16 | trümmerfeld.
02. Mai 1998
Sie hatten diese eine Sekunde.
Der Raum der Wünsche.
Danach kehrte der metallische Geschmack nach Blut zurück.
George stieß Fred aus der Schusslinie eines Todessers, der plötzlich von der anderen Seite durch die Mauer brach.
„Geht hin!", rief er und blockte den Zauber mit einem Schutzwall ab. „Geht, wir halten das hier!"
Corben zog Logan hoch, sie drehte sich um: „Sicher?"
Rob schrie: „Expulso!" und duckte sich mit George hinter den Stein, als der Rest der Hofwand in den Himmel flog. „Klar! Alles im Griff."
Logan hätte ihm gerne geglaubt. Doch dafür blieb nicht die Zeit. Denn die Schreie, die aus dem Schloss drangen, schickten ihr die Kälte ins Mark.
Also huschten sie die Schlosswand entlang. Fred voraus, peitschte ihnen den Weg frei. Corben deckte ihren Rücken. Sie bogen scharf rechts in den Hof ab, dann ins Voyer - Protego, Stupor!
Sie schockten einen Todesser, der ihnen entgegenkam, stolperten die Haupttreppen hinauf, Luna Lovegood schmiss einem Todesser beißende Bucheinbände hinterher, sie wichen aus.
Gemeinsam sprangen sie die Stufen entlang, Lichtblitze zuckten aus den Korridoren über ihnen, unter ihnen und hinter ihnen; machten die Schwerkraft zur einzigen Wirklichkeit, tauchten die Bilderrahmen in ein gleißendes Feuerwerk. Splitterndes Glas, Logan schmeckte ihre eigene Galle, in ihren Schläfen pulsierte Adrenalin.
Das ganze Schloss stand in Flammen. Und selbst wenn etwas nicht brannte, blitzten fehlgeleitete Flüche wie Feuer von den Portraits.
Gemeinsam sprangen sie auf einen Treppenvorsprung, der sich just in diesem Moment drehte – Logan trat ins Leere. Fred griff sie am Arm, bevor sie durch die Stolperfalle sackte.
„Hey!" Lachend hievte er sie ans Geländer zurück. „Aufpassen."
Logan feixte. In Freds Augen spiegelte sich nicht mehr das berstende Schutzschild, stattdessen das Wummern der Flüche. Für einen Moment war Logan sich trotz aller Abstrusität um sie herum sicher, dass die Welt so gehörte: Weil sie in Fred Weasleys Grinsen starrte, mochte es noch so rußig sein.
Dann dockte die Treppe an und Logan scheuerte den Schmutz von ihrem Kinn.
„Pass du zuerst auf", gab sie zurück und Fred lachte, bevor Corben ihnen voran in den Korridor stob.
Im fünften Stockwerk roch es nach emporgestiegenem Fluchqualm, kohlendem Zauberstabholz, als hätte jemand Silvesterraketen gezündet und Mobiliar verbrannt. Die Rufe aus den untersten Stockwerken waren fern, aber irgendwo die Gänge entlang donnerten auch von hier vereinzelte Kämpfe. Sie würden quer durch die Schlossebene müssen.
Corben eilte voran.
„Wo hast du Harry zuletzt gesehen?", fragte Logan und hastete ihm nach.
„Am Fußende des Ravenclawturms. Aber der steht in Flammen. Wir sollten –"
Er blockte; krallte seine Finger in Freds Schulter.
Drei duellierende Zauberer versperrten ihnen den Weg. Corben zog Logan zurück: „Hier rum."
Sie rannten den Gang in die andere Richtung hinab. Sie mussten über den Ostflügel zum Raum der Wünsche gelangen. Also duckten sie sich unter der umgestoßenen Statue einer Hexe hindurch, sprinteten die Flure entlang, bogen ums Eck zu einer Wendeltreppe –
„Protego!"
Logan war die einzige, die rechtzeitig reagierte. Ein riesiger Schwall keifender Flammen schoss über das Geländer und prallte mit einem dröhnenden Vibrieren an der Schutzkuppel ab. Corben krachte gegen den Steinweiher, Fred rutschte um die Ecke.
