eine ziemliche enttäuschung
Mit den nächsten Wochen rückten die Prüfungen der Siebtklässler immer näher und näher.
Die Lehrer übten einen noch größeren Druck auf die Jugendlichen aus, als zuvor schon.
Immer wieder gab es Weinanfälle von den Schülern, die beinahe an der Verzweiflung zerbrachen, oder einfach keinen Sinn mehr darin sahen, sich weiteranzustrengen.
Keiner sah ein Ende und einige fragten sich sogar, ob sie nicht kurz vor dem Abschluss ihrer Schullaufbahn Hogwarts verlassen sollten.
Es war bereits Februar.
Draußen vor den Fenstern des alten Schlosses lag eine dichte Schneedecke.
Dicke Flocken fielen sanft auf den weißen Boden.
Hogwarts stand seelenruhig auf den Felsen, als könnte nichts und niemand etwas daran ändern.
Elin saß am Tisch der Slytherins und kaute auf ihrem Bleistift herum.
Den Blick hatte sie nachdenklich zu den großen Fenstern gerichtet.
Die fallenden Flocken draußen hatten eine so beruhigende Wirkung auf sie, dass beinahe die Hausaufgaben vergessen wurden.
Von der verzauberten Decke über ihr, kam ebenfalls Schnee herunter, doch er erreichte sie nicht.
Der Himmel, hoch oben ander Decke des Saals, war hellblau und wolkenfrei.
Am liebsten würde sie jetzt hinausstürmen, um das Wetter zu genießen, doch sie hatte noch einen Aufsatz zu erledigen.
Der Blick schweifte von Oben nach Rechts. Elin erkannte, dass Slughorn mit Professor Sprout ein ausgelassenes Gespräch führte.
Das Glucksen der beiden war deutlich zu sehen.
Kein Wunder, dass ein ständiges Gemurmel vorhanden war, dachte die junge Hexe sich, wenn die Lehrer nicht einmal durch die Reihen gingen.
Nachdenklich wanderten ihre braunen Augen über die verschiedenen Schüler.
Der Gryffindor war genau gegenüber.
Einige sahen nun verstohlen weg, offenbar hatte Elin sie beim Starren erwischt.
Mittlerweile war sie es gewohnt angeschaut zu werden, weil sie wohl als Draco Malfoys Freundin bekannt war.
Anfangs war es hart, zu erkennen, dass die Aufmerksamkeit der Leute nur auf sie gerichtet war, weil sie mit einem der bekanntesten Schüler zusammen war.
Eigentlich hatte die Slytherin gedacht das Getuschel würde irgendwann komplett aufhören, doch Mitschüler warfen ihr immer noch komische Blicke zu.
Besonders wenn Elinora allein unterwegs war, trauten die anderen sich Kommentare abzugeben.
Zwar war es nicht mehr so schlimm, wie als an dem Tag, an welchem Malfoy sie einfach im Gemeinschaftssaal am hellichten Tag geküsst hatte und nach ihrer Hand gegriffen hatte, doch trotzdem passierte es immer wieder.
Es war komisch... das Gefühl einen Freund zu haben.
Sie war es nicht gewohnt an eine Person gebunden zu sein, denn Elin hatte in ihrem Leben sonst immer sehr selbstständig sein müssen.
Draco war glücklicherweise keiner, der ständig an ihren Lippen hing oder die Hände dauernd an sie legte, das wäre ihr wohl dann doch zu viel, aber natürlich verlangten beide nach gewisser Nähe und manchmal war der andere nicht in Stimmung dafür.
Es war wohl eine ziemlich untypische Beziehung zwischen den beiden.
Elin war nicht diejenige, die durch alle Gänge kichern musste und Malfoy einen kitschigen Spitznamen gab. Draco zum Glück auch nicht.
Ihnen war wohler dabei, wenn sie sich in einen der oberen Stockwerke zurückzogen, und dort ganz unter sich waren.
Es war eine ruhige Beziehung zwischen den beiden.
Sie entdeckten immer mehr, doch keiner von ihnen hatte den Drang irgendetwas tun zu müssen, um sich zu beweisen.
Elin glaubte auch, dass Draco diesen Ausgleich brauchte.
Eine ruhige bedachte Person an seiner Seite, die ihn ablenkte und mit der er einfach ein normaler Jugendlicher sein konnte.
Sie selbst hatte auch das Gefühl nicht mehr ohne ihn auskommen zu können. Sonst hatte sie keinen mehr.
Ihr Bruder machte nur die nötigste Unterhaltung mit ihr, wenn beispielsweise Mrs Marchbanks ein Paket an die Geschwister geschickt hatte, oder wenn sie sich zufällig auf dem Gang begegneten und keinen anderen hatten.
