Kapitel 1
»Herzlich Willkommen an unserem Zielflughafen, dem Philadelphia International Airport. Bitte bleiben Sie noch so lange sitzen, bis die endgültige Parkposition erreicht ist. Gehen Sie sicher, dass Sie Ihr Handgepäck mitnehmen. Wir hoffen, Sie hatten einen angenehmen Flug und verabschieden uns nun von Ihnen. Vielen Dank«, tönte eine Durchsage auf Englisch durch den Flieger und ein Kribbeln durchfuhr mich. Ich war jetzt in Amerika, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, bereit für das wahrscheinlich größte Abenteuer meines Lebens.
Voller Aufregung erhob ich mich von meinem Sitz und schob mich in den Mittelgang, wobei ich jedoch fast mein Handgepäck vergessen hätte, wenn mich nicht eine ältere Dame mit einem netten Lächeln darauf aufmerksam gemacht hätte. Da dies mein erster Flug war, kannte ich den ganzen Ablauf noch nicht und war etwas überfordert. Ich hatte mir auf YouTube zwar tausend Tutorials übers Fliegen angeguckt, aber komplett auf mich alleine gestellt klappte dann natürlich doch nicht alles, wie es sollte.
Als ich endlich den Flughafen verließ, verspürte ich deshalb einfach nur eine große Erleichterung. Suchend blickte ich mich nach meinen Gasteltern um. Sie meinten, wir würden uns hier treffen.
»Valerie, Valerie!«, hörte ich in diesem Moment jemanden hinter mir rufen.
Ich drehte mich um und sah eine kleine, schlanke Frau, um die vierzig Jahre, auf mich zu rennen. Sie besaß lange braune Haare und ein herzliches, offenes Lächeln. In echt wirkte sie noch viel sympathischer als in unseren Skype-Telefonaten, in denen ich meine Gasteltern bereits kennengelernt hatte. Ich kam ihr ein paar Schritte entgegen und sie schloss mich sofort in eine feste Umarmung.
»Herzlich Willkommen in Amerika. Ich hoffe, es wird dir hier gefallen«, begrüßte sie mich und strahlte mich an. Ein wohliges Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus und verdrängte all die Aufregung von eben, ich mochte meine Gastmutter jetzt schon richtig gerne.
»Da bin ich mir sicher, vielen Dank, Misses Campbell.«
»Ach, nenn' mich doch bitte Kate, sonst fühle ich mich so alt und schließlich bin ich jetzt für das nächste Jahr deine Ersatzmutter. Und jetzt komm mit, George wartet im Auto und ich glaube, er steht im absoluten Halteverbot«, meinte sie grinsend und bahnte sich zielstrebig einen Weg durch die anderen Reisenden um uns herum.
Schnell folgte ich ihr, meinen Koffer hatte sie mir schon abgenommen, sodass ich nur noch meine Tasche tragen musste. Am Auto angekommen, zog auch George mich zur Begrüßung in eine herzliche Umarmung. Dann verlud er mein Gepäck und wir fuhren los. Los, in mein neues Abenteuer.
Nach einer halbstündigen Fahrt hielten wir schließlich vor einem großen, weißen Haus aus Sandstein. Der Vorgarten bestand aus sorgfältig angelegten Beeten und einem Kiesweg, der sich durch die kunstvoll angeordneten Blumen und Buchsbaumhecken schlängelte. Daneben führte eine breite Auffahrt zu den Garagen herunter.
Mit großen Augen blickte ich mich um und konnte mein Staunen kaum verbergen, ich war nicht darauf vorbereitet gewesen, dass ich in so einem tollen Haus wohnen würde. Doch in diesem Moment erinnerte ich mich wieder daran, dass Kate und George eine sehr erfolgreiche Anwaltskanzlei führten, so hatte es zumindest in den Unterlagen zu meiner Gastfamilie gestanden. Kein Wunder, dass sie sich so ein Haus leisten konnten.
Mit einem Mal kam ich mir so klein und fehl am Platz vor - würde ich mich hier wie ein Außenseiter fühlen?