„Nett!", höhnte er, als er sich vom Boden hochzog. „Wer hat dir bloß so 'nen Schutzzauber beigebracht?"
„Für Selbstgefälligkeit haben wir keine Zeit", fauchte Corben und rappelte sich an der Steinwand auf. Mit vor Schreck verzerrter Grimasse sah er das Treppenhaus empor, das bis in den Ravenclawturm führte. „Die Flammen haben den ganzen Ostturm erreicht."
Logan folgte seinem Blick. Hoch zu den Stufen, die sie so oft nach dem Training hinaufgehastet waren. Die letzten Zeichen des Ravenclawturms waren bloß noch schemenhafte Schatten in tosenden Flammen. Nur ihr Schutzschild rettete sie. Sonst war dort nichts.
„Dann müssen wir was anderes probieren", entschied Fred.
Aber Corben und Logan rissen sich nicht los. Einen Augenblick lang nicht. Am Kopfende dieser Treppe hatten sie gestanden und sich füreinander entscheiden, in einer ganz anderen Welt. Ich weiß nicht, was ich will, Corben, und es wäre dir gegenüber nicht fair - Jetzt bog sich das Geländer ächzend in die Tiefe hinab.
Diesmal nahm Logan Corbens Schulter. „Komm."
Sie kehrten um. Joggten den Gang entlang. Auf dieser Seite des Schlosses war der fünfte Stock unangenehm still. Ihre Schritte waren leise Trommelschläge im Aufwall eines drohenden Crescendos. Aber trotzdem mochte Logan das Gefühl, das sich in ihr ausbreitete, weil Corben und Fred bei ihr waren. Weil sie vor ihr her liefen und die Wege deckten als arbeiteten sie nicht zum ersten Mal Hand in Hand.
Bis Fred bei einem Wandvorhang stoppte. Im Geheimgang dahinter echoten berstende Flüche.
„Kommt gar nicht in Frage", raunte Corben.
Fred zog eine Grimasse. „Das ist der letzte Weg ans andere Ende vom Schloss."
„Wenn uns da wer entgegenkommt –"
„– müssen wir ihn erledigen."
„Sind wir gefangen."
Corben und Fred starrten einander an. Draußen auf den Ländereien knallte ein Fluchregen; Bombada.
„Du musst mir schon vertrauen, McLaggen."
„Ich sag's ganz ehrlich: Ungern, Weasley."
Also schob Logan sich an ihnen vorbei in den Geheimgang. Prompt sprang Fred hinterher; Lumos Maxima.
Corben zog hinter ihnen den Vorhang zu: „Logan!"
Aber sie drehte sich nicht um. Stattdessen eilte sie den schmalen Gang entlang, der geradeaus ins Schlossinnere führte. Klamme Wände, tropfender Stein, bebender Boden, fernes Knallen. Bei einer Biegung tippte Fred ihr auf die Schulter, sie bogen nach rechts.
Von links echoten ferne Rufe; Impedimenta; Avada –
Sie rannten weiter.
„Wir habens gleich", raunte Fred, sie wurden schneller. „McLaggen, noch da?"
„Jah."
„Wir kommen bei Zauberkunst aus."
Logans Herz pochte schnell und sie verkniff sich den Impuls, stehen zu bleiben. Sich nicht zurück ins Getümmel zu stürzen; Schweiß klebte an ihrer heißen Stirn als wäre sie übers Feld gerannt. Ihre Finger schmerzten um ihren Zauberstab.
Am Ende des Ganges machte sich hinter einem zerborstenen Portrait Fackellicht auf. Logan war gerade langsamer geworden, um sich an den Korridor heranzutasten, da –
Expulso!
Schoss ein abgeleiteter Lichtblitz das Portrait vor ihr weg. Die Druckwelle schleuderte sie an die Gangwand – und mit einem Mal standen sie mitten im Korridor.
Ein Lichtblitz zerschellte über Freds Kopf. Zwei entfernte Schreie, zwei fremde Duellanden; Protego, Curcio!
