#17 The one he loved for years

Pov Jimin

"Und dann saß er da unter dieser Brücke und ich bin zu ihm und habe ihm geholfen. Er war viel zu schwach als hätte er mir dort etwas tun können. Wie eine Hauskatze, die als Streuner nicht klarkommt." Ich lachte und nahm einen weiteren Schluck Soju aus der Flasche.
"Und es hat dazu geführt, dass er dir neun Jahre lang nichts getan hat." Entgegnete Soojae nüchtern.

"Warum willst du immer wieder darauf hinaus?" Ich lachte, "Er ist ja kein Serienmörder oder so."
"Definiert man einen Serienmörder dadurch, dass er viele Menschen auf dem Gewissen hat?"
"Ich habe mal gelesen, dass man jemanden erst einen Serienmörder nennt, wenn er mindestens drei Menschen zu je anderen Zeitpunkten und an verschiedenen Orten umgebracht hat." Man bemerkte deutlich, wie dieses Thema die Stimmung tötete. Die aufgedrehte Musik im Hotelzimmer wirkte dazu kontrapunktierend, wie in einem Film, als würde sie das Thema verherrlichen.

"Also ist mein Freund kein Serienmörder, soweit ich weiß." Ich versuchte das Thema abzuwürgen.
Soojae lachte leise auf, "Schlimmer."
Ich sah ihn verständnislos an.
"Denn wenn er mit dir fertig ist, lebst du noch."

Ich rückte auf seinem Bett, auf dem wir saßen, etwas weiter von ihm. "Jetzt wollen wir mal nicht übertreiben."
"Ich übertreibe nicht."
"So nennt man das, glaub mir." Meine Stimme wurde stärker. Ich würde nicht einfach dabei zuhören, wie jemand Mist über meinen Partner erzählte. "Ich habe keine Ahnung, warum eure Freundschaft an einem Streit gescheitert ist, aber egal was der Grund ist, ich denke nicht, dass du das Recht hast, ihn als einen Mörder darzustellen." Sagte ich. Dass ich teilweise so überschwenglich reagierte, bewies wohl auch, dass sich etwas Alkohol in meinem Blut bereits bemerkbar machte, was schon schlimm genug war. Ich trank nie, Yoongi tat es nicht, weil wir wussten, dass ihm dieses Gift nicht gut bekam. Das musste er wohl von seinem Vater mitbekommen haben. Und um es ihm nicht unter die Nase zu reiben, trank ich genauso wenig. Aber Soojae hatte mich überredet.

"Ich sagte nie, dass er ein Mörder ist. Das ist er nicht. Er hat es ja nicht geschafft, mich umzubringen." Nuschelte der jüngere.
"Ich glaube, Alkohol bekommt dir nicht so gut." Ich stand auf und wollte ihm die Flasche abnehmen, doch er weigerte sich und erhob sich ebenfalls.

"Meine Flasche ist noch halb voll, guck hin, ich bin der nüchterne von uns beiden. Und ich rede keinen Schwachsinn! Du weißt nur offensichtlich nicht, mit wem du neun Jahre deines Lebens verbracht hast!" Er sah mir mitten in die Augen und ich entdeckte einen Zorn, der über Jahre hinweg zurückgehalten wurde.
"Hör verdammt nochmal auf, Yoongi so schlecht darstehen zulassen!" Rief ich empört.
"Und wenn es die Wahrheit ist?"
"Wenn das so ist, sag mir doch, was passiert ist!"
"In Ordnung!"
"Okay."

Wir verstummten, starrten einander an. Ich hatte Angst. Angst davor, was er mir erzählen würde. Es würde nichts zwischen Yoongi und mich kommen, das würde ich nicht zulassen. Aber was war so schwerwiegend, dass er es mir nie erzählt hatte?

"Was weißt du über ihn, dass vor eurer Zweisamkeit passiert ist?" Fragte Soojae nach einigen Minuten gefüllt mit Schweigen. Und auf einmal sah ich ihn mit anderen Augen. Der Freund, den ich in dieser kurzen Zeit gemacht hatte, rückte in den Hintergrund und meine Augen sahen einen Bekannten Yoongis. Jemanden, den Yoongi kannte, ich jedoch nicht. Es fühlte sich an, als wüsste er mehr über meinen Partner als ich und das machte mir Angst.
"Ein Freund hat mir mal erzählt, dass... er einen anderen angegriffen hat, weil dieser ihm seine Liebe gestanden hat." Äußerte ich zögerlich.
"Davon weiß ich nichts, was die Wahrheit jedoch bestärkt. Noch etwas?" Soojae stellte seine Flasche auf dem Tisch ab und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Er soll einen Freund gehabt haben, der... überfahren wurde."
"Na da haben wir mich ja." Er schnaubte, "Hat er dir das erzählt?"
"Nein, wir haben nie darüber gesprochen." Ich wurde leiser und ein Gefühl der Enttäuschung machte sich in mir breit. Wir hatten nie darüber geredet, hatten nie über die Zeit geredet, in der es ihm so schlecht ging und hatten uns nur darauf konzentriert, dass die Zukunft besser werden würde. Mir wurde mit einem mal klar, wie viel ich von Yoongi nicht wusste. Unter anderem, weil ich mich nie getraut hatte, nachzufragen. Ich wollte nicht auf einen Punkt in ihm stoßen, der die Trauer oder Wut eines Momentes wieder aufleben lassen konnte. Und ich bereute es, je weiter dieses Gespräch ging.

