der erste zusammenstoß
"Schneller, sonst kommen wir noch zu spät," rief Matilda Jones ihrer Freundin zu.
Elin Marchbanks hetzte hechelnd der Rothaarigen hinterher, während diese ohne sich sonderlich anstrengen zu müssen, sportlich durch die Gänge von Hogwarts rannte.
"Wir sind sowieso schon zu spät," meinte die Slytherin zurück, "Mach mal langsamer!"
Zu ihrem Verwundern verlangsamte Matilda tatsächlich ihr Tempo und sah sich um zu ihr.
"Du bist echt die unsportlichste Hexe, die ich kenne."
Ein schadenfrohes Grinsen erschien auf dem Mund von Jones.
Marchie streckte ihr nur die Zunge raus.
"Slughorn macht sowieso keinen Stress," meinte Elin, um ihren schleppenden Laufstil zu rechtfertigen.
Sie schulterte ihre Tasche und drückte dann die Bücher enger an sich.
Es fühlte sich an, als ob der Arm bald abfallen würde, so schwer waren all die Bände.
"Wir lernen dieses Jahr den Liebestrank, wusstest du das?"
Matilda verdrehte die Augen.
Sie lief nun direkt neben dem Lockenkopf.
"Hör auf immer dein ganzes Wissen herumzuposaunen, das nervt," brummte die Rothaarige zurück.
"Du bist nur neidisch, weil es dir keiner gesagt hat."
Matilda presste stumm die Lippen aufeinander.
Nun war es Elin, die schadenfroh grinste und zufrieden ihren Zopf hin und her wackeln ließ.
"Ich habe nun mal keinen großen Bruder," murmelte Jones etwas bedrückt.
Marchie klopfte ihr sanft auf die Schulter.
Ihr fielen beinahe die Bücher aus dem anderen Arm.
"Tut mir leid, ich wollte dich nicht kränken."
Aber Matilda schüttelte nur ihren Kopf und winkte mit ihrer freien Hand ab.
Die roten glatten Haare glänzten geheimnisvoll, als ein paar wenige Sonnenstrahlen darauf trafen.
Sie musste ein leichtes glückliches Schmunzeln unterdrücken, als ihre beste Freundin den großen Bruder erwähnt hatte.
Genau hatte Jones das kantige Gesicht mit den vollen rosanen Lippen vor ihren Augen.
Ihr Blick war augenblicklich verträumt geworden, da sie nun an den braunhaarigen Lockenkopf denken musste.
Ihr war warm ums Herz geworden.
Leofwine Marchbanks.
Wie seine warmen braunen Augen sie immer ansahen...
Ein tiefer Seufzer ertönte aus ihrem Mund.
"Leof hat das große Los gezogen und ist mit Malfoy in den meisten Kursen," gluckste Elin amüsiert.
Sie hatte ihre Freundin sofort wieder aus dem Bann gezogen, die nun etwas erschrocken zu ihr schaute.
"Der Arme...," kam es leise von der Rothaarigen.
Die Stirn runzelte sich nachdenklich.
"Die schmeißen ihn sowieso bald raus, oder denkst du die Malfoys haben sich geändert?"
Marchie zuckte mit ihren Schultern.
Über was sich Matilda alles Gedanken machte...
"Ist doch auch egal.
Wir sollten uns dieses Jahr nicht auf Klatsch und Tratsch versteifen, sondern uns bemühen die Prüfungen zu schaffen."
"Wie du meinst," meinte Jones, "Wettrennen bis zum Klassenzimmer?"
Elin Marchbanks zog die Nause kraus.
Ihr Kopf legte sich lustlos schief und sie blickte Matilda vielsagend an.
Nach einigen Momenten kam schließlich ein unbegeistertes "Na gut" von der jungen Hexe.
Und die beiden Schülerinnen hetzten los.
So schnell wie sie konnten rannten die Mädchen durch die alten steinernen Gemäuer des Schlosses.
Jeder einzelne ihrer raschen Schritte klang von den Wänden wieder.
Die langen Umhänge schwangen penetrant um ihre Beine herum, sodass sie beinahe darüber stolperten.
Matilda blickte lachend hinter sich und konnte eine keuchende Elin erspähen, die ihr einen ernsten Blick zuwarf.
Elin packte urplötzlich der Ehrgeiz und ihre Füße bewegten sich schneller, als sie es wohl jemals getan hatten.