Fred zog Logan hinter den klaffenden Wandvorsprung in Deckung – aber einer der Todesser hatte sie gesehen. Bevor er nach ihnen feuern konnte schrie Logan: „Stupor!"
Er parierte. Da holte sie aus: „Confringo!"
Und die Decke brach über ihm ein. Sein Duellpartner wich rechtzeitig den einstürzenden Schuttbergen aus –
Fred sah belustigt der hinabstürzenden Decke zu und schielte zu Logan hinab. „Ist das etwa deine Signatur?"
Corben fauchte: „Nicht witzig, Weasley."
Doch Fred war schon auf den Flur gesprungen: „Immerhin mach ich Witze."
Und Logan sah sich im Korridor um. Das Erste, was ihr einfiel, war das Flügeltor. Die tiefen Fensterbögen, an denen im Frühjahr die Escheknospen geraschelt hatten, als Fred es für sie heraufbeschworen hatte. Genau hier hatte Fred ihr den Raum der Wünsche gezeigt und gesagt: Ab jetzt zweifeln wir nie wieder an mir.
Nichts in diesem Korridor sah noch nach dem Augenblick aus.
Das Geröll der eingestürzten Decke waberte. Ein dumpfer Fluch drang hinter ihm hervor, der Todesser kämpfte sich frei – da barst ein Funkenregen aus Lila und Grau, als eine hagere Gestalt dort hinter zum Vorschein kam.
„Harry!", schrie Logan dem sprintenden Jungen entgegen.
„Stupor!", rief der und knockte den Todesser zwischen ihnen aus.
Logan sprang über die zusammensackende Gestalt hinweg. Sie eilte geradewegs auf Harry zu: „Harry, der Raum der Wünsche. Das Diadem –"
Harry fing sie ab. „Ich weiß."
Er sah scheußlich aus. Das Gesicht geschwollen und vernarbt, Atmung rasend. Getrocknetes Blut an seinem Hals. Da flog hinter ihm eine Klassenzimmertür in die Luft.
Ein beißend roter Lichtstrahl schoss an ihnen vorbei.
Fred riss sie auf den Boden: „Vorsicht!"
„Herr Minister, wissen Sie was? Ich kündige!"
Sie landeten auf dem Geröll. Diese Stimme hatte Logan noch nie gehört. Aber Freds Augen weiteten sich. All das Leben, das der Dementor gestohlen hatte, schoss zu ihm zurück. Sie sprangen auf.
Am Ende des Ganges duellierte ein Mann zwei schattenhafte Gestalten.
„Perce?", schrie Fred und Logan sah ihn um die Todesser huschen, beide in schwarz gekleidet, maskenlos und Hass verbissen.
„Fred!"
Percy Weasley blutete aus seinem aufgeschlitzten Pollunderarm. War genau der Junge, den Logan auf all den Familienfotos im Fuchsbau immer gesehen, und über den Molly immer bloß geschluchzt hatte. War lang und drahtig wie Fred, die Gelenke knubbeliger, die Brille auf der Nase gerutscht, das Glas gesprungen.
Die zwei Zauberer drängten ihn in die Ecke, steuerten auf ihn zu. Logan rief: Deffindo!
Der eine Todesser fuhr herum. Versperrte ihnen den Weg an das Ende des Ganges, hinter der sich der Raum der Wünsche verbergen musste. Geradewegs starrte er in Logans Gesicht.
Rowle.
„Bolton!", donnerte er.
Logan reagierte: „Confringo!"
Doch es zerschellte an seinem Schutzschild.
„Also doch eine Signatur", raunte Fred.
„Netter Versuch", feixte Rowle und steuerte auf sie zu, Percy duellierte weiter den hageren Zaubereiminister.
„Stupor!", schrie Harry, und Corben ging in Deckung, als hinter ihnen zwei weitere Schatten in dem Gang auftauchten.
„Bellatrix."
„Ist das etwa unser, Potter?"
Harry und Corben fuhren herum.
„Dolohow."
„Oh, McLaggen, hat man dich wieder zusammengeflickt?"
Logan kümmerte sich nicht um sie. Alles, worauf sie starrte, war Thorfinn Rowles aufgerissenes Gesicht: „Incarcerus!"
