Kapitel 16

So schwierig ist das dann doch nicht, so ganz ohne Trent. Ja klar, ich vermisse ihn schon ein bisschen, aber die anderen verstehen es, mich abzulenken. Aber sein wir mal ehrlich, bei den Sachen, die man im Packhouse alles machen kann, ist das auch keine richtige Herausforderung. Deshalb verbringe ich die meisten Tage mit Megan und Jeremy vor der PlayStation, auch wenn ich selbst immer noch in jedem einzelnen Spiel die totale Niete bin, gehe mit Cheryl shoppen oder lerne von Jared und Rick wichtige Dinge über die Geschichte des Rudels und von Werwölfen generell.

Die beiden haben sogar eine richtige Klasse von elf Werwölfen, von denen die meisten acht oder neun sind. Und dann bin da natürlich noch ich, 17 Jahre alt und eigentlich die zukünftige Anführerin des Rudels.

Ich habe mich inzwischen mit meiner Rolle angefreundet, glaube ich. Es fühlt sich sogar gar nicht mehr so an, als würde ich darüber noch nachdenken müssen, ich habe es einfach so akzeptiert. Ich freue mich sogar darauf, irgendwie. Davor müssen allerdings noch einige Dinge geklärt werden, aber beschweren tue ich mich nicht, darum kümmert sich ja ohnehin mein Alpha-Mate.

Erfreulicherweise kann ich auch sagen, dass mir Troy in den letzten drei Tagen auch nicht begegnet ist, ob er nun krank oder mir einfach nur aus dem Weg gegangen ist, weiß ich natürlich nicht. Innerlich hoffe ich, dass er irgendwo im nirgendwo festhängt und nie wieder zurück kommt, aber ich bin mir auch leider bewusst, dass ich ihn früher oder später wieder sehen muss.

Und das Schicksal, habe ich schon erwähnt, dass es mich liebt?, hat sich dazu entschieden, dass heute der Tag sein soll, an dem meine Nerven erneut auf die Proben gestellt werden.

Den ganzen Vormittag über läuft Troy mir glücklicherweise nicht über den Weg. Ich rede mit den anderen über alles Mögliche, Hauptsache es lenkt mich von Trents Abwesenheit ab, auch wenn er sowieso nicht mit uns in der Schule wäre. Das bringt mich auch dazu, Megan und Jared wie eine verbitterte Witwe jedes Mal fast eine zu schlagen, sobald sie sich näher kommen, weil ich mich dann immer nach Trent sehne. Und das wiederum erinnert mich dann wieder daran, dass wir noch gar nicht zusammen sind, was mich direkt wieder traurig macht. Das ist ein Teufelskreis, weswegen ich es nach sechs Stunden Höllenqualen von Unterricht nicht mehr wage, zu Megan oder Jared zu blicken.

Es ist Mittagspause und wir setzen uns an unseren üblichen Tisch in der Cafeteria. Wir schweigen alle friedlich, ich genieße die Ruhe vor dem Sturm namens Geschichte bei Mr. Henders und Sierra stochert gedankenverloren in ihren Erbsen herum. Wir haben alle gemerkt, wie schlecht es ihr wegen Troy geht, sie braucht Nähe zu ihrem Mate. Ich habe auch versucht, mich zu entschuldigen, aber entweder lässt sie mich nicht zu Wort kommen und unterbricht mich sofort oder ich finde sie nicht einmal mehr, weil sie sich sobald wir nach der Schule nach Hause kommen sofort irgendwohin verzieht.

Die anderen sagen, es ist nicht meine Schuld, aber ich fühle mich trotzdem schlecht.

Genauso wie jetzt, als einer der beiden unbesetzten Stühle nach hinten gezogen wird und sich ein breit grinsender Troy darauf plumpsen lässt. Er hat noch kein einziges Wort von sich gegeben, aber ich starre ihn schon sofort so finster an, wie ich nur kann. Er lässt sich davon nicht im Geringsten einschüchtern, lächelt mit glasigen Augen und leicht geröteten Wangen zurück.

"Wohl heute mit dem falschen Fuß aufgestanden, was Care?", fragt er frech.

Ich verdrehe die Augen und ignoriere ihn, sehe aus dem Fenster in den grauen Himmel, wie die Blätter der Bäume heftig umher geweht werden. Dann beiße ich genüsslich in mein Käsesandwich, wohlwissend, dass Troy nicht gerne unbeachtet bleibt.

