Kapitel 15

Trent ist angespannt. Jeder einzelne Muskel ist verkrampft unter meinen Fingern, die auf seine nackte Brust und seinen Oberarm gepresst sind. Meine Augen sind geschlossen und trotz des Rauschens in meinen Ohren höre ich ihn schwer ein und ausatmen. Ich nehme nichts wahr, abgesehen von seiner Körperwärme und seinen Händen, seinen Fingerspitzen um genau zu sein, die mich an ihn drücken. Sein Herz schlägt ungleichmäßig in seinem Brustkorb, was mich nicht gerade beruhigt.

Er steht vor mir wie ein Schutzschild. Aber wovor will er mich beschützen? Vor den sich verwandelnden Werwölfen, du Dummerchen. Würde er nicht vor mir stehen, hätte ich wahrscheinlich keine Angst, denn seine Nervosität greift auf mich über, als wären wir auf irgendeine Art verbunden. Ach ja, sind wir ja auch. Wow, ich stehe heute echt auf dem Schlauch.

Ich kann nichts sehen, mein Gesicht in seinen nackten Brustkorb gedrückt. Ich versuche alles auszublenden und meinen rasenden Herzschlag und meine instabile Atmung zu beruhigen. Hinter ihm höre ich nun lautes Knurren, und zwar nicht nur das, das Trent so oft von sich gibt, nein, dieses hört sich wütend an, aggressiv, tief aus der gefährlichen Kehle der Krieger, tobend, wild. Ich zucke zusammen, es ist laut. Ich glaube Trent sagt irgendetwas, aber ich verstehe ihn nicht, lege meinen Kopf in den Nacken und sehen seinen Lippen fasziniert beim für mich lautlosen Bewegen zu.

Seine Augen weiten sich fast schon witzig, wie in einem Comic, und ein panischer Ausdruck legt sich auf sein maskulines Gesicht. Ich habe das Gefühl, meine Körperteile sind nicht mehr mit meinem Hirn, welches Hirn?, verbunden. Dringend sollte ich etwas tun, am besten das, was Trent mir klar zu machen versucht, aber ich fühle mich taub.

Alles passiert zu schnell für meine menschlichen Sinne und ich registriere nur noch das laute durcheinandergeworfene Geheule. Es hört sich an, als würde etwas zerreißen, das dumpfe Aufprallen von Pfoten, oder wohl eher Klauen, auf der einst so schönen, aber mittlerweile zertretenen Wiese. Etwas schweres, ein Wolf?, geht zu Boden.

Alles geschieht in Zeitlupe, Trent der mich jetzt hektisch auf die Baumreihe hinter mir zu schubst, sodass ich mit einem schmerzhaften Zischen über eine Wurzel stolpere und mit dem Gesicht zu erst in einem Busch lande. Tollpatsch. Ich versuche mich so schnell wie möglich wieder aufzurappeln, um meine freie Sicht auf das Schlachtfeld zu nutzen, aber da habe ich die Rechnung wohl ohne die Dornen gemacht, die sich fest wie ein Anker im Meeresboden in meiner Kleidung verhakt haben.

Bei jeder einzigen Bewegung streifen die Spitzen meine Haut und ich bin mir sicher, dass ich später überall blutige Kratzer haben werde. Ein schauriger menschlicher Schrei reißt mich aus meiner Trance und ich hebe ohne weiter darüber nachzudenken meinen Arm, ignoriere die Spitzen und drehe meinen Kopf zur Seite.

Die wohl bisher schrecklichste Szene meines Lebens spielt sich vor meinen Augen ab, tausendmal schlimmer als Tobys Rausschmiss. Mein Herz setzt für einen Schlag aus, mein Mund wird staubtrocken und ich glaube ich kann nicht atmen, mich nicht rühren, je wieder einen Ton von mir geben.

