Kapitel 8
Ich bin fertig. Ich bin einfach nur so verdammt fertig. Mein Kopf tut höllisch weh, zum einen, weil ich nicht genug geschlafen habe die letzten zwei Nächte und zum anderen, weil ich einfach nicht mit dem Werwolfzeug klar komme. Ich will einfach nur noch schlafen. Mit zitternden Händen stehe ich in den letzten Minuten der Dämmerung vor der Haustür. Ich drücke meine Stirn gegen das kalte Material der Tür und atme einmal tief durch. Ich hoffe, dass meine Eltern nicht da sind, oder mir wenigstens auf dem Weg in mein Zimmer nicht in die Quere kommen.
Ich krame meinen Haustürschlüssel aus meiner Tasche und stecke ihn langsam ins Schloss. Vorsichtig drehe ich ihn nach rechts, ich versuche, so leise wie möglich zu sein, um nicht die Aufmerksamkeit meiner Eltern zu erregen. Aber das entpuppt sich dann als vollkommen unnötig und überflüssig, denn sobald ich über die Türschwelle getreten bin, höre ich laute Schreie. Sie hallen durch die Flure. Ich kann zwar nicht genau ausmachen, was sie sagen, aber es scheint, als würden meine Eltern sich mal wieder streiten. Ist ja eigentlich nichts Neues, aber ich mache mir Sorgen um May und Timothy. Es wird schließlich bald dunkel und die beiden müssen bald schlafen, aber bei der Lautstärke, die meine Eltern verursachen, wird das schwierig. Außerdem sind sie auch noch jünger, Streits von unseren Eltern nehmen sie ja mehr mit und ist wesentlich schlimmer für sie als für mich.
Zögerlich gehe auf die Wohnzimmertür zu, da kommt das tiefe Brüllen meines Vaters nämlich her. Ich kaue auf meiner Unterlippe herum und halte den Atem an. Ganz langsam, wie in Zeitlupe, drücke ich die Türklinke hinunter und öffne sie einen winzigen spaltbreit. Ich wage es allerdings nicht, auch noch durch den Spalt zu sehen, falls meine Eltern mich bemerkt haben sollten. Doch sie sind viel zu sehr vertieft in ihre Auseinandersetzung, sodass ich unbemerkt zuhören kann.
"Oh bitte, das ist doch alles nur deine Schuld!", keift meine Mutter meinen Vater an. Ich kann mir genau vorstellen wie sie ihn jetzt gerade ansieht, ihre Haare wahrscheinlich ein einziges Chaos auf ihrem Kopf, sie neigt dazu, sie zu raufen, wenn sie sich zu sehr aufregt, und ihre Augen brennend mit Wut und Ärger. Mein Vater lacht sarkastisch auf.
"Meine Schuld? Sag mal, bist du noch ganz dicht? Ich hab doch nur versucht dir zu helfen! Und dich zu unterstützen, so wie du mir doch immer vorwirfst, dass ich es angeblich nicht tue!", schreit er sauer zurück. Genau wie bei unserem Streit vorhin in der Küche, liegen seine Haare bestimmt kreuz und quer auf seinem Schädel und seine Brille, die ihm eigentlich immer auf die Nasenspitze rutscht, hängt wahrscheinlich schief vor seinen Augen. Ich kann die beiden zwar nicht anblicken, aber so sehen sie jedes Mal aus, wenn sie sich streiten.
Meine Mutter schnaubt verächtlich. "Pff", zickt sie. "Mir helfen? Indem du das arme Kind anschreist? Ja klar doch! Das macht sicherlich alles besser!" Der Sarkasmus in ihrer Stimme ist unüberhörbar. Eine bedeutungsvolle Stille folgt. Ich presse mein Ohr an die Tür, um alles mitzubekommen. Kind angeschrien? Doch nicht etwa May oder Timothy?
