24. In letzter Sekunde


Dylan's Point of View:

Genervt stöhnte ich auf, nachdem ich den gleichen Satz gerade zum fünften Mal gelesen hatte und ihn immer noch nicht verstand. Ich konnte mich einfach nicht konzentrieren, meine Gedanken schweiften immer wieder ab. Es verging keine Sekunde, die ich nicht an Valerie dachte und daran, wie es ihr gerade ging und was sie tat. Es machte mich verrückt, nicht in ihrer Nähe sein zu dürfen und die täglichen Lageberichte waren nur ein geringer Trost.

Ich hatte echt Angst um sie, denn ich war mir sicher, dass ihr Stalker zu weitaus mehr bereit war, als nur Drohbriefe zu verschicken. Was, wenn er ihr etwas antat? Wenn niemand bei ihr war, um sie zu beschützen? Daran wollte ich am liebsten gar nicht denken und trotzdem tat ich es ununterbrochen.

Die Kameras, die ich an Lucys und an meiner Wohnungstür installiert hatte, hatten bisher noch keine weiteren Erkenntnisse zu dem Täter gebracht. Allgemein war es die letzten Tage über ziemlich ruhig gewesen, erschreckend ruhig. Mein Drang, die Polizei einzuschalten wuchs immer stärker, aber ich wusste, dass Valerie es mir verdammt übel nehmen würde, wenn ich mich über unsere Absprache hinwegsetzte. Also ließ ich es sein und lebte seit Tagen in einem Zustand permanenter Angst und Sorge.

Ich schlief kaum noch, hatte keinen Appetit mehr und checkte mein Handy in Sekundenabständen um zu sehen, ob es einen Notfall gab. Auch jetzt griff ich nach meinem Handy, doch es wurden mir keine neuen Nachrichten angezeigt.

Ich wollte es gerade wir weglegen, als es zu klingeln begann und mir ein eingehender Anruf von Lucy angezeigt wurde. Augenblicklich rutschte mir mein Herz in die Hose, denn ich wusste, dass ein Anruf um diese Uhrzeit nichts Gutes zu bedeuten hatte.

"Was ist passiert?", meldete ich mich deshalb ohne Wert auf irgendwelche Höflichkeiten zu legen.

"Es ist schrecklich", schluchzte Lucy am anderen Ende der Leitung und das beklemmende Gefühl in meinem Magen verstärkte sich. "Du musst sofort kommen, Dylan. Bitte."

"Bin schon auf dem Weg", antwortete ich und sprang augenblicklich auf, zog mir meine Schuhe an und schnappte mir schnell meinen Autoschlüssel. Dann sprintete ich auch schon die Treppen runter, zur Garage.

In meinen Gedanken malte ich mir bereits die schlimmsten Szenarien aus, die passiert sein konnten. Lucy war nicht leicht aus der Ruhe zu bringen und wenn sie so aufgelöst war, musste etwas grausames passiert sein und ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass es mit Valerie zusammen hing.

Lucy war immer noch am Weinen, was mein ungutes Gefühl immer mehr verstärkte. Es fühlte sich mittlerweile so an, als würde sich mein Magen gleich vor Übelkeit umdrehen.

"Was ist denn passiert? Geht es Valerie gut?", presste ich zwischen vor Anspannung zusammengepressten Zähnen heraus, während ich meine Wagen auf die Straße steuerte und unter riskanten Fahrmanövern in Richtung der Wohnung von Lucy und Sam brauste.

"Das sollte ich dir jetzt nicht, während du fährst, erzählen. Du wirst es gleich sehen und jetzt lege ich lieber auf, bevor du noch einen Unfall mit Handy am Steuer baust."

Lucys Stimme klang bei diesen Sätzen tatsächlich wieder etwas gefasster und bevor ich etwas entgegnen konnte, hatte sie mich schon weggedrückt und es war nur noch das Piepen zu hören. Deshalb legte auch ich mein Handy weg und konzentrierte mich auf den Verkehr.

Innerhalb einer Rekordzeit war ich angekommen und parkte mein Auto im Halteverbot direkt vor dem Hochhaus, indem Lucy und Sam wohnten. Ich stürmte die Treppen hoch und sah bereits beim Hochkommen, dass die Wohnungstür offen stand. Deshalb lief ich auch sofort hinein, ohne mich vorher bemerkt zu machen.

