Kapitel 19

Erstaunlich wenig motiviert schlendere ich zum Auto und klettere auf die Rückbank. Trent und Jared packen unsere Taschen in den Kofferraum, während Megan sich für meine Müdigkeit viel zu aufgeregt neben mir nieder lässt.

"New York, wir kommen!", kreischt sie und grinst mich breit an, wobei sie eher wie ein betrunkener Frosch aussieht. Ich lächele halbherzig zurück. Es ist nicht so, als würde ich mich nicht freuen, ich konnte mich seit ich von der Reise erfahren habe eigentlich gar nicht mehr vor Aufregung halten, aber ich bin einfach so schrecklich müde.

Meine Augenlider werden schwer und noch bevor Trent sich vors Steuer gesetzt hat, bin ich eingeschlafen.

Etwas später spüre ich eine warme Hand an meiner Wange. "Baby", flüstert eine weiche, tiefe Stimme. "Du musst aufwachen. Wir sind da."

Ich schmiege mich näher an die Wärme an meinem Gesicht, noch nicht bereit mich von der leichten Schwerelosigkeit meines Schlafes zu trennen. Dennoch flattern meine Augenlider auf und meine verschwommener Blick richtet sich auf den griechischen Sexgott vor mir. Na ja, also er ist nicht griechisch und theoretisch gesehen kann ich auch noch nicht beurteilen, ob er wirklich ein Sexgott ist oder nicht, aber er macht Hercules schon ganz schön Konkurrenz.

Meine Mundwinkel heben sich wie von allein an. Er schmunzelt. Ich lege meine Arme um seinen Nacken und er beugt sich weiter nach unten. Zaghaft beiße ich auf meine Unterlippe und starre seine rosanen, vollen Lippen an. Ich lehne mich etwas weiter nach oben, sodass unsere Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt sind. Sein Blick huscht von meinem Mund zu meinen Augen und wieder zurück. Mein Herz schlägt schneller und mein Magen schlägt gefühlte 50 Saltos.

Ein weiterer Zentimeter zwischen uns verschwindet. Ich schließe meine Augen und halte den Atem an. Es fühlt sich an, als würde die Luft zwischen uns knistern.

"Jetzt schwingt verdammt nochmal eure faulen Ärsche hier rüber!", schreit Megan uns vom Ausgang des Parkhauses zu.

Ich zucke zusammen und verspüre das Bedürfnis, den blonden Werwolf zu erwürgen. Schon wieder zerstört sie uns einen Moment. Ugh. Nicht zu fassen ist das Mädchen, nur weil sie selbst schon einen Mate hat, mit dem sie ja ach so extrem glücklich ist, heißt das noch lange nicht, dass sie einfach so meine Momente zerstören kann.

Ich hätte ihn fast geküsst!

Beinahe hätte ich mit ihm dieses wunderbare, warme Gefühl erlebt, dass man immer bekommt, wenn man jemanden küsst, für den man so viel empfindet. Schmetterlinge im Bauch klingt zwar so wahnsinnig kitschig, aber so ist das halt. Die Aufregung. Das Flattern des Herzens. Dieses warme Prickeln in der Magengrube, das besser ist als jede Oreotorte dieser Welt. Oh ja, definitiv besser. Der Wunsch, die Lippen niemals von denen des anderen zu lösen. Seufz. Herrlich.

Ich kann nicht anders, als mich zu fragen, wie viel intensiver sich küssen mit Trent wohl anfühlt. Ich habe schließlich noch nie einen Mate, meinen Mate, geküsst und wenn eine einzige Berührung von ihm schon so ein Kribbeln hervorruft, werde ich wahrscheinlich bei unserem ersten Kuss in Ohnmacht fallen. Das sind doch ausnahmsweise Mal freudige Aussichten.

Mit erröteten Wangen sehe ich ein wenig zögerlich zu ihm auf. Mein Herz will sich noch nicht beruhigen, sondern lieber noch drei mal die Parkhaustreppen rauf und runter laufen und scheint meine Lunge dabei gleich mitzunehmen. Meine Schultern sacken etwas ein und meine vor Aufregung verkrampften Muskeln entspannen sich wieder, innerlich bete ich, dass die unbehagliche Stimmung sich gleich auflösen wird.

