14 | hogwarts.
1. May 1998
Dies war der letzte Abend, an dem Logan Ainsley Hogwarts sah. Und diese Eindeutigkeit lag wie ölige Schliere in der Luft, als sie die Winkelgasse verließen.
In Hogsmeade herrschte eine drückende Nacht. Und es war einer der Abende, deren Bedeutsamkeit man bereits spürte, ohne sie schon zu verstehen.
Denn in dem Augenblick, in dem Tonks ihre drei Begleiter in den Eberkopf scheuchte, tronten die gleißenden Türme von Hogwarts über den Fachwerkhäusern wie eine Drohung. Und Logan umklammerte Freds Hand, während sie den klammen Gang hinter dem Portrait von Ariana Dumbledore entlang in die Schule schlichen.
Fred zog sie mit sich, weil er nie zuvor entschlossener gewesen war.
In den Korridoren des Schlosses hingegen war die Wärme fort. Und die Steinwände waren wie ausgetauscht.
Logan, Fred und George eilten mit Tonks und einer Gruppe Ordensmitglieder den fünften Stock entlang, Sohlen schlugen altbekannt auf Stein. Doch nichts von all den Erinnerungen, die Logan so eng in sich getragen hatte - die Quidditchabende oder Naomes Gelächter - gehörten noch hier her.
Die Große Halle war voll versammelt. Schüler in ihren Umhängen, gedrückte Gespräche, und die eiskalte Frühlingsnacht brach durch ein zerbrochenes Fenster an der Glasfront hinein. Zwei leblose Gestalten prangten darunter.
„Was ist passiert?", raunte Fred, als er seine Hand um Logans Schulter legte.
„Snape. Er ist geflohen."
Die Stimme kannten sie. Logan wandte sich um, Tina Bigstein grinste ihnen zu. Ihr einst widerspenstiges Borstenhaar hatte sie vollständig geschoren. Ihre Wange war blutunterlaufen.
„Guckt nicht so, das ist in diesem Schloss das modernste Accessoire", feixte sie.
Wenn sie Neville Longbottom von den Gryffindors bedachten, mussten sie ihr sogar glauben.
„Weiß man, was Ihr-Wisst-Schon-Wer vor hat?" Bill Weasley hinter ihnen sprach mit derselben, piercenden Gefasstheit, mit der auch Augustus Bolton eines anderen Tages gesprochen hatte; vielleicht waren dazu alle älteren Brüder verdammt.
Logan fuhr zu ihm herum, er und einige Ordensmitglieder hatten sich zusammengestellt. In ihrer Mitte stand ein Junge, von dem Logan sicher gewesen war, ihn niemals wiederzusehen.
„Er will ins Schloss." Harry Potters Stimme war kahl. „Es gibt etwas, das ich hier finden muss."
Logans Eingeweide krampften. Die Erinnerung an einen fremden Abend vernebelte ihren Kopf, gemeinsam mit Remus Lupins Stimme - Logan, gibt es etwas, das der Orden wissen muss? Gibt es eine Möglichkeit, wie man Harry Potter helfen kann? Weißt du, wonach er sucht?
Sie wusste, wonach er hatte suchen wollen. Und nun war er hier. Genauso wie die flüchtige Schwere eines lange vergessenen Kompasses.
„Was ist es? Was brauchst du?" Das fragte Kingsley.
Harry raufte sich das Haar. „Ich weiß es nicht."
Hermine Granger tat einen Schritt vor: „Aber was es auch ist, es ist hier. Du-Weißt-Schon-Wer hat es hier versteckt."
Ich weiß, dass viele von euch entschlossen sind, zu kämpfen.
An einem anderen Tag waren all die Momente, die von nun an geschahen, für Logan kaum noch präsent. Das Flackern der aufsteigenden Schutzschilder hinter den Toren, das Trampeln tausender Füße, wallende Gespräche und ein unerträgliches Dröhnen - Stimmt es, dass er kommt?
Und eine Unmöglichkeit, die die andere jagte.
Aber es ist Irrsinn; es ist Irrsinn.