Ich zucke zusammen, als eine Faust hart auf der Esstischplatte aufschlägt. "Also erstens, Caroline ist hundertprozentig kein Kind mehr, sie ist 17! Und zweitens, kann man bei dir ja auch wirklich nie irgendetwas richtig machen! Wenn ich nichts sage, werde ich angebrüllt, wenn ich was sage, werde ich auch angebrüllt! Egal was ich mache, es ist immer falsch!", dröhnt die aggressive Stimme meines Vaters durchs Haus und ich habe für einen Moment das Gefühl, die Wände würden beben.
Oh super, in diesem Streit geht es jetzt also auch noch um mich. Das freut mich jetzt aber mal. Nicht.
"Du fragst dich, warum ich dich die ganze Zeit anbrülle? Hn? Ist dir vielleicht mal in den Sinn gekommen, dass du seit wir zusammen sind nie etwas anderes gemacht hast, als selbst alle anzuschreien, wenn dir mal was nicht passt? Alle! Meine Eltern, deine Eltern, unsere Kinder!", ruft meine Mutter rasend vor Wut, sie klingt stark aber zum Ende hin bricht ihre Stimme und ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr Tränen über die Wangen laufen.
"Dir kann man es einfach nie Recht machen!", wirft er ihr laut vor.
"Und dir kann man nicht mehr helfen!", giftet sie zurück.
"Sagt die mit dem zwanghaftem Drang zum Perfektionismus! Du hast sie doch echt nicht mehr alle! Du zwingst diese ganze Familie dazu, sich deinem krampfhaftem Lebensstil anzupassen, ohne Rücksicht auf Verluste. Sie dir doch nur mal Toby an!" Ich höre die schwere Atmung meines Vaters durch den Spalt hindurch. Mann, die sind heute aber mal wieder dickköpfig.
Meine Mutter stöhnt empört auf. "Ich versuche doch bloß unsere Familie zusammen zuhalten! und spiel hier ja nicht den Unschuldigen, das mit Toby hast du genauso sehr zu verantworten wie ich! Du warst der gleichen Meinung wie ich, also hör verdammt nochmal auf, mich wie die Böse dastehen zu lassen!"
"Ach halt doch die Klappe. Jeder weiß, wie gestellt du bist und niemand kauft dir deine Perfektion ab, jetzt mal ehrlich, ich glaub du brauchst Hilfe!" Bei diesen Worten meines Vaters, entscheide ich, dass ich genug gehört habe und ziehe die Wohnzimmertür so leise wie möglich hinter mir ins Schloss. Die haben ja wohl echt nicht mehr alle Tassen im Schrank, sich so laut zu streiten, dass May und Timothy das unmöglich überhört haben können. Ich schlüpfe aus meinen Schuhen und schleiche mich die Treppe hoch in mein Zimmer, auch wenn das vollkommen unnötig ist, ich hätte laut stampfen können und meine Eltern würden es trotzdem nicht bemerken. Aber vielleicht schlafen ja meine Geschwister schon.
So vorsichtig wie möglich betrete ich mein Zimmer. Und was ich dann vor mir sehe, bricht mir fast das Herz. May und Timothy liegen in ihren Pyjamas zusammen gekuschelt auf meinem Bett, getrocknete Tränenspuren auf ihren rosigen Wangen. Ich könnte heulen, so sehr tun sie mir Leid. Wie sie da liegen, verletzlich und so unheimlich klein. Das erinnert mich an all die Streits, die meine Eltern hatten, als ich noch jünger war. Ich weiß noch genau, wie sehr ich teilweise geweint habe, eingekuschelt in meiner Bettdecke, allein oder mit Toby, der immer für mich da war und mich immer beschützt hat. Ich erinnere mich erschreckend genau an die Dinge die sie sich am Tag vor meiner Einschulung zugeschrien haben. 'Du bist noch das gleiche Arschloch, das ich vor elf Jahren geheiratet habe!' Oder am Morgen meines neunten Geburtstages. 'Ich wünschte, ich hätte dich nie kennengelernt!' Oder an Weihnachten, kurz bevor meine Großeltern uns besuchen sollten. 'Wenn die Kinder nicht wären, hätte ich dich schon längst verlassen!'
