Epilog


I Get to Love You - Ruelle

Ein halbes Jahr später


"Du siehst wunderschön aus. Alles wird perfekt sein, mache dir nicht so viele Gedanken", sagte meine Mutter sanft und legte mir ihre Hand auf die Schulter, als ich zum mindestens zehnten Mal mein Spiegelbild kontrollierte.

Ich lächelte sie dankbar an, doch die Aufregung in meinem Inneren schwand trotzdem nicht, sondern baute sich eher noch mit jeder Sekunde weiter auf. So aufgeregt wie heute war ich noch nie in meinem ganzen Leben gewesen und es gab nichts, was das lindern könnte. Ich hatte es noch nicht mal geschafft, heute Morgen mehr als eine Banane zu essen und saß schon seitdem ich vom Friseur zurückgekommen war wie auf glühenden Kohlen.

Zum Glück schwirrten meine Eltern die ganze Zeit um mich herum und beruhigten mich jedes Mal rechtzeitig, bevor meine Nerven mit mir durchgehen konnten. Auch mein kleiner Bruder Max war heute ganz besonders nett zu mir und seine kecken Sprüche brachten mich trotz all der Anspannung immer wieder zum Lachen.

Vielleicht war es lächerlich, wie aufgeregt ich war, aber für mich war heute der bedeutendste Tag meines bisherigen Lebens und ich wollte unbedingt, dass alles perfekt lief. So lange hatte ich auf diesen Tag hingefiebert, die Feier organisiert und Gäste eingeladen und jetzt war es endlich soweit: Heute würden Dylan und ich uns das Ja-Wort geben.

Der Tag, den wir uns dafür ausgesucht hatten, hätte nicht besser sein können. Draußen strahlte die spätsommerliche Sonne durchs Fenster und sorgte für eine angenehme Wärme. Die grünen Bäume sprühten nur so voller Leben und die Bienen summten zwischen den bunten Blumen umher. Die ganze Atmosphäre war so voller Wärme und Leben, dass ich mich absolut bei der Entscheidung bestätigt fühlte, in Pheonixville, der Heimatstadt von Dylan zu heiraten.

Natürlich war es für meine Freunde und Familie aus Deutschland ein ganz schöner Aufwand gewesen, in die USA zu reisen, aber bis auf wenige Absagen waren alle gekommen. Vermutlich saßen sie jetzt schon auf den Bänken im Kirchenschiff, während ich hier nebenan zusammen mit meinen Eltern und Max darauf wartete, dass die Zeremonie beginnen sollte.

Ich wollte gerade ein weiteres Mal zum Spiegel gehen, als sich die Holztür öffnete und der Pastor den Raum betrat. "Wir können mit der Trauung beginnen", erklärte er uns und schenkte mir ein herzliches Lächeln.

Ich nickte und schluckte einmal. Jetzt war es soweit. Jetzt gleich würde ich meinen Traummann heiraten und das ließ mich beinahe vor Glück platzen.

"Bist du bereit?", fragte mich mein Vater, der nun zu mir herantrat und mir seinen Arm anbot.

"Ja, ich bin bereit", antwortete ich ihm ohne zu zögern und strich mein Kleid ein letztes Mal glatt, dann ergriff ich seinen Arm.

Gemeinsam liefen wir durch einen Seitenflügel zum Eingang der Kirche, wo wir im Vorraum warteten, während meine Mutter und Max sich schnell durch die Zugangstür ins Kirchschiff setzten.

"Oh man, jetzt wird meine kleine Tochter ganz offiziell erwachsen. Du warst zwar schon immer sehr selbstständig, aber dich jetzt in die Hände eines anderen Mannes zu geben, ist für mich ein riesiger Schritt", setzte mein Vater plötzlich zu sprechen an. Er raufte sich einmal durch seine blonden, von einigen grauen Strähnen durchzogenen Haare, dann fuhr er fort. "Ich bin so stolz auf dich, meine Kleine - obwohl, das kann ich ja jetzt eigentlich gar nicht mehr sagen. Ich weiß genau, dass Dylan und du unglaublich glücklich miteinander sein werdet und das ist alles, was ich mir für dich wünsche."

