십이월 이일 • 𝘀𝗲𝗰𝗼𝗻𝗱 𝗱𝗲𝗰𝗲𝗺𝗯𝗲𝗿 (𝟭)
Taehyung hatte seinen Kopf auf seine Hände abgestützt und sah aus dem Fenster. In seinem Blick lag nichts als Leere. Der Junge wusste nicht, wie er sich fühlen sollte. Er verabscheute das, was sein Vater tat, doch er sagte nichts, denn Taehyung sah es selbst so, dass er das alles verdient hatte. Er hatte es verdient, da er Schuld an dem Tod seiner Mutter war. Er war es, warum seine Mutter damals Auto gefahren war und ihr Leben verlor. Der Blondhaarige spürte an seinem ganzen Körper Schmerzen, die er allerdings genoss, denn sie übertrumpften die seelischen Schmerzen. Sein Vater war am vorherigen Abend nicht gerade sanft gewesen. Das war er nie. Doch am gestrigen Abend war es schlimmer als sonst. Sein Vater hatte Dinge getan, von denen er nicht gedacht hatte, dass er sie jemals tun würde oder könnte. Taehyungs Blick wurde ängstlich, als er an den gestrigen Abend zurück dachte. Sein Körper fing an leicht und unkontrolliert das zittern an, welches der Schüler nicht einmal bemerkte. Er bemerkte auch nicht, wie sein Atem immer unregelmäßiger wurde. Auch nicht Taehyungs Sitznachbar und gleichzeitig bester Freund schien dies zu bemerken, denn dessen Blick war nicht auf Taehyung oder aus dem Fenster gerichtet, sondern lag auf der Tafel, an welcher der Lehrer einige Sachen schrieb. Der braunhaarige Junge neben Taehyung war ein wenig Älter als der Blondhaarige, vielleicht ein paar Monate nicht mehr. Sein Augen waren schon leicht bernsteinfarben und schienen fast eine Art Licht zu sein. Auch seine ständige fröhliche Stimmung schien eben dies zu bewirken. Er war ein Stimmungsaufheller und ein aufgedrehter Junge, welcher mittelmäßige Noten hatte. Nicht besonders gute, aber auch keine schlechten. Er war durchschnittlich und passte daher besonders gut auf, da er seinen Notenschnitt verbessern wollte. Der Braunhaarige bemerkte Taehyung kaum, denn dieser war stets still. Anfangs war er noch aufgeweckt und war genauso wie er, doch nach einigen Monaten wurde der Blondhaarige still. Anfangs hat der Ältere noch versucht herauszufinden, was mit dem Jüngeren los war, doch dieser hatte weder etwas gesagt, noch hat er seine Fragen beantwortet. Es war fast schon unheimlich, wie wenig der Jüngere sprach. Hoseok, so hieß der braunhaarige Schüler neben Taehyung, machte sich dennoch große Sorgen um ihn. Er wusste, dass damals etwas passiert sein musste, was der Jüngere verschwieg, doch er konnte nicht herausfinden, was es war. Bis heute tappte er im Dunkeln und er wusste, dass er dies so lange tun würde, bis der Blondhaarige sich entschloss, ihm zu erzählen, was passiert war.
»Hey, Tae«, kam es nach einiger Zeit von dem Braunhaarigen. Der Lehrer hatte den Unterricht bereits einige Minuten früher beendet als normalerweise und packte gerade seine Sachen zusammen, weshalb Hoseok dies ebenfalls tat und dann zu seinem besten Freund sah, welcher ihn nicht zu bemerken schien. Er sah immer noch aus dem Fenster und schien sich nicht zu rühren. Innerlich sah es bei dem Blondhaarigen ganz anders aus. Vor seinen Augen spielten sich die Szenen ab, welche er eigentlich vergessen wollte, doch er konnte nicht. Er dachte immer zu an den gestrigen Abend, an das, was sein Vater mit ihm angestellt hatte. Der blondhaarige Schüler bemerkte nicht einmal, wie einige Tränen seine Augen verlassen hatten.
