Bonus
Mein Bonuskapitel für euch, als kleines Dankeschön für all eure Votes und Kommentare.
Unruhig beiße ich mir auf die Unterlippe. Ich verstehe es einfach nicht. Seit Tagen hat Damian sich bei mir nicht mehr gemeldet. Ich weiß einfach nicht, was ich falsch gemacht habe, und habe bereits angefangen, an ihm und an seiner Entscheidung zu zweifeln.
Vielleicht hat er doch gemerkt, dass er lieber mit Lucie zusammen sein will und hat jetzt nicht mehr den Anstand, es mir zu sagen. Andererseits passt das nicht zu ihm; jedenfalls nicht mir gegenüber. Er sagt mir immer, was er denkt. Jedenfalls nimmt er kein Blatt vor den Mund.
Was mich an der ganzen Sache so beunruhigt, ist, dass sein Handy ausgeschaltet ist. Bereits seit vier Tagen kann ich Damian nicht mehr erreichen. Ich traue ihm nicht zu, dass er unsere – was auch immer das jetzt zwischen uns ist – beendet, indem er einfach seine Nummer wechselt, nur, weil er es sich doch noch anders überlegt hat. Schließlich ist er ein Mann.
Normalerweise würde ich in so einem Fall einfach Lucie anrufen und mit ihr darüber reden; mir ihre Meinung oder ihren Rat einholen, aber das kann ich natürlich in diesem Fall nicht machen. Schlimm genug, dass ich ihr den Freund ausgespannt und sie so lang belogen habe – ganz egal, wer von uns beiden nun zuerst dagewesen ist.
Mein schlechtes Gewissen ihr gegenüber ist noch immer groß und ich verstehe, dass sie sich von mir abgewendet hat. An ihrer Stelle wäre ich auch unendlich verletzt und maßlos enttäuscht.
Aber dass Damian spurlos verschwunden ist, macht mich wirklich nervös. Allerdings kenne ich auch niemanden, den er kennt – jedenfalls nicht gut genug, als dass ich irgendeine Telefonnummer von jemandem hätte, den ich anrufen könnte. Die einzige Möglichkeit, die mir bleiben würde, wäre, bei seinem Tattoo-Studio vorbeizufahren. Allerdings ist er auch nicht immer dort und die Wahrscheinlichkeit, ihn dort anzutreffen, ist sehr gering. Aber vielleicht kann mir dort jemand sagen, wo ich ihn finden oder wie ich ihn erreichen kann.
Mir wird gleichzeitig heiß und kalt, als sich erneut die Vorstellung in meinen Kopf bohrt, dass Damian vielleicht einen Unfall gehabt haben könnte. Ich halte diese Ungewissheit nicht länger aus. Ich muss einfach wissen, warum er sich nicht meldet. Die nahliegendste Vermutung ist, dass ihm einfach alles zu viel geworden ist und er erst einmal Abstand braucht. Aber das kann er mir doch sagen!
Aber will ich wirklich wie eine Stalkerin, die ich eindeutig nicht bin, in seinem Tattoo-Studio auftauchen und dort nach ihm fragen? Vielleicht hat er niemandem von uns erzählt. Wahrscheinich sogar!
Ich warte vielleicht einfach bis morgen. Wenn er sich dann nicht meldet, fahre ich hin. Ich muss hinfahren, wenn ich nichts von ihm höre. Was, wenn ihm wirklich etwas passiert ist? Warum weiß ich nicht, wo er wohnt? Ob Lucie das weiß? Aber sie kann ich unmöglich fragen. Ich fühle mich unendlich hilflos.
Es ist draußen bereits dunkel, als ich meinen Laptop zuklappe. Es hat nicht wirklich gut funktioniert, aber ich muss Ende der Woche noch eine Hausarbeit abgeben. Sie wird nicht besonders gut, weil ich mit meinen Gedanken immer bei Damian bin. Aber ich muss sie fertig schreiben, damit ich nicht durchfalle. Mein Magen knurrt. Es ist das erste Mal seit ich nichts mehr von Damian höre, dass ich so etwas wie Hunger verspüre.
Ich bestelle mir eine Pizza. Seit Tagen habe ich nicht mehr eingekauft; ich bin einfach zu beschäftigt damit, mir Gedanken um Damian zu machen und mir um uns den Kopf zu zerbrechen.