Der Lockenkopf zog eindeutig an der Rothaarigen vorbei, die verblüfft auf ihren Rücken starrte.
Marchbanks wusste, dass sie nur noch um die Ecke spurten musste und das Rennen wohl dann gewonnen hätte, was noch mehr Entschlossenheit in ihr weckte.
Prustend bog sie nach Links, des Sieges sicher.
Doch es kam alles ganz anders.
Elin prallte gegen etwas großes und lag sofort auf dem kalten harten Boden des Ganges.
Die Bücher fielen mit einem lauten Geräusch auf den Boden, sowie ihre Tasche die ein paar Meter weiterflog.
Im Augenwinkel konnte die Slytherin erkennen, wie Matilda an ihr vorbeizog und sich an der Wand, neben der Tür des Klassenzimmers, abklatschte.
Sie fluchte verärgert auf und hielt sich den Kopf, der anfing zu brummen.
Dann hob sich Elins Blick vorsichtig.
Die warmen braunen Augen weiteten erschrocken, als sie in das spitze bleiche Gesicht von Draco Malfoy blickte.
Augenblicklich richtete sich ihr Oberkörper auf.
Ihre Stirn runzelte sich als eine komische Stille zwischen den beiden Slytherins herrschte.
Die kalten grauen Augen wichen ihrem Blickkontakt peinlich berührt aus, worauf Draco wieder aufstand und sich den Staub von der Uniform klopfte.
Aufgeregt war Matilda Jones herbeigekommen.
Ihre grünbraunen Augen musterten abwertend den blonden Mitschüler, welcher damit beschäftigt war die eigenen Bücher einzusammeln.
Elin konnte sehen, wie sich der ganze Körper ihrer Freundin versteifte und in ihrem Kopf zu viele beleidigende Gedanken auf einmal durchhuschten.
"Entschuldige, Draco."
Elin setzte ein Lächeln auf und griff ebenfalls nach ihren eigenen Büchern.
Malfoy hingegen sah sie nur verwirrt an, als er ihr freundliches Gesicht bemerkte.
Sein Kiefer spannte sich sichtbar an und er nickte nur stumm.
Auf Marchie wirkte es beinahe so, als ob er verängstigt wäre.
Als ob ihn jeglicher Mut verlassen hätte.
"Es steht dir gut," begann Elin einen Satz, "wie du deine Haare jetzt trägst."
Sie deutete auf die weißblonden Strähnen, die nun nicht mehr so streng zurück gekämmt waren.
Es kamen sogar einige Wellen zum Vorschein.
Malfoy schien es die Sprache verschlagen zu haben.
Verwundert fasste sich der blonde Slytherin an den Kopf.
Das Gesicht verzog sich nur noch mehr.
Offenbar musste er gerade an etwas komplett anderes denken.
"Danke," war seine kratzige Stimme zum ersten Mal zu hören.
Elin lächelte weiterhin.
Matilda Jones unterbrach die verhaltene Konversation der beiden und griff unsanft nach dem Unterarm ihrer besten Freundin, um sie dann an sich heranzuziehen.
"Typisch," keifte die Rothaarige mit bösem Blick zu dem Siebtklässler.
Die beiden anderen Slytherins schauten verwirrt zu ihr, während der Rotschopf weiterhin abwertend zu Draco sah.
"Stolpert arrogant durch die Gänge, ohne auf andere Rücksicht zu nehmen," maulte Tilda weiter.
Elins Stirn runzelte sich.
Rasch hatte sie ihrer Freundin den Arm entzogen.
"Beruhige dich, Matilda," meinte sie ernst, "ich bin diejenige, die mit ihm zusammengestoßen ist."
In Draco kam ein wenig Schadenfreude hoch, als er den verärgerten Blick der Sechstklässlerin bemerkt, aber er versuchte sogleich sich zu beherschen und nicht die Kontrolle über seine Gefühle zu verlieren.
Das Gesicht hatte sich ein wenig aufgehellt, die Augen hatten für einen Moment aufgeleuchtet.
"Was ist Vampirgesicht?", fuhr Jones ihn erneut an, "fallen dir gleich Beleidigungen wie Schlammblut ein?"
Die Slytherin stemmte erzürnt ihre Hände in die Hüfte.
Draco zog die Brauen hoch und runzelte die Stirn über das seltsame Verhalten seiner Mitschülerin.