Rowle blockte es. Und entblößte eine Grimasse, voll von demselben Wahnsinn, in den Logan auch im Haus der Gaunts gestarrt hatte.
Er rief: „Sectumsempra!"
Sie war schneller: „Protego!" und der giftgrüne Fluch zerschellte.
Fred rief über seine Schulter: „Nettes Teil!" und wich mit Corben Dolohows Klammerfluch auf.
Und Logan wollte hinsehen. Wollte es begreifen, wollte verstehen, was da vor sich ging – sie hörte Harry, Stupor!, und Corben, Impedimenta – aber sie konnte nicht, weil Thorfinn Rowle sie bombardierte.
Crucio! Relashio!
„Harry du musst weiter", kam es von Corben.
„Ich lass euch nicht alleine!"
„Wir halten sie hin –"
„McLaggen –"
Crucio! Protego!
Fred parierte einen Fluch, die lilagrellen Funken prasselten auf sie nieder.
„Ich meins ernst, Harry, und ich geb Corben niemals recht", schrie er, „Aber mach!"
Und damit schob Harry sich an ihnen vorbei. Logan verpasste Rowles einen Incarcerus, dem er auswich – sie griff nach der losen Klassenzimmertür – Wingardium Leviosa – und schmetterte sie nach ihm.
Rowles sprang zur Seite und Harry rannte an ihm vorbei.
Doch Rowles berappelte sich und hagelte Flüche auf sie nieder. Alles, was Logan tat, war parieren.
Stupor! Relashio! Protego!
Sie hörte Corben nicht. Und auch nicht Fred. Und auch nicht, was Bellatrix Lestrange vielleicht schrie –
Crucio!
Denn ein Zauber drang zu ihr durch. Ein Zauber, der Logans Schutzschild mit so einer Macht durchbrach, dass es sie von den Füßen riss. Und der rote Lichtstrahl bohrte sich mitten in ihre Brust.
„Nein!"
Für einen Moment fühlte sie gar nichts mehr. Dann schoss durch ihre Adern Glut.
Freds Stimme wummerte von irgendwoher; Nein, scheiße, nein! Aber Logan schlug schon auf dem Boden auf.
Die Tränen kamen zuerst. Schossen auf ihre Netzhaut. Dann krampfte jede Faser; jede einzelne Vene, jeder einzelne Nerv, alles war entflammt. Verbrannte ihre Knochen, verätzte jedes Organ, krallte sich in ihr Mark. Die Korridordecke verdunkelte sich, Fred riss einen Schutzzauber empor –
Crucio.
Thorfin Rowle setzte nach.
Logans Muskeln krampften, zerrissen, was lebendig war – sie würde sterben müssen.
Incarcerus!
Das Brennen erstab. Eiskalte Taubheit peitschte auf sie ein. Taubheit, die genau wie die partikelbesetzte Luft nur mühsam in Logans Lunge schoss.
Im selben Moment riss Corben die Klassenraumwände nieder – Bellatrix Lestranges verärgerter Schrei versiegte auf der anderen Seite.
Durch das Salz in ihren Augen begriff Logan, dass Thorfinn Rowle zur Seite fiel.
Die Hand, die über ihr schwebte, war Percys. Und in Logans Ohren klingelte es, die Nervenbahnen in ihren Fingern kribbelten, als sie sie ergriff. Percy Weasley hob sie auf die Beine.
Fred schickte seinen Angreifer mit einem Donnern davon, Antonin Dolohow flog in das Nichts des Korridors zurück.
„Schön, dich kennenzulernen", lachte Percy, sobald Logan stand, doch Fred drängte ihn beiseite.
Seine Lippen waren schälerner als der Dementor sie hinterlassen hatte.
„Alles gut", flüsterte Logan, als Fred sie zu sich zog, seine aufgeplatzten Hände bebten.
„Merlin, verdammt", wisperte er, mehr zu sich selbst als zu der ganzen Welt und ihr Atem flirrte an seinem Hemd – sie hörte sein Herz. Spürte es, tief in ihm drin.
„Alles gut", wiederholte sie, schob sich von ihm. „Wirklich Fred, alles gut."