Als es eine halbe Stunde später an der Tür klingelt, halte ich einen Zehneuroschein für den Pizzaboten bereit. Ich habe gerade die Pizza bezahlt, als ich mein Handy klingeln höre. Damian!
Ich schliddere auf Socken zurück ins Wohnzimmer, stolpere dabei beinah über das Bein des Wohnzimertischs und greife nach meinem Handy. Ich seufze enttäuscht als ich sehe, dass ich die Nummer nicht kenne. Doch plötzlich macht sich Hoffnung in mir breit, als ich eins und eins kombiniere – er hat vielleicht einfach eine neue Nummer. „Hallo?"
Ich presse erwartungsvoll das Handy an mein Ohr. Es fühlt sich seltsam heiß an.
„Hey, ehm, ist da Dee?"
Eine Mädchenstimme. Ich kenne sie nicht. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Seltsame Anrufe von unbekannten Personen mag ich nicht – aber wer mag die schon. „Wer bist du?", frage ich also, anstatt zu antworten. Eigentlich besteht meine Standard-Taktik bei Anrufen von unbekannten Nummern darin, dranzugehen und mich totzustellen, bis der andere etwas sagt – damit ich zuordnen kann, ob ich den Anrufer kenne oder nicht und mit ihm sprechen möchte. Dieses Mal war ich aber zu vorschnell, weil ich gehofft habe, Damian würde sich endlich melden.
„Josie."
Ich halte den Atem an. Josie. Mein Herz schlägt mir augenblicklich bis zum Hals, als sich eine weitere Idee in meinen Kopf schleicht. Hat Damian vielleicht noch eine andere Freundin? – Eine wie mich, nur, dass es sie schon weit vor mir gegeben hat? Mein Hals wird trocken und zieht sich unangenehm zusammen.
„Ich sollte dich anzurufen."
Meine Finger beginnen zu schwitzen. Wer ist diese Josie und warum soll sie mich anrufen?
„Warum?", frage ich ratlos und hoffe, dass ich die Antwort ertragen kann.
„Lass uns nicht am Telefon darüber reden. Bist du vielleicht zuhause?"
Ich schlucke. Was für ein verrückter Anruf. Doch jetzt schaltet meine lange Leitung und ich verstehe.
„Ist was passiert?"
„Nein, alles okay. Kann ich vorbeikommen? Dann können wir reden."
Als ich ein paar Sätze später das Gespräch beendet habe, kann ich noch immer nicht glauben, dass ich gerade eine völlig fremde Frau zu mir nach Hause eingeladen habe. Ich weiß nicht einmal, was das Ganze hier soll und kann mir keinen Reim darauf machen. Ich verstehe nicht, warum sie mir nicht am Telefon erzählen wollte, weshalb Damian sich bei mir nicht gemeldet hat oder warum er seit Tagen sein Handy ausgeschaltet hat.
Ich habe nicht einmal mehr Hunger auf meine Pizza. Ich versuche trotzdem, ein Stück davon zu essen, während ich auf diese Josie warte. Es dauert etwa eine Dreiviertelstunde, bis es klingelt. In der Zeit habe ich drei Stücke Pizza gegessen; sie hat mir nicht geschmeckt.
Ich öffne die Tür schaue in ein mädchenhaftes Gesicht, dass mich an eine Puppe erinnert. Das Mädchen, das mir gegenübersteht, hat strahlend blaue Augen und blonde Locken. Sie ist zierlich, wirkt aber sehr selbstbewusst.
„Hey.", begrüße ich sie und mache einen Schritt nach hinten. Josie macht einen Schritt in meine Wohnung hinein. „Hallo.", sagt sie, dann streckt sie mir ihre Hand entgegen, „Ich bin Josie."
Ich sehe selbstbewusst in ihre Augen, während ich ihre Hand schüttele. Noch immer weiß ich nicht, in welcher Beziehung Josie zu Damian steht und ob ich vielleicht gleich gegen eine neue Konkurrentin mein Revier verteidigen muss.
„Freut mich, dich kennenzulernen.", sagt sie jetzt und schenkt mir ein Lächeln. Plötzlich sehe ich sie, diese Ähnlichkeit, die sie mit Damian hat. „Ich bin Damians Schwester.", sagt sie überflüssigerweise und streicht sich ihre blonden Locken nach hinten. „Äh, freut mich auch, dich kennenzulernen.", sage ich etwas überrascht und führe sie ins Wohnzimmer. Dort setzen wir uns auf die Couch.