Für Elin war es noch extremer, Leofwine war schließlich etwas beliebt bei den Ravenclaws.
Seine Freunde, an die er sich dieses Jahr geheftete hatte, wussten nichts von all dem.
Seine Schwester hatte stets das Empfinden, er würde es nur bei ihnen aushalten, um nicht alleine sein zu müssen.
Es war ziemlich traurig zu bemerken, wie sich dieses Jahr alles entwickelt hatte.
Sie hatte ihre engste Freundin verloren. Die Mädchen waren jetzt nur noch Bekannte, sprachen nur miteinander wenn nötig.
Elin schoss ein Gedanke durch den Kopf, als sie daran denken musste, dass sie nun zwar ihre erste wirklich ernste Beziehung hatte, doch gleichzeitig hatte sich so viel verändert, da kam die Frage auf, ob es alles wegen ihm war.
Doch die Slytherin versuchte rasch die Überlegung wieder aus dem Kopf zu kriegen, indem sie leicht zuckte.
Matilda war eine hinterhältige Verräterin, getrieben von ihrem Hasse hatte sie andere dazu angezettelt ihn zu verprügeln. Es war richtig gewesen den Kontakt abzubrechen.
Und ihr Bruder war nicht wegen Draco so abgeneigt zu seiner Schwester, sondern einfach weil er mit der Wahrheit über Anian nicht klar kam. Das war es. Und nichts anderes.
Elin zwang sich ein Lächeln auf und beugte sich wieder über das halbbeschriebene Pergament.
Ihre Aufmerksamkeit wurde wieder nach oben gelenkt, als sich jemand direkt neben sie setzte.
Der Kopf der jungen Hexe schnellte nach oben, da bemerkte Elin die weißblonden glatten Strähnen, die Draco wild in das bleiche Gesicht fielen. Sein Ausdruck blieb ernst, so wie immer. Die grauen Augen waren prüfend in die Umgebung gerichtet, doch als sie dann zu ihr schnellten, strahlten die Augen kurz.
Malfoy küsste die junge Hexe für einen Moment, dann ließ er sich endgültig nieder.
"Na," begrüßte Draco sie in bedachtem Ton, "wie lange sitzt du schon hier?"
"Etwa zwei Stunden," aber Elinora stockte, als sie die wunden Knöchel von ihm bemerkte. "Draco, was-"
"Jaja ich weiß schon," grummelte er genervt, "aber mach dir keinen Kopf. Ich habe schon alles mit McGonagall geklärt. Sie weiß, dass ich nur ausgerastet bin, weil die mich provoziert haben. Hätte ich den Zauberstab gezogen, wäre ich wohl von der Schule geflogen."
Das Mädchen seufzte und schüttelte ratlos den Kopf.
Ihre Feder flog weiter über das Pergament. Sie hoffte, bald fertig zu sein. Schließlich war es Wochenende.
"Ich sehe es einfach nicht ein mich so beleidigen-"
"Du warst selbst früher derjenige, der alle gemobbt hat," unterbrach Elin ihn bestimmt. Ihr Blick war konzentriert auf das Papier gerichtet, doch ihre Ohren voll und ganz bei ihm. Schwungvoll gleitete ihre Hand mit der Feder darüber.
"Darum geht es doch gar nicht," versuchte Draco sich herauszureden.
Auf seiner Stirn bildeten sich nachdenkliche Falten, während die grauen Augen sie ganz genau von der Seite betrachteten.
"Was ist denn überhaupt passiert?", fragte Elin einfach weiter, doch Draco winkte schon ab.
"Ach, nicht so wichtig."
"Dann erzähl es mir gar nicht erst, wenn du es mir nicht mal genauer erklären möchtest," brummte die Slytherin leicht eingeschnappt.
Von Malfoy kam ein kurzer Seufzer.
"Ich muss dir auch nicht alles erzählen."
Elin versuchte sich den Stich nicht anmerken zu lassen. So war er nunmal. Also zuckte sie nur mit den Schultern. "Deine Entscheidung."
Er merkte, dass sie etwas beleidigt war. Sehnsüchtig schaute Draco nach oben zu der verzauberten Decke, die den Himmel von draußen zeigte.
"Wann bist du endlich fertig? Es ist Samstag und es schneit. Lass uns rausgehen." Seine Hand fand den Weg um ihrer Hüfte. Elin presste die Lippen aufeinander und schaute sanft zu ihm, als er liebevoll den Arm auf sie gelegt hatte.
