• Twenty •

Paul

Es gefiel mir absolut nicht, dass Tess zu den Cullens wollte. Ich traute ihnen nicht, wusste aber, dass ich es ihr nicht verbieten konnte, auch wenn ich es gerne getan hätte.
Ich verwandelte mich zwischen den Bäumen vor Tess Haus und lief nach Hause.
Zu Hause duschte ich schnell und zog mir irgendwas an, was halbwegs für eine Party geeignet war.
Nachdem ich fertig war, lief ich in Richtung Jake. Wir, also Embry, Quil, Jake und ich hatten uns bei ihm verabredet um dann zu den Cullens zu fahren.
Es war noch relativ früh, daher sahen wir Jake noch etwas zu, wie er an seinem Motorrad herumschraubte.
„Ich wette, das Rad wird nie fertig." Embry grinste und wich einer Schraube aus, die Jake warf.
Ich wollte gerade etwas sagen, als Jakes Handy klingelte.
„Bella, was gibts?", doch noch bevor er die letzte Silbe zu Ende sprechen konnte, erklang die panische Stimme von Bella. Durch unser gutes Gehör, konnte ich alles verstehen, was sie sagte.
„Ist Tess bei Paul? Alice hat gesehen, dass sie einen Unfall haben wird." mein Herz setzte einen Schlag aus.
„Sag, dass sie noch bei ihm ist." Jake sah zu mir. Verneinte jedoch, dass sie bei mir wäre.
„Alice hat gesehen, dass sie irgendwo Richtung Norden gefahren ist. Emmet und Jasper sind schon los." Mehr brauchte ich nicht, ich rannte aus der Garage. Ich verwandelte mich, ohne es richtig zu merken.
Mein Körper, voll mit Adrenalin und Angst. Noch nie in meinem Leben hatte ich eine solche Furcht verspürt, wie in diesem Moment. Was, wenn Tess bereits tot war? Würde ich es wegen der Prägung merken?
Ich hoffte nur, dass Tess noch in Ordnung war, bis ich sie erreichte. Es war mir egal, ob mich jemand sah, ich kreuzte Straßen und Weg. Doch die meiste Zeit lief ich quer durch den Wald.
Weit weg in meinem Kopf hörte ich Seths und Leahs Stimmen. Als sie jedoch begriffen, was los war, liefen auch sie Richtung Norden.
Wo hätte Tess hin gewollt? Sie hätte doch zu den Cullens fahren sollen. Ich hätte sie nie alleine lassen dürfen. Wir hätten gemeinsam zu den Cullens fahren müssen. Ich versuchte die Gedanken wegzuschieben, genauso wie die unzähligen Szenarien eines Unfalls. Wichtig war, dass ich sie jetzt fand.
Dann ganz leicht nahm ich Tess Geruch wahr. Irgendwo Richtung Nord-Osten. Ich sprintete weiter, Seth und Leah, waren nahe hinter mir.
Nahe der Straße roch ich noch etwas anderes, es war der Vampir, der auch in Bellas Haus gewesen war, wenn möglich stieg meine Angst noch.
Als ich auf die Straße trat, sah ich zuerst die Bremsspuren. Dunkel zeichneten sie sich gegen den grauen Asphalt ab.
Mein Blick folgte den Spuren, obwohl ich nicht wusste, ob ich sehen wollte, was am Ende unweigerlich wartete.
Bellas Truck hing schief neben der Straße. Sie musste seitlich gegen die Bäume geprallt sein. Weit und breit war jedoch kein Vampir zu sehen, doch tatsächlich war er mir im Moment auch egal.
Ich verwandelte mich zurück und stolperte die letzten Meter zum Auto.
Am Auto angekommen, stand die Fahrertür bereits auf, doch Tess saß noch darin, eingeklemmt zwischen Sitz und Airbag.
Ich lief die letzten Meter zu ihr, versuchte die schlechten Gedanken beiseite zu schieben, die immer lauter wurden, da sie sich nicht bewegte.
„Baby?", ich hoffte, sie würde antworten und streckte die Hand aus, doch als ich ihre Wange berührte, kippte ihr Kopf zur Seite. Ihre Augen waren geschlossen. Fast sah es so aus, dass sie schlief, wäre da nicht das Blut, dass ihr aus der Nase lief. Es war noch frisch, wäre ich nur ein paar Minuten schneller gewesen. Meine Hand legte sich vorsichtig an ihren Hals. Als ich ganz leicht Puls ertastete, fiel mir ein Stein vom Herzen.
Leah und Seth kamen atemlos hinter mir aus dem Wald gelaufen. Doch ich beachtete sie nicht. Vorsichtig schnallte ich Tess ab. Sie kippte mir entgegen und so behutsam wie möglich fing ich sie auf.