"Ach komm schon, ignorier' mich nicht!", jammert er und ich muss mein Fingernägel in meine Handfläche krallen, um nicht hämisch zu grinsen. Wusste ich's doch.

Ich spüre seinen Blick auf mir, aber ich lasse mich nicht erweichen und wende mich nun Jeremy zu, während Troy entnervt aufseufzt. "Und? Was hast du bei Aufgabe fünf in Mathe raus?", will ich wissen und lächele Jeremy zuckersüß an.

Er zieht die Augenbrauen hoch, seine strahlenblauen Augen funkeln mich verschmitzt an. Er knabbert an seinem Lippenpiercing, ein winziges Schmunzeln in seinem Gesicht. Er scheint verstanden zu haben, dass ich Troy auf die Palme bringen will. "593,47. Und du?", antwortet er unschuldig.

Ich presse die Lippen aufeinander und lächele selbstgefällig, als Troy bei meiner Antwort verärgert den Kiefer verschiebt. "Ich auch."

Ich bin kurz davor, zu einer weiteren Frage anzusetzen, aber er schlägt mit der Faust auf den Tisch. "Oh bitte! Mit diesem Möchtegern Bad Boy kannst du reden, aber mit mir nicht?"

Ich zucke zwar zusammen, sehe ihn jedoch immer noch nicht an. Er ist mir eigentlich egal, solange er Sierra nicht beachtet jedenfalls. Jeremy zuckt nur abweisend mit den Achseln und ich halte einfach weiter die Klappe, in der Hoffnung, dass er verschwindet.

Und ja verschwinden tut auch jemand, aber nicht Troy, sondern Sierra. Ihr Stuhl quietscht über den Boden und schon ist sie aufgesprungen und hat die Cafeteria verlassen. Mein erster Gedanke ist selbstverständlich, ihr hinterher zu laufen, aber Megan kommt mir zuvor. Sie legt mir eine Hand auf die Schulter und schiebt mich wieder auf meinen Platz, drückt ein wenig und lächelt mich gezwungen aber dennoch beruhigend an.

Ich nicke und seufze. Ist wahrscheinlich besser, wenn Megan ihr hilft und nicht ich.

"Hä? Was hat sie denn?", fragt Troy vollkommen ahnungslos und unvorsichtig.

Ich zucke mit den Schultern, noch immer nicht in der Stimmung mit ihm zureden, vor allem weil er sich erst jetzt für die arme Sierra interessiert, aber sie davor nicht mal mit dem Arsch anguckt.

Ich glaube auch, dass er es endlich aufgegeben hat, denn Troy beginnt nun, angeregt mit Jared über das Footballspiel gegen die Vikings gestern Abend zu diskutieren und ich bin wieder allein mit meinen Gedanken und meinen Schuldgefühlen Sierra gegenüber.

Das hält allerdings auch nicht lange an, denn nur wenige Minuten später wird auch der letzte Platz neben Jeremy wird von einem mir unbekannten Mädchen eingenommen.

Sie hat unheimlich lange blonde Haare mit einem schwarzen Ansatz, sie ist wohl offensichtlich nicht naturblond und ihre Haare sind außerdem zu dick, es sind wahrscheinlich Extensions. Sie trägt eine hautenge hellblaue Jeans und ein graues Crop Top. Ist das nicht ein bisschen kalt für den Herbst? Ihre Fingernägel sind lang, zu lang, und in einem pink lackiert, bei dem ich mir am liebsten die Haare ausreisen würde. Oder wohl eher ihr.

In ihrem Gesicht trägt sie mindestens zwei Tonnen zu viel Make-up. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie heute morgen eine ganze Tube Concealer verbraucht hat und sie hat gefühlte drei Meter lange Fake Lashes auf ihre Wimpern geklebt, noch dazu sieht es so aus, als wäre in einen Schminktopf gefallen mit ihren dunkelgefärbten Lidern und ihren knallroten Lippen, die schon fast Callgirl schreien.

Alles in allem sieht sie aus wie gekünstelte B*itch, aber auch wie ein Mädchen, das alles hat, was ich nicht habe: eine fast schon zu schmale Taille, aber trotzdem eine große Oberweite und volle Lippen. Ich bin zwar nicht dick, aber sie sieht aus als wäre sie aus einem Modekatalog geschnitten.

