• Thirty •
► Paul ◄
Bella war tot, das hießt wir griffen die Cullens an, um das Ding zu töten. Doch was ich als Erstes sah, ließ mein Herz brechen.
Tess saß auf den Dielen vor der Glasfront an dem Boden. Ihre Arme und Hände waren dunkel, wahrscheinlich Bellas Blut, Seth kniete vor ihr, doch er verwandelte sich als er uns sah.
Sie bemerkte uns, doch sah weg. Die Cullens, zumindest die, die da waren, kamen raus, um sich uns in den Weg zu stellen.
Meine Augen galten jedoch nur Tess, die sich erhob und ging. Sie lief die Straße entlang, als wären weder die Cullens oder wir da.
Plötzlich fühlte ich mich schuldig, ich sollte nicht hier kämpfen und sie weggehen lassen. Ein paar Minuten, als sie verschwunden war, konnte ich nicht anders als ihr nach. Sam befahl mir zwar stehenzubleiben, seine Worte schrien förmlich durch meinen Kopf, doch es war mir egal. Seit Tagen, fast Wochen, hörte ich auf seine Befehle und geißelte mich dafür selber. Ich war zwar selber schuld, dass Tess sauer war, doch Sam würde mich jetzt nicht aufhalten.
Schnell fand ich sie. Inzwischen war sie nicht mehr auf dem gepflasterten Weg, sondern lief in Schlangenlinien durch den Wald.
Tess bemerkte mich nicht, obwohl ich nahe bei ihr lief. Sie starrte nur vor sich und stolperte weiter. Warum hatte ich es so weit kommen lassen? Hätte ich es überhaupt weniger schlimm machen können?
Nach einer langen Zeit ließ sich Tess auf den Boden sinken, neben einem Baum sank sie in die Knie und blieb starr sitzen.
Diese Zeit nutze ich, um mich zu verwandeln und mir eine Hose anzuziehen. Als ich wieder zu Tess kam, rieb sie sich panisch die Arme, an denen das Blut nun angetrocknet war.
„Tess? Baby?" Ich sprach leise ihren Namen, doch sie reagierte nicht. Erst als ich meine Hand auf ihre legte, sah sie zu mir.
„Ich bin da", murmelte ich, während ich sie langsam zu mir zog. Sie krallte sich an mich, als ob sie Angst hätte, ich würde gleich wieder verschwinden. Doch dieses Mal würde ich bleiben, für immer. Ich würde es nie wieder schaffe, Tess im Stich zu lassen. Ich hielt sie eine ganze Zeit lang, ihren zitternden Körper, der immer wieder von Tränen geschüttelt wurde.
Als ich mich langsam löste, versuchte sie mich festzuhalten. Doch bestimmt, da es im Wald viel zu kalt wurde, löste ich ihre Finger, damit ich sie hochheben konnte.
Der Weg zum Reservat dauerte etwa 20 Minuten. 20 Minuten, in denen Tess ins Nichts starrte und sich an mir fest klammerte.
Quil stand vor meinem Haus, anscheinend wollte er sehen, ob ich Tess gefunden hatte und ob es ihr gut ging.
Er öffnete kurz den Mund, sagte jedoch nichts und klappte ihn wieder zu. Er klopfte mir kurz auf die Schulter. Irgendwie beruhigte es mich, dass er nicht sauer war, dass ich sie vorhin alleine gelassen hatte. Doch hätte er nicht das gleiche für Clair gemacht und Sam für Emily? Warum sollten sie also sauer sein? Und selbst wenn, Tess war wichtiger.
Im Bad ließ ich sie vorsichtig auf ihre Füße.
Ich legte meine Hände an ihre Wange, als sie verloren inmitten des Zimmers stand.
„Baby? Möchtest du alleine duschen?" Doch sie starrte mich nur an, als ob sie mich nicht verstand.
Sie steht unter Schock. Schoss es mir durch den Kopf. Was hatte sie nur sehen müssen?
Ich küsste ihre Stirn und half ihr dann, sich auszuziehen.
Dabei fiel mir auf, dass auch ich blutige Abdrücke auf der Brust hatte, wahrscheinlich von Tess Händen.
Ich duschte zusammen mit ihr, wobei es mir einen Stich versetzte, sie so reglos zu sehen. Als sie sich angezogen hatte, brachte ich sie ins Bett.
Gerade als ich mich neben sie legen wollte, klingelte es. Auch wenn es mir widerstrebte, musste ich gehen, denn ich roch, dass es Sam war.