Seth half mir sie neben das Auto auf einen Pulli zu legen, den er dabei hatte. Er reichte mir auch eine Hose, die ich anzog. Doch sofort ließ ich mich wieder neben Tess fallen.
„Wir müssen einen Krankenwagen rufen." Leah kniete sich neben mich.
Tess sah schrecklich aus, ihr Arme waren mit kleinen Splittern übersät, die wahrscheinlich aus der Windschutzscheibe oder den Seitenfenstern stammten.
Außerdem begann ihre Nase bereits blau anzulaufen, genau wie teile ihrer Arme. Jeder Blick zu ihr stach mir ins Herz, doch ich wollte und konnte nicht wegsehen. Plötzlich flatterten ihre Lieder und sie holte keuchend Luft.
„Baby?", flüsterte ich. Doch ihr Blick ging ins Leere. Vorsichtig griff ich nach ihrer Hand, sie war kalt und ihre Muskeln schlaff. Ich spürte Tränen in meinen Augen brennen, als ihr Kopf wieder zur Seite kippte.
Ich hob Tess in eine halb aufrechte Position, damit ich sie etwas wärmen konnte. Sie wirkte so unendlich zerbrechlich in meinen Armen. Immer noch spürte ich Leah neben mir knien, wahrscheinlich sagte Seth im Reservat Bescheid, um Hilfe zu holen. Leah legte eine Hand auf meine Schulter, sie sagte jedoch nichts, vielleicht weil sie wusste, dass es nichts gab, was es besser gemacht hätte.
Dann roch ich die Cullens und keine Sekunde später, standen, wie Bella gesagt hatte, Jasper und Emmet vor uns.
„Ein Krankenwagen ist unterwegs, Carlisle ist auch gleich da." Ich sah nicht auf, mein Blick galt immer noch, nur ihr. Ihr Atem war flach und unregelmäßig. Aber sie atmete, ich hoffte, es würde so bleiben.
Nur widerwillig gab ich Tess aus den Händen als Carlisle auch neben uns auftauchte. Doch ich wusste, dass es das Beste war, auch wenn es mir nicht gefiel. Aber im Moment ging es nicht um mich, sondern um Tess
Ich folgte jeder Bewegung von Carlisle.
„Ich kann nichts Genaues sagen, mindestens aber ein paar Knochenbrüche." Dann stoppte er kurz.
„Innere Verletzungen kann ich aber auch nicht ausschließen.", in mir zog sich alles zusammen. Es hörte sich schlimm an.
Dann hörte ich weit entfernt Sirenen, die viel zu langsam näher kamen. Ich hielt Tess Hand, die immer noch reglos war. Wieso war ich gegangen und hatte sie alleine gelassen?
Als der Krankenwagen bei uns hielt, sah ich das erste Mal auf. Zwei Sanitäter stiegen aus, sprachen kurz mit Carlisle und holten dann direkt die Liege. Ich wäre gerne bei Tess geblieben, doch mir war klar, dass ich nicht mitfahren dürfte, da ich kein Familienmitglied war. Außerdem würde Carlisle bei ihr bleiben, auch wenn ich ihn nicht mochte, wäre es wohl das Beste. So konnte er sie direkt behandeln.
Uns wurde noch gesagt, dass sie nach Forks ins Krankenhaus kommen würde und dann war der Wagen weg. Wie betäubt sah ich den Rücklichtern nach und ballte meine Fäuste. Ich hätte es verhindern können, aber ich hatte es nicht.
„Es ist nicht deine Schuld." Leah, die immer noch hinter mir stand, legte erneut ihre Hand auf meine Schulter.
Ich schwieg, es stimmte nicht, aber das könnte sie nicht begreifen. Emmet und Jasper verabschiedeten sich und so standen nur noch Leah, Seth, der etwas weiter hinter uns stand und ich auf der dunklen Straße. Ganz plötzlich kam die Wut, eiskalt und stechend pulsierte sie durch meinen Körper und ich begann zu zittern. Warum hatte ich es nicht verhindert? Warum war ich nicht bei ihr geblieben? Warum war ich nicht schneller hier gewesen? Ich merkte wieder kaum, dass ich mich verwandelt hatte, nur dass der Waldboden unter mir herzog.
Ich lief eine ganze Zeit lang, irgendwo hin. Ich wusste nicht mehr genau wo ich war, aber es war auch egal. Das Versprechen, dass ich Tess gegeben hatte, hatte ich gebrochen. Ich hatte gesagt, dass ich sie beschützen würde, dass ihr nichts passieren würde.
