Kapitel 9

Das leise Gezwitscher der Vögel zieht mich sanft aus meinen Träumen. Ich brumme vor mich hin und kräusele meine Nase. Vergeblich versuche ich, mich wieder in meine Kissen zu kuscheln, aber Sonnenstrahlen tanzen über meine geschlossene Augenlider. Ich drehe mich auf meine andere Seite, doch schnell wird mir klar, dass ich nicht wieder einschlafen werde. Ich bleibe noch einige Minuten unter meiner weichen Bettdecke liegen, bis ich dann seufze und mich langsam aufrichte. Ich blinzele einige Male verschlafen und greife nach meinem Handy, das auf meinem Nachttisch liegt.

Es ist 6:13, ich hätte noch getrost 20 Minuten weiterschlafen können. Tja, kommt halt davon, wenn man so doof ist und vergisst, die Vorhänge zu schließen. Ich reibe mir mit den Daumen den Schlaf aus den Augen und strecke anschließend meine Arme ausgiebig über meinem Kopf in die Höhe. Mein Ellenbogen knackt leise und ich stelle zufrieden fest, dass ich letzte Nacht ausnahmsweise Mal wieder gut geschlafen habe. Schon etwas munterer schlage ich die bordeauxrote Bettdecke zur Seite und schwinge meine Füße aus dem Bett. Ich stehe auf, recke mich noch einmal von Kopf bis Fuß und tapere aus meinem Zimmer in den Flur.

Es ist still und ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Mutter noch schläft, denn normalerweise ist sie immer die erste, die wach ist und sie hätte mittlerweile sicherlich schon angefangen, das Frühstück vorzubereiten. Vielleicht hat sie ja einfach nicht wirklich gut geschlafen wegen dem Streit gestern und so. Ich zucke mit den Achseln und schlendere ins Badezimmer. Ein Blick aus dem Fenster verrät mir, dass sich das Wetter im Gegensatz zu gestern zwar gebessert hat, die Sonne scheint nämlich ein klein wenig hinter den Wolken hervor, es aber immer noch arschkalt ist, wenn man bedenkt, wie sehr der Wind die Blätter und Äste der Bäume umherwirbelt.

Ich streife mir meine hellblaue ripped Jeans über die Beine, die ich übrigens mal wieder rasieren sollte, aber hey? Ich hab ja sowieso eine lange Hose an, also wenn interessiert's? Ich schlüpfe in einen einfachen zartrosanen Pullover und betrachte mein kreidebleiches Spiegelbild. Ich seufze genervt auf, während ich mir ein bisschen Blush auf die Wangen schmiere und Mascara auf meine Wimpern auftrage. Warum kann ich nicht einfach perfekt sein, dann müsste ich morgens kein Zeit mit Schminken verschwenden?

Dann überlege ich, ob ich heute vielleicht mal etwas anderes mit meinen Haaren machen soll, aber als ich mich mit Haarklammern bewaffnet auf meine hellbraune Mähne stürzen will, fällt mir wieder ein, dass ich kein x-beliebiger Beauty Youtuber bin und ich zum Verrecken nicht flechten oder sonst irgendwas in der Art kann. Also lasse ich meine Haare wieder auf meinen Rücken fallen und maschiere mit erhobenem Kopf zurück in mein Zimmer. Pff. Meine Haare sehen offen sowieso viel schöner aus

Ich schnappe mir meine Schultasche, diesmal vergesse ich allerdings nicht, noch Tampons einzupacken, und jogge die Treppen nach unten, durch die Küche, in der mein Vater in Unterwäsche, eww, nein danke, ich versuche immer noch das Bild wieder zu vergessen, am Küchentresen steht und im Halbschlaf Brote mit Peanutbutter bestreicht. Neben ihm eine halbausgetrunkene Kaffeetasse. Ähm, okay, überlass das Essenmachen dann doch lieber Mom. Er gähnt laut und hat meine Anwesenheit offensichtlich noch gar nicht bemerkt. Ich schleiche mich hinter ihm vorbei ins Wohnzimmer und sehe, dass auf unserer Couch ein großes Kissen und die Bettdecke meines Vaters liegen.