Graziös streicht sie sich mit ihrem zierlichen Arm die Haare von der Schulter und schenkt uns allen ein Paparazzi-reifes Lächeln. "Hi", begrüßt sie uns mit einer viel zu hoch gepiepsten Stimme. "Ich bin Marylin, Troys Schwester." Sie legt den Kopf schief als wollte sie ein Selfie machen und dreht eine Haarlocke um ihren Finger. Was? Die Nervensäge hat noch eine Schwester? Na das kann ja heiter werden.

Ich schlucke schwer, Marylin schüchtert mich ein. "Und ihr seid?", fragt sie übermäßig affektiert.

"Jeremy. Das sind Rick, Jared und Caroline", antwortet er, während ich sie noch immer stutzig anstarre. Ich hab keine Ahnung, was sie hier zu suchen hat, meiner Meinung nach ist sie jedenfalls nicht willkommen.

Sie beißt sich auf die Lippe. "Sexy Piercing."

Oh Gott. Jeremy wird ein wenig rot und ich habe auf einmal das Bedürfnis ihr solange ein Kissen auf ihr wild angemaltes Gesicht zu drücken, bis sie erstickt. Das Miststück versucht sich doch nicht ernsthaft an den bemitleidenswerten Jeremy ranzumachen. Er hat ja noch nicht einmal seinen Mate gefunden, aber er ist deswegen automatisch nicht mehr zu haben. Er ist V-E-R-G-E-B-E-N.

"Was verschafft uns die Ehre, dich kennen zu lernen?", verlange ich bissig zu wissen, meine Stimme ist quasi mit Sarkasmus getränkt. Ihr Blick wendet sich zu mir, ihre Augen werden eiskalt.

"Stimmt", giftet sie. "Es ist ein Privileg, mich kennen lernen zu dürfen. Ihr sollte euch eher vor mir verneigen und dem Herrn im Himmel danken, dass ihr mit meiner Präsenz gesegnet seid." Für einen kurzen Moment starre ich sie mit offenem Mund an, ich bin mir nämlich nicht ganz sicher, ob sie das ernst meint, oder nicht. Sie lächelt so böse und selbstgefällig, ich würde ihr ihre Grimasse am liebsten mit meiner Faust aus der Fresse polieren.

"Das hat meine Frage nicht beantwortet", erwidere ich trocken, mein Gesichtsausdruck unverändert.

Sie verdreht die Augen als wäre ich ein unwissendes Kind. In letzter Zeit fühle ich mich irgendwie immer öfter so. "Ich möchte Zeit mit meinem Bruderherz verbringen, was den sonst, Dummerchen?"

Ich ziehe die Augenbrauen hoch und werfe ihr einen unbeeindruckten Blick zu. "Aha. Na dann könnt ihr euch doch jetzt zusammen verziehen, oder?"

Sie stöhnt verzweifelt auf, lässt es so aussehen, als würde ich ihr den letzten Nerv rauben, obwohl es eher anders herum ist. Sie schließt die Augen, wie das bei ihrer Menge an Wimperntusche überhaupt noch möglich ist, ist mir ein Rätsel, und presst Daumen und Zeigefinger an ihre Nasenwurzel. Sie wirkt wie eine alte Frau, die nicht mit ihrem nervigen Kind klar kommt. Dann legt sie sich einen ihrer manikürten Finger auf ihre viel zu weit mit Lipliner umrundeten Lippen, so als würde sie nachdenken.

"Lass mich kurz überlegen", flüstert sie mit gespielt süßer Stimme. "Wie wär's mit 'Nein'?"

Mit meinem Zeigefinger deute ich auf sie. "Merkst du nicht, dass du hier nicht wirklich erwünscht bist?"

Sie tut so, als ob sie geschockt auf keuchen würde. Sie legt ihre rechte Hand verletzt auf ihr Herz und sieht sich mit offenem Mund in unserer kleinen Runde von fünf Personen um. Jeremy sieht mich irritiert an, Jared ist wie versteinert und Rick wirkt irgendwie angewidert.

"Wovon bitte laberst du da, Care?", mischt er sich ein. "Sie ist seit keinen zehn Minuten hier. Gib ihr doch mal eine Chance!" Seine Augenbrauen sind zusammengezogen und das Feuer brennt sozusagen hinter seiner Pupille. Was ist denn bitte in den gefahren? Der fällt doch nicht wirklich auf ihre Fake-Masche rein, oder?

