Kapitel 12
Das einzige, was ich noch mehr hasse als zu lange Mittagschläfchen, sind klingelnde Wecker. Vor allem die, die vor zehn Uhr morgens mit ihrem dämlichen Gepiepe meinen sanften traumhaften Schlaf unterbrechen. Ugh, zum Kotzen ist das.
06:33 Uhr zeigen die Zahlen des Digitalweckers an, rot und wütend brennen sie sich in meine verschlafenen Augen. Ich stöhne auf, Trent steht hellwach am anderen Ende des Zimmers und öffnet eine Tür, die in einen begehbaren Kleiderschrank führt. Wie macht er das? Wie kann er nicht, wie eigentlich so ziemlich jeder andere normale Mensch, noch grummelnd im Bett liegen und dann erst widerstrebend aufstehen?
Ich will mich wieder auf meine andere Seite drehen, um weiter zu schlafen, wohlwissend, dass ich heute Schule habe, aber Trent sagt heiser in seiner extrem sexy Morgenstimme: "Denk nicht mal dran, Baby."
Ich murmele etwas Unverständliches vor mich hin, aber stehe dennoch wenig später auf. Um 06:47 Uhr lehne ich dann mit Trent direkt hinter mir am Waschbeckenrand des anliegenden Badezimmers und wir putzen uns die Zähne. Ich bin echt froh, dass er mir letztendlich doch eine frische Zahnbürste gegeben hat, denn Trent bestand zuerst darauf, dass ich seine benutze, aber ganz ehrlich? Genug ist genug.
Ich werfe ihm einen genervten Blick durch den Spiegel zu und spucke mürrisch in den Abfluss hinein. Er grinst nur schief zurück, der Stiel seiner Zahnbürste hängt in seinem rechten Mundwinkel. Ich schüttele den Kopf und kräusele meine Nase. Mit einer Handvoll Wasser wasche ich die Reste meines total verschmierten Make-ups ab und kämme mir notdürftig mit den Fingerspitzen durch die Haare. Das gebe ich aber genauso schnell wieder auf wie ich es begonnen habe, sie sehen aus wie ein Vogelnest. So gut es geht binde ich sie mit einem Haargummi zu einem hohen und äußerst unordentlichen Pferdeschwanz zusammen.
Ich habe allerdings nicht mehr genügend Zeit, mich richtig zu mustern, denn Mr. Ungeduldig, auch bekannt als Trent, scheucht mich ins Treppenhaus und dann in die Küche. Angeblich habe ich zu lange geschlafen und wenn ich mich nicht beeile, würde ich zu spät kommen. Ja, weil mich das ja auch so stören würde.
Meine Klamotten sind leider total verschwitzt und zerknittert, mein Gesicht ist bleich, als hätte ich soeben einen Geist erspäht, oder eher als wäre ich selbst ein Geist, wenn man bedenkt wie wenig ich geschlafen habe, und meine Haare sind wie unter Strom gestellt. Glücklicherweise kommentieren Megan und Sierra das nicht.
Aber ehrlich gesagt hätte ich es lieber, würden sie darüber Scherze machen, denn stattdessen sehen sie wissend und hämisch grinsend zwischen Trent und mir hin und her. Ich könnte sie ohrfeigen, so sehr nervt mich das gerade. Noch geben sie keinen Ton von sich, aber ich weiß, dass, sobald wir allein im Auto sind, die dämlichen Kommentare kein Ende mehr finden werden.
Ich sehe die beiden nicht an, aus Angst, dass ich sie vielleicht aus Wut angiften könnte und konzentriere mich auf die leckeren Pancakes, die irgendwer aus dem Rudel wie am Fließband für jedes Mitglied in einer Pfanne brät.
Meiner Meinung nach viel zu früh verabschiedet sich Trent auch schon. Er gibt mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange und flüstert leise "Bis später, Baby" in mein Ohr, bevor er sich zu irgendeinem Rudeltreffen aufmacht, zukünftiger Alpha und so. Ihn könnte ich jetzt auch ohrfeigen, von wegen treuer starker Alpha-Mate, der mich beschützt und nur das Beste für mich will! Nicht mal vor Megans und Sierras Bemerkungen kann der mich retten. Pff.
Und als könnten sie meine Gedanken lesen, legen sie auch schon los.