Meine Mutter hat ihn wohl aus dem Schlafzimmer gekickt. Tja, wenn die beiden bloß nicht so stur und dickköpfig wären. Und genau deswegen habe ich auch keine Lust, heute mit denen zu frühstücken. Ich schlüpfe glücklicherweise unbemerkt aus der Haustür und mache mich auf den Weg zur Schule. Dafür ist es zwar noch viel zu früh, aber als Megan mich neulich vom Packhouse nach Hause gefahren hat, habe ich nicht weit von der Schule einen kleinen Kaffeeshop gesehen und ich hoffe jetzt einfach mal, dass die schon geöffnet haben und auch etwas zu Essen anbieten.

Ich gehe in der frischen Morgenluft an den Häusern unserer Nachbarn vorbei und schlinge meine Jacke eng um meinen Oberkörper. Es ist relativ kühl und windig, aber ich genieße den Moment allein und schiebe alle Gedanken, die  mit Trent oder Werwolf zu tun haben, in die tiefste und dunkelste Ecke meiner Gedanken. Ich habe nun wirklich keine Lust, mir diesen schönen Morgen mit dem Überdenken von Dingen zu verderben, vor allem, weil ich die Lösung eh nicht finden werde.

Ein paar Sonnenstrahlen fallen mir ins Gesicht als ich an der Schule vorbeigehe, nur zwei einsame Autos stehen auf dem Parkplatz, es ist noch niemand hier. Ich biege zwei Minuten später in eine Gasse ein, die Balkons an den Häuserwänden gesäumt mit lilafarbenen und orangegetupften Blumen. An den Rändern des Bürgersteigs stehen mit etwa sieben Meter Abstand schwarze Gaslaternen und die Häuser sind aus alten dunkelroten Backsteinen erbaut. Zusammen mit dem Vogelgezwitscher wirkt diese Straße extrem idyllisch.

Zwei Einbiegungen später stehe ich vor dem Shop, eine ovalförmiges dunkelgrünes Schild mit goldener verschnörkelter Aufschrift hängt über dem Eingang. Terry's. So heißt der also.

Zögernd drücke ich die braune Holztür auf, eine Glocke klingelt, als ich eintrete. Ich sehe mich um. Im vorderen Bereich des Shops stehen vor einem großen Fenster schwarze Stühle und Tische, dahinter führt eine kleine Treppe mit drei Stufen zu einer erhobene Ebene, an deren Wände rote gepolsterte Bänke mit Tischen stehen. Zu meiner linken befindet sich ein Tresen, den eine kleine Frau mit kurzen blonden Haaren und einem grauen Ansatz hektisch putzt. Hinter ihr befindet sich eine Tür, die wahrscheinlich in die Küche führt, vor ihr ist eine Auswahl an Cupcakes, Croissants, Sandwiches und anderen Leckereien zu sehen.

Bei meinem Eintritt sieht sie auf und sofort breitet sich ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Sie zupft ihre dunkelgrüne Schürze zurecht und tschilpt freudig: "Komm ruhig herein, Liebes." Um ihre Augen herum bilden sich ganz feine Lachfältchen und ihre Stimme klingt warm und einladend. Alles in allem erinnert sie mich an eine liebe Großmutter, so eine, die man am liebsten den ganzen Tag knuddeln würde. Ich lächele sie an und entspanne mich ein wenig.

"Setz dich einfach irgendwohin, wo frei ist. Ich komm gleich und nehm deine Bestellung auf", weist sie mich an und ich nicke und hauche ein leises "Okay". Mit großen Schritten schreite ich auf eine der hinteren Bänke zu, sie sehen schließlich tausendmal bequemer aus als ein einfacher Stuhl, während sie in der Doppeltür hinter ihr verschwindet. Außer mir sind noch drei weitere Leute in dem Shop, die aber alle auf ihre Zeitungen oder Smartphones konzentriert sind.

Ich lehne mich gegen das rote Polster und atme tief ein. Mir gefällt es hier, es ist schön warm und riecht wundervoll nach Kaffee. Und wenn das Essen auch nur halb so gut schmeckt wie es aussieht, ich glaub, dann könnte ich hier einziehen. Ich schließe für einen Moment die Augen und entspanne mich auf meinem Platz. Blind greife ich nach der Speisekarte, die in der Mitte des Tisches neben einem Zucker- und Süßstoffhalter aufgestellt ist. Ich öffne meine Augen wieder und lasse meinen Blick über das Frühstücksangebot schweifen.