"Noch nicht, aber bald. Im Gegensatz zu dir, möchte ich alles erledigt haben. Vielleicht solltest du das auch mal tun," riet die junge Hexe ihrem Freund. "Tsss," machte Draco und verzog das Gesicht.
"Geh schon mal vor. Du bist viel zu laut. Ich komme dann," schlug Elin vor. Draco nickte nur, gab ihr einen leichten Kuss auf die Wange, dann verschwand er wieder aus der Großen Halle.
Die Slytherin bemerkte wie ihm eine Gruppe von Schülerinnen hinterhersahen und viel zu auffällig kicherten. Die Augen der Mädchen lagen auf Dracos Rücken, bis er schließlich völlig verschwunden war.
Elin war sich nicht ganz sicher weshalb sie so tuschelten und glucksten, ob sie sich über ihn lustig machten oder schlichtweg plötzlich auch Interesse an Malfoy zeigten.
Tatsächlich hatte Draco in der letzten Zeit, an Beliebtheit gewonnen.
Sie wusste nicht warum, womöglich realisierten einige Slytherins, dass die Malfoys immer noch eine der reichsten Familien der Zaubererwelt war und man sie noch gebrauchen könnte. Vielleicht war es aber auch die Tatsache, dass Draco nun nicht mehr zu haben war, denn in den früheren Schuljahre hatten immer einige Mädchen danach gelechzt seine Aufmerksamkeit zu bekommen.
Ganz erklären konnte Elinora es sich nicht, komplett glücklich darüber war sie auch nicht. Die junge Hexe verfolgte das Gefühl, dass er wieder immer mehr an Arroganz zulegte und langsam wieder dem alten Draco ähnelte.
Es graute ihr schon davor, wenn der Gedanke sie erschlich, wie es wohl in der Zukunft sein würde. Draco dachte wahrscheinlich noch nicht mal darüber nach. Zwar waren sie erst einige Wochen ein Paar, aber trotzdem konnte Elin nicht aufhören daran zu denken, wie es wohl sein würde, wenn er die Prüfungen hinter sich hatte. Die Malfoys waren eine derart reiche Familie, Draco würde garantiert nie arbeiten müssen.
Sie war bald im letzten Jahr, doch was würde in diesem Jahr passieren?
Es gab kaum eine Möglichkeit einander zu sehen. Vielleicht in den Ferien für ein paar Stunden, aber wo? Mr und Mrs Marchbanks war der junge Malfoy immer noch ein Dorn im Auge, das wusste die Tochter. Ihre Eltern hatten keine Ahnung davon, dass Elin mit Draco eine Beziehung führte und sie würde es wohl auch erstmal vermeiden es ihnen zu sagen. Von seinen Eltern ganz zu schweigen. Lucius und Narzissa Malfoy waren da noch schlimmer. Eigentlich wollte sie seine Eltern auch gar nicht kennen lernen, besonders seinen Vater nicht. Beide waren stolze Reinblüter und wahrscheinlich würden sie es sogar als Schande ansehen, wenn der einzige Sohn mit einem Mädchen ankam, dass auch noch Muggel sympathisierte. Wie sollte das funktionieren?
Schnaufend schlug die Slytherin nach einer weiteren halben Stunde das dicke Buch zu und rollte das Pergament zusammen. Den Rest packte sie in ihre Tasche.
Stumm lief sie an Slughorn und Sprout vorbei, hinaus in die kalten Gänge von Hogwarts.
Ihre Beine trugen sie geradewegs in Richtung des mächtigen Eingangstores, das zu dem beliebten Außenhof führte.
Zwei Hufflepuffs kamen ihr entgegen.
Elin konnte sie tuscheln hören, sobald sie an ihr vorbeigelaufen waren, doch sie riss sich zusammen, versuchte es zu ignorieren und sich davon nichts vermiesen zu lassen.
Dann bog sie um die Ecke, durch die große metallene Tür.
Für einen kurzen Moment blieb Elinora stehen. Sie fuhr sich durch die Haare, atmete tief durch. Ihre braunen warmen Augen wanderten abwesend über den Hof, da bemerkte sie schon die bekannten hellen blonden Haare.
Draco saß auf einer der steinernen Bänke, umringt von einigen Schülern, überwiegend Mädchen.
Elin versetzte es einen Stich ins Herz, als sie das Bild vor sich sah.
Augenblicklich fühlte sie sich in der Zeit zurückgedreht, als er wohl der beliebteste aller Slytherins war und jeder des Hauses mit ihm befreundet sein wollte.
Auch diese Schüler, waren nur Slytherins. Es waren zwei Jungen dabei, die immer wieder verlegen lächelten, während Draco eifrig redete. Die Mädchen schmunzelten breit, die Augen strahlten durchgehend. Sie himmelten ihn an und Malfoy genoss es.