Trent zieht einmal kurz die Nase kraus und grinst mich dann vielsagend mit hochgezogenen Augenbrauen an. 'Später', formt er tonlos mit den Lippen, dann dreht er sich zum Kofferraum, um unsere Taschen herauszuholen.

Ich bin froh, dass er mich gerade nicht sehen kann, denn meine Augen platzen förmlich aus meinem Kopf heraus, soweit habe ich sie aufgerissen. Mein Herz wummert in meiner Brust und ich fühle mich, als wäre ich gerade vom Eiffelturm gesprungen. 'Später' klingt gut, fantastisch sogar.

Ich entledige mich meiner Gedanken, versuche mein wild pochendes Herz trotz meiner Vorfreude auf 'Später' mit einem imaginären Kissen zu ersticken und hoffe instinktiv, dass ich nicht halb so aufgewühlt aussehe, wie ich mich fühle.

Ich rappele mich auf und das erste, was ich wahrnehme, ist der schreckliche Geruch von Abgasen und Benzin, der von den eintönigen und grauen Wänden des Parkhauses festgehalten wird. Ew, will nicht mal jemand das Fenster aufmachen? Ich versuche, hauptsächlich durch den Mund einzuatmen und ziehe meine Jacke fester um mich.

Megan und Jared stehen Händchen haltend am Fahrstuhl und blicken mich ungeduldig an. Megan wirkt gereizt. Oder nervös und aufgeregt. Oder beides.

"Babe, der Aufzug kommt auch nicht schneller, wenn du wie eine Geisteskranke auf dem Knopf herum drückst", höre ich Jared gespielt stinkig sagen. Dann nimmt er Megans andere Hand ebenfalls in seine und zieht sie an sich.

Ich erröte schon wieder und sehe peinlich berührt auf den Boden. Meine Boots sind auf einmal schrecklich interessant. Sie haben meine Blicke bestimmt nicht einmal bemerkt, aber ich komme mir trotzdem wie ein Eindringling vor, die beiden sehen nämlich aus, als wären sie wieder in ihre eigene Welt getaucht. Mates halt, nh?

Plötzlich legt sich ein Arm um meine Taille und ich wäre fast zusammen gezuckt, wenn sich nicht sofort darauf zwei sanfte Lippen zaghaft hinter mein Ohr gedrückt hätten. Er zieht mich nah an seinen Körper und ich kann mir ein Lächeln nicht unterdrücken. Tausend mal besser als eine Oreotorte.

Er schaut auf mich herab und schmunzelt, dreht seinen Kopf wieder nach vorne und marschiert mit unserem Gepäck in der einen Hand, Gott, sein Biceps, ich glaub ich fang gleich an zu sabbern, und mit mir im anderen Arm auf seinen Beta und dessen Mate zu.

Megan schultert ihre dunkelblaue Long champ, die sie bis gerade eben noch neben ihren Füßen auf dem Boden abgestellt hatte, und wirft mir einen vielsagenden Blick zu. Ich rolle mit den Augen und möchte ihr am Liebsten meinen Mittelfinger ins Gesicht schleudern, halte mich dann aber doch zurück.

Sie mustert seine Hand, mit der unsere Sachen transportiert und formt mit den Lippen: 'Was ein Gentleman.' Ich ignoriere sie. Obwohl sie Recht hat. Wow, bin ich nett. Nicht.

Jared sieht so aus, als würde er hämisch grinsen wollen, aber versuchen, es zu unterdrücken und das lässt seine Miene irgendwie eher wirken, als hätte ihm gerade ein Walross in den Arsch gebissen.

Wie auch immer, Walross hin oder her, der Aufzug gibt ein Ping von sich und wir steigen ein.

"Also? Wie sieht's mit dem Zeitplan in New York aus?", fragt Megan, sobald sich die Türen geschlossen haben.