Doch die Angst verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Allein die Autofahrt hierher hatte gereicht, um mir zu zeigen, wie lieb und herzlich Kate und George waren und ich war mir sicher, dass ich mich bei ihnen wohlfühlen würde.
Nachdem wir meine Koffer aus dem Auto geholt hatten, zeigte Kate mir mein Zimmer. Mit den Worten »Das wird für das nächste Jahr dein Reich sein« öffnete sie die weiße Tür am Ende des Flurs und der Anblick, der sich mir bot, verschlug mir für einen Augenblick die Sprache. Das große Zimmer war in hellen Cremetönen gestrichen und sonnenlichtdurchflutet. Die Einrichtung war farblich perfekt abgestimmt und kleine Pflanzen ließen den Raum grün und lebendig aussehen. Da kam selbst mein Zimmer in Deutschland nicht gegen an - Kate hatte gerade meine kühnsten Erwartungen übertroffen.
Ich begann damit, meine Sachen auszupacken, aber das wurde mir schnell zu langweilig, ich wollte meinen ersten Tag nicht nur mit Aufräumen verbringen. Am liebsten würde ich schon erste Eindrücke von dem Land, auf das ich mich so lange gefreut hatte, sammeln und nicht nur in meinem Zimmer hocken. Also lief ich runter und sagte Kate, dass ich auf eine erste Erkundungstour durch den Ort gehen würde. Sie war von der Idee sofort begeistert und bot mir an, mich zu begleiten, doch ich lehnte dankend ab. Ich hatte das Gefühl, dass ich einen kurzen Moment für mich alleine brauchte, um all meine bisherigen Eindrücke zu verarbeiten und etwas durchzuatmen - ein anderes Mal würde ich gerne auf ihr Angebot zurückkommen. Und so machte ich mich wenig später auf den Weg durch den Ort.
Phoenixville war eine Kleinstadt in der Nähe von Philadelphia, die trotz der Nähe zur Großstadt doch recht ländlich geprägt war. So streifte ich durch beschauliche Straßen, mit sorgfältig angelegten Vorgärten und gepflegten Grünanlagen. Der Ort wirkte auf mich ruhig und malerisch, ganz das Gegenteil von meiner Heimatstadt Hamburg, in der bei jeder Tag- und Nachtzeit etwas los war.
Verträumt betrachtete ich die sich langsam bunt färbenden Blätter der Bäume, die anzeigten, dass jetzt, Anfang September, bereits der Herbst einsetzte. Plötzlich raschelte es im Gebüsch und ein kleiner Igel lief auf die Straße. Er machte mitten auf dem Asphalt Halt, sodass ich ihn gut beobachten konnte. Orientierungslos schaute der Igel sich um, während mir ganz warm ums Herz wurde, so süß wie dieses kleine Tier war.
Doch da hörte ich mit einem Mal ein dröhnendes Motorengeräusch und ein Sportwagen bog mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit um die Kurve. Er schoss nur so die Straße entlang und mir wurde sofort mit einem Schrecken bewusst, dass er den kleinen Igel nicht sehen würde.
Einem einfachen Impuls folgend, rannte ich auf die Straße und stellte mich mit winkenden Armen vor den Igel. Das Auto legte mit quietschenden Reifen eine Vollbremsung hin und für einen kurzen Moment befürchtete ich sogar, dass es mich noch erwischen würde, doch dann kam es nur wenige Meter vor mir zum Stehen.
Erst in diesem Moment realisierte ich, in was für eine Lebensgefahr ich mich da gerade begeben hatte und begann plötzlich am ganzen Körper zu zittern. Das war ja gerade noch gut gegangen. Wieso ließ ich mich nur immer zu so impulsiven, in diesem Fall gefährlichen, Aktionen hinreißen?
Während ich noch dabei war, den Schock zu verarbeiten, schlug die Tür des schwarzen Sportwagens auf und ein junger Mann, schätzungsweise zwei, drei Jahre älter als ich, stieg aus. Sein Gesicht war vor Wut verzerrt und seine Augen versuchten mich in Grund und Boden zu starren, doch ich hielt seinem bösen Blick stand.