Nur, dass sie Freds Hand gehalten hatte, würde bleiben. Genauso wie einige der Gesichter, die an ihr vorbeigezogen waren; schwummrig verzerrt wie durch eine beschlagene Scheibe. Niemand von ihnen verstand, was diese Stunden bedeuteten, bloß der Frühjahrswind war kalt.
Gebt mir Harry Potter.
„Sie werden einen Eingang suchen. Die Tore und die Portale sind schon blockiert."
Kingsleys sonore Stimme war fern. Fremd und falsch und seine ganze Präsenz auf der Schwelle der großen Halle deplatziert.
Hört auf mich, dann wird niemand zu Schaden kommen.
„Wir müssen die Geheimgänge schützen."
„Klingt nach einem Job für uns, oder George?"
Erst Freds enthusiastischer Boxer gegen Georges Schulter weckte Logan auf. War bloß wie ein weiterer hoffnungsvoller Versuch nach Leichtigkeit, der niemanden erreichte - Ich hoffe, wenn ich sterbe, hab ich auch so 'ne schicke Jacke wie Charlie an.
Weder Fred noch George trug heute ihr Drachenleder.
Hinter ihnen löste Harry sich aus einer Unterhaltung, also scherte Logan aus dem Ordenkreis aus und griff ihn am Arm.
„Du hast nach ihnen gesucht, nicht wahr? Nach den Horkruxen?"
Harry fuhr herum. Sein markantes Gesicht war wettergegerbt und die Lippen spröde, Augen unterlaufen von Blut. Das Grün sprang umher und sein donnernder Puls waberte bis in Logans Hand.
„Einer befindet sich in diesem Schloss", flüsterte er.
„Im Schloss?", wiederholte sie.
Harry baute sich auf. Schirmte ab, was die noch in Taktikgesprächen vertieften Ordensmitgleider sonst hätten erhaschen könnten: „Weißt du irgendwas, Logan?" Seine Hände waren von Schnitten zersprungen; seltsam deformiert wie ihre einst. Unüberwindbare Schicksale hinterließen ihre Zeichen überall. „Hat Dumbledore je was erwähnt?"
„Nein." Sie schüttelte den Kopf, um auch für sich selbst sicher zu sein. „Nein, nein. Er hat nie was von mehr als einem Horkrux gesagt."
„Es sind die Gründer. Wir glauben, es geht um sie", drängte Harry.
Irgendwo hinter ihnen schluchzte eine Gruppe Erstklässler, als Professor Sprout sie durch die Gänge scheuchte.
Gebt mir Harry Potter und ich lasse euch unversehrt.
Harrys Blick folgte zwar Sprout, doch sein Fokus blieb bei Logan: „Hör zu. Es sind sieben. Sieben Horkruxe. Wir brauchen noch drei. Wir hatten schon den Ring von Slytherin. Den Kelch von Hufflepuff -"
„Euch fehlt Ravenclaw." Logan grub die Nägel in ihre Handballen. Wollte sich an irgendetwas erinnern, an Gemeinschaftsraumabende, an unbedeutende Nebensätze von Anne, ruchlose Witze von Naome - es kam nichts. Nicht einmal Corbens Blick.
„Harry", presste sie hervor, „ich war kein ganzes Jahr hier, ich weiß echt nicht, was es sein kann."
Trotzdem trat er ein Schritt vor. Sein Atem roch nach Asche und Galle und metallenem Blut. „Luna meinte, es könnte das Diadem sein. Wenn du es irgendwo siehst -"
Hermine stürzte zu ihnen. „Harry. Wir müssen ins Klo der Maulenden Myrte." Und damit zog sie ihn fort.
Trotzdem blieb Harrys Blick auf Logan, lange genug, um es zu sehen: Die Entschlossenheit und bittere Aussagekraft als sie nickte. „Alles klar."
Gebt mir Harry Potter und ihr werdet belohnt.