„Tut mir leid, wenn ich dich so überfalle, aber momentan muss ich etwas vorsichtig sein, wenn ich telefoniere.", sagt sie. „Was ist mit Damian?", frage ich, ohne auf ihre Aussage einzugehen. „Es geht ihm gut."
„Ich kann ihn seit Tagen nicht erreichen.", sage ich. Ich klinge hysterisch. Josie seufzt schwer. „Ja, scheiße oder? Ich nämlich auch nicht." Ihre Augen werden traurig. Ich schlucke.
„Keine Sorge, es geht ihm gut, er kann sich gerade nur bei niemandem melden. Er..." Sie macht eine Pause, sucht nach den richtigen Worten und ich halte den Atem an. „Er sitzt in Untersuchungshaft."
Mein Mund öffnet sich, doch ich kann nichts sagen. Viel zu sehr überraschen mich ihre Worte. Ich starre sie einfach nur entsetzt an.
„Was ist passiert?", frage ich irgendwann, als ich endlich wieder sprechen kann. Es fühlt sich an, als wäre eine Ewigkeit vergangen. Josie zuckt mit den Schultern. „Ich weiß selbst nicht so genau, in was er da hineingeraten ist. Er hat ziemlich viel Scheiße gebaut.", sagt sie und schaut in mein Gesicht. Ich werde das Gefühl nicht los, dass sie mir etwas verheimlicht.
„Er hat mich gebeten, es dir zu sagen, damit du dir keine Sorgen machst. Er kann sich bei dir jetzt nicht melden und das ist vielleicht auch gut so. Dadurch, dass sie ihn observiert haben, hören sie momentan seine Gespräche ab. Meine vermutlich auch. Deshalb wollte ich am Telefon nicht mit ihr über ihn sprechen; ich wollte dich da nicht auch noch mit reinziehen."
„Und weil du mich da nicht mit reinziehen willst, kommst du stattdessen hierher?!", platzt es wütend aus mir heraus. Ich bin wütend; nicht auf sie, aber auf Damian. Warum sitzt er in Untersuchungshaft? Was hat er getan? Und wieso sagt Josie mir nicht die ganze Wahrheit?!
Josie schaut mich aus ihren großen Augen überrascht an, dann steht sie auf.
„Wow, scheinbar ist Damian nur von Leuten umgeben, die ihm in den Rücken fallen."
„Ich falle ihm nicht in den Rücken!", gebe ich zurück und folge ihr in den Flur, „Ich will einfach nur wissen, was hier los ist!"
Josie fährt zu mir herum. Ihre Augen funkeln wütend. „Das kann ich dir aber nicht sagen."
„Du kannst nicht einfach so hier auftauchen und mir sagen, dass Damian in Untersuchungshaft sitzt, ohne mir zu sagen, was sie ihm vorwerfen!"
Josies Blick wird versöhnlicher. „Es geht um seine Geschäfte. Mehr weiß ich nicht."
„Was für Geschäfte?", frage ich ahnungslos und fühle mich auf einmal wie ein naives, kleines Mädchen.
„Keine Ahnung. Mit mir hat er nie darüber gesprochen.", sagt Josie.
„Mit mir auch nicht.", antworte ich wahrheitsgemäß.
Josie mustert mich kurz prüfend, so, als wolle sie herausfinden, ob ich vielleicht lüge.
„Es ist gut so, dass wir nichts wissen.", sagt sie schließlich.
„Wie kannst du das gut finden? Er hat uns beiden etwas verheimlicht.", stelle ich fest.
„Um sich selbst zu schützen.", stellt Josie fest, „Wenn wir nichts wissen, können wir ihn nicht belasten."
Ihre Worte klingen einleuchtend.
„Übrigens auch niemanden sonst.", sagt sie und ich verstehe. „Wir stellen für niemanden ein Risiko dar. Damian hat uns nicht grundlos aus allem rausgehalten. Wir sollten das akzeptieren.", setzt sie hinzu.
Ich bewundere sie ein wenig.
„Es ist wirklich schlimm, oder?", frage ich überflüssigerweise.
„Ja."
Ich atme tief durch.
„Ich kann mir vorstellen, dass das für dich gerade nicht einfach ist. Schließlich seid ihr auch noch gar nicht so lang zusammen. Er muss dich auf jeden Fall sehr mögen, sonst hätte er mich nicht gebeten, mich bei dir zu melden."