Ich sehe ihn entgeistert an. Zu meiner Überraschung muss ich feststellen, dass ich nicht sauer bin, weil er sich gegen mich als eine seiner Freundinnen stellt, nein, ich tobe vor Wut, weil er mir als seine zukünftigen Luna nicht dementsprechenden Respekt gegenübertritt und meinem Bauchgefühl und mir vertraut.

"Genau Caroline, hör lieber auf Ron", wirft Marylin bitchig ein.

Ich schlage mir fast mit der Hand vor die Stirn, das Mädchen kann es einfach nicht, oder? "Rick", murmele ich und es ist ja fast schon witzig, wie sie sich aufführt.

"Sag ich doch", rechtfertigt sie sich auf der Stelle und verschränkt die Arme vor ihrer Brust, nachdem sie sich noch einmal dramatisch ihre schwere, unechte und extrem glatte Haarpracht hinter ihre knochige Schulter geworfen hat. Dann fügt sie spottend hinzu: "Übrigens, wenn ich du wäre, Caroline, dann würde ich generell auf das hören, was andere mir sagen. Ich frag mich echt: Hast du einen Spiegel zu Hause oder ziehst du dich einfach gern im Dunkeln an?" Sie mustert mich kritisch von oben bis unten, ihre Mund verzogen. Ugh. Ich hasse es, wenn Leute sich über mich lustig machen.

Ich will gerade etwas dazu sagen, aber ich sehe aus dem Augenwinkel, wie Megan und Sierra zurück zu unserem Tisch kommen. Ich wirbele auf meinem Stuhl direkt zu den beiden herum. Sierra hat die Spuren von Tränen auf ihren Wangen und ihre Mascara ist leicht verwischt, genauso wie ihre Haut an manchen Stellen leicht rotgefleckt ist.

Ich werfe ihr einen mitleidigen Blick zu, aber sie sieht nicht einmal in meine Richtung.

"Ähm... die Pause ist fast um", erklärt uns Megan. Zum Glück, dann bin ich endlich von diesem A*rschloch und seiner Zicke von Schwester erlöst. "Und Troy? Wir müssen noch was mit dir besprechen."

Ich runzele die Stirn und werfe ihr einen fragenden Blick zu. Was haben die vor?

Alle stehen langsam auf und zum ersten Mal verfluche ich diesen verdammten Packlink. Alle, eben bis auf Marylin und Troy, scheinen zu wissen, was gerade los ist, nur ich hab mal wieder nicht den blassesten Schimmer.

Marylin kichert und schlingt ihre Arme um Jeremys Hals. Sie zieht ihn so fest an sich, es sieht aus, als würde sie versuchen ihn umzubringen. Sie gibt Rick einen Kuss auf die Wange, übertreib' es nicht gleich, S*lut, und gibt ihrem Bruder ein High Five. Während sie auch Megan und Sierra vergnügt zuwinkt, vollkommen ungerührt Sierras Tränen gegenüber oder der Tatsache, dass sie die beiden gar nicht kennt, schenkt sie mir nur ihren Bitch-ich-bin-was-besseres-als-du-Blick und schreitet mit erhobenem Haupt davon.

Dieses Miststück.

Megan spitzt die Lippen und fragt: "Wer war das?"

Ich reibe mir erschöpft über mein Gesicht, wohlwissend, dass ich mich jetzt mit Mr. Henders herumschlagen darf und dass im Packhouse kein schwitzender halbnackter Trent auf mich wartet und solange mit mir kuschelt, bis ich Marylin vergessen habe. Also murmele ich geistesabwesend: "Du solltest wohl eher fragen 'was'. Eine Ratte mit Haarverlängerung, die zufälligerweise die zweite Ausbrut aus Troys Familie ist."

"Woah", macht Troy. "Pass auf, was du über meine Schwester sagst, Kratzbürste. Wir haben vielleicht einen guten Draht zu einander, obwohl eigentlich sollte ich eher knisterndes loderndes Feuer sagen, was?, aber bei meiner Familie hört's auf."

Ich würde ihm gerne eine klatschen. "In deinen Träumen", erwidere ich also nur total desinteressiert und hake mich bei Jeremy unter. Er streicht mir beruhigend über den Arm und ich atme tief durch, versuche meine Wut auf diese Familie herunterzuschlucken.