"Hyung.. Ich bin dieser Freund." Beichtete Soojae und ich meinte ein Zittern in seiner Stimme zu hören.
"Aber du lebst, das kann nicht stimmen, du stehst vor mir." Stammelte ich und taumelte verwirrt zurück, bis ich an mein Bett stieß, worauf ich mich niederließ.
"Weil man dir nie die wahre Geschichte erzählt hat." Erklärte der jüngere und ich sah zu ihm auf. "Willst du die Wahrheit hören?"
Ich nickte zaghaft. Er setzte sich gegenüber von mir auf sein Bett und atmete durch.

"Yoongi und ich, wir... waren beste Freunde. Oder wir dachten, wir wären es. Wir haben alles zusammen gemacht, sind zusammen den Schulweg gegangen und haben in der Cafetaria zusammen gegessen. Er hat bei mir geschlafen, als seine Mutter gestorben und sein Vater im Alkohol versunken ist- Wusstest du das wenigstens?"

"Ja, darüber weiß ich bescheid. Das mit seinem Vater war wohl auch etwas, was uns zusammengebracht hat." Antwortete ich abwesend.

"Jedenfalls, die Zeit mit ihm war schön. Er hat mich behandelt, als würde es keinen anderen in seinem Leben geben und auch für mich war er der Grund, warum ich morgens überhaupt aus dem Bett kam. Und irgendwann haben wir dann bemerkt, dass es nicht einfach nur Freundschaft ist. Wir waren viel zu jung, er war fünfzehn, ich zwölf und es muss wohl daher gekommen sein, dass wir auschließlich Zeit mit dem anderen verbacht haben. Jedenfalls.. haben wir uns irgendwann geküsst. Ich weiß, du denkst jetzt, dass es komisch ist, weil vorallem ich so jung war.. aber Liebe kennt bekanntlich kein Alter, nicht wahr?"

Ich deutete ein Nicken an. Mehr konnte ich ihm nicht entgegenbringen. Es fühlte sich so komisch an, dass es vor mir noch jemand anderen gegeben hatte, mit dem Yoongi glücklich war. Nicht, dass ich den beiden etwas schlechtes wollte, doch ich konnte das Gefühl nicht verdrängen, Yoongi beanspruchen zu wollen. Er gehörte nicht mir, nur zu mir und das war mir klar, ich respektierte seine Entscheidungen und seine Beziehungen zu anderen, die zu dem rar waren, denn ich wusste, dass er sich nicht für jemand anderen entscheiden würde. Doch zuwissen, dass es einen weiteren Menschen gab, bei dem er so glücklich gewesen war, ließ mich unwohl fühlen.

"Ich dachte, es wäre alles gut, er wirkte so glücklich und verliebt... bis zu diesem einen Abend. Wir waren unten am Fluss gewesen und waren auf dem Weg zu mir. Wir waren den Weg auf der Brücke gegangen, um die Aussicht genießen zu können..."