Ich schüttele den Kopf, um die Erinnerungen wieder zu verdrängen. May und Timothy schlafen noch immer friedlich auf meiner Bettdecke. Ich würde die beiden am liebsten ganz fest an mich drücken und sie trösten, es tut mir einfach so Leid, wie unsere Eltern sich verhalten. Vor allem, weil ich weiß, dass sie das für den Rest ihres Lebens verfolgen wird. Ich mache einen Schritt auf das Bett zu und versuche dabei, sie nicht aufzuwecken, aber sie scheinen einen leichten Schlaf gehabt zu haben, denn sobald mein Fuß den Boden berührt hat, schlägt May die Augen auf und sieht mich unschuldig an.
Ich rühre mich nicht und starre sie an, bis sie sich von Timothy löst und über mein Bett auf mich zu gekrabbelt kommt. Sie schlingt ihre Arme um meinen Bauch und drückt ihr Gesicht in meinen Sweater. Und das klingt jetzt wahrscheinlich komisch aber in diesem Moment bin ich unheimlich dankbar, dass May erst drei Jahre alt ist und noch kein Makeup trägt, denn sonst wäre mindestens die Hälfte meiner Kleidung mit braunen Flecken ruiniert gewesen. Ich umarme sie zurück und streiche ihr sanft über den Rücken. "Hey Sweety, ist alles in Ordnung?", frage ich sie und versuche beruhigend zu klingen, aber meine Stimme ist viel zu hoch, um als normal durch zu gehen.
Sie schüttelt energisch den Kopf und krallt ihre Finger in mein Oberteil. Tränen steigen in ihren Augen auf und ich drücke sie unterbewusst näher an mich. "Mommy und Daddy streiten sich", schluchzt sie hervor. Ich streiche ihr sanft die blonden Locken hinters Ohr und presse meine Lippen aufeinander. "Ich weiß, Sweety, ich weiß", flüstere ich zurück. Der Stoff meines Oberteils saugt ihre Tränen auf.
"Ich will nicht, dass sie sich streiten", krächzt sie so leise, ich hätte sie kaum verstanden. "Ich will, dass sie sich lieb haben." Ich fange auch fast an zu weinen. Ugh. Scheiß Periode. Ich hebe May unter den Achseln hoch auf meine Hüfte. "Ich auch, Sweety, glaub mir, ich will fast nichts mehr als das", versichere ich ihr und schaukele uns leicht hin und her. Naja, eigentlich gibt es da doch so einiges, das ich mehr will als sich vertragende Eltern. Zum Beispiel, dass mein Bruder wieder einzieht und trotzdem sein wahres selbst ausleben kann. Oder dass ein gewisser nerviger Alpha mir von der Pelle rückt. Oder eine Louis Vuitton Handtasche. Aber gut, man kann halt nicht alles haben.
"Es wird alles wieder gut, May, okay? Das mag jetzt vielleicht alles ganz schlimm und schrecklich wirken, aber morgen sieht die Welt schon anders aus", verspreche ich ihr. Sie schluchzt leise in meine Schulter. Ich summe leise irgendein Kinderlied vor mich hin und May beruhigt sich etwas. Nach minutenlanger Stille fragt sie mich dann mit zitternder Stimme: "Sie streiten sich doch aber nicht wegen mir, oder?"
Ich sehe sie geschockt an. Wie kommt sie bloß auf die Idee? "Nein, May, um Himmels Willen, nein. Niemals wegen dir", antworte ich schnell und stolpere dabei fast über meine eigenen Worte. Sie schluchzt wieder auf. "A-Aber sie ha-haben die ganze Zeit dich und To-Toby erwähnt und dann dachte ich, sie sind vielleicht au-auch sauer auf mi-mich", stottert sie ein wenig aufgewühlt.
Ich sehe sie mitleidig an. "Oh nein, bitte sei nicht traurig, Honey, sie streiten sich nicht wegen dir, Toby, Timothy oder mir", lüge ich sie an. Denn natürlich bin ich Schuld. May blickt mit großen Augen zu mir auf, und verlangt dann leise zu wissen: "Und warum dann?"