»Was zur Hölle war das? Bist du vollkommen übergeschnappt?«, schrie er mich an und kam dabei etwas auf mich zu, nur um sich direkt vor mir aufzubauen.
Ich musterte ihn kurz. Der Junge vor mir war groß und trainiert, besaß braune Haare und markante Gesichtszüge. Alles in allem war er echt attraktiv, würde er nicht so schrecklich aufgebracht und aggressiv wirken. Er hatte ja ein Recht darauf, wütend auf mich zu sein, aber er musste mich nicht gleich so anschreien. Außerdem hatte ich mich nur in diese Gefahr gegeben, weil er viel zu schnell gefahren war und den Igel somit auf jeden Fall übersehen hätte.
»Das Gleiche könnte ich dich fragen, schließlich brettere ich hier nicht wie eine Wahnsinnige die Straße herunter!«, entgegnete ich. »Du hättest sonst diesen Igel überfahren.«
Während ich diese Worte aussprach, wurde mir bewusst, wie lächerlich ich eigentlich klang. Wegen eines kleinen Igels das eigene Leben zu riskieren - das war doch irre! Trotzdem würde ich jetzt vor diesem aufgebrachten Idioten nicht klein beigeben. Wenn ich eines hasste, dann waren das arrogante Arschlöcher und der Junge vor mir schien definitiv zu dieser Kategorie zu gehören, das konnte ich auf den ersten Blick sagen.
»Ein Igel?«, fragte er fassungslos nach. »Du wirfst dich vor einem Auto auf die Straße, um das Leben eines scheiß Igels zu retten? Wow, so eine dumme Person wie du ist mir noch nie unter die Augen gekommen«, meinte er dann und begann ironisch zu lachen.
Wie, um mich vor seinen Beleidigungen zu schützen, schlang ich meine Arme um meinen Körper. Es war nicht fair von dem braunhaarigen Jungen, mich direkt persönlich anzugreifen.
»Um dich zu retten, hätte ich mich ganz sicher nicht auf die Straße geworfen«, erwiderte ich deshalb gekränkt.
Der Junge vor mir schien mich jedoch gar nicht mehr ernst zu nehmen, sondern brach jetzt erst recht in heilloses Gelächter aus. »Na dann«, meinte er schulterzuckend.
Dann drehte er sich eiskalt um und ging zurück zu seinem Wagen, um einzusteigen. Er fuhr langsam einen Bogen um mich und den Igel.
»Pass lieber auf, wenn du das nächste Mal irgendeinem Vieh das Leben retten willst, nicht alle Autofahrer haben so gute Reflexe wie ich«, rief er mir dabei aus dem heruntergelassenen Fenster zu.
Nachdem er mich dann passiert hatte, ließ er seinen Motor laut aufheulen und brauste mit einem Affenzahn davon, während ich ihm nur meinen Mittelfinger hinterher streckte. Was für ein Arschloch!
Kopfschüttelnd wartete ich ab, bis der Igel von der Straße runter gekrabbelt war und machte mich anschließend wieder auf den Weg zurück. Die Lust auf meinen Spaziergang war mir gehörig vergangen.
Während ich zurück lief, regte ich mich immer noch über den Autofahrer von eben auf. Wie konnte man nur so asozial und ignorant sein? Offensichtlich waren doch nicht alle Amerikaner so nett und offen, wie ich gedacht hatte. Dieses Erlebnis versetzte meiner Euphorie von eben echt einen beachtlichen Dämpfer.
Immer noch völlig in Gedanken, bog ich auf die Auffahrt zum Haus der Campbells ein. Bei dem Bild, dass sich mir dort zeigte, blieb mir vor Schreck jedoch fast das Herz stehen. Mitten auf der Auffahrt stand der schwarze Sportwagen, der mich eben noch fast überfahren hatte. Nein, das konnte doch nicht sein, ich musste hier irgendwie im falschen Film gelandet sein. Wie war es möglich, dass ausgerechnet das Arschloch von eben sich als mein Gastbruder Dylan entpuppen sollte? Wie viel Pech konnte ich bitte haben? Am liebsten wäre ich auf der Stelle wieder umgedreht und einfach davongerannt, doch ich zwang mich, zum Haus zu gehen und an der Tür zu klingeln. Vielleicht besaß jemand aus der Familie Campbell einfach das gleiche Auto, wie der Typ, dem ich eben begegnet war.