»Ist alles in Ordnung?« Allein diese Frage brachte den Blondhaarigen aus der Fassung, dennoch zeigte er dies nicht. Er war wütend und traurig. Er verspürte Angst und Panik. Sein Inneres schien zu zerreißen, doch sein Gesicht bewegte sich kein einziges Stück. Selbst die Tränen, welche vereinzelt seine Augen verlassen hatten, waren nicht mehr zu erkennen, wurden auch von keinen weiteren verfolgt. Taehyung wollte nicht, dass irgendjemand von seiner wunden und schwachen Seite erfuhr, obwohl es ihn jedes Mal an seine Grenzen trieb, eben diese zu unterdrücken und einen auf stark zu machen. Der Schüler sah seinen besten Freund an. Man hätte denken können, dass Hoseok seinen Gegenüber kannte, da diese sich schon lange kannten. Sie kannten sich bereits vor dem Schulwechsel, da die beiden gemeinsam auf die High School gegangen sind. Allerdings waren Hoseoks Eltern reicher gewesen als Taehyungs Mutter, weshalb die beiden Freunde zwei unterschiedliche Schulen besuchten. Der Blondhaarige hatte sogar einen Nebenjob angenommen, um seine Mutter unterstützen zu können, um ihr etwas zurück zu geben. Er wusste nämlich, dass die Oberschule nicht gerade billig war. Daher strengte er sich immer an, bekam immer die besten Noten und hoffte auf ein Stipendium für die Universität, welche er später besuchen wollte. Doch als Taehyungs Mutter starb und er zu seinem leiblichen Vater zog, welchen er bis dahin weder kennengelernt, noch gesehen hatte, hatte sich einiges verändert. Er war zwar weiterhin der beste Schüler, obwohl er Mitten im Schuljahr dir Schule wechseln musste und der Stoff zum Teil ein anderer, doch sein Charakter war das komplette Gegenteil werden. Hoseok hatte dies bemerkt. Bereits am ersten Tag bei Taehyungs Veränderung hatte er dies bemerkt. Diese kalte und unnahbare Seite des etwas jüngeren Koreaners. Doch musste der Ältere einsehen, dass er nicht darüber sprechen wollte, was passiert war. Hoseok hatte sogar daran gedacht, dass es an dem Tod seiner Mutter lag, doch bei diesem Fakt hatte der Schüler das Gefühl, dass es nicht ausschlaggebend war.
»Mir geht es gut«, antwortete der Jüngere monoton, seinen Blick kurz darauf von seinem älteren Freund abwendend, um seine Sachen in dem Rucksack zu verstauen, da die Stunde ja bereits beendet war. Die Stimme klang kalt und auch leicht abweisend und gleichgültig, was Hoseok etwas traf. Er war dies bereits gewohnt, dennoch machte es den Braunhaarigen traurig, nicht mehr mit dem lebensfrohen Taehyung von früher zu sprechen. Mit dem Taehyung, der sich mit jedem unterhalten hatte und stets fröhlich war. Mit diesem Taehyung, mit dem er immer wieder Scheiße gebaut hatte und durch die Klugheit des Jüngeren immer damit davongekommen waren. Er vermisste seinen Freund aus Kindheitstagen. Doch musste Hoseok einsehen, dass es eben diesen seit dem Tod von Taehyungs Mutter nicht mehr gab. Auch wusste Hoseok, dass das, was Taehyung gerade eben von sich gegeben hatte, nicht der Wahrheit entsprach. Der Braunhaarige hatte das Gefühl, dass kaum noch etwas stimmte, etwas wahr war, was as Taehyungs Mund kam. Daher schüttelte der ältere Schüler auch leise seufzend seinen Kopf, ehe er Taehyung folgte, welcher sich bereits von seinem Stuhl erhob, um aus dem Klassenzimmer zu gehen. Allerdings wartete dieser auf seinen Freund. Ohne Hoseok bewegte sich der Jüngere kaum durch das Schulgebäude. Sie warteten aufeinander vor dem Schulgebäude, wenn Taehyung sich nicht zur ersten Stunde verspätete, was wie man am gestrigen Tag merkte, nicht gerade selten vorkam.