Megan stößt mir mit dem Ellenbogen in die Rippen. "Na? Heiße Nacht gehabt, was?" Ihre Augenbrauen wackeln auf ihrer Stirn hoch und runter wie die Schädel von diesen lächerlichen Wackelkopffiguren.
Ich verdrehe nur die Augen und schiebe mir eine weitere Gabel mit Ahornsirup getränktem Pancakebissen in den Mund und versuche, durch den göttlichen Geschmack Sierras nächsten Satz auszublenden.
"Ja, sieht wohl so aus, als würden wir wesentlich schneller neue Welpen im Rudel haben, als wir gedacht hätten", sagt sie und kichert in sich hinein.
Ich bohre meine Fingernägel in meine Handfläche und zähle langsam in meinem Kopf von eins bis zehn, um mich zu beruhigen.
"Was guckst du denn so säuerlich? War Trent etwa doch nicht so gut, wie du erwartet hast?", fragt Megan frech.
Mein Unterkiefer schiebt sich nach vorne und ich zerbeiße meine Unterlippe. Die Röte schießt mir in die Wangen, zum einen, weil mir das Ganze wirklich peinlich ist und zum anderen, weil sie mir echt auf die Nerven gehen. Ich habe definitiv nicht genug geschlafen für sowas.
Ich stöhne auf. "Ernsthaft jetzt? Könnt ihr es nicht einfach sein lassen?" Sierra sieht etwas aus der Fassung gebracht zu sein bei meinen bitteren Worten und sie sieht leicht verlegen zu Boden. "Sorry", murmelt sie kaum verständlich, während Megan nur selbstgefällig und hochnäsig einen Schluck Kaffee trinkt. Sie zieht eine Augenbraue hoch, hält aber den Schnabel.
Den Rest des Frühstücks verbringen wir in Stille und machen uns wenig später in Megans Auto auf den Weg zur Schule. Ich belege die Rückbank, die anderen beiden sitzen vorne. Ich habe keine Ahnung, wo die Jungs sind, vor allem Jared, weil er ja Megans Mate ist, aber ich genieße das Schweigen und döse vor mich hin, mein Kopf gegen die kühle Fensterscheibe gelehnt. Ungefähr auf der Hälfte des Waldweges fangen Megan und Sierra leise an, über die Englischhausaufgabe, die ich nicht gemacht habe, auch wenn mich das in diesem Augenblick nicht wirklich stört, zu diskutieren, aber ich lasse mich davon nicht beeindrucken und schlafe sogar fast ein, doch dann haben wir die Schule schon erreicht und ich strecke mich widerwillig aus dem gemütlichen Autositz. Wow. Dass ich einen Autositz jemals in meinem ganzen Leben als gemütlich beschreiben würde. Notiz an mich selbst: Mehr schlafen.
Wir steigen aus, Megan und Sierra gehen vor, ich schlendere müde hinterher. Ich weiß jetzt schon, dass ich den Tag kaum überstehen werde und allein bei dem Gedanken an die viel zu langweiligen Unterrichtsstunden, die heute vor mir liegen, könnte ich anfangen zu weinen. Mit dem bittersten Gesichtsausdruck, den ich auf mein Gesicht zaubern kann, gehe ich durch die Schulgänge.
Und wie auch nicht anders zu erwarten, zieht sich der ganze Tag in die Länge und es kommt mir so vor, als würde ich seit Jahren in der gleichen Englischstunde festsitzen. Mehrmals muss Megan mich anstupsen, weil ich sonst eingeschlafen wäre. Totaler Mist, dann hätte ich auch gleich zu Hause bleiben und schlafen können.
Irgendwann habe ich es dann auch durch die restlichen Stunden geschafft und wir suchen uns einen freien Platz in der Cafeteria. Jeremy und Rick sind zwanzig Minuten zu spät zu Englisch gekommen, Jared ist bis jetzt noch gar nicht aufgetaucht. Was da wohl los war?
Ich stehe mit Sierra in der Schlange der Essenausgabe und kaufe mir ein mit Käse überbackenes Baguette. Die Mädchen vor uns haben eine hitzige Diskussion und reden die ganze Zeit von dem neuen Typen an der Schule und wie verführerisch seine Augen sind und dass sein Haare aussehen wie Gold. Ich verdrehe die Augen und tue so, als würde ich ihnen genauso gebannt zuhören wie Sierra, obwohl meine Gedanken in Wirklichkeit bei meinem Bett und meiner flauschigen Decke sind.