Während er sprach, sah mir mein Vater fest in die Augen und so konnte ich genau sehen, wie diese feucht zu glitzern begannen. Doch auch bei mir fehlte nicht mehr viel, dass ich in Tränen ausbrechen würde, denn die kleine Rede meines Vaters hatte mich so sehr berührt. Sein Segen für meine Hochzeit bedeutete mir so unfassbar viel und zu hören, wie stolz er auf mich war, machte mich einfach nur glücklich.

"Danke, Papa", flüsterte ich völlig ergriffen und hauchte ihm einen zarten Kuss auf die Wange.

In diesem Moment erklangen auch schon die ersten Töne des Liedes "I Get to Love You", das Dylan und ich statt eines klassischen Hochzeitmarsches gewählt hatten aus dem Inneren der Kirche und das aufgeregte Kribbeln in meinem Bauch verstärkte sich noch einmal, wenn dies überhaupt noch möglich war. Ich straffte meine Schultern und atmete ein letztes Mal tief ein und aus. Dann ließ ich mich von meinem Vater um die Ecke führen und wir betraten den Mittelgang.

Sobald sie uns erblickten, erhoben sich alle Anwesenden von ihren Plätzen und ich hatte fast das Gefühl, als würde ein andächtiges Raunen durch die Reihen gehen. Mein Blick glitt über bekannte und weniger bekannte Gesichter, die mir alle zulächelten und ich fühlte mich beinahe, als würde ich schweben, während ich den Gang entlang schritt.

Doch dann richtete ich meinen Blick nach vorne auf den Altar. Dort standen auf der einen Seite Mia und Lucy als meine Trauzeugen und auf der anderen Seite Ace, Luke und Jase als die von Dylan. Und dann stand da natürlich auch noch Dylan selbst…

Er trug einen schwarzen Anzug, der nicht besser hätte sitzen können und ihn unfassbar elegant und attraktiv wirken ließ. Seine Haare waren makellose gestylt und seine grünen Augen funkelten lebhaft.

Ein glücklicher Schauer durchfuhr meinen ganzen Körper, als Dylan seinen Blick nun ebenfalls auf mich richtete und ich förmlich sehen konnte, wie sein Atem einen Moment stockte. Doch dann breitete sich so strahlendes Lächeln auf seinen Lippen aus, wie ich es noch nie gesehen hatte, das mein Herz nur so schmelzen ließ.

Den ganzen Weg zum Altar ließ Dylan mich keinen Augenblick aus den Augen und ich fühlte mich, als würde ich auf Wolken direkt in den Himmel laufen. Jeder Schritt, den ich Dylan näher kam, fühlte sich so unglaublich richtig an und meine Nervosität verschwand immer mehr. Noch nie hatte sich eine Entscheidung richtiger angefühlt, als Dylans Heiratsantrag anzunehmen und ihm heute das Ja-Wort zu geben.

Schließlich erreichten wir den Altar, wo mein Vater meine Hand vorsichtig an Dylan überreichte, der mich die letzte Stufen hinaufführte. Ich spürte, dass seine Hand vor Aufregung leicht feucht war und drückte sie deshalb sanft. Dylan blickte mir daraufhin direkt in die Augen und ich schenkte ihm ein warmes Lächeln, welches er strahlend erwiderte.

Dann stellten wir uns vor einander auf und der Pastor begann zu sprechen…

Dylan's Point of View


Die ersten Klänge des Eingangliedes ertönten und ich hob meinen Blick, der sofort auf Valerie fiel. Sie schritt gerade an der Hand ihres Vaters um die Ecke und sah in ihrem weißen Brautkleid aus Spitze und Tüll aus wie eine wahrhaftige Prinzessin. Ihre blonden Haare hatte sie kunstvoll hochgesteckt und mit weißen Blumen, die ich nicht genau benennen konnte, verziert.

