, während der Wind ihm seine braunen Haare in die Stirn wehten und er- wie immer- atemberaubende aussah.

Innerlich riss ich mich zusammen, damit sein Anblick mich nicht schon wieder ablenken konnte und konzentrierte mich darauf, weswegen ich mit ihm hier war.

"Wenn das so ist, fangen doch am besten ganz von vorne an Aiden. Alles hat hier oben angefangen. An dem Tag des Unfalls, als ich Jamie mitten im Meer paddeln gesehen hab. Ich weiß, dass ich mir ziemlich heftig meinen Kopf gestoßen habe. Aber genau so gut weiß ich auch, was ich gesehen hab. Als ich in dem Krankenhauszimmer mit Jamie lag, war ich zwar nicht bei Bewusstsein, aber ich konnte alles spüren und hören. Ich habe mitbekommen wie er dir erzählt hat einen Engel gesehen zu haben.", als ich das Wort 'Engel' erwähnt, sah ich wie sich seine Arme anspannten und er mich mit einem düsteren Blick fixierte,"Du hast ziemlich wütend geklungen. Und genau die selbe Antwort hab ich auch bekommen, als ich dir das gleiche erzäht habe. Seltsam, oder nicht?

Glaubst du mir ist nicht aufgefallen, dass du mich andauernd beobachtetest? Und ich weiß auch, dass du es warst, der die ausgerissene Seite mit dem Buch zusammen auf den Tisch in der Bibliothek gelegt hast, damit Jasmin es findet.

Nur eins weiß ich nicht.
Warum das ganze?

Aber ich hab eine Vermutung und deshalb sind wir beide hier.

Als ich dir von dem Engel im Meer erzählt habe, hast du mir eingeredet, es wäre alles nur eine Halluzination gewesen, wegen dem Stoß an meinem Hinterkopf. Kurz habe ich wirklich angefangen an meinen Erinnerungen zu zweifeln, aber dann haben sich die Ereignisse nur so gestapelt.
Jamie's Geschichte, deine wechselnde Augenfarbe und jetzt das Buch.

Mit mir passiert etwas. Seit meinen Geburtstag um ehrlich zu sein. Ich hab es gespürt und gesehen, und ich hatte noch nie so große Angst.

Ich wollte dir davon erzählen, aber immer wenn ich damit angefangen habe, hast du mich abgewiesen, so als wolltest du das Thema meiden. Ich kann mit niemandem darüber reden. Alle würden mich für verrückt halten.

Alle außer du. Ich weiß, dass du etwas darüber weißt.", sagte ich und ging Schritt für Schritt nach hinten, während er mich stumm, mit einem ernsten Blick musterte.

Meine Brust hob und senkte sich in einem schnellen Rhythmus.

"Ich bin mir sicher. So sicher, dass ich jetzt alles auf eine Karte setzte.

Ich habe keine Angst. Obwohl ich sie sehr wohl haben sollte. Aber bei dir fühle ich mich so sicher und so geborgen, als wären wir füreinander geschaffen. Nenn mich verrückt, aber ich spüre, dass da etwas zwischen uns ist. In deiner Nähe spüre ich Dinge, die mich kein anderer Mensch vorher hat fühlen lassen. Es ist mir egal, wenn das hier schief geht." Mein Blick schweifte über meine Schulter auf die endlos wirkende Schlucht hinter mir.

"Ich hab das Gefühl, ohne die Wärme, die du mir schnellst nicht mehr leben zu können- oder zu wollen."

Ein letztes Mal füllte ich meine Lunge mit der frischen Luft, ließ den Wind ein letztes Mal durch meine Haare fegen, ließ das letzte Mal meine Augen über seine angespannten, aber wunderschönen Züge gleiten. Tief holte ich Luft und ließ die Wörter aus mir heraus, die ich so lange in mir eingeschlossen hatte.

"Du hattest Recht. Ich habe keine Kreatur mit Flügeln unter Wasser gesehen.

Das war ich.

Ich glaube du weißt was ich meine oder nicht? Du bist genau so. Du bist auch ein Engel.

Und wie sagt man so schön?

Engel können doch bekanntlich fliegen.", beendete ich meinen Satz, breitete meine Arme aus und ließ mich nach hinten fallen.

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