Kurze Zeit später kommt die kugelige Frau von gerade eben zu meinem Tisch, einen Kugelschreiber und einen kleinen Block in ihrer Hand. "Hi, ich bin Terry und willkommen in meinem Kaffeeshop!", begrüßt sie mich ein wenig aufgedreht. "Was kann ich dir an diesem wundervollen Morgen bringen?"

Ich lächele sie an und mir fällt auf, dass ich Terry irgendwie mag, obwohl ich bisher nur wenige Worte mit ihr gewechselt habe. Muss wohl an ihrer super freundlichen Ausstrahlung liegen. "Ähm", krächze ich. "Ich nehme eine großen Cappuccino und ... ähm ..." Nachdenklich starre ich auf die Karte. Waffeln oder Croissant?  Ich beiße mir auf die Unterlippe. Entscheidungen, Entscheidungen. "Und ein Croissant, bitte", füge ich nach kurzem Überlegen hinzu.

Terry schenkt mir ein aufrichtiges Grinsen. Sie kritzelt auf ihrem Block herum und sagt dann: "Kommt sofort." Ich nicke ihr zu und sie verschwindet wieder.

Nachdenklich lasse ich die laminierte Speisekarte durch meine Finger gleiten. Bis gerade eben noch konnte ich alle Gedanken an Trent wegschieben, aber jetzt kommen sie wie aus dem Nichts auf mich nieder geschmettert. Ich schlucke schwer. Sofort kommt mir wieder mein Gespräch mit Cheryl gestern Abend in den Sinn.

Wir können ohne dich nicht überleben. Es ist deine Pflicht, als sein Mate. Du musst dich um das Rudel kümmern.

Nervös reibe ich meine Hände aneinander. Ihre Worte setzen mich unter Druck und ja, ich habe das Werwolfzeug immer noch nicht ganz realisiert und es macht mir immer noch eine Heidenangst, dass die sich alle einfach so in riesige Hunde verwandeln können, aber mittlerweile hat sich eine neue Angst dazu geschlichen. Was, wenn ich das alles nicht hinkriege? Was, wenn ich als Trents Mate und Luna des Rudels versage und sie alle ins Verderben stürze?

Ich meine, was habe ich meinem Leben bisher denn so wirklich hingekriegt? Nichts. Mein Leben ist das reinste Chaos. Mein Bruder wurde von unseren eigenen Eltern verstoßen, meine Eltern haben so viel Streit, das ist langsam echt nicht mehr normal, meine beiden jüngeren Geschwister leiden viel zu sehr darunter und meine Mutter ist unfassbar zwanghaft. Wie soll ich denn dann bloß ein riesiges Rudel von Werwölfen anführen? Ich, ein einfacher Mensch, der keine Ahnung vom Leben hat?

Ich seufze verzweifelt auf. Ich habe keine Ahnung, wie ich das alles schaffen soll, aber ich habe Cheryl versprochen, es zu versuchen. Und dieses Versprechen werde ich nicht brechen, meinen neu gewonnen Freunden und ja, auch Trent zu Liebe.

Ich stütze meinen Kopf in die Hände und betrachte das große Fenster am Eingang des Shops. Die Sonne ist nicht mehr zu sehen, der Himmel ein einziges graues Durcheinander. Kleine Regentropfen prallen rhythmisch gegen das Glas und ich beobachte fasziniert das Muster, das sie auf der ebenen Fläche ziehen. Zwei weitere Leute, ein kleiner Junge und seine Mutter, betreten den Shop bevor Terry mir meine Bestellung bringt.

"Guten Appetit", sagt sie gut gelaunt und beeilt sich, die neuen Kunden zu bedienen. Ich lächele ihr dankbar hinterher.

Das Croissant ist noch warm, als ich hinein beiße und der Kaffee schmeckt schön bitter und aromatisch. Ich mische ein Päckchen Süßstoff dazu und kaue genüsslich auf meinem gebutterten Gebäck herum. Ich entspanne mich in der beruhigenden Atmosphäre im Raum und bin mir sicher, dass die beste Entscheidung, die ich in dieser Stadt bisher gemacht habe, definitiv war, in diesem Café zu frühstücken. Hier werde ich hundertprozentig öfter hingehen.