Vorsichtig küsste ich Tess auf die Stirn: „Ich bin gleich wieder da." Dann wand ich mich zur Tür. Es schmerzte mich sie alleine zurückzulassen, doch Sam war immer noch mein Alpha und ich musste mich zur Verantwortung stellen.
Als ich die Tür öffnete, schlug mir neben Sams Geruch auch der Regen, der eingesetzt hatte, ins Gesicht.
Ich sprach nicht, trat nur zur Seite, um Sam ins Haus zu lassen. Wir setzten uns an den Tisch und schwiegen eine kurze Zeit.
„Es tut mir leid.", etwas überrascht sah ich ihn an.
„Als Freund oder Alpha?" Sam schmunzelte.
„Als beide, aber als Freund mehr." ich nickte.
„Ich hätte dich nicht zwingen dürfen, die Cullens anzugreifen, vor allem ihretwegen." Ich nickte, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich den Befehl, nicht zu kämpfen, hätte folgen können. Schließlich waren mir die Cullens egal.
„Es war nicht deine Schuld. Die ganze Situation war ..." ich schwieg, Sam wusste war ich meinte. Wie Tess damals schon gesagt hatte, wir würden nie wissen, was passiert wäre, hätten wir es anders gemacht. Ich hätte schließlich direkt mit ihr reden können, vielleicht oder sehr wahrscheinlich wäre dann alles anders gewesen.
Erneut schwiegen wir eine Zeit lang, hingen dem vielleicht der verschiedenen Entscheidungen und versäumten Möglichkeiten nach.
„Wie geht es Tess?", meine Gedanken huschten zu ihr. Ihr leerer Blick und die Starre, die die ganze Zeit von ihr Besitz ergriffen hatte.
„Ich weiß es nicht.", ich wusste tatsächlich nicht, ob ihre Reaktion normal war oder wie lange es so bleiben würde und was wichtiger war, wie ich ihr am besten helfen konnte.
„Sag Bescheid, wenn wir helfen können. Ansonsten nimm dir so viel Zeit, wie du oder ihr braucht." Ich nickte dankend.
„Emily hat schon angekündigt, morgen Essen herzubringen." Ich lächelte.
„Danke" Sam erhob sich.
„Ich verschwinde mal wieder. Gib Bescheid, wenn was ist." Auch ich erhob mich und ging mit zur Tür. Der Regen hatte nachgelassen und der Mond erhellte ein wenig die nasse Straße.
Zum Abschied hielt Sam mir die Hand in, in die ich einschlug. Es war mehr als nur ein Händedruck. Freundschaft und Vertrauen. Sam war mehr als nur ein Alpha, als Alpha hätte er nicht herkommen müssen, um sich zu entschuldigen. Er hätte mich eher bestrafen sollen, schließlich hatte ich mich seinem Befehl widersetzt. Aber als Freund, wusste er, warum ich es getan hatte und vergab mir, genauso wie ich ihm vergab.
Nur kurz sah ich ihm nach, dann schloss ich die Tür und ging wieder zu Tess.
Sie lag im Bett, wie ich sie zurückgelassen hatte, nur dass ihre Augen geschlossen waren. Es beruhigte mich etwas, dass sie eingeschlafen war, doch als ich mich neben sie legte, öffnete sie ihre Augen wieder.
„Paul?" Das erste Wort, seit ich sie im Wald gefunden hatte.
„Ja?", ich drehte mich zu ihr.
„Danke.", ich strich ihr durch die Haare und küsste ihre Stirn.
„Du musst dich für nichts bedanken." es war selbstverständlich gewesen, zumal ich sie davor, solange im Stich gelassen hatte.
Tess schwieg eine Zeit lang und ich glaubte, dass sie schlief. Doch dann zog sich ihr Körper zusammen und ich hörte ein Schluchzer. Gerne hätte ich ihr den Schmerz abgenommen, doch alles, was ich tun konnte, war sie im Arm zu halten.
► Tess ◄
Ich schlief unruhig und wurde immer wieder wach. Erinnern konnte ich mich nur schemenhaft an gestern Nacht und was passiert war. Natürlich wusste ich noch, dass Bella gestorben war, dass ich durch den Wald gelaufen war und dass Paul mich zu ihm nach Hause gebracht hatte.
Aber ansonsten kamen immer nur kurze Erinnerungsfetzen in meinen Kopf und nichts zusammen hängendes.
Zwei Tage lang lag ich viel im Bett und schlief die meiste Zeit. Zwar war ich traurig, doch eigentlich war es eher, weil ich fertig war. Die Tage bei den Cullens und vor allem das Ende hatte mir mehr zugesetzt als gedacht. Paul wich die ganze Zeit nicht von meiner Seite.