»Du bist heute irgendwie... naja anders als sonst...«, gab Hoseok leise von sich. Heute war Taehyung stiller als er es sonst seit dem letzten Jahr war. Außerdem hatte er sich kaum auf den Unterricht fokussiert, was bei dem Blondhaarigen eigentlich nie vorkam. Es war einmal vorgekommen, das war fast zwei Monate nach dem Schulwechsel, doch danach war es nie wieder so gewesen. Ein Grund, warum Hoseok sich noch mehr Sorgen machte, als er es ohne hin schon tat. Der Ältere folgte Taehyung aus dem Klassenraum, in welchem sie sogar noch länger gewesen waren als ihr Lehrer. Dieser war schon einige Zeit vor den beiden gegangen und somit waren die beiden die letzten Anwesenden gewesen.
»Mir geht's gut, Hyung«, murmelte der Jüngere ein weiteres Mal. Man merkte ihm an, dass er nicht darüber reden wollte. Manche würden sogar erkennen, dass er nur noch hier weg wollte. Es war zwar Samstag, doch hatten sie heute zwei Stunden, welche die Schüler verlegt hatten, da der Lehrer kurzfristig in der vorherigen Woche keine Zeit hatte. So etwas kam selten vor, dennoch war dies für solche Situationen ein Plan, welcher die Schüler dazu bringen sollte, dennoch zu lernen, auch wenn sie keine Schule hätten und somit den Stoff rechtzeitig beenden würden. Die beiden Freunde machten sich zusammen auf den Weg aus dem Schulgebäude. Wortlos liefen sie nebeneinander her. Beide wussten nicht, was sie sagen sollten. Taehyung wollte sich mit seinem besten Freund unterhalten, allerdings wusste er nicht was er sagen sollte. Er hatte seit Monaten kein Gespräch mehr mit ihm von sich aus angefangen und war auch dementsprechend überfordert. Auf seiner Lippe kauend überlegte er, was et sagen könnte. Der Blondhaarige wollte etwas mit Hoseok unternehmen, doch wusste er nicht, was sie zusammen machen konnten. Jedenfalls fiel ihm nicht sofort etwas ein.
»Wie... wäre es, wenn wir was mit den anderen machen? Ist schon einige Zeit her«, kam es nach mehreren Minuten der Stille aus dem Jüngeren der beiden Schüler, welche immer noch nebeneinander herliefen, obwohl sie schon längst das Schulgelände verlassen hatten. Sie liefen gerade Richtung Innenstadt. Der Ältere musste noch einige Sachen besorgen, ehe er zurück nach Hause gehen würde. Seine Mutter hatte ihm darum gebeten. Da der Braunhaarige zusammen mit seinen Eltern und seiner jüngeren Schwester Akira, welche bereits zwölf Jahre alt war, eher etwas außerhalb der Stadt wohnten, wo es eher weniger Geschäfte gab, mussten er öfters etwas aus der Stadt mitbringen. Er hasste diese Einkäufe fast jedes Mal, da immer so viele Menschen in den kleinen Läden waren. Dennoch mochte Hoseok das auch zu einem kleinen Teil. Früher hatte er mit Taehyung immer irgendwelche Leute angesprochen und sich mit ihnen unterhalten, während sie zusammen eingekauft hatten. Doch diese Zeiten waren vorbei, als Taehyung dieser stille und in sich gekehrte Junge wurde.
»Ich weiß nicht, ob sie alle Zeit haben. Jimin und Jeongguk besuchen ihre Eltern in Jeonju und Namjoon ist bei seiner Freundin. Ist also gut möglich, dass wir nur was mit Jin und Yoongi machen können«, gab Hoseok von sich. Er sah zu dem Jüngeren, welcher auf den Boden starrte. Dies tat er irgendwie immer. Der Jüngere traute sich kaum noch, anderen in die Augen zu sehen oder sie anzusprechen. Das Wieso blieb für Hoseok ein Rätsel, doch er würde alles daran setzen, dass Taehyung wieder der Junge wurde, welcher er früher war, obwohl er wusste, dass dies nicht zu hundert Prozent möglich war. Der Blondhaarige wusste, dass die anderen beschäftigt waren und sich um ihre eigenen Dinge Sorgen machten, daher kaum Zeit für ihn hatten. Hinzu kam, dass Taehyung selbst kaum Zeit hatte, wegen all den Dingen, die er für seinen Vater erledigen musste.