Das nervtötende Klingeln meines Handy reißt mich aus meiner Träumerei. Mit gerunzelter Stirn fische ich es aus meiner Schultasche und sehe auf das Display. Megan. Was die wohl noch vor der Schule von mir wollen könnte?

Ich drücke auf den grünen Button. "Hallo?", frage ich irritiert.

"Hey, Care, ich bin's Megan. Wo bist du?", fragt sie gehetzt. Habe ich was passiert oder warum klingt die so drängend?

Verwirrt antworte ich: "In diesem Kaffeeshop, Terry's. Nicht weit von der Schule entfernt. Wieso?"

Ich höre sie erleichtert aufatmen. "Puh. Also kommst du gleich zur Schule?", fragt sie und ignoriert meine Frage dabei komplett.

"Ähm...", stottere ich. "Ja klar, warum sollte ich denn auch nicht kommen?" Was ist denn in die gefahren? 

"Gut, oh man, Care, du hast mir echt einen Schrecken eingejagt:" Nervös lacht sie auf.

"Willst du mir vielleicht mal sagen, was hier eigentlich los ist? Ich bin hier nur zum Frühstücken hingegangen, das ist doch jetzt etwa kein Verbrechen, oder?", frage ich zickig.

Sie antwortet schnell: "Nein, natürlich nicht. Ich wollte dich heute nur abholen und mit dir zur Schule fahren und ich war ein bisschen besorgt, als du nicht da warst. Das ist auch schon alles. Ich Dummerchen. Sorry."

"Aha", sage ich unbeeindruckt und mit hochgezogenen Augenbrauen. Da hat sie ja mal nur minimal überreagiert. Minimal. Man bemerke den Sarkasmus.

Für einen Moment sagt keine von uns etwas, bis Megan sich unbehaglich verabschiedet: "Wir sehen uns gleich. Bye." Ohne mir Zeit zum Antworten zu lassen, legt sie auf.

Ich schüttele den Kopf und verstaue mein Handy wieder. Werwölfe halt. Mir fällt auf, dass ich mich langsam auf den Weg machen sollte, wenn ich nicht zu spät kommen will. Ich gehe zum Tresen und bezahle für mein köstliches Frühstück, allerdings nicht ohne mir noch ein Tomate-Mozzarella-Sandwich für die Mittagspause zu kaufen. Als ich den Shop verlasse, ruft Terry mir noch ein "Hab einen schönen Tag, Liebes" zu und ich kann mir bei ihrer lieblichen Art ein Lächeln nicht verkneifen.

Da es nieselt, zieh ich mir die Kapuze über den Kopf und laufe auf dem Bürgersteig zurück zur Norton High.

Es dauert keine zehn Minuten, da stehe ich schon wieder am Ende der Steintreppe und vor der Eingangstür. Ich betrete das Schulgebäude, ich will ja schließlich nicht im Regen stehen bleiben, und werde sofort von Megan mit einer Umarmung attackiert. Ich klopfe ihr zweimal auf den Rücken und sie lässt mich wieder los. Rick, Jared, Sierra, Jeremy und Trent stehen hinter ihr, alle ein bisschen nassgeregnet. Ich nicke ihnen zur Begrüßung zu. Trent, der bis gerade eben noch hinter Jared stand, schiebt sich nach vorne, sodass er direkt vor mir steht, vielleicht dreißig Zentimeter trennen uns voneinander. Er trägt einen schwarzen Hoodie und ich muss zugegeben, er sieht unheimlich sexy aus.

Megan lächelt mich auffordernd an und zieht sich dann mit den anderen diskret zurück. Trent und ich stehen jetzt also allein, naja so allein wie man in einem Flur voller Schüler in einer High School halt eben sein kann, vor einer Reihe von dunkelblauen Spinden.

"Hey", sagt er leise und lächelt mich schüchtern an. Seit wann ist denn der große starke Alpha schüchtern?

"Hi", flüstere ich unsicher zurück.