Elin winkte nur ab.
Aus ihrem Mund kam ein nervöses Lachen.
"Nein," antworte Malfoy in sicherem Ton.
Schon merkte er wie die Augen von Elin Marchbanks nachdenklich auf ihm lagen.
Es wirkte auch etwas Verwirrung in ihrem Blick mit, da sie verwundert davon war, dass Draco sich dagegen wehrte die Beleidigung Schlammblut zu benutzen.
Standhaft starrte der blonde Junge dem Mädchen entgegen, während sie über sein Auftreten nachzudenken schien.
"Irgendwann wird es dir sicher rausrutschen, du rassistischer Hinterwältler," hetzte Jones weiter.
"Matilda!"
Elin stampfte bestimmt auf und wandte ihr Gesicht nun zu der Rothaarigen neben sich.
Deren Stirn runzelte sich, als ihre Freundin sich gegen ihre Bemerkung wehrte.
"Was?"
"Es bringt doch nichts," murmelte der Lockenkopf etwas leiser.
"Vor drei Monaten wäre ich wegen meiner Abstammung noch von Leuten wie ihm verfolgt worden!"
Aufgebracht deutete die Slytherin auf den blonden jungen Mann, welcher sie nur starr anguckte.
Elin drückte bedacht den Arm ihrer Freundin runter und versuchte ihr Tenperament mit einem bedeutendem Blick zu beruhigen.
"Was tust du überhaupt noch hier?", fragte Matilda ihn entrüstet, "Verschwinde!"
Marchbanks schnappte nach Luft und blickte kurz zu Malfoy, welcher betroffen schluckte.
Sie wusste nicht was sie tun sollte.
Natürlich verstand sie ihre Freundin voll und ganz.
Für Matilda waren die dunklen Zeiten besonders schlimm gewesen, da sie wochenlang hatte untertauchen müssen.
Nur die ersten Wochen war sie in Hogwarts erschienen, aber dann hatte sie es nicht mehr ausgehalten und war zurück zu ihren Eltern gegangen.
Tilda war womöglich nicht die einzige gewesen, welche den Gedächtnisspruch an ihren Eltern angewandt hatte und dann mit zwei anderen Muggelgeborenen komplett verschwunden war.
Elin hatte wochenlang nichts von ihr gehört.
Es hatte keinen kleinsten Hinweis darauf gegeben, dass sie noch lebte.
Die Todesser hatten das Ministerium unter ihre Kontrolle gehabt, das Land war nach Gegnern durchsucht worden.
Matilda wollte ihr bis heute nicht sagen wo genau sie sich aufgehalten hatte und wie sie all das überstanden hatte.
Jones war um einige Monate älter, als Marchbanks und hatte Glück gehabt, dass sie die Spur bereits verloren hatte, da ihr Geburtstag kurz zuvor gewesen war.
Sonst hätte sie wahrscheinlich kaum eine Chance gehabt sich zu schützen.
Aber Elin war froh, dass sie Hogwarts zu dieser Zeit verlassen hatte.
Die Brutalität, die den Jugendlichen abverlangt und zugefügt wurde, kamen besonders Muggelgeborene ab.
Noch heute schwirrten grausige Bilder durch ihren Kopf, wie die Carrow Geschwister einzelne Mitschüler behandelt hatten, die so mutig waren sich zu wehren.
Wahrscheinlich würde sie diese Gedanken niemals vergessen können.
"Dein Name ist Marchbanks, richtig?", hakte Draco Malfoy mit unsicherer Stimme nach.
Sie nickte nur. Zum Vorschein kam wieder dieses freundliche Lächeln.
"Elin Marchbanks."
Draco quälte seine Mundwinkel nach oben und nickte hektisch.
Wieder musterte Elin den blonden Slytherin mit einem nachdenklichen Blick.
Es war so komisch ihn zu sehen.
Mit ihm zu reden.
Nach all dem, was Elin von ihm gehört hatte, sollte er ein fieser arroganter Bengel sein, dem es nichts ausmachte andere herabzuwürdigen um sich selbst besser zu fühlen.
Auch hatte sie selbst das immer wieder in den letzten Jahren mitbekommen, wie Gryffindor Schüler schikanierte oder Muggelgeborene beschimpfte.
Es war völlig normal geworden, dass Draco Malfoy jeden mobbte und sich kaum einer gegen ihn wehrte.