Trent steht in menschlicher Form vor einem fuchsfarbenen Wolf, der bösartig seine Zähne in seine Richtung fletscht. Er steht auf seinen Fußballen, seine Arme gebeugt von seinem Oberkörper gestreckt, jeder einzelne Muskel angespannt. Sein Blick ist finster, wütend, aber am aller meisten dominant. Er sieht nicht im Geringsten verängstigt aus, eher als würde er gespannt auf den Angriff des riesigen Ungeheuers warten.

Warum zur Hölle verwandelt der Idiot sich nicht auch in einen verdammten Wolf und zeigt dem, wo der Hammer hängt? Ist der irgendwie dumm oder doch eher lebensmüde? Ich will das nicht mit ansehen, aber eigentlich habe ich keine andere Wahl, mein Körper hat noch immer nicht die Verbindung zu meinem Verstand wiedergefunden.

Auch der Sauerstoff will nicht in meine Lungen, mir wird leicht schwindelig in meiner halb im Dornenbusch kauernden Position. Jetzt bloß nicht umkippen, Caroline. Mein Magen macht gefühlte 35 Saltos, als ich Trents herausforderndes Knurren höre. Will der dieses Ungetüm jetzt etwa auch noch anstacheln? Der tickt doch nicht mehr ganz richtig!

Der Wolf legt den Kopf in den Nacken und heult mit einem Laut, bei dem sich mir die Nackenhaare sträuben, auf. Noch bevor er seine Anfangsposition wieder eingenommen hat, stürmt er mit einem großen Satz nach vorne auf Trent zu. Ein leichtes Lächeln legt sich auf das Gesicht des Alphas, er wirkt siegessicher. Er wird sterben, wie soll er das denn bitte überleben?

Ihre Bewegungen sind fast zu schnell, um sie wahrzunehmen, aber ich sehe dennoch atemlos dabei zu, wie der Wolf mit seinen rasiermesserscharfen Zähnen auf Trent losgeht. Meine Fingernägel krallen sich in meine Handflächen, ich bete zu Gott, dass Trent sich verdammt nochmal endlich verwandelt und diesen Wolf in seine Schranken weist. Doch das hat er gar nicht nötig. Mein Herz pocht in meinen Ohren und schlägt so schnell, dass ich fast schon überzeugt bin, dass es aus meiner Brust ausreißen und einen Marathon laufen wird.

Trent breitet seine Arme weiter aus, ähnlich wie bei einer Umarmung, und fängt die volle Wucht des rasenden pelzigen Rudelmitglieds mühelos ab, seine Zähne, die provozierend nach dem Alpha schnappen, erwischen nur Luft und prallen bestimmt schmerzhaft aufeinander. Der Wolf, der trotz seiner unglaublichen Größe in Trents Arme passt, wird kraftvoll neben Trent auf den Waldboden geschleudert.

Er verliert keine einzige Schweißperle, sondern beugt sich nur schweratmend über das vor Schmerz jaulende Tier und rollt es auf den Rücken. Mit gefletschten Zähne hebt er eine Hand, an der statt Fingernägeln zehn mindestens fünf Zentimeter lange Krallen prangen. Bitte was?

Fangzähne schmücken sein Gebiss. Und plötzlich beginnen seine Augen auch schreiend rot zu leuchten. Ich zucke zusammen, merke, wie das durch meine Adern schießende Adrenalin meine Muskeln aus ihrem Streik löst. Wie gebannt starre ich die beiden an. Was hat Trent vor? Will er ihn umbringen?

Mit voller Wucht stößt er seine Krallen in die Seite des keuchenden Wolfes, glühende Augen, seine andere Hand hält den zwar wesentlich größeren und stärkeren aber ihm trotzdem unterlegenen Werwolf an seiner Kehle zu Boden. Ich will nicht zusehen, will nicht den Mord an diesem Rudelmitglied bezeugen, aber ich kann nicht, mein Unterbewusstsein zwingt mich zum Zusehen.