Ich sehe auf zu ihm, in seine dunklen Augen und verspüre wieder dieses Gefühl, das mich zu ihm hinzieht. Ich beiße mir auf die Unterlippe, unsicher, was ich als nächstes tun oder sagen soll. Er mustert mich von oben bis unten, sein Mund leicht geöffnet, seine Pupillen geweitet. Er sieht mir in die Augen und ich fühle mich, als würde ich mich nach eine eiskalten Winternacht in eine weiche Decke kuscheln. Warm und sicher. So fühle ich mich in seiner Nähe.

Ich spüre, wie mir die Wärme in die Wangen schießt und ich sehe peinlich berührt auf den Boden. Er lacht leise in sich hinein. Dann fällt mir wieder ein, was Cheryl gestern noch zu mir gesagt hat. Was auch immer du vorhin zu Trent gesagt hast, es hat ihn wirklich verletzt, also mach es rückgängig und zwar sofort morgen früh.

Ich atme einmal tief durch und sehe wieder zu ihm auf. Versprochen ist versprochen. "Trent?", krächze und verfluche dabei meine Stimme. Ich kann aber auch echt niemals normal klingen, oder?  "Hm?", macht er.

"Also wegen gestern. Es tut mir Leid, okay? Ich hab das alles nicht so gemeint. Es ist einfach, ich hab's momentan nicht so ganz einfach und ich hab das Matezeug einfach noch nicht im Kopf. Es ist alles noch nicht ganz angekommen, wenn du verstehst, was ich meine?", fange ich an und kralle meine Fingernägel in meine Handflächen, um mich weiter auf meine Worte zu konzentrieren.

"Ist schon okay, Baby", unterbricht er mich, aber ich hebe meine Hand, um ihm zum Schweigen zu bringen.

"Nein, bitte lass mich ausreden", bete ich ihn und er nickt und wirft mir einen erwartungsvollen Blick zu.

"Ich will's versuchen, also das Luna-Mate-Ding." Bei meinen Worten leuchten seine Augen auf und ich sehe, wie er sich ein Grinsen verkneifen muss. "Aber", sage ich und sein Gesichtsausdruck fällt wieder ein wenig. "Du musst mir versprechen, dass wir es langsam angehen lassen, okay? Ich hab in letzter Zeit viel durchgemacht und deine ganzen überwältigenden Verhaltensweisen machen es nicht gerade besser."

Ich blicke gespannt zu ihm auf und er lächelt mich so glücklich an, dass ich mir selbst ein Grinsen nicht verkneifen kann. "Natürlich, Baby, langsam hab's verstanden", sagt er aufgeregt und nickt eifrig.

"Gut", sage ich erleichtert, froh, dass er es so gut aufgenommen hat.

"Du hast ja keine Ahnung, wie glücklich du mich gerade gemacht hast", flüstert er mit glitzernden Augen. "Darf ich?"

Ich weiß zwar nicht, was er meint, aber ich nicke ihm trotzdem zu. Irgendwie vertraue ich ihm in diesem Moment mehr, als in den letzten zwei Tagen.

Er lächelt noch breiter und schließt die Lücke zwischen uns. Er zieht mich an seine warme Brust und vergräbt sein Gesicht in meinem Nacken. Er macht das gerne, glaube ich. Als unsere Haut sich berührt, fühle ich wieder diesen bekannten Funken und ich lasse mich zum ersten mal wirklich gegen ihn fallen. Es fühlt sich verdammt gut, diesem Gefühl endlich nachzugeben. Ich seufze ganz leise auf.

Zart, als wäre ich aus Porzellan, massiert Trent mir über die Schulterblätter und eine Gänsehaut breitet sich von dort aus über meinen ganzen Körper aus. Ich schmelze noch mehr in seine warme kuschelige Umarmung. Ich spüre wie seine Lippen sich an meinem Hals zu einem Lächeln verziehen und er presst mich näher an sich. Sein riesiger Körper überragt meinen um Längen und ich fühle mich klein. Aber das stört mich nicht im Geringsten, seine muskulösen Arme umschlingen meinen ganzen Körper und ich fühle mich beschützt.

"Ich hab so lange auf diesen Moment gewartet, Baby", flüstert er mir heiser ins Ohr. "So, so lange."