Ich atme einmal tief durch. Wie sage ich das jetzt am besten, ohne sie noch mehr zu verängstigen? Langsam erkläre ich: "Weißt du, wenn sich zwei Mensch lieb haben, dann kann es manchmal sein, dass sie nicht die gleiche Meinung haben und dann streiten sie sich. Aber das tun sie nicht, weil sie sich nicht mögen, sondern weil sie versuchen, dem anderen ihre Seite zu zeigen, damit sie zusammen ihr Ziel erreichen und nicht auf unterschiedlichen Wegen." Was bitte labere ich da eigentlich für einen Schwachsinn? Die beiden sind einfach nur zu stur, um zu sehen, was für einen Mist sie da eigentlich anrichten. Aber May scheint es trotzdem zu verstehen. "Also ist streiten normal?", fragt sie etwas ungläubig. Ich nicke. "Ja, denn ein ganz kleines bisschen Streit gehört zum Leben dazu, sonst wüssten wir doch gar nicht, was schön und friedlich ist", füge ich hinzu. Ihr Mund ist leicht geöffnet, ihr Gesichtsausdruck nachdenklich, als würde sie die neuen Informationen verarbeiten.
Ich setze mich mit May auf dem Schoss auf meine Bettkante. Sie ist still und für einen Moment glaube ich, sie ist eingeschlafen aber dann bittet sie mich erschöpft: "Kannst du meinen Teddy holen, Care. Ich kann ohne den nicht schlafen." Ich lächele sie an. "Klar doch, Sweety. Warte Kurz."
Vorsichtig hebe ich sie von meinen Oberschenkeln und setze sie aufs Bett. Ich schleiche aus meinem Zimmer in ihrs und schnappe mir schnell ihr Kuscheltier von ihrem Kopfkissen. Geschmeidig schlüpfe ich zu Timothy, der inzwischen auch aufgewacht ist, und May zurück. Sie quietscht leise, als sie ihren Teddy sieht, und streckt ihre Arme danach aus. Ich drücke in ihr liebevoll in die Hände. "Hier. Zufrieden, Sweety?", frage ich grinsend. Sie nickt aufgeregt und kuschelt sich an ihren plüschigen Freund.
Ich werfe Timothy einen prüfenden Blick zu. Er sieht nicht ganz so mitgenommen aus wie unsere kleine Schwester, er ist ja schließlich schon zehn und nicht mehr drei, aber wirklich glücklich ist er auch nicht. "Alles okay?", frage ich. Er nickt müde und formt 'Ja' mit den Lippen. Ich atme erleichtert auf und werfe einen Blick auf mein Handy. Es ist 20:36 Uhr.
"Wollen wir vielleicht noch einen Film gucken? Damit ihr euch ein bisschen beruhigen könnt?", schlage ich vor und die beiden stimmen zu. May will unbedingt Findet Nemo gucken und Timothy und ich willigen widerstrebend ein. Doch als noch nicht einmal die Hälfte des Films vorbei ist, ist May eingeschlafen und Timothy kann praktisch nicht mehr aufhören zu gähnen. Ich bin froh, dass die beiden schon bettfertig sind, als ich May in ihr Zimmer trage und danach Timothy zu seinem Bett führe. May schläft felsenfest, die ganze Aufregung und das Weinen haben sie wohl ausgepowert.
Ich bin auch recht müde und gehe mich deshalb schnell duschen, umziehen und putze mir hastig und unordentlich über die Zähne. Mit einem ausgelaugten Seufzer lasse ich mich auf mein Bett fallen, ich bin zwar extrem müde, aber dennoch logge ich mich auf Twitter ein und checke meine Benachrichtigungen. Ich will gerade mein Handy beiseite legen, als es leise anfängt zu vibrieren. Eine unbekannte Nummer erscheint auf dem Display. Ich runzele die Stirn. Wer könnte mich denn jetzt noch anrufen? Zögerlich lege ich es an mein Ohr und presse den grünen Button. "Hallo?", frage ich misstrauisch.