Trents Augen werden unnatürlich groß, er dreht seine Hand hin und her und ich bin mir ziemlich sicher, dass er gerade die Milz des Werwolfes zerfetzt. Aber hey, wer braucht schon eine Milz? Ist doch sowieso total überflüssig. Ich glaube ich muss mich gleich übergeben, wenn der so weiter macht. Ein paar Tropfen Blute fließen über Trents Handgelenk und färben eine winzige Fläche des Waldbodens rot.

Der Werwolf winselt und versucht sich Trents eisernem Griff zu entziehen, allerdings ohne Erfolg. Auch seine Augen sind weit und haben inzwischen eine bräunliche menschlichere Farbe angenommen und ihre bis gerade eben noch gelbgiftige Färbung ist wie weggeblasen. Vielleicht ist er zu Besinnung gekommen. Aber mal ganz ehrlich, wer ist denn auch schon so blöd und greift den eigenen Alpha an? Ist doch eigentlich klar, dass man da nur verlieren kann, denn egal wie stark ein Werwolf ist, sein Alpha ist stärker, sogar als Mensch.

Ich habe gar nicht gemerkt, wie ich erleichtert aufgeatmet habe, unheimlich glücklich, dass Trent die Oberhand hat und nun nicht mehr in Lebensgefahr schwebt. Wenn ich es mir recht überlege hat er das sowieso nie, aber mir war das Ausmaß seiner Kraft nicht direkt bewusst. Aber ich bin nicht gerade glücklich über die Qualen, durch die Trent seinen Gegner gerade schickt. Er ist ihr Anführer, sollte er gerade sowas nicht vermeiden und sich eher um sein Rudel sorgen? Oder ist dieser Teil meine Aufgabe?

Trent knurrt den unterwürfigen Wolf einmal vielsagend an, seine Augen blitzen einmal auf, bevor sie wieder ihre normale dunkelbraune Farbe annehmen und er gibt einen letzten, ausdrücklichen Stoß in die Organe des Wolfes. Dann zieht er seine mit Blut verschmierte Hand aus der Bauchdecke heraus, seine Krallen sind verschwunden, Fingernägel haben wieder ihren Platz eingenommen.

Er steht noch immer gebückt da, gibt dem roten Pelzknäuel einen Schubs in Richtung Lichtung, während dieser gequält auf jammert und sich schleppend zu den restlichen kämpfenden Wölfen bewegt. Ich schnappe nach Luft, zu viel Aufregung an einem Tag.

Meine Aufmerksamkeit richtet sich sofort auf die im Eifer des Gefechts vertieften Tiere, dunkel- und hellgrau-, braun-, rot- und fast komplett weißgemusterte Kämpfer schnappen nacheinander, reißen mit ihren Fangzähnen die Haut unter dem Fell ihrer Partner auf, schlagen mit ihren Krallen nach den Augen des Gegners und setzen ihre gesamtes Körpergewicht gegeneinander ein.

Die Luft wird nun auch von Winseln und Gejaule erfüllt, der Schmerz daraus klar und deutlich zu erkennen. Überall sind Blutspuren zu sehen und aggressive Wölfe, die mit allen Mitteln versuchen, zugewinnen. Ich erschaudere, habe das Gefühl, mein Herz würde zerbrechen beim Anblick der leidenden Rudelmitglieder. Ohne das Wissen von der magischen Wolfsheilung, die es den Werwölfen ermöglicht, ihre Wunden in Sekundenschnelle zu heilen, würde ich höchstwahrscheinlich weinend am Boden liegen, weil ich nichts an ihren Schmerzen ändern könnte.

Was sollte ich auch tun? Dazwischen gehen? Um dann selbst zu sterben? Ich kann nur hoffen, dass sie sich nicht bis zum Tode zerfleischen.