Wir gesellen uns zu den anderen zurück, Jeremy starrt auf seine Fingerknöchel, seine Lippen hart aufeinander gepresst, sein Gesicht leicht gerötet, als würde er mit aller Kraft versuchen, nicht zu lachen. Ich ziehe eine Augenbrauer hoch und blicke zu Rick, der seinem Kumpel verständnisvoll auf den Rücken klopft er sieht mir nicht in die Augen. Megan grinst mich unschuldig an, ihre perlweißen Zähne blitzen praktisch in dem grellen Licht der Cafeteria.
Ich setze mich irritiert hin und beiße genüsslich in mein Baguette. Jeremy atmet ein paar tief ein und aus, seine Gesichtsfarbe normalisiert sich wieder und er fächelt sich mit der Hand Luft zu. Was hat der denn jetzt schon wieder?
"Alles okay?", frage ich mit gerunzelter Stirn.
Er nickt und versucht eine ernste Miene zu behalten, als er unverschämt erwidert: "Ja, aber vielleicht sollte ich das lieber dich fragen, du und Trent, bei euch ging's ja heute Nacht ordentlich zur Sache, was?"
Sofort fällt mein Gesichtsausdruck wieder in einen aggressiven finsteren Blick zurück und ich bin so kurz davor, ihm meinen Mundinhalt in die Visage zu spucken. "Halt's. Maul.", zische ich und verschränke die Arme.
Rick mischt sich jetzt auch noch ein. Großspurig sagt er: "Ach komm schon, Care, kannst du ihm Vorwürfe machen? Trent ist der Alpha und bei denen soll es ja angeblich noch besser sein als mit normalen Werwölfen. Und ich will ja nicht eingebildet klingen, aber wir wissen schon genau was wir da tun."
Ich starre ihn sprachlos mit offenem Mund an. Das ist so unangebracht. Die haben ja wohl alle noch nie was von Privatsphäre gehört. "Oh Gott, ihr könnt mich alle mal", zicke ich und esse beleidigt mein Baguette zu Ende. Aber selbstverständlich hören die nicht auf mich zu necken und ärgern, ich ignoriere es so gut wie möglich und zwinge meinen rasenden Herzschlag dazu, sich wieder zu beruhigen.
Und darauf bin ich so fixiert, dass ich es gar nicht mitbekomme wie der Stuhl neben mir zurückgezogen wird und sich ein unglaublich attraktiver Junge darauf niederlässt. Ich sehe ihn zuerst nur aus dem Augenwinkel und denke, dass es Jared ist, der aus unerfindlichen Gründen erst jetzt einen Abstecher in der Schule macht, aber als ich meinen Blick genauer auf ihn richte, setzt mein Herz aus Schock für einen Schlag aus.
Der selbstsichere Junge aus dem Schulgang von gestern morgen sitzt da, seine hellen Locken mit einem Bandana gebändigt, seine neugierigen Augen mustern mich kritisch von oben bis unten und er grinst mich mit seinen Grübchen an.
Unser ganzer Tisch ist still, die anderen sehen ihn verwirrt und skeptisch an. Er hat nicht gefragt, ob er sich setzen darf, schießt es mir durch den Kopf. Er lehnt sich nach vorne in seinem Stuhl, krempelt seine Sweatshirtärmel hoch und streckt mir die rechte Hand hin. "Ich bin Troy", sagt er heiser. "Schön, dass wir uns wieder treffen."
Unterbewusst schüttele ich seine Hand, aber kein Wort verlässt meinen Mund. Mein müdes Hirn kann nicht ganz realisieren, was hier gerade passiert. Was hat der denn hier verloren? Hat Trent dem nicht gestern klar genug gemacht, dass er nicht erwünscht ist?
Er zieht die Augenbrauen hoch und wirft mir einen erwartungsvollen Blick zu. "Und du bist?"
Mein Atem stockt, ich habe gar nicht mitbekommen, dass ich ihn die ganze Zeit wortlos wie ein Pferd angestarrt habe. "Caroline", flüstere ich verunsichert und nehme die verdutzten Gesichter der anderen gar nicht wahr. Die Atmosphäre ändert sich und mein Körper spannt sich an. Warum habe ich dem überhaupt geantwortet? Was geht den das an?
"Hm, schöner Name, aber ich bevorzuge Princess." Die Worte rollen geschmeidig von seiner Zunge. Meine Augen weiten sich. Sag mal geht's dem noch gut? Verdattert starre ich ihn an.