Mir stockte einen Moment der Atem - so überwältigt war ich von ihrer Schönheit. Valerie gelang es zwar immer wieder, mich aufs Neue zu flashen, aber dies stand in keinem Vergleich! In diesem Moment war ich tatsächlich froh, dass sie standhaft geblieben war und mir ihr Hochzeitskleid nicht schon vorher gezeigt hatte, denn so war die Überraschung mindestens doppelt so schön.

Doch das schönste, was Valerie trug, war jedoch ihr Lächeln. Es war, als würde sich eine Welle der Wärme von ihrem strahlenden Gesicht ausgehend im ganzen Raum ausbreiten und das glückliche Kribbeln in meinem Bauch verstärkte sich noch mehr. Sie sah so unglaublich glücklich aus und das machte mich glücklich!

Die letzten Tage war ich ein reines Nervenbündel gewesen und hatte wenn es hochkam höchstens fünf Stunden pro Nacht geschlafen, doch in diesem Moment fiel all die Anspannung mit einem Mal von mir ab. Das hier fühlte sich gut an. Das hier war richtig.

Valerie schwebte nur so durch die Reihen und jeder Blick haftete auf ihr, bis schließlich vorm Altar angekommen war und ihr Vater ihre Hand in meine übergab. Er nickte mir noch einmal wohlwollend zu, dann setzte er sich in die erste Reihe zu Valeries Mutter und Bruder und meinen Eltern.

Als meine Eltern sahen, dass mein Blick für einen Moment auf ihnen haftete, lächelten sie mir beide stolz zu und mein Vater reckte versteckt einen Daumen nach oben. Ich hatte das Gefühl, dass gerade er absolut hinter Valeries und meiner Entscheidung, zu heiraten, stand und das bedeutete mir unglaublich viel.

Gemeinsam mit Valerie stieg ich die letzten Stunden zum Altar hinauf, wo der Pastor uns mit einem warmen Lächeln empfing. Links und rechts hatten sich Valeries und meine engsten Freunde aufgestellt, die wir als Trauzeugen ausgesucht hatten.

Ich ließ meinen Blick kurz über die Chaoten schweifen, die in ihren Anzügen und Kleidern fast so aussahen, als wären sie erwachsen, doch im Herzen waren sie immer noch die selben Verrückten wie in der High School. Doch das war nicht schlimm - ganz im Gegenteil.

Viele sagten, dass mit einer Hochzeit der Ernst des Lebens begann, doch das bewies mir, dass das nicht stimmte. Auch wenn Valerie und ich uns heute das Ja-Wort geben würden, hieß das nicht, dass wir mit einem Mal das perfekte Vorzeigeleben eines Erwachsenen leben mussten. Wir durften weiterhin morgens verschlafen, die Tiefkühlpizza im Ofen vergessen oder keine Ahnung von Steuerklärungen haben.

Was ich aber mit Sicherheit wusste, war, dass ich das alles zusammen mit Valerie erleben wollte. Ich konnte mir nichts schöneres vorstellen, als mit ihr zusammen alt zu werden und später meinen Enkeln davon zu erzählen, wie wir uns kennengelernt hatten. Und genau deshalb wusste ich auch, dass es nicht zu früh war, jetzt schon zu heiraten!

Der Pastor begann den Gottesdienst mit einigen einleitenden Worten über Valerie und mich, doch es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren, im Kopf war ich schon bei der Trauung selbst.

Doch dann kam der entscheidende Moment. "Wir haben uns alle heute hier versammelt, um dem heiligen Bund der Ehe zwischen Valerie Blohm und Dylan Campbell beizuwohnen", sagte der schon etwas ältere Pastor mit den grauen Haaren feierlich und blickte lächelnd zwischen Valerie und mir hin und her. "Liebe Valerie, magst du anfangen?"