Ich blicke wieder zu Trent, der mich prüfend mustert. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er nach Verletzungen meinerseits sucht oder sich nur vergewissern will, dass es mir, nachdem ich das gerade miterleben musste, seelisch gut geht. Ich nicke ihm zu, ich werde schon klar kommen, so schlimm war das jetzt nun auch wieder nicht.

Langsam schlendere ich auf ihn zu und will Trent fragen, warum die ganzen Werwölfe so aggressiv und unkontrolliert sind (Auch wenn ich mir das eigentlich denken kann, die verwandeln sich schließlich in Tiere, die auf Instinkte reagieren, ist doch klar, dass es einen Moment dauert bis sie sich selbst unter Kontrolle haben, oder?), doch auf einmal höre ich ein verzehrtes Grunzen neben meinem Ohr. Heißer Atem streift meinen Nacken, eine Gänsehaut breitet sich über meinem Körper aus. Es stinkt nach Fleisch, typischer Hundeatem.

Stocksteif bleibe ich stehen und halte die Luft an. Ich muss mich nicht zur Seite drehen, um zu wissen, dass da eine Bestie neben mir steht, ihren Geräuschen nach zu urteilen mit Freude dazu bereit, meine Körperteile Stück für Stück voneinander abzureißen und mich zu verschlingen. Das Adrenalin, das meine Körper in der kurzen Zeit noch nicht verlassen hat, pumpt wieder heiß durch meine Blutlaufbahn.

Trent zögert nicht und stürzt sich auf seinen Kameraden, ruft mir im Sprung ein heiseres und unmenschlich tiefes "Lauf!" zu, das mich wohlig erschaudern lässt. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Dieses Mal sind meine Muskeln glücklicherweise erweckt und ich drehe mich ohne auch nur einen weiteren Moment stehen zu bleiben um und renne in den Wald hinein. Hinter mir höre ich das grausige Geräusch von einem aufeinanderschlagenden Gebiss, als hätte der Wolf mich fast gebissen. Ich wage es aber nicht, mich umzudrehen, aus Angst, dass ich wieder erstarren könnte oder eine Szene zu Gesicht bekommen würde, die ich mir lieber nicht vorstellen will.

Ich renne einfach weiter, weiche den dicht beieinander stehenden Bäumen aus, lasse mich von der immer tiefer werdenden Dunkelheit nicht davon abbringen, über Steine und Wurzeln durch das Unterholz zu springen. Entschlossen laufe ich weiter, die grausamen Geräusche des Kampfes lasse ich hinter mir, bis sie für meine menschlichen Ohren nicht mehr wahrzunehmen sind.

Ich verlangsamere mein Tempo, bin mir erleichternder Weise darüber bewusst, dass ich außer Gefahr bin. Erst jetzt, wo mir der Schweiß wie die Niagarafälle über die Stirn fließt, kommt es mir in den Sinn, dass Trent da ganz allein ist. Dass er ohne jegliche Hilfe gegen einen zweiten Werwolf kämpfen muss. Nicht, dass ich ihm eine Hilfe sein könnte, aber dennoch. Dieser Wolf sah stärker aus als der erste.

Ich keuche, versuche, meine Atmung wieder zu normalisieren. Trent wird das schaffen, rede ich mir ein, er ist stark genug, er könnte wahrscheinlich gegen zehn von ihnen gleichzeitig kämpfen, ohne ein einzige Narbe davonzutragen. Jedenfalls hoffe ich das.

Verzweifelt versuche ich mich abzulenken, nicht in der Lage, das Bild von einem blutig am Boden liegenden, toten Trent, in meinem Kopf auszublenden. Ich atme einmal tief durch. Konzentriere mich auf das Vogelgezwitscher, die friedliche Stille, das Grün der Baumkronen, das meine Augen entspannt oder die Tatsache, das ich nicht den blassesten Schimmer habe, wo ich mich befinde und ich noch weniger weiß, wie ich wieder zurück finden soll.