Mein Mund fühlt sich trocken und ich bin wie versteinert. Warum zur Hölle denkt dieser Typ, dass er einfach so mit mir flirten kann? Ich will ihm gerade mal so ordentlich die Meinung geigen, doch er verschlägt mir wieder den Atem, als er meine Hand, die immer noch in seiner liegt, zu seinem Mund führt und mir mit weichen Lippen einen sanften Kuss auf den Handrücken drückt.
Ich bin fassungslos, aber mein Hirn scheint langsam erwacht zu sein, denn ich entziehe ihm eingeschnappt meine Hand und werfe ihm einen angewiderten Blick zu. "Was willst du hier?", verlange ich säuerlich zu wissen und verschränke meine Arme vor der Brust.
Troys Grübchen vertiefen sich, als er frech entgegnet: "Miau. Kein Grund die Krallen auszufahren, Tiger." Mit seiner Hand macht er eine Kratzbewegung nach und blicke ihn finster an.
"Mir egal, Troy, was auch immer du hier willst, verschwinde einfach wieder", fordere ich ihn kühl auf, aber er ignoriert mich und greift nach meiner Hand, die ich ihm prompt auf den Unterarm schlage. Er zuckt zurück, aber lässt sich nicht einschüchtern.
Unbeirrt fährt er fort: "Du hast wunderschöne Augen, Princess." Er macht Anstalten, mein Gesicht zu berühren, aber ich greife grob sein Handgelenk und schiebe es zurück in seinen Schoß.
"Behalt deine Hände bei dir", sage ich angepisst und versuche einfach nicht auf ihn zu achten. Ich drehe mich zu den anderen und nehme nach und nach ihre Gesichtsausdrücke wahr. Megan sieht besorgt aus, ihre Augenbrauen zusammengezogen und ihr Mund zu einer festen geraden Linie verzogen. Sie schaut mir in die Augen und sieht auffordernd zwischen Troy und mir hin und her.
Rick hingegen wirkt eher amüsiert und muss sich ein Lachen verkneifen, während Jeremy aufgeregt seine Handflächen aneinander reibt, als würde er das ach-so-spannende Ende einer schlechten Seifenoper erwarten.
Sierra aber toppt sie alle. Ihr Gesicht ist verträumt, ihr Mund einen Spalt breit geöffnet und ihre Mundwinkel leicht angehoben. Sie sieht aus, als hätte sie Gott gesehen oder als würde sie nach einer ewig langen eiskalten Winternacht endlich zu Hause ankommen. Ihre Augen funkeln förmlich und ich bin mir nicht ganz sicher, ob sie atmet oder nicht.
Verwirrt folge ich ihrem Blick und muss überrascht feststellen, dass sie Troy, den Möchtegern-Bad Boy, begafft. Okay, gut, ich gebe es zu, er ist schon echt heiß, aber es gibt definitiv besser aussehende Typen als ihn. Sierra rührt sich kein Stück, bewundernde Miene wie eingemeißelt auf ihrem Gesicht.
Troy räuspert sich, um meine Aufmerksamkeit zurückzuerlangen und ich wirbele meinen Kopf herum in seine Richtung. "Dein Freund ist nicht hier, Princess, kein Grund zur Sorge. Lass es einfach geschehen."
Ew. wie schleimig. Ich knirsche mit den Zähnen. Der ist ja fast schon so hartnäckig wie Trent.
"Nein, danke, ich passe", antworte ich bitter und rücke mit meinem Stuhl von ihm weg. Aber das schreckt ihn keineswegs ab, er rückt mir noch näher auf die Pelle und windet seinen Arm um meine Taille. Ich zucke zusammen und schubse ihn von mir weg. Ich werfe ihm einen wütenden Blick zu und er hebt abwehrend die Hände. "Ist ja schon gut", murmelt er, aber ich merke, dass er noch lange nicht aufgegeben hat.
Er lehnt sich zur Seite und fischt sich einen Apfel aus seiner Tasche. Für meinen Geschmack viel zu selbstsicher stützt er seine Ellenbogen auf den Tisch und fängt an, das süße Obst zu verspeisen. Er sieht mir tief in die Augen, als er den ersten Bissen nimmt und mir wird immer heißer, mein Blut kocht förmlich. Der will es aber auch einfach nicht verstehen.