Nach einem kurzen Augenblick des Wartens wurde die Tür auch schon aufgerissen und der Junge von eben stand vor mir, womit sich all meine Befürchtungen bestätigten. Mein Herz sank mir augenblicklich in die Hose.
»Nein!«, entfuhr es uns zeitgleich und für einen kurzen Moment befürchtete ich, dass der Junge, der offensichtlich mein Gastbruder Dylan war, mir einfach die Tür vor der Nase zuknallen würde.
»Na, na, wen haben wir denn da?«, sagte Dylan dann jedoch und betrachtete mich mit einem falschen Lächeln von oben herab. »Die Igel-Retterin. Dann bist du bestimmt Valerie.«
Ich schluckte schwer, da ich mich so unglaublich unwohl fühlte. Dann nickte ich jedoch.
»Und du bist der Igel-Killer Dylan, schön deine Bekanntschaft zu machen«, entgegnete ich ironisch und setzte ebenfalls ein falsches Lächeln auf.
Dylan schien es gar nicht zu gefallen, dass ich mich nicht von ihm einschüchtern ließ, wie er es wahrscheinlich sonst gewohnt war, denn seine Augen begannen bedrohlich zu funkeln. Jetzt bekam ich plötzlich doch etwas Angst vor ihm und wäre am liebsten einen Schritt zurückgewichen, doch die Blöße wollte ich mir nicht geben. Also hielt ich seinem kühlen Blick ruhig stand, obwohl ich eigentlich ganz schön weiche Knie hatte.
»Du traust dich ganz schön was, Kleine«, kam es spöttisch von Dylan. »Pass lieber auf, mit wem du dich anlegst, denn glaub mir, mich willst du nicht als deinen Feind haben.«
»Aber auch nicht als meinen Freund«, erwiderte ich in einem Anflug von Größenwahnsinn kühn, woraufhin Dylans Augenbrauen sich wütend zusammenzogen und seine grünen Augen einen beängstigend dunklen Ton annahmen.
Sofort wurde mir bewusst, dass ich mit dieser Aussage definitiv einen Schritt zu weit gegangen war. Am liebsten wäre ich zurückgerudert, doch das ging nun nicht mehr.
»Du bewegst dich auf ganz dünnem Eis, Valerie, ganz dünnem Eis«, knurrte Dylan. Dann drehte er sich einfach um und ging davon.
So konnte ich zumindest ins Haus eintreten, aber mir war auch bewusst, dass die Sache damit noch lange nicht gegessen war. Das würde auf jeden Fall noch ein Nachspiel haben. Wieso musste ich mich auch nur direkt am ersten Tag mit meinem Gastbruder anlegen? Wenn er mich ab sofort hasste, würde er bestimmt nicht zögern, mir meinen Austausch zur Hölle zu machen.
Mich überkam plötzlich ein ganz flaues Gefühl und ich fühlte mich schrecklich alleine. Ich hatte hier niemanden, der mir zur Seite stehen würde, wenn Dylan mich fertigmachen würde. Meine Freunde und Familie waren alle in Deutschland. Ein Anflug von Heimweh ergriff mich wie eine kalte Windbrise und ich beschloss, meine beste Freundin Mia anzurufen, um mich etwas abzulenken und wenigstens eine vertraute Stimme zu hören.
Ich überschlug kurz die Zeit, in Deutschland musste es gerade gegen zehn Uhr abends sein, hoffentlich war sie nicht schon schlafen gegangen. Dann setzte ich mich vor meinen Laptop und rief Mia per Skype an. Zum Glück ging sie ran.
»Oh mein Gott, Vale, wie schön, dass du dich meldest. Wie war dein Flug? Wie ist deine Familie? Und wie ist dein Gastbruder? Ist er heiß?«, redete Mia direkt wie ein Wasserfall drauf los.