Ich seufze auf. Super gemacht, Caroline. Du hast es drauf. Anstatt den Pfad zum Packhouse zu laufen, rennst du wie so eine Irre ins Nirgendwo.

Planlos laufe ich jetzt also durch den tiefsten Wald, weitab von jeglicher Zivilisation und ohne Handy, das liegt im Packhouse in meiner Schultasche. Ich drehe mich um 180 Grad, vielleicht finde ja den Weg zurück zur Lichtung, auch wenn das nicht gerade die beste Idee ist, aber immerhin besser als für immer verschollen zu bleiben.

Nur dummerweise sieht der Wald, wenn er so unberührt ist, an jeder Stelle gleich aus und nach gefühlten 15 Minuten bin ich überzeugt, dass ich im Kreis laufe. Ich lehne mich gegen einen dicken Baumstamm und schließe für einen Moment die Augen, versuche, keine Panikattacke zu bekommen, mich nicht gefangen zu fühlen und nicht auszurasten.

Nichts gibt mir Auskunft über meinen Standpunkt, es ist zu still. Und ich schwitze. Ich habe bestimmt riesige Schweißringe unter den Achseln und ich wette ich stinke wie ein Iltis. Lecker. Aber der Schweiß ist nicht das Einzige, das fließt, ich könnte nämlich jeden Moment anfangen zu heulen. Was, wenn ich nie mehr gefunden werde? Und ich hier als ungebumste Jungfrau sterbe? Oh Gott, okay, ich glaube ich brauch dringend was zu trinken, sogar meine innere Stimme dreht durch.

Ich lasse mich an dem Baumstamm hinuntersinken und entspanne mich ein wenig. Mich aufzuregen ist doch sowieso nur wieder unnötiger Energieverbrauch. Eine halbe Ewigkeit sitze ich dort, gelangweilt und unsicher, was ich jetzt mit mir selbst anstellen soll. Im Wald herumirren steht allerdings definitiv nicht auf Platz eins meiner To-Do-Liste. Ich hoffe einfach nur, dass mich nicht gleich irgendein Insekt zwickt, oder noch schlimmer: eine Spinne! Ich meine, eigentlich liebe ich ja die Natur, aber sobald das erste Vieh kommt und mich nervt, ist es für mich vorbei.

Plötzlich höre ich Fußschritte, die mich aus meinen Gedanken reißen. Ich schrecke auf, springe auf meine Füße und sehe mich ängstlich um. In der Ferne sehe ich ein Mädchen mit langen roten Haaren auf mich zu kommen. Ich muss blinzeln, um zu erkennen, wer das ist und ob ich sie kenne. Sie kommt näher auf mich zu gehüpft, durch das braune Unterholz, vorbei an den mit Moos bewachsenen Baumstämmen. Sie steht fast vor mir und erst jetzt erkenne ich sie; Cheryl.

Ich kann mein Grinsen nicht unterdrücken, als ich sie in meine Arme ziehe, ich glaube ich war noch nie glücklicher, jemanden zu sehen, als sie in diesem Augenblick. Ich dachte schon sie würden mich nie finden.

"Oh Gott", krächze ich. "Endlich! F*uck! Ich dachte schon ich müsste hier sterben. Wie hast du mich gefunden?" Ich grinse sie begeistert an.

Cheryl kichert. "So schwer war das gar nicht, glaub mir. Nimm mir das bitte nicht übel, aber mit meiner Wolfsnase und deinem... ähm unübersichtlichen Geruch war das nun wirklich kein Kunststück", erklärt sie und tippt sich dabei mit dem Zeigefinger auf die Nasenspitze.

Ich schnaube und verdrehe gespielt verletzt die Augen. "So sehr stinke ich jetzt auch wieder nicht."

Sie schüttelt den Kopf und lacht: "Okay, red dir das ruhig weiter ein."

