matilda
Was war nur mit Anian Stebbins passiert? Draco lief grübelnd eine der vielen Treppen hinunter. Er wollte Richtung Große Halle um zu Abend zu essen. Seit zwei Wochen hatte er Elin kaum gesehen. Nur einmal in Hogsmeade, jedoch war sie dort in einem Gespräch mit Jax Wayn gewesen, und noch einmal im Gemeinschaftssaal, als sie gerade ins Bett gegangen war. Malfoy war sich nicht ganz sicher ob sie ihn bewusst mied, oder ob man sich einfach nie sah. So wie es eben in den vergangenen Jahren auch gewesen war. Sonst hatte Draco nie sonderlich auf sein Umfeld geachtet. Wer genau anwesend war oder zuschaute was er gerade tat. Nun aber fiel es ihm immer mehr auf, wie viele Blicke ihm doch zugeworfen werden. Jetzt war es unangenehm. Zuvor hatte er sich immer nach aufmerksamen Blicken gesehnt und sich darin gesonnen, es regelrecht genossen.
Er nahm den Durchgang zu den alten Gängen zur Halle.
Die Gedanken kreisten immer noch um die Marchbanks Geschwister, sowie den sonderbaren Anian.
Stebbins war kein normaler Ravenclaw gewesen. Irgendwie hatte er alles von den vier verschiedenen Häusern gehabt. Mutig war er gewesen, als er immer wieder für seine Freunde, besonders für Leofwine, eingestanden hatte. Oft hatte Anian dafür Strafarbeiten abgesahnt. Draco erinnerte sich noch genau, als Stebbins sich gegen Umbridge in aller Öffentlichkeit gewehrt hatte und dann kurz darauf in ihr Büro gerufen wurde. Noch dazu war er damals Mitglied bei Potters komischer Rebellenorganisation gewesen. Wie so viele möchtegern Schüler in Hogwarts, welche sich einbildeten zu etwas höherem berufen zu sein.
Stebbins war mit Leofwine der Klassenclown gewesen. Beide waren besonders laut und besonders nervig in den gemeinsamen Kursen gewesen, weshalb Draco irgendwie froh war nun nur noch einen von den Witzbolden ertragen zu müssen. Wobei man erst jetzt merkte, dass Leofwine überhaupt existierte und auch allein großen Humor hatte.
Irgendwie war Marchbanks immer ein bisschen im Schatten von Anian gestanden zu haben.
Seine Schritte hallten laut in den steinernen Gängen wider. Die meisten Schüler waren wohl schon längst beim Essen oder bereits damit fertig. Hogwarts wirkte ein wenig wie ausgestorben. Malfoy schaute sich um. Eine hartnäckige weißblonde Strähne fiel ihm in die Stirn. Die Nase des Jungen rümpfte sich. Es hatte gekitzelt. Von weitem konnte er schon die hellen Lichter, verursacht von hunderten schwebenden Kerzen, erkennen, sowie den permanenten Lauschpegel, welcher einem sofort entgegenkam. Draco spürte wieder ein mulmiges Gefühl, das ihm viel zu oft durch die Beine fuhr, nun da er daran dachte gleich wieder durch eine Masse von Mitschülern laufen zu müssen. Viel lieber würde er hier alleine in den spärlich belichteten Gängen seine Zeit verbringen. Zwar war es erheblich kälter, aber das war Nebensache.
Malfoy schluckte, rückte noch einmal den schwarzen Mantel mit dem Schlangen Wappen zurecht, und trat dann in den großen Saal ein.
Einige, die direkt vorne Platz genommen hatten, musterten ihn argwöhnisch, doch sonst blieb der Blondschopf recht unbemerkt.
Draco wusste nicht was für ein Gesicht er auflegen sollte. Er wusste nicht einmal wie er aussah, wenn er soetwas tat. Womöglich völlig ernst und gefasst, oder traurig und zerstört, aber vielleicht auch beängstigend und drohend.
Seine grauen Augen suchten instinktiv nach einem bekannten Gesicht. Vielleicht würde er sich doch zu alten Freunden setzen wollen.
Draco erspähte Blaise und Pansy, die verstohlen zu ihm blickte. Parkinson wisperte sofort etwas zu einem blonden Mädchen neben ihr, welche dann sofort gehässig auflachte.
Zabbini und sie hatten wohl einige neue Leute um sich geschart, nun da Crabbe, Goyle und er nicht mehr bei ihnen waren. Wahrscheinlich genoss Pansy es nun richtig mal das Steuer in der Hand zu haben. Schon immer hatte sie danach gestrebt, aber es war ihr kaum gelungen, schließlich hatte es Draco gegeben.
Er musste sich daran erinnern, wie Parkinson gefragt hatte ob er sie zum. Ball begleiten würde. 'Wie in den guten alten Zeiten' hatte sie gesagt.
Belustigt darüber, schmunzelte Draco in sich hinein. Die Slytherin hatte so getan, als ob sie ohne seine Zustimmung von ihm verlangen könnte mit ihr zum Ball zu gehen, nur weil sie mal befreundet oder derartiges waren.