»Wir können sie ja... trotzdem fragen, ob sie Zeit haben oder nicht?« Es war nur eine Frage, welche Taehyung ganz leise aussprach. Er hatte irgendwie Angst. Seitdem sein Vater mit diesen Dingen angefangen hatte, war der Schüler ängstlicher und stiller geworden. Selbst gegenüber seinen Freunden war eher ängstlich geworden, obwohl er sie schon lange genug kannte. Insgeheim hatte Taehyung allerdings Angst davor, dass sie ihn hassen würden, ihn verabscheuen würden, wenn er ihnen genaueres erzählen würde. Taehyung hasste sich selbst wegen dem, was sein Vater ihn antat und was er selbst zuließ. Er war eine Abscheulichkeit geworden. Sowohl in seinem Inneren, als auch in seinem Äußeren. Taehyung wollte seinen Freunden nicht auf die Nerven gehen, doch er braute sie gerade, um nicht an das denken zu müssen, was gestern Abend passiert war. Hoseok sah zu seinem Freund und seufzte leise. Der Braunhaarige sah und wusste, dass seinem besten Freund irgendetwas beschäftigte. Es wäre vielleicht wirklich keine schlechte Idee, wenn Hoseok ihre gemeinsamen Freunde anschreiben und sie sich zusammen verabreden würden. Vielleicht wäre etwas essen und Karaoke nicht schlecht. Schnell holte der Schüler sein Handy hervor, ehe er in die Gruppe schrieb. Taehyung war nicht teil dieser KakaoTalk Gruppe, da Hoseok sie erstellt hatte, als Taehyung sich so sehr verändert hatte. Der Ältere wollte herausfinden, was seinem besten Freund fehlte, weshalb er die anderen um Hilfe bat. Und nun brauchte sowohl der Braunhaarige, als auch der Blonde neben ihm deren Hilfe. Sie brauchten beide auf ihre eigene Art und Weise eine Ablenkung.
»Wir treffen uns mit ihnen in...« Hoseok machte eine kurze Pause, um auf die Uhr zu sehen. »In zwanzig Minuten bei Hans«, beendete er kurz darauf seinen Satz. Es waren einige Minuten der Stille vergangen, in denen sie still nebeneinander her liefen und Hoseok auf die Antwort ihrer Freunde wartete. Taehyung zuckte bei den plötzlich erklingenden Worten seines Nebenmannes zusammen und sah zu diesem. Er lächelte leicht, als er nickte. Zu lange war es für den blondhaarigen Schüler her, als sie sich das letzte Mal zusammen getroffen hatten. Es war für den Älteren der beiden selten etwas, was er sehen konnte seitdem Taehyungs Mutter vor fast einem Jahr verstarb. Selbst als er sich bei seinem Vater eingelebt hatte, kam es zwar ab und zu vor, dass er lächelte, allerdings wurde es durch den Firmenangestellten eher noch weniger. Hoseok musste daher ebenfalls lächeln, als er das kleine Lächeln seines Freundes sah. Doch das Lächeln verschwand genauso schnell, wie es gekommen war. Taehyungs Inneres zog die Fröhlichkeit über die Tatsache, dass er sich mit seinen Freunden treffen würde, wieder zurück in die tiefste Dunkelheit. Der Schüler sah wieder auf den Boden. Hoseok seufzte ein weiteres Mal, da er sich Sorgen um den Jüngeren machte. Zu oft hatte er innerhalb des letzten Jahres Taehyungs Verhalten mit ansehen müssen. Er wollte, dass sein bester Freund wieder lachte und so fröhlich war wie damals vor dem Tod seiner Mutter. Und vielleicht war es der erste Schritt, wenn sie alle zusammen regelmäßig etwas gemeinsam unternehmen würden.
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