Vergangenheit aus Soojaes Sicht

"Das war schön heute." Murmelte ich verlegen, als ich neben ihm herging.
"Mhm." Brummte er. Er wirkte abwesend, aber ich nahm es als verträumt auf. Neben uns rasten Autos in unregelmäßiger Zahl über den Asphalt, was mir bedrohlich vorkam.
Ich wollte nach Yoongis Hand greifen, was er im ersten Moment auch zuließ, doch je weiter wir gingen, desto weniger wollte er es und schließlich ließ er meine Hand los.
"Was ist los?" Fragte ich besorgt.
Er blieb stehen, "Nichts, ich.. es ist.." Ich stellte mich vor ihn und nahm seine Hände. Er konnte mir nicht in die Augen sehen, suchte die Dunkelheit in der Ferne nach irgendetwas ab.
"Sag's mir." Bat ich.
"Es ist nur.. wir sollten damit aufhören." Seine Stimme war rau, glich dem Wind, der meine Jacke trotz Futter durchdrang.
"Womit?" Ich bekam ein ungutes Gefühl.
"Mit.. diesem ganzen Getue."
"Was für ein Getue?"
"Händchen halten, küssen.. das ist nicht richtig." Er betrachtete die vorbeifahrenden Autos hinter mir.
"I-ich verstehe nicht-" Stammelte ich und festigte den Griff um seine Hände, worauf sein Blick auf sie fiel. "Was kann daran nicht richtig sein?"
"Es fühlt sich nicht gut an, Soojin." Sagte er und entzog mir seine Nähe, indem er losließ und ein paar Schritte ging.
Ich verstand nicht, was er mir damit sagen wollte. "Wie kann sich Liebe nicht gut anfühlen?" Fragte ich, ging damit wieder auf ihn zu und fing seinen Blick ein.
"Liebe," wiederholte er, "Wie können wir in diesem Alter überhaupt schon von Liebe sprechen?" Sein erkalteter Blick ließ auch mich gefrieren.
"Du liebst mich nicht?" Fragte ich nervös.
"Du bist ein Junge, genau wie ich.. denkst du wirklich, dass das sein soll?"
"Wer hat dir das denn eingeredet?"
"Mein Vater-"
"Ach, was weiß dein Vater schon von Liebe! Erinnerst du dich, warum du bei mir schläfst? Weil dein Vater ein Trinker ist und ein loses Mundwerk besitzt. Seinen Beleidigungen glaubst du doch auch nicht!" Schrie ich schon fast. Ich legte beide Hände an seine Schultern, um ihn bei mir zu halten und seine Aufmerksamkeit nicht zu verlieren.
Yoongi schien so verändert. So gereizt und gestresst. Als hätte er bereits die Antwort auf eine Frage, die er noch nicht gestellt hatte.
"Wenigstens hat mein Vater eine Familie gegründet und einen Sohn gezeugt. Das könnten wir nie." Er stieß benutzten Sauerstoff aus, der sich nebelhaft mit der kühlen Abendluft vermischte. Ich schüttelte den Kopf, wollte nicht verstehen, was er mir sagte. "Warum denkst du auf einmal über so etwas nach?" Fragte ich.
"Soojin, lass es einfach." Sagte er trocken und stieß meine Hände weg. In seinen Augen lag eine Aggression, die ich jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht erkannte.
"Yoongi-Hyung, ich liebe dich.." Flüsterte ich und versuchte erneut, einen Schritt auf ihn zuzugehen.
"Ich denke nicht, dass ich das erwidern kann."
"Natürlich kannst du-"
"Nein!"
Und da war der Moment schon gekommen, es zog sich, obwohl es mir viel schneller vorkam, als die tatsächliche Zeit es eigentlich zulassen sollte.
Mit voller Kraft stieß er mich in Richtung Straße, sodass ich mein Gleichgewicht nicht halten konnte und auf dem harten Asphalt aufprallte. Ich war benommen, realisierte erst was mit mir geschah, als es schon zu spät war. Eine schrille Hupe dröhnte in meinen Ohren, bevor mich etwas Kolossartiges traf und schließlich überrollte. Von da an spürte ich nichts mehr, vor Schock wurde ich taub. Ich lag auf der Straße, alleine und sah nur noch schwach, wie sich Yoongi vom Unfallort entfernte. Ich sah seine Füße, die nicht mich sondern die entgegengesetzte Richtung ansteurten...

Pov Jimin

"Und mit jedem Schritt, den er ging, spürte ich mein Herz brechen, Stück für Stück.." Soojaes Stimme wurde immer leiser und brüchiger, es herrschte eine nostalgische Atmosphäre im Raum, obwohl das, was erzählt wurde recht grausam war.

Ich spürte einen deutlichen Kloß in meinem Hals, wusste nicht, was ich sagen sollte, war sprachlos und entsetzt. Ich fühlte mich fehl am Platz und schuldig. Auch wenn ich es nicht war, der ihn geschubst hatte, fühlte ich mich schlecht, da ich ihm nicht geglaubt hatte. Und noch immer wollte mein Innerstes nicht glauben, dass Yoongi zu so etwas fähig war.

"Tut mir leid, ich... weiß nicht, ob ich das glauben kann." Sagte ich zögerlich und leise. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er zu so etwas fähig ist."