"Du und ich, das wird was", schmatzt er vor sich hin und zupft blind an seinem Bandana herum. Oh Gott. Ich tue so, als würde ich meinen Kopf auf die Tischplatte schlagen, denn ganz ehrlich? Lieber Matsch im Kopf als Troy neben einem hocken zu haben.
Schmollend ergänzt er: "Aww, ja ich kann dich verstehen, ich kann es auch kaum erwarten. Wir werden so toll zusammen sein." Ich massiere meinen Nasenrücken, während ich versuche, meinen Blutdruck niedrig zu halten und nicht mitten in der Cafeteria vor der halben Schule auszurasten. Troy ist so extrem eingebildet, egoistisch ist fast untertrieben, egozentrisch kommt dem Ganzen schon näher.
Aber von mir selbst kann ich im Moment auch nichts anderes behaupten, mir entgeht nämlich vollkommen Sierras Gesichtsausdruck bei Troys Worten. Wie sie langsam in sich zusammen sinkt und sich in ihren Stuhl kauert, ihr Kopf gesenkt, Hände spielen nervös mit ihren Armbändern herum.
"Wie auch immer, du wirst das noch früh genug einsehen", sagt er und zwinkert mir zu. Nein, ganz bestimmt nicht. "Wie war dein Tag so, Care?", fragt er und lenkt das Thema in eine komplett andere Richtung.
"Hm", mache ich nur und sehe wieder besorgt zu Sierra. Was ist denn los mit ihr? Ich kann ja verstehen, dass Troy gut aussieht und es ist vielleicht nicht schön für sie, dass er gerade nur mich beachtet, aber sie kennt ihn doch gar nicht. Außerdem habe ich sowieso kein Interesse.
Ich zucke mit den Achseln, ich werde sie einfach später noch einmal darauf ansprechen. Wir essen weiter und ich glaube, dass Troy mir irgendetwas erzählt, aber er ist dabei so sehr mit sich selbst beschäftigt, er scheint gar nicht mitzubekommen, dass ich nicht im Geringsten zuhöre. Wenig später klingelt es dann auch und ich werde endlich von seiner Gegenwart erlöst, auch wenn er mir noch bis zum Ausgang wie ein Kaugummi unter den Schuhsolen an den Fersen klebt.
Auch die Treppe in den ersten Stock geht er mit uns hoch und bevor er sich von uns trennen kann, sagt er noch mit einem breiten Grinsen in meine Richtung: "Ach ja, was ich dich die ganze Zeit noch fragen wollte, Care. Tat es eigentlich weh, als du vom Himmel gefallen bist?"
Er zwinkert mir wieder so behindert zu, aber ich stöhne nur genervt auf und zeige ihm den Mittelfinger. Troy gehört definitiv zu den respektlosesten Menschen, die ich je in meinem Leben getroffen habe. "Verpiss dich einfach", kontere ich abtuend und mache auf dem Absatz kehrt, ich will möglichst schnell von ihm weg.
"Bis morgen, mein Engel!", ruft er mir zwar hinterher, doch ich bin schon um die nächste Ecke verschwunden. Der weiß aber wohl offensichtlich auch nicht, was ein 'Nein' bedeutet.
Sierra hat noch immer nicht den Mund aufgemacht und ich fange an mir ernsthaft Sorgen um sie zu machen. Und ich würde sie auch jetzt fragen, aber sie hat nicht mit uns Geschichte, was mich daran erinnert, dass ich mich jetzt eine Stunde mit Mr. Henders herumschlagen darf. Ganz toll, der Tag wird ja immer besser.
Aber als ob das nicht schon genug wäre, holt jetzt Megan zu mir auf und hält mich an meiner Schulter fest.
"Was war das denn?", fragt sie und sieht mich entgeistert an, es wirkt sogar fast so, als würden ihre Augen jeden Moment aus ihrem Kopf heraus ploppen. Ihre Mundwinkel sind eingeklemmt und ihr Griff ist eisern.
Ich verstehe nicht ganz, was sie meint und mache ein verwirrtes: "Hm?"
Ihr Mund öffnet sich, als hätte ich gerade die bescheuertste Frage überhaupt gestellt. Ihre freie Hand ballt sich zu einer Faust und nachdem sie sie einmal durch die Luft geschüttelt hat, fährt sie sich mit der Handfläche übers Gesicht. "Na was wohl? Die Sache mit Troy und das Flirten, was dachtest du denn, wovon ich rede?", schnappt sie.