Ich antworte nicht, sondern schlinge meine Arme nur fester um seinen Nacken. Er brummt zufrieden. Er riecht so gut. Seine Hände streichen jetzt wieder über meinen Rücken und er knurrt mit leise ins Ohr, aber nicht aggressiv oder angriffslustig, sondern eher sinnlich, und ich ertappe mich selbst dabei, wie ich sein Knurren, das mich bis vor kurzem noch so verängstigt hat, genieße. Was hat er bloß für einen Effekt auf mich?

Langsam fängt er wieder an, mit seiner Nase über meinen Hals zu streichen, so wie er es auch bei unserer ersten Begegnung getan hat. Mein Herz pocht schneller und lauter in meiner Brust und ich bin mir ziemlich sicher, dass er es mit seinem Wolfsgehör hören kann. "Du riechst so gut, Baby", wispert er dumpf und ich merke, dass mir das für heute morgen an Nähe mit Trent erstmal reicht. Ich versuche ihn von mir wegzudrücken, aber er rührt sich nicht vom Fleck, als würde er mich nie wieder loslassen wollen.

"Wir wollten es langsam angehen lassen", erinnere ich ihn sanft und er brummt. Er gibt mir noch einen letzten Kuss auf die Stelle, an der meine Schulter auf meinen Nacken trifft und ich erschaudere. Widerwillig löst er seine Arme dann aber doch von meiner Taille und seine Kopf taucht wieder aus meinen Haaren auf. "Sorry", murmelt er und streicht mir zärtlich mit seinem Daumen über die Wange.

"Alles gut", antworte ich, ein wenig bedröppelt.

Er will gerade noch etwas anderes sagen, als sich neben uns jemand räuspert. Mein Kopf schnellt in die Richtung, aus der das Geräusch kam und ich sehe in das Gesicht eines dunkelblonden Jungen mit braunen Augen und leichten Locken. Er grinst uns hämisch an und ich erröte wieder. Trent mustert ihn skeptisch und starrt ihm dann böse ins Gesicht. Der Junge ist mindestens ein Jahr älter als ich und sieht relativ muskulös aus, soweit man das eben durch seine rote langärmelige Jacke beurteilen kann und er ist auch groß, aber kommt natürlich noch lange nicht an Trents Größe heran. Auf der linken Seite seines Gesichts bildet sich ein kleines Grübchen.

Er deutet hinter uns auf die Reihe Spinde. "Ich muss da mal hin", sagt er selbstsicher und Trent knurrt ihn ganz leise an. Ich bin mir allerdings sicher, dass er es nicht gehört hat. Jedenfalls hoffe ich das. Er tritt einen Schritt zur Seite und zieht mich mit sich, sein Körper nun wie eine Wand zwischen mir und dem Jungen. Ich kann ihn jetzt kaum noch sehen, er sagt aber trotzdem frech: "Danke." Über Trents Schulter hinweg erhasche ich einen flüchtigen Blick auf sein selbstgefälliges Gesicht. Er zwinkert mir zu.

Ich schaue schnell weg, froh, dass Trent das nicht gesehen hat, sonst wäre der bestimmt mal wieder ausgerastet. Sein Arm liegt schon besitzergreifend genug auf meiner Hüfte.

Wenige Sekunden später klingelt es und der Schulgang leert sich allmählich, auch der Junge ist verschwunden. "Okay", sage ich etwas unbehaglich. "Ich glaube wir sollten jetzt mal zu unseren Klasse gehen."

Trent hat sie wieder etwas entspannt, jetzt wo wir alleine sind und er grinst mich an. "Du solltest in deine Klasse gehen, nicht ich."

Ich sehe ihn verwirrt an. Wovon redet er bitte?  "Was?", frage ich.

Er lacht. "Ich geh nicht mehr zur Schule, Baby", erklärt er, als ob das offensichtlich gewesen wäre.

Ich runzele die Stirn. "Aber ich hab dein Auto auf dem Parkplatz hier gesehen? Gestern morgen?"

Er streicht mir liebevoll die Haare hinters Ohr und ich versuche, mir den wohligen Schauer, der mir über den Rücken läuft, nicht anmerken zu lassen. "Oh nein, Baby, ich war nur hier, um mit dem Direktor die mögliche zukünftige Abwesenheit meiner Rudelmitglieder zu klären, wenn wir ein Meeting haben oder so", sagt er leicht lächelnd.