Die meisten Slytherins hatte ihn wegen des Ansehens seiner Familie immer respektiert und geachtet, aber Elin war dem immer skeptisch gegenüber getreten.
Sie hatte ihn nie als besonders sympathisch oder nett empfunden, weshalb Matilda und sie ihn größtenteils gemieden hatten um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
Doch dieser junge Zauberer mit dem weißblonden Haar und den tiefgrauen Augen wirkte ganz und gar nicht wie der Draco Malfoy, den man kannte.
Hatte er einen Sinneswandel gehabt?
Aber Elin Marchbanks befürchtete, dass dieser Sinneswandel nicht freiwillig gekommen war.. Womöglich musste Draco, genauso wie viele andere, eine harte Zeit ertragen, während der Herrschaft von Voldemort.
Sie konnte sich noch genau an ihr fünftes Schuljahr erinnern.
Es war immer mehr um Malfoy gemunkelt worden, dass er nun auch ein Todesser wäre, so wie seine Eltern.
Es war nichts besonderes gewesen, schließlich waren die Eltern vieler Slytherin Schüler immer Diener des dunklen Lords gewesen.
Was aufmerksamkeitserregend war, war die Tatsache, dass Draco sich immer und immer mehr anders verhalten hatte.
Der Slytherin war zurückhaltender gewesen, in sich gekehrt, beinahe stumm.
Von ihm waren nur giftige Kommentare gekommen, wenn man sich danach erkundigt hatte, was denn los war, was aber auch nicht sonderlich oft vorkam.
Jeder hatte es bemerkt wie er dünner geworden war und seine Haut immer bleicher.
Aber es war ein schweigender Prozess gewesen.
Kaum einer hatte etwas gesagt.
Malfoy wurde wieder unbehaglich, da die Sechstklässlerin mit den schönen schwarzen Locken ihn viel zu lange anstarrte.
Draco wollte sich gar nicht ausmalen, was sie alles über ihn denken könnte.
Wahrscheinlich nur schlechtes.
Was sonst?
"Und das ist Matilda Jones," stellte Elin ihre Freundin vor.
Die Rothaarige reckte ihren Kopf nach oben.
Der Blondschopf wurde nicht eines Blickes gewürdigt.
Nervös nickte er nun auch in ihre Richtung.
Sie war also eine Hexe mit Muggelabstammung.
Draco blieb stumm.
Ein Gedanke huschte durch seinen Kopf.
Früher, als er ein gesteuertes naives Kind gewesen war, hätte er sie beschimpft.
Matilda wusste das.
Es schmerzte ihn ein wenig das verletzte Mädchen so zu sehen, mit Wut in ihren Augen, weil er sonst immer beleidigende Bemerkungen gegen Hexen wie sie, losgelassen hatte.
Aber es war ihm völlig egal.
Wie so vieles.
All seine erlernten Prinzipien, die ihm seine Eltern beigebracht hatten, rutschten immer mehr in den Hintergrund.
Draco Malfoy dachte so viel über seine Schuld nach, die er trug, dass er kaum noch Kraft hatte sich überhaupt so zu verhalten, wie ihn wohl jeder Erinnerung hatte.
Ein verwöhnter feiger Junge, der jeden zum Mobbingopfer machen konnte.
"Elin, wir müssen," brummte Matilda Jones.
Sie zog ungeduldig an dem Ärmel des Slytherin Umhangs, um die Aufmerksamkeit ihrer Freundin auf sich zu lenken.
Die warmen braunen Augen von der Schwarzhaarigen, lagen ihrer Meinung nach, viel zu lang auf dem blonden Zauberer.
Draco schaffte es nun schon ihr einige Momente entgegen starren zu können, aber es war ihm immer noch unangenehm so angesehen zu werden.
Elin warf ihm noch ein liebliches Lächeln zu, während sie verträumt nickte, und dann von Matilda Richtung Klassenzimmer gezogen wurde.
Ein verwirrter Draco Malfoy blieb noch für einige Sekunden in dem menschenleeren Gang stehen, sobald die beiden Hexen die Tür hinter sich geschlossen hatten.
Er versuchte noch voll und ganz die Stille von Hogwarts genießen zu können.
Auf ein kurzes Kapitel folgt ein langes! Hier ist es :)
Freue mich über jeden Kommi und Vote von euch💗
lg
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