Megan führt uns derweil zu den Musikräumen, die während des Nachmittagsunterrichts nie belegt sind. Ich habe keine Ahnung, wie sie das hingekriegt hat, aber sie hat einen Schlüssel zu denen und keine zwei Minuten später sitzen wir in einem Kreis um das Pult herum. Auf der Fensterbank, hinter der durch die Ränder der dunkelblauen zugezogenen Vorhänge ein paar Nachmittagssonnenstrahlen fallen, ist eine Reihe von Keyboards angeordnet. Hinter den Tischreihen in der Mitte des Raums stehen zwei Posaunen, ein Saxophon und eine Trommel, neben uns am Pult ein großer Flügel. Nicht zu vergessen der leicht modrige Geruch.

"Also", fragt Troy ungeduldig und fährt sich mit den Fingerspitzen durch seine wilde Lockenmähne. "Was ist so wichtig, dass ihr mich zu sechst in den Schulkeller entführt?"

Wir sehen uns alle an. Ich traue mich nicht, als erste etwas zu sagen, vor allem, weil ich ja genauso ahnungslos wie Troy bin. Ich lehne mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster und vermute, sie wollen ihn über Werwölfe aufklären. Es ist totenstill, die Luft knistert vor Spannung.

"Wollt ihr jetzt auch mal was sagen, oder werden wir hier morgen früh noch rumgammeln?", drängt er.

Megan räuspert sich. Sie sieht mir tief in die Augen, bevor sie sich auf die Nervensäge, auch bekannt als Troy, konzentriert und ihn fragt: "Glaubst du an Werwölfe?"

Seine Augen werden groß, alle Aufmerksamkeit ist auf ihn gerichtet. Er sieht uns alle an, unsicher, ob Megan es ernst meint, oder wir ihn vera*rschen. "Ist das 'ne ernste Frage, oder ist hier irgendwo eine versteckte Kamera?"

Keiner lacht. Er sagt auch nichts mehr, bevor sich dann dazu entschließt, die Frage zu beantworten: "Nein."

"Dann solltest du das von jetzt an tun", sagt Jared kalt. Man merkt ihm an, dass er nicht besonders begeistert ist von Troys ablehnender Haltung. Aber was erwartet er auch von uns Menschen? Wir werden dazu erzogen, nicht an Übernatürliches zu glauben und wir ändern nicht unsere komplette Einstellung zu einem solchen Thema von jetzt auf gleich, nur weil irgendein zufälliger Haufen von Teenagern das befiehlt.

Auch Troy wirkt nicht begeistert. "Wow. Das haut mich jetzt aber um", gähnt er, seine Stimme so eintönig, man wird selbst dabei fast müde. "Könnt ihr nicht einfach aufhören mit dieser Scheiße? Ich werde ganz sicher nicht anfangen, an so einen Mist zu glauben und außerdem, Care, glaubst du wirklich ich würde das einem von euch abkaufen, gemessen an der Art, mit der du dich heute mir gegenüber verhalten hast?"

Mein Mund wird trocken bei seinen Worten. Ich weiß nicht, wie ich antworten soll. Er hat ja schon irgendwie Recht, aber andererseits ist das alles auch zusammenhangslos. Sein Blick ruht auf mir und zum ersten Mal seit vier Tagen sehe ich in seine haselnussbraunen Augen. Er wirkt irgendwie enttäuscht, aber ich lasse mich davon nicht beeinflussen. Er ist bestimmt für Sierra und ich habe Trent.

"Vertrau uns einfach, egal, was du gerade über mich denkst. Ich musste da auch durch, als wird das wohl nicht so schwierig sein", grummele ich kleinlaut. Wenn ich mich zusammenreißen musste, soll der das auch.

"Ach lasst mich doch in Ruhe. Ihr könnt mich mal. Vor allem du, Sierra, kannst du vielleicht mal aufhören die ganze Zeit so rum zu flennen?", verlangt er wütend und ich hoffe, dass er das jetzt nur so gesagt und es nicht wirklich so meint, er hat ja keine Ahnung, was er ihr damit antut.

Ich sehe sie besorgt an. Ein paar weitere Tränen kullern über ihre geröteten Wangen und man sieht ihr an, dass sie ein Schluchzen zu unterdrücken versucht. Ich überlege, wie ich sie aufheitern und trösten könnte, doch ich werde durch ein lautes Knurren aus meinen Gedanken gerissen.

