12 - Gewonnen und verloren
„Du bist doch das Allerletzte!" Lucies Stimme lässt mich meine Augen wieder öffnen. Sie ist wütend, aufgebracht. Die Tatsache, dass sie Damians Anwesenheit in keiner Weise zu überraschen zeigt beweist, dass sie jetzt bescheid weiß. „Ihr seid beide das Allerletzte!", schreit sie jetzt und sie sieht von Damian zu mir und wieder zurück. „Fast hätte ich es nicht bemerkt!", fährt sie wütend fort, „Aber zum Glück habe ich dein Auto erkannt!"
Sie schenkt Damian einen anklagenden Blick. „Wieso tust du mir das an?!", fragt sie und Damian macht Anstalten, sie ins Haus zu ziehen, um den Nachbarn diese Tragödie zu ersparen. Lucie macht sich los. „Und du!", schreit sie nun mich an, „Wie kannst du mir das antun?! Ich dachte du wärst meine Freundin!"
„Ich bin deine Freundin.", sage ich betreten. „Wie kannst du es wagen mit meinem Freund zu schlafen?!", schreit sie mich an. Ich schweige. Ich kann einfach nichts sagen. Sie hat Recht mit all dem was sie sagt und noch sagen wird. „Wie könnt ihr beide mich nur so hintergehen?!", schreit sie weiter und Tränen treten in ihre Augen. „Wie lang geht das schon mit euch beiden?!", will sie wissen, „Eine Woche? Zwei Wochen? Vier?!" Ich seufze.
„Ein paar Monate.", höre ich Damian auf einmal antworten und Lucie fällt aus allen Wolken. „Ein paar Monate?!", wiederholt sie und starrt uns beide fassungslos an. Keiner von uns sagt ein Wort. Ich habe einfach nicht die Kraft ihr zu erklären wie alles war und gekommen ist. „Wir hatten schon etwas miteinander, bevor ich dich kennengelernt habe.", höre ich Damian sagen und blicke ihn an. Lucie sagt nichts, starrt uns noch immer schweigend an. Eine stille Träne läuft ihre Wange hinab. Dann sieht sie mich an.
„Ist er deine geheimnisvolle Affäre?!", will sie von mir wissen und ich nicke lediglich betreten. Ich kann ihr nicht einmal in die Augen sehen. „Wieso hast du nie etwas gesagt?!", schreit sie mich jetzt an, „Nicht als ich euch einander vorgestellt habe? Nicht danach? Nie?! Wieso hast du mich belogen?!" Ich seufze lautlos. „Ich wollte das nicht.", erkläre ich ihr, „Ich wusste nicht einmal, dass er eine Freundin hat, bis du ihn mir als deinen neuen Freund vorgestellt hast."
„Du Arschloch!", brüllt Lucie Damian an und verpasst ihm eine Ohrfeige, „Hast du uns also beide verarscht?! Hat dir das Spaß gemacht?!"
„Bist du verrückt?!", fährt Damian sie wütend an und macht einen bedrohlichen Schritt auf sie zu. „Du schläfst mit meiner besten Freundin und fragst mich, ob ich verrückt bin?!", schreit Lucie zurück. Ich gehe dazwischen.
„Ich wollte es dir sagen, aber ich konnte nicht.", gestehe ich Lucie und mir treten ebenfalls Tränen in die Augen. „Fang jetzt ja nicht an zu weinen, du Heuchlerin!", brüllt sie mich an, „Du hättest nicht mehr mit ihm schlafen dürfen! Nicht nachdem du es wusstest! Du hättest deine dreckigen Finger von ihm lassen müssen! Das wäre es gewesen, was eine Freundin macht! Und du hättest es mir sagen müssen!"
Ich senke benommen meinen Blick. „Stattdessen vögelst du wie die hinterletzte Hure mit meinem Freund durch die Gegend und hoffst, dass die blöde Lucie das niemals rausbekommt!" Ich streiche eine Träne von meiner Wange und sehe in ihre verweinten Augen. Sie hat Recht. Genau das habe ich getan. Ich kann nicht einmal etwas dagegensetzen. Weil sie zu 100 % im Recht ist.
„Ich weiß, dass es falsch war.", sage ich. Sie verpasst nun auch mir eine Ohrfeige. „Ich will euch beide nie mehr wiedersehen! Habt ihr gehört?! Nie wieder! Ihr seid das Allerletzte!" Mit den Worten dreht sie sich auf dem Absatz um und marschiert zu ihrem Wagen zurück. Als sie dort ankommt, dreht sie sich noch einmal zu mir um.
„Ach, übrigens...", ruft sie mir zu, „Ich wusste schon, dass Damian bei dir ist, als du mich vorhin reingelassen hast! Ich habe nämlich sehr wohl sein Auto vor deiner Haustür stehen und seinen Pullover mit diesem hässlichen Muster auf deinem Wohnzimmerfußboden liegen sehen und auch seine Schuhe wiedererkannt! Ja, seine Schuhe, diese beschissene Special Edition von Kanye West! Streng limitiert! Hat er mir noch ganz groß erzählt, als er sie mit mir zusammen gekauft hat!"