Er küsste ihre Stirn.
Corben schickte Bellatrix durch eine Lücke im Schutt einen letzten Knall hinterher. Sie zog gackernd in das Schlossinnere ab. Als er sich umwandte, tanzte Schweiß auf seiner Stirn und seine rasende Brust versprach etwas Neues: Angst. Angst, die sich erst milderte, als er Logan aufrecht stehen sah.
Schnaufend fuhr sich Corben übers Gesicht, die Narbe an seinem Auge blutete. Rote Rinnsale ergossen sich über seine Haut.
Fred schob sich an Logan vorbei, hatte die Ärmel seines Hemdes in die Ellenbogen geschoben. Eine groteske Vorstellung, dass er sie in diesem Stoff in ihre neue Wohnung geführt hätte. Dass das Deckenlicht eines neuen Wohnzimmers angegangen und ihn in Gold getaucht hätte. Das Licht eines Ortes, den Logan nun vielleicht nie mehr sah. Denn nun tränkte das Blitzen auf den Ländereien Fred Weasley in Wut.
Thorfinn Rowle lag auf dem Boden, Arme und Beine in dicken Seilen an den Körper gefesselt, und starrte sie an. Mit einem Hohn, der ihm die Zähne bleckte.
Und beinah glaubte Logan, dass Fred ihn schlagen würde. Sich über ihn beugte, als wolle er ihn belehren. Oder ihm das Gesicht zertreten.
Doch stattdessen sah er sich zu Corben um und fragte: „Willst du oder soll ich?"
Corben wog seinen Kopf. „Vielleicht will Logan."
Sie musterte den Mann auf dem Steinboden, dem die Mundwinkel entgleisten.
„Nein", sagte sie und hob den pechschwarzen Eschezauberstab, den Rowle fallen gelassen hatte. Schließlich richtete sie ihn auf Rowle selbst. „Ich will ihn in Askaban seine Seele verlieren sehen."
Und der Ausdruck, der auf Rowles Gesicht festfror, war Entgleisung, bevor Logan hauchte: Petrificus Totalus und jede Faser seines Körpers erstarrte.
Mit dem schönsten Bersten der Welt brach sie seinen Zauberstab entzwei.
Fred kickte Rowle einen Felsbrocken in die Magengegend - Ups.
Corben lachte, bevor er um die Ecke schielte.
Der Korridor war ruhig. Von Harry fehlte jede Spur. Verräterische Stille inmitten des um sie herrschenden Tumults. Sie standen dort und atmeten. Der Mond brach durch das Fenster ein, sein weißes Licht ergoss sich in gelegentlichen Farben und für einen Moment waren die Schreie nicht da.
Für einen Moment waren sie lebendig. Und für einen Moment konnten sie es schaffen. Für einen Moment glaubte Logan, dass sie an diesem Abend doch nicht sterben würde. Und die Hoffnung schmeckte bittersüß in der blutbehangenen Luft.
Denn sie waren hier. Und alles war gut.
„Perce", schnaufte Fred unter einem tiefen Atemzug und klopfte seinem Bruder so energisch auf die Schulter, dass dessen Brille erzitterte. „Perce, was tust du hier?"
Percy zupfte an seinem Pollunder, der eigentlich bloß noch ein unahnbarer Stofffetzen war.
„Ich?", machte er und drehte seinen Zauberstab, „Nunja, ich –"
Und dann war es vorbei. Dieser winzig kleine Moment, in dem Fred dort stand und lächelte, in dem die Welt eine gute war. Es war vorbei und Logan bekam es nie wieder zurück.
Denn Corben schrie: „Vorsicht!"
Und Percy duckte sich gerade rechtzeitig hinab. Pius Thicknesses Klammerfluch war gebrochen, er rappelte sich aus dem Schutthaufen auf, an dem Percy ihn zurückgelassen hatte, und feuerte los.
„Avada Kedavra!"
„McLaggen!"
Im nächsten Augenblick zog Fred Corben davon. Antonin Dolohow war aus der Versenkung aufgetaucht, stieß die Wand aus Schutt und Geröll beiseite – sein Fluch jagte nur haarscharf an Corben vorbei.