"Ach so", nicke ich verständnisvoll. "Wie alt bist du denn?" 

"19, ich hab meinen Abschluss letztes Jahr gemacht", antwortet er.

Ich nicke. Für einen kurzen Moment starren wir uns einfach nur an.

"Ich weiß, dass Cheryl gestern mit dir telefoniert hat, Baby", unterbricht er unser Schweigen. Ich reiße die Augen auf, wie hat er das denn mitbekommen? Er nimmt eine meiner Hände in seine warmen rauen Pranken und streicht mir mit dem Daumen beruhigend über den Handrücken.

"Woher?", frage ich überrascht.

"Ich hab's mitbekommen, jedenfalls das Ende", antwortet er und sieht mir tief in die Augen.

"Bist du sauer?", will ich um Cheryls Willen wissen. Ich möchte schließlich nicht, dass sie wegen mir in Schwierigkeiten gerät. Auch wenn sie diejenige war, die mich angerufen hat und nicht andersherum. Aber dennoch war ich die Zicke, die Trent von sich weggestoßen hat, ohne ihm richtig zu zuhören.

Er presst die Lippen aufeinander und schüttelt mit zusammengezogenen Augenbrauen den Kopf. "Nein. Ich will dir damit nur sagen, dass du mir vertrauen kannst und keine Angst vor mir zu haben brauchst. Ich will dich beschützen, Baby, und dich auf gar keinen Fall verängstigen", sagt er und sieht mich dabei prüfend an.

Ich schlucke schwer. In seinen Augen glitzert Ehrlichkeit und ich bin mir ziemlich sicher, dass seine Worte aus tiefstem Herzen kommen, so eindringlich, wie er mich in diesem Moment anschaut. Oh mein Gott, ich höre mich an, als wäre ich einem schlechten Liebesfilm entsprungen. Ich beiße mir auf die Zunge, um bei diesem Gedanken nicht laut aufzulachen. So kitschig.

"Ich versuche dir zu vertrauen, Trent, aber Vertrauen ist ein starkes Wort und es muss sich erst erarbeitet werden", sage ich nachdenklich. "Aber wenn wir es langsam angehen, dann bin ich mir sicher, dass das hier funktionieren kann."

Er lächelt. "Eine weise kluge Luna habe ich hier am Start. Und sexy noch dazu", sagt er frech.

Ich schnaube empört auf und gebe ihm einen leichten Klaps auf die Brust. Er tut so, als hätte ihm ein Schwert ins Herz gerammt und keucht spielerisch auf. Ich verdrehe die Augen, aber kann mir ein Kichern nicht unterdrücken.

"Ich glaub ich muss los", sage ich und er nickt.

"Allerdings. Hop hop, ich will doch nicht, dass du etwas wegen mir verpasst", sagt er gespielt mahnend.

Er lässt meine Hand los und lächelt mich ein letztes Mal an. Ich lächele mit roten Wangen zurück. "Wir sehen uns", haucht er mir zu und verschwindet wenige Sekunden später durch den Haupteingang. Ich sehe ihm nach und in diesem Moment bin ich mir sicher, egal wie angsteinflößend oder unbeherrschbar die Aufgaben als Luna mir erscheinen, mit Trent an meiner Seite könnte ich es wohlmöglich schaffen.

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[A/N] Neues Update! Yay!

Ich würde dieses Kapitel gerne der lieben Fallingangel_Shotgun widmen! ❤️

Danke für deine Buchempfehlung, ich hab dadurch so viele neue Votes von deinen Lesern bekommen und ich hab mich so sehr gefreut, als du mich angeschrieben hast und mich gefragt hast, ob ich dieses Buchempfehlung von dir haben möchte. ☺️DANKE!!! 💘Das war sooo lieb von dir und ich kann dir gar nicht genug danken! 🎀

Aber auch an alle anderen: Danke fürs Lesen, Voten und Kommentieren! 💞

6,4K Reads? 485 Votes? 152 Comments? #27 in Werwolf? WAS?! 💖😱

Ich kann das immer noch nicht glauben! DANKE DANKE DANKE, ihr seid die Besten! ❤️❤️❤️

Wenn es euch gefallen hat, lasst mir doch bitte ein Vote da und gebt mir Feedback! ☺️

xx

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