Ich kräusele die Nase und mustere sie von oben bis unten. Mir fällt auf, dass die Schwester meines Mates einen außergewöhnlich weiten Pullover trägt, der ihr mindestens vier Nummern zu groß ist. Und sie riecht anders. Es ist zwar nicht so, als könnte ich wirklich eine Veränderung riechen, aber ihre... Aura ist irgendwie anders.

Sie runzelt die Stirn und fragt irritiert: "Alles klar? Habe ich irgendwas im Gesicht? Ein Schokofleck auf meiner Hose oder so? Ach Care, sag sowas doch bitte, das ist ja sonst echt peinlich."

Für einen kurzen Moment starre ich sie mit offenem Mund an und schüttele dann schnell den Kopf. Beschwichtigend hebe ich die Hände. "Nein, alles gut. Du siehst toll aus. Aber von wem ist der Pulli?"

Sie sieht mich mit ihren großen Rehaugen an. Sie wirkt erst sprachlos, lächelt mich aber sofort wieder in ihrem typischen freudigen Lächeln an. "Der gehört einem Kumpel aus dem Rudel, nicht so wichtig", sagt sie abtuend und das etwas unwohle Gefühl in meiner Magengrube verschwindet genauso schnell wie es gekommen ist.

"Können wir? Ich bin echt müde und meine Mom hat noch einen Schokoladenkuchen gebacken, und wenn wir uns nicht beeilen, ist der weg, sobald die alle vom Training zurück kommen."

Ich grinse wieder bei dem Gedanken an das süße Gebäck und wir laufen los, erzählen uns Nichtigkeiten aus unserer Vergangenheit von den vielen Geburtstagen, an denen auch irgendwas mit Schokolade serviert wurde. Denn wer kann schon nein sagen dazu, abgesehen von den Leuten natürlich, die allergisch darauf sind.

Obwohl ich keine Uhr habe, dauert es verdammt lange, bis wir endlich ankommen, das Adrenalin hat mir wohl doch ziemlich viel Kraft gegeben, denn ich bin mindestens fünf Kilometer gelaufen. Wir nähern uns dem Packhouse und damit auch der Trainingslichtung, das Kampgegrunze ist auch langsam wieder zu hören. Da die Baumkronen sich jetzt lichten, fällt mir auf, dass die Dämmerung schon herein gebrochen ist und Cheryl versichert mir, dass das Training bald zu Ende sein wird. Angeblich hat Trent noch irgendwelche Neuigkeiten für mich, die er mir nicht auf der Lichtung sagen konnte. Ja das werden wir ja sehen.

Wir schnappen uns also schnell jede ein Stück Kuchen, der übrigens himmlisch schmeckt, dann zeigt Cheryl mir, wo ich mich duschen kann. Auf meine Nachfrage, ob das denn wirklich so unbedingt nötig wäre, reagiert sie nur mit einem mit zusammengepressten Lippen zur Seite geneigten Lächeln, woraufhin ich ihr beleidigt in den Arm boxe.

Das heiße Wasser entspannt meine verkrampften Muskeln, auch wenn ich nicht mal selbst trainiert habe. Ich kann es kaum erwarten, Trent wieder zu sehen. Ich weiß zwar, dass er lebt, aber ich hoffe, er hat keine Verletzungen davon getragen. Nicht so wie ich. Bin wahrscheinlich beim Weglaufen über eine Wurzel oder so gestolpert, denn mein linker Knöchel schmerzt höllisch, was mir vorher wegen dem Adrenalinschub noch gar nicht aufgefallen ist.

Ich ziehe mich wieder an, Cheryl leiht mir netterweise etwas von ihr, weil meine Sachen echt ekelhaft stinken.

Sobald ich die Küche betrete, springt Trent von seinem Platz auf und fällt mir um den Hals. Ich stolpere einige Schritte nach hinten, seine Körpermasse zu schwer, um ihm einfach so standzuhalten. Ich muss erleichtert feststellen, dass auch er geduscht hat, er hat mindestens genauso sehr gestunken wie ich, wenn nicht sogar mehr. Und er ist zum Glück unversehrt. Puh.