"Puh, du bist drangegangen, ich dachte erst, du würdest mich wegdrücken", antwortet eine helle Stimme erleichtert. Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. "Wer ist da?", verlange ich energisch zu wissen. Sie kichert. "Oops, habe ich ja ganz vergessen. Ich bin's, Cheryl."
Ich atme auf. "Hey", sage ich jetzt lockerer. "Was gibt's? Ist irgendetwas passiert?"
"Nein", antwortet sie schnell, verbessert sich dann allerdings: "Naja, doch eigentlich schon. Also weißt du-", ich unterbreche sie bevor sie weitersprechen kann, eine Frage brennt mir auf der Zunge. "Warte mal kurz, wie hast du überhaupt meine Nummer bekommen?"
"Megan", sagt Cheryl kurz angebunden. "Aber darum geht es gerade gar nicht, Care. Ich muss mit dir reden."
Das klingt jetzt vielleicht grob, aber warum wollen in letzter Zeit alle Leute irgendwas von mir? Ich versuche, meine Stimme nicht genervt klingen zu lassen, als ich sage: "Okay, worum geht's?" Ich erschaudere ein wenig bei dem Ton meiner Worte. Na das hat dann wohl doch nicht ganz geklappt.
"Fahr die Krallen ein, ich wollte dich nicht verletzen", sagt Cheryl eingeschnappt und sofort bereue ich meinen zickigen Tonfall. "Sorry, ich ... ich hatte einfach nur nicht den besten Tag, tut mir Leid", entschuldige ich mich.
Cheryl seufzt. "Ja, ist schon okay, Care. Aber ich muss dringend mit dir reden." Sie hört sich gestresst an. Wenn's sein muss.
"Na dann schieß mal los", fordere ich sie auf.
"Tu mir einen Gefallen, Care, und lass mich ausreden", bittet sie mich. Ich willige mit einem einfachen "Mhm" ein.
"Also", beginnt Cheryl. "Ich weiß, dass Megan das hier alles schon mit dir besprochen hat, aber ich glaube ich muss es dir nochmal erklären." Oh nein, ich weiß, wo das hier hinführen wird. "Das mit der Matesache, hat sich nicht so einfach erledigt." Und da haben wir den Salat. "Ich kann mir nicht vorstellen, wie verwirrend das alles für dich sein muss. Aber du musst dich da durch beißen, egal wie hart es ist. Nicht nur für Trent, ich meine klar, er braucht dich mehr als alles andere, aber auch für uns. Für unser ganzes Rudel. Ein Alpha ohne Luna ist wie die Nacht ohne Sterne. Wir können ohne dich nicht überleben, Care. Wenn Trent nicht bald weiß, dass du ihm gehörst und er deine Unterstützung hat, dann wird er daran zerbrechen. Es geht ihm jetzt schon miserabel und das nach zwei Tagen. Ich weiß, wie verrückt das alles klingt, aber ohne dich kann sich unser Rudel praktisch direkt auflösen. Sobald unsere Eltern die Herrschaft abtreten, und glaub mir, das wird nicht mehr lange dauern, die beiden sind schließlich nicht mehr die Jüngsten, musst du für ihn da sein. Es ist deine Pflicht, als sein Mate."
Es ist leise für einen Moment. Meine Haut kribbelt. Ich bin nicht sicher, wie ich antworten soll. Wann werden die endlich verstehen, dass ich damit nichts zu tun haben will? Niemals, wahrscheinlich. "Cheryl, ich-", setze ich an, doch sie lässt mich nicht ausreden.
"Nein, Care, kein 'aber'. Du musst. Du hast kein andere Wahl. Und bitte, hör auf so zu tun, als würdest du dich nicht zu ihm hingezogen fühlen. Jeder Werwolf, der einen Mate hat, kennt dieses Gefühl also hör auf, es zu verleugnen. Mach es nicht komplizierter, als es eh schon ist", zischt sie.
"Und was ist, wenn ich es nicht kann? Wenn ich es nicht schaffe, das Rudel zu führen? Was dann?", frage ich nervös.
"Du wirst das schaffen", antwortet sie sicher.
Ich hake nach. "Und woher willst du das wissen?"