Jared hängt über Troy, der Kragen des Blonden zerknittert in seiner Hand, seine Zähne gefletscht. Seine Miene ist so sehr verzogen, er sieht zum Fürchten aus, was wohl auch sein Ziel war, einem vor Angst schlotternden Troy nach zu urteilen. Seine Augen sind zusammengekniffen, also sieht er nicht, wie nah Jareds Gesicht an seinem ist. Er atmet schwer.

"Was hast du da gesagt, du Ba*stard?", flüstert der Beta des Rudels bedrohlich leise, obwohl es sich mehr wie ein Zischen anhört. "Es ist dir also egal, dass deine Seelenverwandte weint? Es ist dir egal, dass sie wegen dir innerliche Schmerzen erleidet?" Er schüttelt ihn ein wenig, während kleine Spritzer seiner Spucke auf dem Gesicht des Unterlegenen landen. "Was ist eigentlich falsch bei dir? Dein Verhalten ist das aller letzte, vor allem gegenüber deines Mates und deiner Luna! Ich sollte dir die Kehle rausreißen und dich verbrennen, aber ich tu's nicht. Und dafür solltest du deinem Mate, Sierra danken. Ohne sie wärst du jetzt nicht mehr am Leben."

Jared verzieht sein Gesicht noch mehr, bevor er Troy einen Stoß versetzt, den er wegen der enormen Werwolfkraft nicht abfangen kann und deshalb nach hinten stolpert und dann mit dem Po zuerst auf den Boden fällt.

Er rappelt sich auf und hebt anklagend die Hand in Jareds Richtung. Er zittert. "Was sollte das, Mann? Was treibt ihr hier für ein krankes Spiel?" Er sieht sogar fast schon so aus, als würde er jeden Moment anfangen zu heulen.

"Du glaubst es offensichtlich noch immer nicht", stellt Jared böse grinsend fest. Troy weicht vorsichtshalber mehrere Schritte zurück.

Auf einmal beginnen Jareds Augen gelb zu leuchten und seine Eckzähne bilden sich zu Fangzähnen aus, genau wie seine Knochenstruktur um Gesicht, die etwas grober und animalischer wird. Er sieht zwar lange nicht so furchteinflößend aus wie Trent, ich zucke aber dennoch zusammen. Während ich mich schnell von meinem Schock erhole, schnappt Troy panisch nach Luft, bevor er wie ein Irrer zu schreien beginnt. Okay, vielleicht sind wir alle irre und nicht nur er, aber das ist im Moment irrelevant.

"Was stimmt mit euch nicht?", kreischt er hysterisch und ich sehe aus dem Augenwinkel wie Megan sich einen ablacht. Eigentlich ist seine Reaktion auch witzig, aber ich bin nicht ganz so schadenfroh wie sie. Wir hätten das filmen und auf YouTube stellen sollen.

Sierra, die das Ganze bis jetzt wortlos mit angesehen hat, eilt nun auf Troy zu und er weicht zwar zurück, aber es gelingt ihr trotzdem, ihm eine Hand auf den Arm zu legen und ihn in ihre Richtung zu ziehen.

Und das scheint es dann für ihn zu tun, denn er wird schlaff in der Umarmung, die er von Sierra bekommt. Sie flüstert ihm irgendwas ins Ohr, was ihn beruhigen soll schätze ich mal. Wir schauen den beiden wie gebannt zu, der Geschichtsunterricht glatt vergessen. Er schlingt seine durchtrainierten Arme um ihre Mitte und zieht sie näher an sich. Ich glaube er riecht sogar wie Trent immer bei mir an ihrem Hals und an ihren Haaren, auch wenn der typische Geruch einer Person für einen Menschen nicht klar genug herauszufiltern ist, jedenfalls meines Wissens nach.

Sie murmeln sich pausenlos Dinge zu und ich kann nicht anders, als mich fragen, ob Trent und ich auch so gewesen wären, wenn ich nicht so stur und dickköpfig gewesen wäre.

Nach einer Weile lehnt Troy sich zurück und sogar mein Herz fängt an, schneller zu schlagen bei dem Blick, den er Sierra zuwirft. Seine Gesichtsmuskeln sind total entspannt, sein Mund leicht geöffnet und seine Augen glitzern. Er sieht sie an, als wäre sie das Wertvollste, das er je gesehen hätte, was wahrscheinlich auch stimmt, und er wirkt extrem verliebt.