Zärtlich streicht er meine nassen Haare nach hinten und fängt an, an meinem Hals zu schnuppern. Ich habe es mittlerweile aufgegeben, mich darüber zu wundern, es in Frage zu stellen oder gar zu versuchen, ihn wegzuschieben, er lässt sich so oder so nicht davon abbringen. Ich schließe also die Augen und lasse mich von seiner Wärme umhüllen, und dabei fällt mir gar nicht auf, dass mindestens vierzig Leute in der Küche und im Flur dahinter stehen und uns angaffen, als wären wir das erste Unterhaltsame, das sie nach Jahren voller Langweile gesehen haben.

Ich erröte, als ich ihre neugierigen Blicke auf uns spüre und räuspere mich verlegen. Trent löst seinen Kopf von meiner Schulter und dreht sich um, wirft seinen Blick auf unsere Umgebung. Als hätten sie das erwartet, wenden sie sich alle ab und tun so, als hätten sie uns nicht gerade schamlos angestarrt.

Trent wirft mir einen fragenden Blick zu und ich nicke resigniert, daran werde ich mich als zukünftige Luna gewöhnen müssen. Er zieht mich dennoch verständnisvoll durch den Flur zu einem Raum mit einer Couch und nur halb so vielen Leuten. Cheryl sitzt in einer Ecke und liest geistesabwesend eine Modezeitschrift.

Trent lässt sich auf das Polster fallen und zieht mich auf seinen Schoß, so schnell und fast unbemerkt, dass mir nicht mal Zeit zum protestieren bleibt. Er rückt mich so zurecht, dass mein Rücken an seiner harten durchtrainierten Brust anlehnt und schlingt seine Arme um meine Taille.

Ich genieße seine warmen, sicheren Berührungen und kuschele mich an ihn. Wir passen einfach zusammen, wie Puzzelteile.

"Du hattest auch Schokotorte, was?", grunzt er in mein Ohr.

Ich muss kichern, sein Atem kitzelt meinen empfindlichen und sensiblen Hals. "Ja und? Was willst du dagegen machen?", necke ich zurück.

Er lacht in sich hinein und drückt meine Hüfte. "Hm, vielleicht setze ich dich im Wald aus."

Ich verdrehe die Augen. "Ja genau. Weil das ja so extrem schlimm wäre", erwidere ich sarkastisch.

Er zieht unbeeindruckt die Augenbrauen hoch. Eindringlich flüstert er: "Denk nur an die vielen Spinnen und Käfer, die sich durch deine Körperöffnungen zwängen und dich von innen nach außen auffressen werden."

"Ew", mache ich angewidert. "Kotz und Würg. Das ist abscheulich, du Ekelpaket." Ich kann mich nicht daran hindern und winde mich auf seinen Oberschenkeln, allein der Gedanke an sowas versetzt mich in Unruhe.

Er lacht laut auf, während ich wie ein Kleinkind die Arme verschränke. Er beruhigt meine Bewegungen, indem er mich wieder näher an seinen muskulösen Oberkörper zieht und mich diesmal fester hält als zuvor.

Für einen Moment sind wir still, es gibt nichts zu sagen, denke ich zumindest. Doch dann fällt mir wieder ein, was Cheryl vorhin gesagt hat.

"Deine werte Schwester hat verlauten lassen, dass du Neuigkeiten für mich hast?", frage ich mit gespielt gehobener Stimme und drehe meinen Kopf so, dass ich Trent ansehen kann. Sein Gesichtsausdruck fällt ein wenig bei meinen Worten und er wirft mir einen unsicheren und entschuldigenden Blick zu. Ich runzele die Stirn.

"Ja...", druckst er verlegen herum. "Also..."

Ich verdrehe die Augen. "Raus mit der Sprache, so schlimm kann es doch nicht sein", fordere ich ihn auf.