Alle richten ihre Blicke auf Trent, der sich schnell räuspert, bevor er antwortet: "Sowohl morgen als auch am Sonntag haben Jared und ich von acht Uhr morgens bis halb sechs abends mit dem Rudel dort Meetings. Für Care und dich sind in der Zeit Touren auf dem Empire State Building, dem One World Trade Center und eine Fähre zur Freiheitsstatur gebucht. Und wahrscheinlich geht ihr noch Shoppen, ihr müsstet also gut beschäftigt sein." Er drückt meine Taille und schaut zufrieden in die Runde.

Ich runzele die Stirn. "Wir kommen nicht mit zu den Meetings?" Wir sind doch Luna und Mate des Betas? Sollten wir nicht auch dabei sein?

Trent schüttelt den Kopf. "Tut mir leid, Baby. Ich würde dich gerne erst am Sonntag Abend vorstellen." Dann drückt er mit einen leichten Kuss auf die Wange, um mich zu besänftigen und beruhigen. Wärme schießt in meinen Kopf und ich starre verlegen auf seine Brustmuskeln unter seinem T-Shirt. Ich wage es nicht, Megan anzusehen. Ich weiß ja, dass sie es lieb meint, aber das macht das ganze nicht weniger peinlich für mich, vor allem weil es noch so neu ist für Trent und mich. Trent und mich. Hört sich gut an.

Was mich eigentlich wieder zu einer anderen Frage zurück bringt. Hat der Markierungsbiss uns irgendwie näher zusammengebracht? Ist das normal, dass ich Trent am liebsten gar nicht mehr loslassen will? Und dass ich zu befürchten beginne, dass mein Körper ohne seine Nähe nicht mehr richtig funktionieren kann oder gar will? Ich schüttele den Kopf. Damit kann ich mich auch später noch beschäftigen, das verwirrt mich ehrlich gesagt momentan nur.

"Warum erst dann?", verlange ich irritiert zu wissen.

Sein Augen weiten sich und ein leichtes Schmollen legt sich auf seine Lippen. "Das Verhältnis zu unserem Partnerrudel in New York war zwar immer friedlich, aber auch etwas angespannt. Wir müssen erst noch weitere Verträge aushandeln und eventuell auch ältere von unseren Vorfahren beseitigen. Ich will dich nicht in Gefahr bringen, sollte es Auseinandersetzungen geben. Tut mir echt leid, Baby."

Ich sehe ihn ungerührt an. "Ich bin keine fünf mehr, oder ein Baby, ich komm schon klar, okay? Ist ja süß von dir, dass du mich beschützen willst, aber ich krieg das hin." Ich schnaube genervt auf.

"Sorry", flüstert er in mein Ohr und drückt mir nich einen Schmatzer auf die Wange. Ich fahre innerlich wieder Achterbahn und lehne mich an ihn, mir ist gar nicht aufgefallen, dass ich, soweit es sein einzäunender Arm erlaubt hat, ein Stück von ihm weggerückt bin. Aber ist jetzt ja auch egal, ich bin ja wieder da, wo ich hingehöre. An seine Seite.

Oh Gott. Ich drehe durch. Mein Hirn ist Kitsch! Hilfe!

"Yay", quietscht Megan freudig. "Nur wir zwei also! Shopping bis der Arzt kommt, Darling!" Sie führt einen kleinen Freudentanz auf, während ich sie breit angrinse. Und ein wenig auslache, weil sie sich gerade total zum Affen macht, aber das muss ja niemand wissen.

Trent hustet. "Undeurembodyguard."

Mit hochgezogenen Augenbrauen schnellt mein Blick von Megan zu meinem gerade etwas unbehaglich auf der Stelle herumdrucksenden Mate. "Was war das?", frage ich lachend.

Er kratzt sich am Hinterkopf und sagt entschuldigend: "Und eurem Bodyguard?"

"Unserem was?" Megan hört sich entsetzt an, was Trent dazu bringt, kleinlaut zu erklären: "Für eure Sicherheit? Damit die anderen Packmitglieder sich nicht wundern, warum fremde Werwölfe in ihrem Revier sind und euch nicht angreifen."

Megans Augen sind zu Schlitzen verengt. Trent stolpert über seine Worte und fügt hinzu: "Also nicht, dass ich nicht fest davon überzeugt wäre, dass ihr nicht auch alleine klar kommt, aber nur im Fall der Fälle?"