Aber Malfoy würde wohl lieber mit niemandem dort hin gehen, als mit Pansy höchstpersönlich.
Vermutlich war Parkinson das einzige Mädchen, welches ihn jemals gefragt hätte. Früher, das heißt vor drei Jahren, flogen die Slytherin Mädchen nur auf ihn. Jeder wollte mit dem jungen Malfoy befreundet sein, da seine Familie wohl eine der angesehensten der Zaubererwelt war.
Draco hatte sich in dem Ruhm gesonnt, er hatte es genossen und vollkommen ausgenutzt.
Doch von da an ging es dann mit den Malfoys bergab.
Sein Vater scheiterte daran dem Dunklen Lord zu dienen und fiel von in seine Missgunst. Der schwarze Magier nutzte jede Gelegenheit um seinen Unmut ihm gegenüber zu zeigen. Draco hatte es zwar nie erfahren sollen, aber er hatte einmal einem Gespräch zwischen seiner Mutter und Bellatrix Lestrange gelauscht. Es war kurz danach gewesen, als Voldemort ihm das Attentat an Albus Dumbledore aufgetragen hatte, noch in den Ferien vorm sechsten Schuljahr.
Natürlich hatte Draco tief im Innern gewusst, dass es wahrscheinlich unmöglich wäre so einen weisen und alten Zauberer zu ermorden. Noch dazu von einem Jungen.
In ihm hatte es noch mehr Verzweiflung ausgelöst, als er das von den Black Schwestern gehört hatte : Dass Lord Voldemort den Tod von Draco einfach in Kauf nahm um Lucius weiter zu quälen.
Er war gewissermaßen nur ein Stück Fleisch für alle gewesen.
"Hallo, Leute!"
Dem Blondschopf wurden argwöhnische Blicke zugeworfen, als er sich geradewegs zu Elin Marchbanks setzte, welche mit Matilda und ihrem eigenen Bruder, samt dessen Clique, einiges an Platz beansprucht hatte. Verstört rutschte zwei Drittklässlerinnen weg von Malfoy, aber er ließ sich kaum dadurch irritieren.
Alle Beteiligten der Gruppe, zu welcher er sich gesetzt hatte, schauten verwundert auf, sogar Elin wirkte erstaunt, da Draco sich einfach dazugesetzt hatte. Von Leofs Freunden wurde er prüfend gemustert. Es waren immer die drei selben, mit welchen der Ravenclaw sich dieses Jahr abgab. Jamie, Kenan und Marley. Drei Holzköpfe, für das Haus ziemlich untypisch und wirkten nicht sonderlich gelehrig oder klug.
Draco hatte die Aufmerksamkeit auf Kenan gerichtet, welcher ihm einen besonders abgeneigten Blick zugeworfen hatte. Der Ravenclaw erntete einen noch vernichtenderen Ausdruck, bevor Malfoy dann den Kopf zu Elin drehte.
Sie starrte ihn ziemlich überrumpelt an. Die Augen waren aufgerissen, die Brauen nach oben gezogen und der Mund stand offen.
Unbewusst musterten seine grauen Augen die wunderschöne Hexe, welche völlig sprachlos zu sein schien. Heute trug sie die schwarzen Locken offen, ohne den Versuch sie zu zügeln. Ihre schulterlangen dichten Haare hüpften lustig auf und ab, als sich der Kopf von Elin wieder auf den dreckigen, jedoch leeren, Teller wandte.
"Draco," wurde er nur von einem zaghaften Ton begrüßt.
Die Hexe hob nun ihren Blick, geradewegs nach Gegenüber, zu ihrem großen Bruder. Die Anspannung von Leofwine war deutlich zu spüren. Es mischte auch etwas Angst mit, als die Augen des Ravenclaw, die schwarzen Pupillen seiner Schwester fanden.
Dann nickte der Siebtklässler ihr zu.
Ruckartig erhoben sich beide Marchbanks Geschwister, umgriffen fest ihre Bücher, und huschten dann so schnell an allen vorbei, dass Draco nicht einmal in der Zeit geblinzelt hatte.
Malfoy schnappte nach Luft.
Völlig fassungslos starrte er dem großen offenen Tor entgegen, das wie ein leeres Loch vor ihm klaffte.
Ratlos drehte sich sein Kopf nun zu Matilda Jones, die mit ein wenig Abstand neben ihm saß. Sie hatte aufgehört die Frikadellen zu zerkleinern und stattdessen den eigenen Blick ebenfalls nach oben gewandt. Es war kein freundlicher Ausdruck in dem hellen Gesicht, aber dennoch weniger prüfend, als der von
Kenan.
Nun musste er wohl gezwungenermaßen ein Gespräch mit der Rothaarigen führen. Einfach aufstehen konnte er nicht mehr, dann würde er sich noch schlechter fühlen.
Matilda selbst wirkte nicht gerade so, als ob sie den Mund aufmachen würde, denn ihre Hand schob ein weiteres Stück Fleisch in sich hinein.
Also war es wohl Draco, der die Initiative ergreifen musste.