Mein Gefühl führte mich direkt ins Wohnzimmer, wo ich Lucy in Sams Armen zusammenkauert vorfand. Beide waren so blass, als hätten sie einen Geist gesehen und wirkten vollkommen verstört und hilflos.

"Was ist-…", setzte ich an, doch Sam unterbrach mich.

"Valerie hat eine erneute Botschaft von ihrem Stalker gefunden haben, während Lucy und ich im Kino waren und muss dann Hals über Kopf aufgebrochen sein, sonst hätte sie die Nachricht versteckt. Der Brief liegt auf dem Tisch und der andere Teil der Botschaft ist im Müll, ein kleiner toter Spatz, den dieser Psychopath beigelegt hatte", erklärte mir Sam. Seine Stimme klang dabei wie die eines Roboters, so monoton und abgehackt.

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, als ich zum Tisch ging und nach dem beklebten Papier griff, um die Botschaft zu lesen. Mein Finger umklammerten dem Zettel krampfhaft und mit jedem weiteren Satz, den ich las stieg mir die Galle weiter hoch, sodass mir zum Schluss so schlecht war, dass ich mich beinahe übergeben hätte.

"Dieses Schwein! Dieser verdammte Wichser!", schrie ich laut und zerknüllte das Papier in meiner Hand. Dann schlug ich mit der Faust auf den Tisch, um meiner Wut Raum zu verschaffen.

Doch ich besann mich schnell wieder, schließlich nützte es nichts, wenn ich jetzt vor Wut und Hass auf diesen abartigen Untermenschen ausrastete, ich musste mir das Wesentliche vor Augen halten. Deshalb atmete ich tief durch, um das Brodeln in mir unter Kontrolle zu kriegen.

"Ich rufe jetzt die Polizei", sagte ich dann ruhig.

Lucy und Sam nickten nur, offensichtlich waren sie froh, dass ich jetzt den Ton angab.

Schnell wählte ich die 911 und schilderte dem Officer die Situation.

"Und Sie sind sich sicher, dass ihre Freundin in akuter Lebensgefahr schwebt?"

"Ja, verdammt!", fuhr ich den Mann am anderen Ende der Leitung an, auch wenn er nur seinen Job machte. Aber ab jetzt zählte jede Sekunde und ich konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn man mich nicht ernstnahm. "Ich bin mir sicher, dass sie sich in der Gewalt von Mike Anderson befindet, der gerade fünf Jahre Knast wegen Entführung und gefährlicher Körperverletzung abgesessen hat. Sie sollten als schnellstmöglich ein Sondereinsatzkommando zu der Lagerhalle schicken."

"Normalerweise mache ich hier ja die Ansagen, aber so wie Sie die Situation beschreiben, scheint es sich hier wirklich um einen Ausnahmezustand zu handeln. Ich werde umgehend ein FBI-Team auf den Weg schicken und bitte Sie, nicht in die Nähe der besagten Lagerhalle zu gehen und sich selbst in Gefahr zu bringen. Wir werden Ihre Freundin retten, also bleiben Sie bitte ruhig."

Dann legte der Officer auf und ich wendete mich zu Lucy und Sam um. "Wir machen uns jetzt auch auf den Weg."

"Hast du nicht gehört, was der Mann eben gesagt hat?", fragte mich Lucy fassungslos. "Ich verstehe ja, dass du Valerie retten willst, aber in diesem Augenblick können wir nicht mehr tun, als zu hoffen, dass ihr nicht passiert."

Ich ließ ein verächtliches Schnauben hören. "Wenn du nicht willst, dann fahre ich alleine."

Ich wartete keine Antwort ab, sondern machte auf dem Absatz kehrt, um aus der Wohnung zu stürmen. Doch dann vernahm ich Sams Stimme hinter mir.

"Wir kommen natürlich mit, bevor du jetzt alleine auf irgendwelche wahnsinnigen Gedanken kommst."

Und so kam es schließlich doch so, dass ich wenige Augenblicke später zusammen mit Sam und Lucy in Richtung der Lagerhalle brauste. Ich hatte Ace angerufen und er gab mir am Telefon eine Beschreibung zu dem Ort, denn er war schließlich als einziger schon mit Valerie da gewesen. Auch er hatte sich natürlich sofort auf den Weg gemacht und so trafen wir fast gleichzeitig ein.