Ich nahm aus Augenwinkel wahr, wie Valerie ihre Schultern straffte und sich dann völlig mir zuwandte, um mir direkt in die Augen zu blicken.

"Dylan Campbell. Du bist die Liebe meines Lebens und mein bester Freund. Du bist das Netz, das mich auffängt, wenn ich falle und das Licht am Ende eines jeden dunklen Tages.

Heute verspreche ich dir hier die Treue in guten wie in schlechten Tagen,
in Gesundheit und Krankheit, bis dass der Tod uns scheidet.
Ich will dich lieben, achten und ehren bis ans Ende meiner Tage.
Mit diesem Ring nehme ich dich als meinen Mann."

Valeries Stimme klang fest und völlig überzeugt, als wäre sie kein bisschen aufgeregt. Aus ihren blauen Augen sah sie mich so intensiv an, dass ich wusste, dass sie jedes ihrer Worte haargenau so meinte.

Dann griff sie nach dem Ring, den uns der Pastor auf einem roten Kissen entgegenhielt und steckte ihn mir in einer fließenden Bewegung an den Finger. Auch wenn sie mich nur ganz leicht berührte, reichte das um elektrische Stöße durch meinen ganzen Körper zu senden und meine Haut zum Kribbeln zu bringen. Diesen Moment würde ich noch für die Ewigkeit in Erinnerung behalten.

Doch dann war ich an der Reihe. Ich blickte Valerie ebenfalls tief in die Augen, dann begann ich zu sprechen:

"Valerie Blohm. Du bringst meine Welt zum Leuchten. Wenn alles in endloser Stille zu versinken scheint, bist du die Melodie, die die Welt mit Klang erfüllt. Wenn alles schwarz und weiß ist, dann bringst du mir die Farbe und das Leben. Es fehlen mir die Worte, um zu beschreiben, was du in mir auslöst und wie sehr du mir jedes Mal aufs Neue den Kopf verdrehst. Du bist das Größte für mich und ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt.

Auch ich verspreche dir heute hier die Treue in guten wie in schlechten Tagen,
in Gesundheit und Krankheit, bis dass der Tod uns scheidet.
Auch ich will dich lieben, achten und ehren bis ans Ende meiner Tage.
Mit diesem Ring nehme ich dich als meine Frau", antwortete ich Valerie, jedoch nicht auf Englisch, sondern auf Deutsch.

Durch meine Auslandssemester in Deutschland sprach ich zumindest etwas gebrochenes Deutsch, doch diese Sätze hatte ich so oft mit Mias Hilfe geübt, dass ich sie perfekt beherrschte.

Mit leicht zittrigen Händen griff ich nach dem anderen Ring auf dem Kissen, um ihn Valerie anzustecken. Dabei blickte ich ihr fest in die Augen und sah, wie diese vor Überraschung geweitet waren und leicht feucht glitzerten. Deshalb ließ ich meine Hand einen Augenblick länger als nötig auf ihrer liegen, um ihr zu zeigen, dass ich ganz nah bei ihr war und dass ich das auch immer sein würde.

Natürlich hatte ich mir Mühe gegeben, dass ich die richtigen Worte traf, aber Valerie war offensichtlich noch gerührter, als ich erwartet hatte. Das konnte natürlich aber auch an der ganzen Atmosphäre liegen. So oder so, ich liebte sie dafür, dass sie zu intensiven Gefühlen fähig war.

"Es ist mir eine große Freude, Sie nun offiziell zu Mann und Frau zu erklären. Sie dürfen die Braut jetzt küssen", sprach der Pastor nun abschließend.

Das ließ ich mir nicht zwei Mal sagen und wie ich Valerie küsste!

Ende

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