Er zuckt mit den Schultern. "Also ich werde in den nächsten zwei Wochen selten bis gar nicht hier zu Hause sein, ich muss in der etwas weiter entfernt liegenden Umgebung Sachen wegen unserer baldigen Übernahme des Rudels klären, Friedensangebote und so. Tut mir leid."

Meine Stimmung sinkt in den Keller und ich schmolle ihn an. Ich spüre ein kurzes Stechen in der Brust, ich weiß, dass ich ihn vermissen werde, auch wenn es nur für kurze Zeit ist, aber auf der anderen Seite kann ich auch verstehen, dass es seine Pflicht ist, das alles vorzubereiten, es geht dabei schließlich um unsere Zukunft und noch dazu um die des Rudels.

Also zwinge ich ein Lächeln auf meine Lippen und fahre ihm gedankenverloren durchs schwarze Haar. "Gibt es auch eine gute Seite daran, oder wirst du deinen Spaß bei 'nem Roadtrip haben, während ich mich hier allein rumschlagen darf und dich vermissen werde?"

"Also erstens", erwidert er sofort und lächelt mich an. "Ich werde dich ich vermissen und zweitens, selbstverständlich gibt es auch was Gutes daran!"

Ich sehe ihn erwartungsvoll an. Er sagt nichts. Ich gebe ihm leicht genervt einen sanften Klaps auf den Hinterkopf. "Jetzt sag schon!", befehle ich ihm. "Ich muss heute aber auch echt alles aus dir heraus kitzeln!"

Er grinst. "Also gut, aber nur weil du es bist." Schleimig und kitschig noch dazu. "In zwei Wochen fahren Jared, Megan, du und ich für ein Wochenende nach New York!"

Ich glotze ihn an, seine Aufgeregtheit glänzt in seinen Augen. "Was?", frage ich nach, nicht sicher, ob er das wirklich gesagt oder ob ich mir das nur eingebildet habe. "Wie geil, oh mein Gott! Wir fahren nach New York! Aber warum?"

Er grinst. "Ein gigantisches Partnerrudel hat ein paar Bedingungen und so für unsere Übernahme, die ich regeln muss."

Oh mein Gott. "Du kannst dir nicht vor stellen, wie sehr ich mich freue, das ist so cool! Yay!", quietsche ich vergnügt und drehe mich auf seinem Schoß so um, dass meine Beine auf beiden Seiten von seinen liegen. Ich schlinge meine Arme um seinen Hals und ziehe ihn überglücklich an mich.

"Ich wollte schon immer mal nach New York", erzähle ich ihm aufgeregt. "Danke!"

Er kichert in meine Haare hinein und antwortet frech und schmierig: "Alles für dich, Baby."

Ugh. War ja klar, dass der mit seinen tollen Kommentaren die Stimmung ruinieren muss.

Und dann fällt es mir auf: Wie soll ich bitte zwei Wochen fast ohne Trent überstehen?

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[A/N] ENDLICH EIN NEUES UPDATE! *squees* 💘🎊

Es tut mir leid, dass das jetzt über eine Woche gedauert hat, aber ich habe heute Deutsch geschrieben und hatte generell mega viel zu tun. Sorry, das nächste Update kommt hoffentlich eher. 💞

Kapitel 9,10 und 11 haben alle schon fast 200 Votes?! Oh mein Gott, Danke dafür! ❤️💙

Und außerdem war ich in emotionalem Chaos wegen #Infinity, weil jbcsdbcjhsdb Das Lied ist einfach nur so extrem geil! 😍😱😭

Und Danke auch für über 80 Follower! 😘💖

Bitte vergesst nicht zu VOTEN und KOMMENTIEREN, wenn es euch gefallen hat, ich brauche nämlich eure Unterstützung, die mich zum Schreiben animiert. 💘

Danke ❤️❤️

xx

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