Sie lacht auf. "Du bist nicht ohne Grund sein Mate. Wenn du wirklich unfähig wärst, dann hätte Trent einen anderen Mate, glaub mir."
"Aha", sage ich trocken. Ich würde ihr ja erklären, warum mir das alles über den Kopf wächst, aber das habe ich heute Trent schon klar gemacht und ich habe jetzt wirklich keine Kraft mehr dazu. "Was sind denn meine Aufgaben als Luna?", frage ich doch ein bisschen neugierig.
Cheryl wirkt sofort zufriedener, als ich anstatt irgendetwas zu erwidern eine konstruktive Frage stelle. "Das ist eigentlich alles ganz einfach. Du musst Trent immer zur Seite stehen und offensichtlich mit ihm für Nachkommen sorgen." Ich verdrehe die Augen. "Aber du musst dich auch um das Rudel kümmern, ihre Probleme anhören dafür sorgen, dass es allen gut geht. Außerdem übernimmst du die Führung, sollte Trent aus unerfindlichen Gründen in den Krieg mit einem anderen Rudel ziehen müssen, sich verletzten, krank werden oder, im schlimmsten Fall, sterben. Du musst des Öfteren auch mit ihm zu Treffen mit einem der verbündeten Rudel. Du bist sowas wie seine Rechte Hand, oder wie viele von uns es bevorzugen: seine bessere Seite."
Aha, das hört sich ja mal ... interessant an.
Doch ich komme nicht mehr zum Antworten. "Mist!", flucht Cheryl. "Sorry, Care, ich muss auflegen, Trent kommt hoch und wenn er herausfindet dass ich dich angerufen habe, bringt er mich um.
"Okay, bye, bis... wann auch immer", verabschiede ich mich.
"Morgen", sagt sie. "Wir sehen uns morgen. Und versprich mir, dass du es mit Trent versuchen wirst."
Ich antworte ihr zuerst nicht.
"Versprich. Es. Mir.", droht sie mir dann, ein leichtes Knurren in ihrer Kehle. Ich zucke zusammen, mein Herz schlägt sofort schneller, aber mein Mund bleibt verschlossen. Ich habe heute schon genug durch gemacht, oder etwa nicht? Cheryl scheint das wohl nicht so zu sehen. "Care.", sagt sie scharf und ich schlucke schwer. Auch wenn sie nicht in meiner Nähe ist, sie ist ein Werwolf und was weiß ich, wozu sie alles in der Lage ist. Sie faucht und ich gebe nach. "Ist ja gut, ich verspreche es. Da. Zufrieden?", frage ich angepisst.
"Hm. Eins noch. Was auch immer du vorhin zu Trent gesagt hast, es hat ihn wirklich verletzt, also mach es rückgängig und zwar sofort morgen früh", befiehlt sie mir noch, sodass ich ihr nicht mehr widersprechen kann. Dann höre ich ein Rascheln und ein langen Piepton, sie hat aufgelegt.
Verblüfft lege ich mein Handy auf den Nachtisch und lasse das Gespräch immer wieder in meinen Gedanken umherschweifen. Es ist meine Pflicht. Sagt wer? Und worauf habe ich mich da gerade eben eigentlich eingelassen? Ich will es nicht mit Trent versuchen, ich will nicht die Luna von irgendeinem Rudel sein und ich will ganz sicher keine Nachkommen mit Trent zeugen!
'Aber es zerbricht ihn, wenn du es nicht tust', flüsterte eine Stimme in der hintersten Ecke meines Kopfes. Was will die denn hier? Habe ich nicht schon genug Leute, die auf mir herum hacken?
'Und wenn es ihn zerbricht, zerbricht es dich auch', redet sie weiter auf mich ein. Halt die Klappe! Ich will das nicht hören! Ich presse meine Handflächen auf meine Ohren und versuche mit aller Willensstärke, die mir nach dem heutigen Tag noch geblieben ist, die Stimme auszublenden. Allerdings ohne Erfolg.