"Was war denn? Warum sind die beiden aufgestanden?"
"Holzkopf," brummte Jones und schüttelte verärgert den Kopf, "es kann keiner leiden wenn du in Angelegenheiten herumschnüffelst!"
Malfoy ließ den Blick auf die zickige Hexe und versuchte sich nicht von ihren Worten beeindrucken zu lassen.
"Ging es wieder um Anian Stebbins?", fragte er weiter.
"Treib es bloß nicht zu weit, Malfoy. Du könntest die einzigen vergraulen, die dir nicht vollkommen abgetan sind," ranzte Matilda den Blondschopf an. Sie schob den Teller beiseite und griff nach ihrem Becher um etwas zu trinken.
"Was ist nur mit Anian passiert?"
Draco wollte nicht nachlassen.
"Das geht dich einen Scheiß-Dreck an!", maulte sie ihn an. Gereizt stellte Jones den Becher zurück auf den Tisch.
"Ach, und dich schon?"
"Natürlich tut es das!"
Leicht empört drehte sich der Oberkörper der junge Slytherin nun zu ihrem Mittelschüler.
"Du kanntest Anian doch kaum!
Er war in meiner Klasse, ich möchte wissen was für ein riesen Geheimnis das ist, was hier alle verschweigen!"
Dracos Stimme war lauter und bestimmter geworden, jedoch verzog sich das Gesicht von Tilda nun noch mehr. Die Augen formten sich zu gefährlichen Schlitzen.
"Es schert sich aber keiner darum, was du willst!"
Seine Schultern zuckten. Malfoy schaute selbstgefällig an ihr vorbei.
Das bleiche Gesicht reckte sich nach oben, er sah nun so hochnäsig aus, wie früher auch.
"Ich denke Elin würde es mir sagen.
Ob es dir passt oder nicht, wir sind sowas wie Freunde."
Von ihr kam ein belustigter Auflacher.
"Sowas wie, trifft es ganz passend.
Du hast doch keine Ahnung was Freundschaft bedeutet! Oder hattest du je Leute um dich, die dich wirklich gemocht haben? Ich denke nicht.
Elin ist nur nett zu dir, weil das einfach ihre Art ist. Sie ist zu gutmütig. Bilde dir nichts darauf ein, Draco."
Die Brauen des jungen Mannes krümmten sich. Er wirkte gefasst, dennoch ein wenig getroffen von den harten Worten.
"Sie ist nicht nur nett zu mir.
Elin meinte, sie wäre mit mir zum Ball gegangen, hätte sie nicht schon einem anderen zugesagt. Und ich habe ganz klar gesehen, wie leid es ihr getan hat!"
"Pff," machte die Rothaarige.
"Denkst du sie hat tatsächlich schon einen Ballpartner?"
Nun schauten sich beide Schüler wieder in die Augen.
Draco wirkte ein wenig verwirrt.
"Wie meinst du das?"
Matilda zuckte lustlos mit den Schultern. Es war nicht schwer ihr anzukennen, wie sehr es ihr gegen den Strich ging, dieses Gespräch führen zu müssen.
"Genauso wie ich es sage. Elin protzt nicht gerade an Beliebtheit.
Eine Hexe, aus einer Familie mit langen magischen Wurzeln, sympathisiert, in einem Haus wie Slytherin, Muggelstämmige und andere 'niederen' Blutes. Ziemlich töricht findest du nicht?"
"Und du schon? Du hast jemanden gefunden?"
Er wollte nicht auf das Blutgequatsche eingehen. Es war ihm lästig. Aber er war ziemlich verwundert darüber, wie Jones über ihre beste Freundin redete, als ob Elin nie von irgendeinem begehrt werden würde. Sie selbst war auch nicht die Beliebteste an dieser Schule.
"Ich gehe mit Elliot Lancelot," meinte Matilda selbstsicher. Nun nahm sie den letzten Schluck aus ihrem Becher.
"Aaah," reagierte Malfoy.
Wie vom Blitz getroffen richtete Jones sich auf und spannte ihre Kiefermuskeln bedrohlich an.
"Was denn? Zwei Schlammblüter zusammen, gefällt dir das nicht?"
Provokant zogen sich die roten Augenbrauen hoch.
"Mir ist das völlig egal mit wem du da hin gehst."
Und das stimmte auch.
Draco hatte gleichgültig mit den Schultern gezuckt. Auch ihm war es lästig mit dieser hetzenden Göre reden zu müssen. Vielleicht verstand er langsam, wie es anderen sonst mit ihm ergangen war.
"Sicher."
Die Augen der Sechstklässlerin verdrehten sich genervt.
Matilda stand nun vom Tisch auf und griff nach einige Büchern auf dem Tisch, offenbar wollte sie gehen.
Es war wohl beiden recht.
"Sag Elin, dass sie gern allein zum Ball gehen kann, wenn ihre Freundlichkeit nur aufgesetzt war," meinte Draco gekränkt.
"Das werde ich," gab Tilda selbstgefällig zurück.
Sie wirkte auf einmal ziemlich zufrieden.
Freue mich über Kommis :)
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