Fred feixte: „Ich hab dich."
Und Corben schoss einen Fluch zu Dolohow zurück, Stupor!
„Willst du jetzt ein Danke, Weasley?"
„Reicht schon, dass du mir dein Leben verdankst." Fred lachte. „So wie jede Niederlage im Hauspokal."
Corben höhnte: „Also keine einzige!"
Und Dolohow parierte – Crucio!
Also blockte Logan – Incendio!
Dolohows Fluch zerschellte über ihnen. Percy duellierte Thicknesse.
„Wow, McLaggen, ist das ein Witz gewesen?" Fred drehte sich zu Logan um. „Das war allen Ernstes ein Witz, Logan. Hast du's gehört? Ich schwörs, ich hab ihn keine Witze mehr machen hören seit –"
Da zerschoss ein gleißend blaues Licht den Moment.
Corben schrie Dolohow entgegen: Confringo!
Der leitete den Schuss an die Korridordecke –Bombada! – und zersprengte das Schloss.
Es war ein winzig kurzer Augenblick, in dem Logan das sah. In dem sie zu Fred starrte und Fred zu ihr. In dem er Luft holte, den Partikel-Korridor inhalierte, seine Mundwinkel sich zogen, er lachte.
Bis die Decke ihr Leben zerschoss.
Alles, was Logan hörte, und alles, was sie dachte, war: Nein!
Und alles, was sie sah, als Schutt und Geröll auf sie niederstürzten, war Freds belustigtes Grinsen und sein veraschtes Gesicht als hätte es sich für immer in ihr Gedächtnis gebrannt. Bis die Schlosswände die Welt unter sich begruben und das Geröll auf sie niederstürzte.
Zuerst kam der Schmerz. Schmerz, anders als peitschende Lava in ihrem Blut oder Klauen in ihrem Mark. Anders, bleiern und fest. War Stein, der ihr Gesicht zerschnitt und Glas, das ihre Haut zerfetzte; ihre Kniescheiben landeten auf dem harten Grund, als die Wände über ihnen niederschlugen.
Die Welt ertrank in Dunkelheit. In dickem Staub, der in Logans Lunge schoss. Eine Hand hatte ihren Sweater gegriffen und sie fortgezogen; Corbens Finger ließen los.
„Nein."
Es war dumpf. Hätte auch nur in ihrem Kopf sein können.
„Nein."
Also schob sie sich frei. Und sie hörte, was ihr wie brennende Pfeile den Verstand zerschoss: „Nein!"
Das war Percy. Und Logan fand auf dem Schutt keinen Halt.
Galle schoss ihre Speiseröhre hinauf.
„Nein, nein, nein!"
Neben ihr schob jemand das Geröll von sich. Corbens Arm war regungslos.
Percy schrie in die Ferne: Crucio!
Und Corbens Brust schoss auf und ab.
Auf Percys Gesicht brannte der Hass: Crucio, Crucio, Crucio!
Dolohow jagte davon.
Logan zog sich über den Stein. Ihre Knie trugen sie nicht.
Die graue Achse rieselte wie Staub.
„Nein, bitte." Percy war zu Boden gegangen. Seine Worte waren ein Wimmern, nicht mehr. „Fred, nein."
Doch der Körper, der unter den Steintrümmern lag, regte sich nicht.
Freds Augen starrten, ohne dass sie etwas sahen. Und der Geist seines letzten Lachens zierte noch immer sein Gesicht.
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Alles hiervon kommt viel zu spät. Rückblickend habe ich mich dieses Kapitel vielleicht einfach nicht getraut. War nicht leicht, nach einem Jahr Schreiben in diesem Universum von ihm Abschied zu nehmen.
Als ich es damals geschrieben habe, habe ich geglaubt, dass es genau so kommen muss. Dass es keinen anderen Weg hier her gibt. Für mich war das schon immer klar.
Was fühlt ihr?
Kann es für Logan weitergehen?
Ein Kapitel noch. Dann ist die Schlacht vorbei. Erster Januar.
Unendliche Liebe, Al.
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