Wir parkten etwas weiter entfernt und liefen die letzten Meter zur Lagerhalle. Das Adrenalin rauschte nur so in meinen Ohren und ich sprintete vor. So konnte ich auch als Erster sehen, dass die Halle bereits von Scharfschützen umringt war und dass gerade ein Team über das Dach in das Gebäude einstieg.

Hoffentlich kamen sie rechtzeitig! Hoffentlich war es noch nicht zu spät! Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was wäre, wenn doch... Das durfte einfach nicht sein!

In diesem Moment vernahm ich den bekannten Klang eines Pistolenschusses und mein Herz setzte einen Schlag lang aus. Es gab nur zwei Möglichkeiten, um was für einen Pistolenschuss es sich da handelte.

Wie gebannt starrte ich auf die schwere Stahltür, die die Halle verschloss und mit jeder Sekunde, die verstrich, wuchs die Panik in mir. Meine Hände waren ganz feucht vor Angstschweiß und mein Herz schlug mir nach dem Aussetzer eben jetzt bis zum Hals.

Doch dann öffnete sich die Stahltür und zwei schwarz gekleidete Männer kamen heraus. Einer von ihnen trug ein zierliches, blondes Mädchen über der Schulter und mir fielen vor Erleichterung unendlich viele Steine vom Herzen. Valerie lebte! Meinem Engel war nichts zugestoßen!

In diesem Moment hätte mich nichts und niemand mehr halten können, ich ignorierte all die Schreie der Schafschützen und sprintete auf Valerie zu, die gerade von dem einen Agent zu Boden gelassen wurde.

Auch sie schien mich zu erblicken, denn ihre Augen weiteten sich überrascht. Dann war ich schon bei ihr und schloss sie fest in die Arme, in denen sie ohnmächtig zusammensackte.

Während ich sie noch völlig überfordert festhielt und zu realisieren versuchte, was hier gerade passiert, kam schon ein Notarztteam an und nahm mir Valerie wieder ab. Sie wurde auf einer Trage in einen Krankenwagen gebracht und dann mit Martinshorn ins nächste Krankenhaus gefahren, um sie zu untersuchen.

Ich blieb natürlich die ganze Zeit über bei ihr und so versicherten mir die Ärzte auch schon auf der Fahrt, dass Valerie keine körperlichen Verletzungen aufwies und ihr Ohnmacht nur eine Folgeerscheinung des ganzen Stresses war. Trotzdem machte mir ihr Anblick Angst, wie sie so regungslos da lag und ich musste erneut daran denken, was passiert wäre, wenn das FBI-Team nicht rechtzeitig da gewesen wäre. Erst jetzt begann ich zu realisieren, wie haarscharf Valerie mit dem Leben davongekommen war und mein ganzer Körper begann zu zittern.

Ich hätte es niemals überstanden, ohne Valerie weiterzuleben. Die Schuldgefühle hätte mich mit jedem Tag mehr zerfressen und irgendwann hätte ich aufgegeben, das wusste ich. Aber offensichtlich gab uns das Leben eine zweite Chance und die würde ich verdammt nochmal nutzen!

Ich würde alles dafür geben, dass Valerie mir endlich vergeben konnte. In einer Woche war der Gerichtstermin für den Vaterschaftstest und wenn dieser tatsächlich bewies, dass ich nicht Theos Vater war, dann würde vielleicht doch noch alles wieder gut werden. Zumindest klammerte ich mich verzweifelt an diese letzte Hoffnung.



I'm back, bitches!!!

Ich hoffe, ihr habt die Zeit ohne mich überstanden, aber ab jetzt gibt es wieder wöchentliche Updates bei The American Dream😊💗 Mein Seminar war echt gut, ich habe viele tolle Menschen kennengelernt, nochmal vielen Dank für die vielen lieben Wünsche!💗

Was glaubt ihr, werden sich Valerie und Dylan nach diesem Erlebnis wieder vertragen oder bleibt Valerie weiterhin auf Distanz?

Ansonsten wünsche ich euch eine schöne Woche und hoffe, wir lesen uns nächsten Dienstag!👋

Eure Amy

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