Er ist so unsicher, ich schmelze dahin. Wie ein Welpe, der weiß, dass er was kaputt gemacht hat, das nicht hätte kaputt gehen sollen. So knuffig.

Ich schlinge meine Arme um seine Mitte und knuddle ihn, ich kann einfach nicht anders. Er streicht mir durch die Haare und drückt mir noch einen Kuss auf den Kopf. 'Später' kann gar nicht früh genug kommen.

Megan setzt gerade an, etwas zu erwidern, doch bevor sie dazu kommt, legt Jared einen Arm um ihre Schultern. Zum ersten Mal bringt er sich leise in das Gespräch mit ein: "Ist gut, Meg. Ich weiß, dass es doof ist, aber er lässt sie nicht unbeschützt durch so eine große Stadt mit so einem großem und mächtigen Rudel laufen. Und du weißt genauso gut, dass du sie nicht allein im Notfall verteidigen könntest."

Es ist ziemlich offensichtlich, dass sie über mich reden, aber Megan zu Liebe kommentiere ich das nicht.

Sie beißt sich auf die Unterlippe und sagt eine Weile gar nichts. Irgendwann nickt sie dann niedergeschlagen. Genau in diesem Moment gehen die Aufzugtüren auf, wir haben unser Terminal erreicht.

Das Gespräch ist damit also beendet und wir schlendern durch die Kontrollen, bis zum Abflug haben wir noch ungefähr zweieinhalb Stunden Zeit.

Diese Zeit vergeht jedoch wie im Fluge, pun intended, wenn man beim Warten in den Schlangen vorm Check Inn, der Sicherheits- und Passkontrolle an einen gewissen Alpha gekuschelt ist, der einem zärtlich durch die Haare fährt und Komplimente wie "Du bist so wunderschön" heiser ins Ohr flüstert. Ja, so lässt's sich leben. Und als wir dann endlich ins Flugzeug steigen können, sind meine Knie butterweich und ich muss mich halb von Trent tragen lassen, damit ich nicht in mich zusammensacke. Aber das stört ihn nicht wirklich. Nicht im geringsten, um es genau zu nehmen.

Wir fliegen first class, was mir für mindestens eine halbe Stunde die Sprache verschlägt. Trent und Jared verstauen unser Gepäck, während ich völlig baff in meinem Sitz liege und den Komfort bestaune. Wie viel Geld hat dieses Rudel eigentlich, um uns für einen drei Stunden Flug first class Plätze zu besorgen?

Ich strecke mich aus und nutze den Platz auf den hellgrauen Kunstledersitzen und seppe durch das Programm auf dem Fernseher am Sitz meines Vordermanns. Trent hält meine Hand. Gänsehaut.

Ehe ich mich versehe, erheben wir uns auch schon in die Lüfte.

Ich schaue aus dem Fenster und sehe einen wunderschönen regenbogenfarben Himmel. Die Farben sehen so fantastisch aus und gleiten perfekt ineinander über. Ich seufze auf. Wenn wir jetzt allein wären, dann wäre das hier definitiv 'Später'.

Ich blicke zu Trent, bewundere seine scharfen Wangen- und Kieferknochen und frage mich, wie ich nur so viel Glück haben konnte, Trent als meinen Mate zu haben.

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[A/N] Oh mein Gott es tut mir sooo leid, dass das Update, das auch noch echt kurz ist, so lange gedauert hat, aber ich hatte so viel zu tun und hatte voll die Schreibblockade. Sorry ❤️😔

Aber DANKE FÜR 105 000 Reads!!! ❤️ Hätte ich niemals erwartet 😘

Und falls sich jemand wundert, die Geschichte spielt in irgendeiner Stadt in den USA, mit der man drei Stunden mit dem Flugzeug nach New York braucht... Ähm... Ja... Nennen wir sie doch Erfundena Falls. 💕😬 (just kidding)

Anyway 🍀
FRAGE: Wer ist euer/eure Lieblingsautor/in?

Meine ist whoknows von ao3 😍👑

Kudos für jeden, der einen ao3 account hat ❤️😂

Vote, COMMENT and follow (only if you want to obviously) please 😘
Danke für eure Geduld ❤️
xx

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