Immer wieder erklangen die Stimmen von Leah, Embry, Jacob und Jared in meinem Kopf, doch ich schob sie bei Seite, verstand sie gar nicht richtig. Erst als Sams Alpha Stimme erklang, hörte ich zu.
„SIE BRAUCHT DICH!", ich wusste, was er meinte, doch war mir nicht sicher, ob es stimmte. Dennoch versuchte ich diese glühende Wut beiseite zu schieben, für sie.

Ich hatte es geschafft und tat es immer noch, die Wut in den hintersten Winkel meines Kopfes zu verbannen. Mittlerweile, saß ich im Krankenhaus im Warteraum. Bei mir saß nur Jared. Er sprach nicht, musste er auch nicht, schließlich wusste er, wie es mir ging, er hatte es selber gespürt.
Ich hatte mein Gesicht in die Hände gelegt. Immer wieder sah ich Tess fast leblosen Körper vor mir, ihre schlaffe Hand in meiner und ihr kurzer Blick der an mir vorbeiging.
Wir warteten bereits eine gefühlte Unendlichkeit. Als wir angekommen waren, wurde uns nur mitgeteilt, dass sie im Schockraum war.
Bella und Edward waren auch aufgetaucht, sie saßen etwas abseits von Jared und mir. Bella hatte gemurmelt, dass es nicht meine Schuld gewesen sei, doch ich hatte es nicht geschafft zu antworten.
„Swan?", eine Schwester, bedeute uns, dass wir mitkommen sollte.
Sie führte uns in ein Büro. Carlisle stand vor seinem Tisch und hatte ein paar Zettel in der Hand.
„Wie gehts ihr?" Bella sah Carlisle flehend an, auch wenn er nichts an ihrem Zustand ändern konnte.
„Den Umständen entsprechend. Das wichtigste ist, dass sie stabile ist und am Leben bleiben wird." Kurze Erleichterung durchströmte mich.
„Aber?" Fragte ich, denn er hörte sich gewaltig nach einem „aber" an.
„Sie hat mehrere Frakturen und eine Gehirnerschütterung. Dadurch, dass sie sich den Kopf gestoßen hat, können wir noch nicht sagen, ob sie vielleicht eine Amnesie haben wird." Mir wurde schlecht, vielleicht könnte sie sich nicht an mich erinnern. Aber sie würde leben. Ein Leben, in dem sie mich vergessen hatte, wäre besser, als gar kein Leben.
„Wir können erst Genaueres sagen, wenn sie wach ist." Bella dankte Carlisle, doch ich schaffte es nicht zu sprechen.
„Sie ist noch nicht wach, wir mussten einen Bruch operieren. Aber ihr könnt zu ihr. Nur gebt, ihr ruhe."
Der Weg zum Zimmer ging viel zu langsam, die Schwester, ließ sich Zeit.
„Hey, man, ich sage den anderen Bescheid. Ich muss nicht mit kommen." Ich nickte auf Jareds Aussage und drehte mich zur Tür. Es kostete mich Überwindung, sie aufzudrücken und in das abgedunkelte Zimmer zu gehen. Bella folgte mir, Edward blieb auch draußen.
Mein Herz zog sich, wie heute so oft zusammen.
Von der Tür aus erkannte ich nicht viel, nur dass Tess einen Zugang hatte, über den eine Flüssigkeit in ihren Arm lief. Viel zu laut hörte ich das stetige Tropfen im stillen Zimmer. Als ich näher trat, konnte ich auch einen Schlauch in ihrer Nase erkenne, inzwischen war sie dunkel verfärbt und auch teile ihrer Wangen waren blau. Ihr Arm war Bandagiert, wahrscheinlich, wegen, den ganzen kleinen splittern. Ein dicker Gips war um ihr Bein gelegt, wahrscheinlich einer der Brüche.
Falls möglich wirkte sie noch zerbrechlicher, als vorhin am Auto.
Bella setzte sich neben sie und ich konnte eine Träne in ihren Augen erkennen.
„Charlie ... ich muss Charlie Bescheid sagen." Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Augen und verwand nach draußen.
Ich war alleine mit Tess. Langsam trat ich näher an ihr Bett.
Vorsichtig griff ich nach ihrer Hand
„Es tut mir leid." flüsterte ich. „Es ist meine Schuld, es tut mir leid." Doch sie bewegte sich nicht, keine Reaktion, nur das stetige Tropfen und ihr ruhiger Atem waren zu hören. Ich zitterte, nicht aus Wut. Schuld und Trauer waren nun viel größer und kämpfte mit den Tränen.
Was hatte ich getan?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top