Tut mir leid, dass ich gefragt habe.
Ich zucke mit den Schultern und nage an meiner Unterlippe. "Der war ein nerviges Arschloch, das es nicht versteht, wenn jemand kein Interesse hat."
Megan massiert sich verzweifelt die Nasenwurzel. Sie sieht schon fast so fertig aus wie ich, obwohl ich mir eigentlich sicher bin, dass ihr Schlafrhythmus nicht so abgef*uckt ist wie meiner, aber was weiß ich. Ich glaube Jareds Abwesenheit tut ihr nicht gut. Scheint wohl wirklich ernst zu sein, so ein Mate, wenn sie so sehr von einander abhängen, was aber auch nicht wirklich neue Informationen für mich sind.
"Und das hättest du ihm nicht besser klar machen können? Der saß die halbe Mittagspause an unserem Tisch. Warum hast du den nicht weggeschickt?", verlangt sie wütend zu wissen.
Hä? Eingeschnappt erwidere ich: "Hab ich doch auch, aber der wollte halt einfach nicht hören. Außerdem was geht dich das eigentlich an? Ist doch meine Sache, oder?" Erwartungsvoll sehe ich sie an.
Sie rollt mit den Augen und verschränkt ihre Arme. "Ja, meine Sache ist das vielleicht nicht, aber Trents. Und als der Mate seines Betas ist es mit meine Aufgabe, darauf aufzupassen, dass niemand dir was Böses will. Und Troy ist so ziemlich das perfekte Beispiel dafür", sagt sie besserwisserisch. Ja, okay, Troy ist vergleichbar mit dem Wort Schwierigkeiten, wenn er schon für Streit zwischen Megan und mir sorgt.
Ich ziehe unbeeindruckt meine Augenbrauen nach oben. "Was hat denn Trent jetzt schon wieder damit zu tun? Es ist ja schon fast so, als würde er jeden Aspekt meines Lebens besitzen."
"Oh man", murmelt Megan und schlägt sich mit der Hand gegen die Stirn. "Also erstens, du bist Trents Mate und gehörst damit offiziell zu ihm. Troy ist ein Störfaktor, der so schnell wie möglich eliminiert werden muss. Zweitens, Trent ist dein Leben und auch wenn dir das noch nicht so ganz klar ist, er ist deine zweite Hälfte, ob du das nun willst oder nicht." Sie klingt harsch und ich weiß, ich sollte ihr nicht widersprechen.
Aber ich kann natürlich meine große Klappe trotzdem nicht halten: "Was geht es denn Trent an, wenn irgend so ein x-beliebiger Idiot mit mir flirtet? Ist ja nicht so, als wäre ich Troy in die Arme gesprungen."
Megan fasst mich jetzt auch an meiner anderen Schulter und dreht mich entnervt zu ihr, sodass wir direkt voreinander stehen. Sie sieht mir eindringlich in die Augen und schüttelt mich leicht. "Du bist heute ein bisschen schwer von Begriff, kann das sein?"
Ich sehe verwirrt in ihr feingepudertes Gesicht. Sie seufzt resigniert auf.
"Also, noch mal ganz von vorne. Was passiert, wenn Trent sieht, wie sich ein anderer Junge an dich ran macht?", fragt sie langsam, als würde sie einem Grundschüler das Lesen beibringen.
Ich starre einen Moment angestrengt auf ihre langen schwarzen Wimpern und kräusele meinen Mund. "Er wird eifersüchtig?", antworte ich, aber es klingt mehr wie eine Frage.
Megan lächelt mich gespielt an. "100 Punkte für Caroline", lobt sie. "Und was passiert dann?"
Ich kratze mich an der Nasenspitze. "Er versucht diesem Junge wehzutun, damit er verschwindet?"
Megan nickt eifrig. "Wenn er Glück hat. Ich würde niemals bezweifeln, dass Trent jemanden dann auch umbringen würde."
Ich blicke nachdenklich zur Decke. Stimmt. Leider, die Aggressionstherapie schreit schon praktisch nach ihm.
"Also bitte, Care, ich weiß, dass du nichts von Troy willst, du bist schließlich für Trent bestimmt, aber er würde nicht zögern und dem Typen die Birne einschlagen, deshalb solltest du dich, auch um seinet Willen, von ihm fernhalten", bittet Megan mich nun etwas ruhiger.