"Du brauchst einen Beweis?" Fragte er und stand auf. "Dein jetziger Freund hat zugelassen, dass ich mit einem gebrochenen Arm, einer Gehirnerschütterung und zwei gebrochenen Rippen, die zu einem Leberris geführt haben, selbst im Krankenhaus noch sterben hätte können. Das hier ist er schuld." Er legte Hand an seinen Pullover und zog ihn nach oben, zu Gesicht bekam ich eine Narbe, die viel mehr aussagte, als Worte es je konnten. Hinter ihr sah man Schmerz und ein Chaos, was sich auf Körper sowie Geist ausgewirkt hatte.

"Und rate mal, von wem ich nie wieder etwas gehört habe? Yoongi hat mich kein einziges mal besucht, sich nicht nach mir erkundigt, ich war ihm egal, wie ein Fleck auf der Windschutzscheibe. Aber anscheinend hat ihm das nicht gereicht. Während meines langen Krankenhausaufenthaltes hatte ich viel Zeit um über bestimmte Dinge nachzudenken. Und mit jedem Tag, den er nicht gekommen war, habe ich mehr eingesehen, dass er nie wieder kommen würde. Ich habe die Schule gewechselt, um neu anzufangen, denn ich wusste, außer Yoongi hatte ich an meiner alten Schule niemanden. Und da ich davor schon für einen schwulen Schwächling gehalten wurde, würde man mich sicher mobben, wenn ich jetzt alleine auftreten würde." Er lächelte ironisch, "Ich denke, wenn man ein Schicksal hat, kann man diesem wohl nicht entrinnen. Und so bin ich an eine Schule gewechselt, an der ich niemanden, jedoch jeder mich kannte. Er hatte herumerzählt, dass ich schwul war und auch die Gerüchte verbreitet, ich hätte ihn zu irgendetwas gedrängt. Ich weiß nicht, ob der Unfall oder die jahrelangen Schläge der anderen insgesamt schmerzvoller gewesen sind.
Er hat mich einfach ausradiert." Soojae drehte sich von mir weg. "Als wäre nichts einfacher."

"Aber warum reagiert er dann nicht auf deinen Namen? Ich habe ihm ihn doch letztens erst geschrieben." Faselte ich. Auch wenn ich nach allen Möglichkeiten suchte, die Yoongi entlassteten und damit Soojaes Vertrauen brach, war es es mir wert.
"Denkst du wirklich, ich wollte noch länger mit meinem alten Namen leben?" Als er sich wieder zu mir drehte, waren seine Augen bereits glasig. "Er kennt mich nur als Soojin. Den Soojin, den er damals umgebracht hat." Bei seinem gekränkten Anblick überkamen mich jedoch wieder diese Schuldgefühle. Mir war angeboren, dass ich Menschen nicht leiden sehen wollte und dass selbst mein stärkster Wille durch Tränen meines Gegenübers gebrochen werden konnte. So stand ich auf, lief zu dem jüngeren und umarmte ihn. Ich drückte sein Gesicht gegen meine Schulter und strich ihm über den Rücken.

"Ist schon okay, wir kriegen das hin."
"Was machst du? Ich muss nicht weinen, falls du das denkst-"
"Soojae... egal was du mir jetzt sagen würdest, ich sehe dir an, dass du verletzt bist. Dass man weint, heißt nicht, dass man schwach ist, sondern dass man für viel zu lange Zeit viel zu stark sein musste." Flüsterte ich ihm zu, während er regungslos blieb. "Und jetzt sag nicht, dass das gegen deine Männlichkeit spricht, ich habe vor Yoongi geweint, da kannte ich ihn gerade mal zwei Tage richtig."

Schließlich entfuhr dem größeren doch ein Schniefen, was mir ein sanftes Lächeln entlockte. Er wirkte so verloren in meinen Armen. Mit dem Wissen, dass ich jetzt hatte, dachte ich über unsere erste Begegnung nach. Er hatte am Anfang schon nur darauf bestanden, alles richtig zu machen, sodass ich ihn akzeptierte und nicht verurteilte.

Irgendwo im Hintergrund hörte man mein Handy Klingeln. Ich sah mich nach dem Geräusch um und zog Soojae mit zum Bett, als ich es dort entdeckte, ich würde ihn jetzt nicht mehr loslassen. Auf dem Display sah man ein Bild von Yoongi abgebildet.

"Schatz♡ ruft an..."

Zögernd nahm ich das Gerät auf, betrachtete das Bild eine Weile, bevor mich ein unterdrücktes Wimmern Soojaes wieder weckte.

Bereitwillig lehnte ich den Anruf ab und wandte mich wieder dem jüngeren zu.

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[Danke für's Kommentieren und Voten]

Helloww~
Jetzt beginnt der Spaß Freunde *Hände reib*
Ok sorry
Ich freue mich nur, weil ich richtig in der story drin bin huiii :3

Eine schöne Woche und einen schönen Tag euch noch♡

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