„Danke, dass du mir Bescheid gesagt hast. Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll."
„Ich melde mich bei dir, wenn ich etwas weiß.", sagt Josie.
Ich nicke. „Danke.", sage ich, dann öffnet sie die Wohnungstür.
„Ciao.", sagt sie, dann verschwindet sie genauso schnell, wie sie gekommen ist. Ich schaue ihr kurz gedankenverloren nach. Erst, als sie die Straße in der Dunkelheit überquert, sehe ich den dunklen Mercedes auf der anderen Straßenseite. Ein mulmiges Gefühl beschleicht mich, als sie zu einer dunklen Gestalt ins Auto steigt. Die Lichter leuchten auf, dann braust der dunkle Wagen vorbei und nur Sekunden später sehe ich nur noch die roten Rücklichter, als der Wagen um die Ecke biegt.
Benommen schließe ich die Tür hinter mir und schlucke.
Es gibt also doch eine logische Erklärung dafür, dass er sich nicht bei mir gemeldet hat. Positiv ist, dass er scheinbar wirklich mit mir zusammen sein will; er hat sogar seine Schwester geschickt, um mir das auf die für ihn typische Art und Weise ausrichten zu lassen.
Leider weiß ich gar nicht, ob ich unter den Umständen noch mit ihm zusammen sein kann. Wie soll das funktionieren? Ein paar Wochen würde ich noch aushalten, aber was ist, wenn er mehrere Monate, sogar Jahre ins Gefängnis muss?
Wie soll das funktionieren?
Kann ich auf unbestimmte Zeit zuhause sitzen und bestenfalls über Briefe mit ihm kommunizieren?
Will ich überhaupt mit einem Mann zusammen sein, der bis zum Hals in der Scheiße steckt?
Bin ich dafür gemacht, die Frau an seiner Seite zu sein?
Hat er sich deshalb in mich verliebt, und nicht in Lucie? Weil ich stärker bin als sie? Weniger zerbrechlich?
Ich weiß es nicht. Gerade weiß ich überhaupt nichts mehr.
Ich lösche das Licht in allen Zimmern, dann ziehe ich mich um und lege mich ins Bett, kuschele mich in meine weiche Bettdecke und schließe die Augen. Sofort denke ich wieder an Damian.
Wie es ihm wohl gerade geht? Was er wohl gerade macht? Liegt er vielleicht auch schon im Bett? Ob er an mich denkt?
Ich erwische mich dabei, wie ich mir ein paar stille Tränen von den Wangen streiche. Er fehlt mir. Ich kann nicht glauben, dass wir uns gerade erst so richtig gefunden haben und jetzt auseinandergerissen werden; vermutlich, weil er ein Idiot ist und sich in irgendwelche dunklen Machenschaften verstrickt hat! Ich werde wütend. Es ist seine Schuld, dass ich jetzt allein im Bett liege und mich einsam fühle! Eins ist klar! Wenn ich ihn das nächste Mal sehe, kann er sich auf was gefasst machen!
Ich weiss. Es ist nicht das Ende, das ihr euch gewünscht habt. Wie es für Damian (und Dee?) weitergeht, könnt ihr in Wolke 7 und in meiner neuen Geschichte I knew she was trouble nachlesen. Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn ihr dort vorbeischaut ♥️
An dieser Stelle möchte ich mich ein letztes Mal bei Euch bedanken, dass ihr diese Geschichte so treu verfolgt habt, sie kommentiert, für sie gevotet und mich jedes Mal ein wenig glücklich gemacht habt. Ich wusste wirklich nicht, wie eine unabhängige Geschichte von mir bei euch ankommen wird. Es war für mich ein kleines Experiment, ob ich auch außerhalb der Fanfiction Geschichten veröffentlichen soll. Aber ihr habt mir alle so tolles Feedback gegeben und mich ermutigt, das zu tun. Also habe ich wie bereits gesagt eine neue Geschichte veröffentlicht, die in meinen Werken finden könnt. Auch dabei handelt es sich wieder um eine unabhängige Geschichte von mir, die im selben Universum spielt wie die von Dee, Damian und Josie. Vielleicht gibt es also hin und wieder mal ein Wiedersehen.
Ganz besonders möchte ich mich am Ende dieser Geschichte noch bei hubibeere bedanken, ohne die ich vermutlich diese Geschichte sogar nicht geschrieben hätte.
Ich hoffe, ich lese in einer der anderen Geschichten von euch.
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