Ich nicke. "Hatte ich vor."
Sie sieht mich zufrieden an und murmelt leise: "Besonders wegen Sierra."
Ich kichere und lache ein "Oh mein Gott, ja, die ist ja sowas von von den Socken, Troy hat es ihr echt angetan" in ihre Richtung. Aber entgegen meiner Erwartung gackert Megan nicht mit mir los.
"Natürlich ist sie das", sagt sie trocken. "Er ist ihr Mate, was hättest du anderes erwartet?"
Meine Kinnlade fällt auf den Linoleumboden des Schulgangs unter uns und ich habe das Gefühl, meine Augen fallen mir gleich ähnlich wie bei Megan gerade eben aus dem Kopf. Was hat sie da von sich gegeben? Ihr Mate?
"Ach komm schon, guck nicht so, das war ja wohl offensichtlich, auch ohne Packlink hätte das ein Blinder erkannt", macht sie sich über mich lustig.
Oh. Das ist jetzt wohl ein bisschen ... ungünstig. Ich erblasse und fühle mich auf einmal schuldig. Mein Gebissen beißt sich in meinem Verstand fest wie ein Hai mit seinen Reißzähnen und ich bekomme ein mulmiges Gefühl in der Magengrube. Wenn ich das gewusst hätte ...
Es ist zwar nicht so, als habe ich mich von ihm anmachen lassen, aber ich hätte durchaus hartnäckiger sein können. Ich frage mich auch, was Sierra jetzt von mir denkt. Ich habe schließlich schon einen Mate, aber lasse ihren dennoch zu nah an mich heran kommen. Für wie egoistisch müssen die mich jetzt bloß alle halten?
Ich muss auf jeden Fall später noch mit ihr sprechen und mich entschuldigen. Oh Gott, ich fühle mich echt mies. Noch ein Grund mehr, Troy glasklar zu machen, dass ich nichts von ihm will.
Wir werden von dem zweiten Klingeln der Schulglocke aufgeschreckt und müssen uns beeilen, um nicht zu spätzukommen, mit großen Schritten schreiten wir auf das Klassenzimmer zu.
Zu meiner Erleichterung hat Mr. Henders wieder einmal eine seiner berühmten Migräneanfälle und er sitzt nur wie ein Schluck Wasser an seinem Pult, währen wir einen Film gucken. Niemand passt natürlich wirklich auf. Meine Gedanken schweifen zu Trent und ich freue mich irgendwie darauf, ihn wieder zu sehen. Ich hoffe auch, dass er mir wieder ein Sandwich macht, das von heute Nacht war nämlich vorzüglich. Ich muss nur aufpassen, dass ich ihm gegenüber nicht Troy erwähne, sonst rastet er noch aus und dazu fehlen mir heute die Nerven.
Doch dann fällt mir plötzlich ein, dass mir nachher noch das Treffen mit seinen Eltern bevorsteht und mein Herz setzt für einen Schlag aus. Was ist, wenn die mich nicht leiden können? Und mich für verrückt erklären? Oder nicht finden, dass ich die Richtige für Trent bin? Noch sind wir zwar nicht zusammen, aber was, wenn sie diese Möglichkeit ruinieren?
Ich kneife meine Augen zusammen und atme tief durch. Ich werde das schaffen, hoffentlich. Ich versuche, diese dunklen Gedanken in die hinterste Ecke meines Verstandes zu schieben und kaue nervös auf meinen Fingernägeln herum. Keine Eigenschaft auf die ich stolz bin. Dämliche Unsicherheit.
Wenn ich jetzt schon so aufgeregt bin, dann kann das ja später noch heiter werden.
---
[A/N] Neues Kapitel! Yay! 💘🎉
Tut mir leid, dass das letzte Update jetzt schon eine Woche her ist, aber ich hatte echt viel zu tun und habe the 100 gesuchtet, weshalb ich nicht wirklich zum Schreiben gekommen bin. Sorry.💕😔
Ich freue mich aber wirklich, dass jetzt jedes Kapitel 100 oder mehr Votes hat. Das hätte ich echt nie erwartet! 😳😍DANKE ❤️❤️
FRAGE: Gefällt euch das jetztige Cover oder soll ein Neues her? 💙
Das Bild an der Seite ist Troy. 💞
Votet und Kommentiert bitte, wenn es euch gefallen hat! 🎀
xx
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top