"Aw", machen Megan und ich leise und umarmen uns, glücklich, dass es unserer Freundin jetzt besser geht, auch wenn es sicherlich noch Sachen zu besprechen gibt. Dann bedeuten wir den anderen, Sierra und Troy jetzt allein zu lassen, natürlich erst nachdem sie selbst Jared einen fetten Schmatzer gegeben hat, und wir kommen alle 20 Minuten zu spät zu unserem entsprechenden Unterricht. Die beiden Turteltäubchen lassen sich den Rest des Tages nirgendwo mehr blicken.

Ich bin dann auch völlig erledigt, als wir nach der Schule im Packhouse ankommen, aber ich nehme trotzdem freudig das Telefon von einer über beide Backen grinsenden Cheryl an. Trent will mich angeblich unbedingt sprechen.

"Hallo?", krächze ich in den Hörer.

"Baby!", ruft ein enthusiastischer Trent. "Ich vermisse dich."

"Ich dich auch", antworte ich sofort und kann mir ein Grinsen nicht unterdrücken.

Er gähnt. "Wie geht's dir?" Im Hintergrund höre ich seinen Vater mit irgendjemandem reden. Apropos.

Ich ignoriere ihn und frage neugierig: "Wer ist da in deinem Zimmer?" Das hört sich vielleicht voll so an, als wäre ich eifersüchtig, aber es war eine Männerstimme und ich weiß zu hundert Prozent, dass mein Mate nicht schwul ist, als wird er hoffentlich nicht den falschen Eindruck bekommen.

Trent lacht leise in sich hinein und gähnt ein weiteres Mal. "Mein Vater, der sich mit dem Zimmerservice über irgendeine unwichtige Rechnung streitet. Aber ich wünschte du wärst hier mit mir." 'Aw wie süß', denke ich mir. "Dann hätten wir beim Sex so laut sei können wie wir wollen, hier sind überall Bäume, niemand hätte uns gehört." Ew. Das ist eine Art, einen romantischen Satz zu zerstören. Vor allem, weil ich noch Jungfrau bin, er aber so redet, als würden wir es jeden Tag treiben.

"Aber wir fahren hier sicher nochmal hin, Baby, also keine Sorge, wir kriegen schon noch unsere Chance." Ich kann das Grinsen förmlich aus seiner Stimme heraus hören.

"Du bist so ein perverses Arschloch", kichere ich nur und gehe mit dem Telefon in der Hand nach oben in den fünften Stock in Trents Schlafzimmer.

Ich ziehe während wir reden meine Hose aus und kuschele mich in sein Bett. Ich werde die heutige Nacht hier verbringen, mir egal wie viele Sorgen sich meine Mutter macht.

"Mr. Henders hat mir einen mega langen Vortrag aufgehalst, als Strafe, weil wir zu spät waren", erzähle ich ihm. Zum Glück hat Cheryl gesagt, sie hätte da noch Notizen zu meinem Thema von ihrer Schulzeit zu, denn wenn es nicht so wäre, hätte ich die 'Förderaufgabe', wie mein Geschichtslehrer sie nennt, nicht gemacht. Genauso wenig wie ich bisher alle anderen Hausaufgaben gemacht habe. Man, meine Noten werden dieses Jahr ja mal so richtig gut, in meinem Abschlussjahr starte ich sowasvon durch. Nicht.

Trent erzählt mir von einem Streit von ihm und seinem Vater, aber ich höre nicht mehr zu, achte nur auf seine gleichmäßigen Atemzüge, bis ich mit dem Telefon auf meinem Ohr und in Trents wohligen Geruch gehüllt eingeschlafen bin.

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[A/N] Fooking finally ein neues Update! 💘🎊

Es tut mir leid, dass das wieder ein ganze Woche gedauert hat, aber jetzt sind ja erstmal Herbstferien und ich werde hoffentlich mehr updaten können, auch wenn ich am Freitag für zehn Tage in der Türkei bin mit meiner Cousine und einem Kumpel, also weiß ich nicht wie oft ich updaten kann, aber ich werde das schon irgendwie regeln. 😊💖

DANKE für fast 100 Follower und über 200 Votes bei Kapitel 9,10 und 11! ❤️

Das Bild an der Seite ist Marylin. 😍 Dazu sollte ich sagen, dass ich in keinster Weise ein Problem mit Kylie Jenner habe und meine Beschreibungen eben übertrieben waren, sodass es für die Story passt. 😊

BITTE BITTE BITTE VOTET UND KOMMENTIERT!!! Ich brauche eure Motivation, um schneller weiter zu schreiben! ❤️❤️❤️

xx

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