Mit den Worten steigt sie in ihr Auto und lässt Damian und mich schockiert zurück. Mein Herz zieht sich zusammen, als ich sie davonfahren sehe. Sie hat es also bereits vorhin gewusst, und kein Wort gesagt. Sie hat gute Miene zum bösen Spiel gemacht und eine schauspielerische Glanzleistung hingelegt, die einen Oscar verdient! Und ich habe ihr auch noch brühwarm berichtet – mehr oder weniger freiwillig – dass in meinem Bett ein Mann lag – ihr Mann. Ich kann nur ahnen wie sie sich gefühlt haben musste!
Es bricht mir das Herz, dass ich Lucie das Selbige gebrochen habe. Wieso habe ich ihr das angetan? Ich ertrage diese Gewissensbisse nicht. Doch ich weiß, dass jeder Versuch mit ihr zu reden im Moment ins Leere laufen wird Sie wird mich verfluchen, beschimpfen und dann links liegen lassen. Ich muss ihr Zeit geben, all diese Dinge zu verarbeiten.
„Möchtest du was essen?" Damians leise Stimme an meinem Ohr reißt mich aus den Gedanken. Wir sitzen auf der Couch in meinem Wohnzimmer. Bereits seit drei Tagen habe ich nichts von Lucie gehört. Immer wenn ich mich versucht habe bei ihr zu melden hat sie mich weggedrückt. Ich bin total betrübt und mit der Welt am Ende. Sie ist doch meine beste Freundin. Ich spüre Tränen auf meinen Wangen. „Süße..." Damian rückt zu mir heran und drückt mich. „Du musst etwas essen." Ich schüttele den Kopf. „Ich kann im Moment nichts essen.", sage ich, „Ich habe keinen Hunger."
Ich finde es ist Ironie des Schicksals, dass Damian derjenige ist, der mich über meinen Streit mit Lucie hinwegzutrösten versucht. Doch seitdem vor drei Tagen die Wahrheit ans Licht gekommen ist, weicht er mir nicht mehr von der Seite. „Ich koch uns was ja?", sagt er und streicht über meinen Kopf. Ich lächle matt. „Musst du nicht.", winke ich ab doch er bleibt stur. „Doch.", sagt er, „Ich möchte, dass du etwas isst." Damian steht auf und ich sehe ihm dabei zu, wie er in meiner Küche verschwindet. Ich seufze und nehme mein Handy in die Hand. Natürlich kein Lebenszeichen von Lucie. Erst jetzt fällt mir wieder dieser Brief in die Hände. Der Brief, der heute Morgen in meinem Briefkasten gesteckt hatte – in einem schwarzen Umschlag. Ich falte ihn erneut auseinander und beginne ihn zu lesen.
Diane,
ich kann dir gar nicht sagen wie enttäuscht ich von dir bin. Jeder Person hätte ich das zugetraut, aber doch nicht dir. Wir kennen uns doch bereits so unendlich lange! Du bist meine beste Freundin seit Kindheitstagen. Doch Menschen die einem am meisten bedeuten haben auch die Möglichkeit, einem am meisten weh zu tun. Ich will nicht Damians Schuld schmälern, denn er hat mit uns beiden ein Spiel gespielt. Doch du hättest die Möglichkeit gehabt, alles zu beenden und mit mir zu sprechen. Kennst du mich wirklich so schlecht? Denkst du, wenn du mir erzählt hättest, dass Damian deine Affäre ist, hätte ich dich dafür verurteilt? Ich hätte mich von ihm getrennt, sicherlich. Aber unsere Freundschaft hätte darunter nie gelitten. Ich dachte immer wir wären ehrlich miteinander. Aber ich sehe ich habe mich getäuscht. In dir und auch in unserer Freundschaft. Ich kann mit niemandem befreundet sein, dem ich nicht vertrauen kann. Und unser Vertrauensverhältnis ist nun wirklich nicht mehr das Beste. Ich denke du verstehst mich. Ich brauche Zeit all das zu verdauen. Die Zeit wird zeigen, ob unsere Freundschaft noch eine Chance hat. Es wird allerdings sicherlich nie mehr werden wie es mal war. Dir wünsche ich für deine Zukunft alles Gute und viel Glück mit Damian.
Lucie
Ich lege weinend den Brief zur Seite. „Sind Nudeln okay?", fragt Damian aus der Küche. Ich nicke. „Ja.", sage ich und seufze. Ich stehe auf und besuche ihn in der Küche. Da steht er nun. Der Mann in den ich mich verliebt habe ohne es zu wollen. Ich habe also eine Freundin verloren und vielleicht eine Liebe gewonnen. Manche Menschen sagen „Man kann nicht alles haben.". Ob das stimmt? Ich möchte jedenfalls beides haben. Meine beste Freundin und Damian. Aber durch diese verworrene Vorgeschichte wird alles erheblich erschwert. Damian schenkt mir ein Lächeln und beugt sich zu mir herüber um mich zu küssen. „Glaub mir Süße.", beteuert er leise, „Alles wird gut." Dann dreht er sich wieder zu den Töpfen um und wirft die Nudeln ins kochende Wasser. Ich verliere mich in meinen Gedanken während ich die blubbernden Blasen beobachte.
Ja. Das war es. Das ... vorletzte Kapitel. Ich weiß, ihr musstet jetzt sehr lang warten. Dafür wird es aber noch ein Zusatzkapitel geben. Also bleibt dran 🤗
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