Elin schulterte unsicher ihre Tasche.
Sie war wie angewurzelt stehen geblieben und wusste nicht, was sie machen sollte.
Ihr war ganz und gar nicht danach sich in die Runde zu stürzen, während die anderen Slytherins ihren Freund anschmachteten.
Draco hatte sie nicht einmal bemerkt, er war viel zu sehr damit beschäftigt vor den anderen zu prahlen.
"Ey Malfoy, ist das nicht deine Freundin?!"
Die junge Hexe war erschrocken zusammengezuckt, als das voruwurfsvolle Rufen ertönt war.
Sie drehte ihren Kopf in Richtung des Jungen, der die Bemerkung losgelassen hatte.
Es traf sie der Schlag.
Ein paar Meter entfernt von ihr, saß tatsächlich Leofwine in einer unauffälligen Nische, mit einem Buch in der Hand.
Als die Blicke sich trafen, schenkte keiner der Geschwister dem anderen ein Lächeln.
Der Ravenclaw wandte nur irgendwann die Augen zu Draco und musterte ihn kritisch.
Der Blondschopf schaute endlich zu Elinora, welche noch immer etwas unbeholfen da stand.
Nervös trat sie von einem auf den anderen Fuß, als Draco den Schülern etwas Unverständliches zumurmelte, worauf diese sich schließlich aus dem Staub machten.
Ohne noch groß auf Leofwine zu reagieren, stand Malfoy auf, um dann zu ihr zu laufen.
"Hast du die dressiert?", fragte die junge Hexe mit verschränkten Armen.
Trotzig wich sie seinen Blicken aus.
"Wohl kaum," doch er grinste zufrieden,"warum schaust du so missmutig?"
"Mir gefällt das nicht," sprach Elin es einfach aus. Draco griff nach ihrem Arm, gleitete dann hinunter zu ihrer Hand und wollte sie verschränken, aber sie entzog ihm sofort die Hand.
"Was gefällt dir nicht?"
"Na, wie die dich anhimmeln!"
Malfoy seufzte. Die beiden liefen durch den Innenhof, nach draußen zu den schneebedeckten Ländereien.
"Ach, das ist doch normal, Elinora."
"Und ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass du mich nicht so nennen sollst!" Draco brummte widerwillig.
"Die Leute wollen endlich wieder was mit mir zu tun haben! Das Ansehen meiner Familie steigt wieder, freust du dich denn gar nicht?"
"Ich bekomme es ja mit!", keifte Elin ihn an. Sie liefen über die überdachte Brücke, um auf das andere Gelände zu kommen.
"Du erzählst mir ja jeden Tag davon, wie dein Vater wieder anfängt im Ministerium zu intrigieren!"
Malfoy verzog leicht säuerlich das Gesicht, als sie begann von seinem Vater zu reden. "Dafür kann ich doch nichts!"
"Aber du bist stolz darauf, dass dich die Slytherins wieder bewundern, so wie es früher mal war!"
Draco blieb stehen und verschränkt die Arme. "Willst du dich jetzt ernsthaft streiten?"
"Es gibt einfach so viel zu klären, Draco, und du verhältst dich als wäre alles in bester Ordnung."
"Glaub mir, es gehen mir genug Gedanken durch den Kopf. Dann brauche ich nicht noch jemanden wie dich, der mich dauernd darauf hinweist!"
Er reckte den Kopf stolz nach oben.
Dann entstand wieder dieser hochnäsige Ausdruck auf seinem Gesicht.
"Draco...," murmelte Elin nun sanft.
"Also gut," brummte Malfoy sichtlich genervt, "was willst du wissen?"
"Nein, nicht so..." Nachdenklich griff Elin nach seinen bleichen Händen und machte ein paar Schritte auf ihn zu. "Ich will nur, dass du weißt, dass du immer mit mir reden kannst. Über alles. Es gibt sicherlich Dinge, die im letzten Jahr passiert sind und die von deinen Eltern totgeschwiegen werden."
Malfoy seufzte kurz, jedoch wurde der ernste Ausdruck dann ein wenig freundlicher.
"So bin ich nun mal, Elin. Ich rede nicht oft über meine Gefühle oder so einen Schwachsinn."
"Das weiß ich doch," beschwichtigte sie ihn, "aber vielleicht tust du es irgendwann ja doch mal..."
"Ich bin wohl eine ziemliche Enttäuschung für dich, Marchbanks," sagte Draco kalt.
"Ach halt die Klappe, Malfoy," gab sie schnell zurück. Dann zog sie ihn am Kragen herunter zu sich und drückte die weichen Lippen auf seine.
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