Das war der Abend, an dem der Dunkle Lord nach Hogwarts kam. Und Logan stand in dem Eingangsportal der Schule, als Harry in der stobenden Masse verschwand und nichts als wummernde Panik blieb. Klopfender Puls gegen ihren Brustkorb, Atmung viel zu laut. So blieb Logan dort, starrte auf den Torbogen, den sie schon so oft passiert hatte, auf dem Weg zur Großen Halle, auf der Flucht vorm Quidditchtraining. Fühlte sich als hätte man die Zeit zurückgedreht, als fänge alles von Vorne an. Dabei buchsierten sie nun die Erstklässler fort und alle weinten.
„Wir finden auch keinen guten Grund, um hierher zurück zu kehren, oder?"
Einen geschlagenen Moment lang hätte diese Stimme eine Einbildung sein können. Doch dafür hallte sie zu lange nach. Der sanfte Balsam, die leichtfertige Rechtschaffenheit. Und als Logan sich umdrehte, stand er wirklich da, Sehnen umklammerten seinen Zauberstab.
„Was denn", lachte er, „keinen Widerspruch?"
Corben McLaggens Mundwinkel zuckten. Auch, wenn sein Tonfall zu hoch war. Der Rest an ihm blieb bekannt; das dunkle Haar und das kantige Profil im gleißenden Licht des Schlossportals. Brandete dem Chaos und fand trotzdem nur sie.
„Ich glaube nicht, dass wir Zeit für Widerspruch haben", antwortete Logan. Nahm sich keine Sekunde, um an den Fuchsbau zu denken. An die Ordentreffen und ihren inneren Widerstand - Halt dich raus, bitte Corben, halt dich raus.
Denn jetzt eilte Corbens Vater die Haupttreppe entlang, seine zwölfjährige Tochter am Arm; Corben hätte sich nie raushalten können.
„Wie geht es dir?", fragte Logan ihn. Vielleicht, weil sie womöglich nie mehr die Chance dazu bekam. Dafür hatten die Schüsse letzten Winter seine Brust zu schnell durchlöchert. Heute sah seine Haut nicht wie Porzellan aus.
Trotzdem perlte die Schwere jeder Sekunde an den Steinwänden hinab. Die Angst verdickte die Luft.
„Gut", sagte Corben und lugte die Halle entlang. Professor Flitwick dirigierte Hagrid die Schlossgründe hinab. Dann schielte er wieder zu ihr. Hinab bis zu ihrer Hand. „Netter Ring."
„Corbs, ich -"
„Ah, ich wusste es."
Der theatralische Klang von Robs Stimme war etwas, das nie ganz aus diesen Hallen verschwinden würde. Jetzt kam er mit weit ausgestreckten Armen auf sie zu; unter allen Plausibilitäten war er vielleicht die größte.
„Bei drohendem Chaos und dem Kampf gegen das Böse seid auch ihr nie weit."
Gebt mir Harry Potter.
„Rob."
Mit knatschender Lederjacke und Minzgeruch legte er ihnen seine Arme um die Schultern. Zog sie an sich, Wangen papiererner als je zuvor, aber das Lächeln voll blinder Zuversicht.
„Euch beide in diesen Gängen", säuselte er und inhalierte die Nachtluft. „Hab ich irgendwie vermisst, diesen Anblick."
Ihr habt eine Stunde Zeit.
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Jetzt sind sie alle da. Alle Menschen, die wir brauchen, um diese Geschichte zu Ende zu bringen. Das nächste Kapitel wird ein längeres, ich konnte es nicht in der Hälfte teilen.
Genießt die Zeit, die ihr in Hogwarts noch habt. So, wie es jetzt ist, mit all diesen Menschen, kehren wir nie wieder hierhin zurück.
Ich habe dieses Kapitel etwas löchriger geschrieben, mit Einwürfen von Voldemorts Rede, in der Hoffnung, dass man das innere Chaos und die Undurchsichtigkeit der ganzen Geschehnisse begreift. Ich hoffe, es hat funktioniert und euch nicht völlig verwirrt.
Was glaubt ihr, von welcher Stelle im Schloss aus wird Logan den Kampf beginnen? Wird sie nach dem Diadem suchen?
Und wer wird dabei an ihrer Seite sein?
Wir sehen uns Samstag. Bringt Schokolade mit.
Unendliche Liebe, Ally x
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