Ich musste lachen und fühlte mich automatisch schon etwas besser. Mia war schon immer sehr - sagen wir mal kommunikativ - gewesen und ich beantwortete ihre Fragen alle der Reihe nach, während Mia ungeduldig mit ihren Fingern auf ihren Schreibtisch trommelte. Ich wusste, dass die Antwort auf die letzten beiden Fragen zu Dylan sie am meisten interessierten, deshalb ließ ich sie mit Absicht ein bisschen zappeln.
»Ach komm, Vale, das machst du doch mit Absicht. Jetzt erzähl mir doch mal von deinem Gastbruder«, beschwerte sich Mia schließlich, als ich ihr meinen Flug in allen langweiligen Details schilderte.
Ein fieses Grinsen schlich sich auf mein Gesicht, doch dann beschloss ich Mia von ihrem Leid zu erlösen und mein Grinsen erlosch bei dem Gedanken an Dylans und meine erste Begegnung so schnell wie es gekommen war. Dylan war wahrscheinlich der schlimmste Gastbruder, den man sich nur erdenken konnte.
»Ja schon, aber dieser Typ ist nicht ganz normal«, antwortete ich dann und erzählte ihr von unserer ersten Begegnung, während ich mich an sein Aussehen zurückerinnerte. Braune Haare, groß und trainiert. Seine Augen hatten mich jedoch am meisten fasziniert, sie waren leuchtend grün und wunderschön, aber gleichzeitig so mysteriös. Wären sie nicht so voller Zorn und Wut auf alles und jeden, würde es mir wahrscheinlich schwerfallen, mich nicht in ihren Bann ziehen zu lassen.
»Fuck. Glaubst du, er hat eine Waffe?«, riss Mia mich aus meinen Gedanken.
»Wieso?« Ich runzelte verwirrt die Stirn. Wieso sollte ein achtzehnjähriger Junge bitte eine Waffe besitzen? Mia hatte echt zu viele Filme gesehen.
»Mein Gott, Vale, ihr seid in A-me-ri-ka.« Sie betonte jede Silbe einzeln, als würde sie mit ihrer schwerhörigen Oma sprechen, weshalb ich lachen musste.
»Ich glaube nicht, aber ich kann ja mal nachsehen«, meinte ich daraufhin zu ihr.
»Sehr gut, aber lass dich nicht erschießen. Ich muss jetzt leider Schluss machen, morgen schreibe ich einen Französisch-Test und dafür sollte ich zumindest halbwegs ausgeschlafen sein. Dir wünsche ich aber noch ganz viel Spaß und melde dich immer mal«, verabschiedete sich Mia.
Mich überkam ein leicht wehmütiges Gefühl, ich vermisste meine beste Freundin jetzt schon. Ich hatte keine Ahnung, wie ich die nächste Zeit ohne sie überstehen sollte. Ich hatte mich so gefreut, als ich erfahren hatte, dass ich einen Gastbruder in meinem Alter haben würde und hatte gehofft, dass ich mich mit ihm anfreunden könnte. Dann wäre ich wenigstens nicht ganz alleine. Aber das konnte ich mir jetzt wohl abschminken. Dylan hasste mich und würde alles daransetzen, meinen Start hier zu erschweren. Das wusste ich, ohne dass er es explizit ausgesprochen hatte, aber der Blick, mit dem er mich erst bedacht hatte, hatte mehr gesagt als tausend Worte.
»Mach ich und vielen Dank. Ich wünsche dir eine gute Nacht.«
Ich gab mir Mühe, meine Stimme betont fröhlich klingen zu lassen, damit Mia nicht bemerkte, wie einsam ich mich jetzt schon fühlte. Meine Familie und meine Freunde waren über tausend Kilometer Luftlinie von mir entfernt und ich war hier alleine mit meinem Gastbruder, der ein ziemliches Aggressionsproblem zu haben schien, heiß hin oder her. Zumindest hatte ich tolle Gasteltern bekommen. Trotzdem hoffte ich einfach nur, dass ich in der Schule bald neue Freunde finden würde.
Ich winkte noch ein letztes Mal in die Kamera, dann legten wir beide auf.
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