'Er braucht dich, Caroline.' Schlimmer als jeder Alptraum. Bin ich ich jetzt auch noch schizophren, oder was? Ich merke, wie mein Hirn anfängt, zu viel über Rudel, Luna, Trent, Nachkommen nachzudenken. Ich versuche, mich abzulenken, allerdings ohne Erfolg.
"Lass mich in Ruhe!", flüstere ich hysterisch vor mich her, wiederhole es wie ein Mantra. Heiße Tränen strömen über meine Wangen, ich wälze mich unter meiner Decke hin und her. Mir ist heiß und kalt zugleich. Ich fühle mich gefangen in meinem eigenen Körper und ich weiß nicht, wohin ich fliehen kann. Mein Herzschlag wird mit jeder Sekunde schneller und unregelmäßiger, es fühlt sich an, als hätte ich ein riesengroßes Loch in der Brust, das sich nie wieder auffüllen lässt. Meine Atmung wird flacher, ich fühle mich, als könnte ich nicht genügend Sauerstoff in meine Lungen transportieren. Ich kralle meine Fingernägel in mein T-Shirt über meinem Brustkorb. Ich kann nicht atmen.
Meine Handflächen werden schwitzig und ich kann nicht mehr denken. Alles, was ich noch von meiner Umgebung wahrnehme, ist mein nassgeschwitztes Bettlaken und der panische Angstzustand, in dem ich mich befinde. Was zur Hölle passiert hier gerade mit mir?
Ich weiß nicht, was ich tue, aber meine tauben Hände greifen nach meinem Handy und meinen Kopfhörern. Ich ziehe die Bettdecke über meinen Kopf und rolle mich darunter zu einem kleinen Ball zusammen. Zitternd und weinend stecke ich meine Kopfhörer in meine Ohren. Ich schalte mein Handy ein und klicke bei meinen Liedern auf Shuffle.
Ed Sheerans wundervolle Stimme füllt meine Ohren und ich lasse mich langsam davontragen. Mein Herzschlag und meine Atmung beruhigen sich wieder, meine Panik verfliegt, langsam, aber merklich. ich atme wieder leichter, das Loch in meiner Brust wird kleiner und der Knoten in meinem Magen löst sich auf. Auch meine Tränen versiegen und meine Muskeln entspannen sich wieder. Ich verliere mein Zeitgefühl, als ich einfach nur daliege und mich einlullen lasse.
Ich habe keine Ahnung, was gerade passiert ist, aber ich wage es nicht, darüber nachzudenken. Mein Kopf fühlt sich klar an, auch wenn eine kleine Stimme Panikattacke wispert. Aber ich ignoriere sie, froh, dass ich mich ein wenig befreit fühle. Ich lege einfach nur da und starre meine Bettdecke an. Ich traue mich nicht, mich zu bewegen, genieße einfach nur die Musik.
Ich bin kurz davor, einzuschlafen, als mir klar wird, was mir so eine Heidenangst eingejagt hat: Ich brauche Trent genauso sehr, wie er mich braucht.
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[A/N] Neues Update! Yay! 🎊
Tut mir Leid, dass es erst jetzt kam, aber ich hab in den letzten Tagen viel mit meinen Freunden gemacht und mein Fandom hatte ein paar Ausraster (Nope, Briana is NOT pregnant and Larry is still realer than you💕👨❤️👨⚓️) und deswegen war ich nicht wirklich in der Lage zu schreiben. Sorry. 😔
Für mich fängt zwar morgen wieder Schule an, aber ich werde versuchen trotzdem einmal die Woche zu updaten. ☺️
Dieses Kapitel würde ich gerne @seriensuechtige und @_celinearnold widmen. Danke für die vielen und teilweise sehr langen Kommentare! 💕❤️
Frage: Ich würde gerne eine 1D (Larry, Sophiam (?) etc.) Zombieapokalypse schreiben, also als One Shot. Würde das jemand lesen oder eher nah? 🎀😅
Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen, und wenn ja, dann lasst mir doch bitte Votes und Kommentare da, das bringt mich immer dazu, schneller zu updaten! 💘
Das Bild an der Seite ist Rick. 😍
xx
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