Ich lag schon länger wach und hing meinen Gedanken nach, als Paul neben mir sich bewegte.
Er wollte gerade etwas sagen, als ich meine Lippen auf seine legte. Mir war klar, dass er langsam über die letzten Wochen reden wollte, doch ich wollte nichts hören, weder dass es ihm wegen unseres Streites leid tat noch, die Frage wie es mir ging.
Für einen kleinen Moment wollte ich ein normales Leben, was ich eindeutig nicht hatte.
Paul schien überrascht, doch zog mich dann zu sich.
Mir war klar, dass wir oder ich irgendwann sprechen mussten. Tot schweigen war keine gute Idee, aber es war gerade so viel einfacher.
„Ich mache was zu Essen.", sagte Paul nach einiger Zeit, in der wir geschwiegen hatten.
Auch wenn ich lieber mit ihm liegen geblieben wäre, nickte ich.
Die Gedanken an Bella schob ich zur Seite, noch klappte schon die ganze Zeit ganz gut.
Paul ging nach unten, während ich mich umzog, was eigentlich nur hieß, dass ich mir eine Jogginghose von ihm anzog und das Shirt, was ich bereits trug, anbehielt.
Das Essen verlief ebenfalls schweigend, doch die Stille war nicht unangenehm. Ich war froh nichts zu hören und vor allem nicht sprechen zu müssen.
„Tess... Ich weiß, dass du nicht sprechen möchtest, aber ..." er schwieg kurz und ich sah auf meine Finger.
„Ich weiß.", sagte ich schließlich. Ich wusste selber, dass es schlimmer wurde, wen ich nicht redete und dass das zwischen Paul und mir nicht besser wurde, wenn wir es einfach vergessen würden.
„Ich bin dir nicht mehr böse." Sagte ich schließlich. Ich hörte Paul merklich ausatmen.
„Ich war es, aber schon bei den Cullens habe ich dir verziehen."
„Es tut mir trotzdem Leid.", er nahm meine Hand und drückte sie leicht.
Ich lächelte ihn leicht an.
Bevor ich weiter sprechen konnte, klopfte es. Ich sah zu Paul, der lächelte und mir bedeute, zur Tür zu gehen.
Zögerlich stand ich auf. Ich hatte etwas Angst, dass die Jungs draußen standen und für mich da sein wollte, was zwar süß wäre, aber nicht das ist, was ich brauchte.
Doch es war Chloé. Sprachlos sah ich sie an und ganz plötzlich kamen die Tränen. Bella, die ich die ganze Zeit verdrängt hatte, kam unaufhaltsam in meinen Kopf.
Meine beste Freundin zog mich in den Arm und wir standen eine Ewigkeit eng Arm in Arm in der offenen Tür.
„Lass uns ein wenig gehen.", ich sah kurz zu Paul, der von der Küche aus zu uns sah, dann zog ich mir meine Schuhe an und ging in den noch nebligen Tag.
„Was machst du hier?" Chloé lächelte.
„Embry hat mich eingeladen, schon vor ein paar Tagen. Aber ich wollte mich nicht einmischen und vor allem brauchte ich etwas Zeit." Dann hatte Embry ihr also alles erklärt, was mir einen Stein vom Herzen fallen ließ.
„Mir ist so einiges klar geworden, seit dem Gespräch mit ihm." Ich lächelte kurz und dachte an damals, das so weit weg wirkte, als ich ihr nicht erklären konnte, warum Paul für mich nur für eine Stunde zum Internat gekommen war und an die anderen Kleinigkeiten, die ich ihr verschwiegen hatte.
„Möchtest du erzählen, was passiert ist?", ich schwieg kurz, eigentlich nicht, doch ich musste und auch wenn es weh tat, wusste ich, dass es danach besser sein würde. Also begann ich. Erst nur die weit entfernten Sachen, wie Paul und ich uns kennengelernt hatten und diesmal musste ich nichts verheimlichen. Dann erzählte ich von Riley, dem Unfall und dem Kampf, von Bella und der Hochzeit, von den Unstimmigkeiten zwischen den Werwölfen und den Vampiren und wie sehr mich es nervte. Schließlich erzählte ich von Pauls Heimlichkeiten und schließlich von der Zeit bei den Cullens. Inzwischen waren wir an den Klippen angekommen und wir ließen uns auf einen Baumstamm nieder.
Ich schwieg eine ganze Zeit lang, bevor ich zum letzten Teil kam.
„Ich erinnere mich nur schemenhaft", murmelte ich und versuchte die Bruchstücke von der Nacht zusammenzusetzen.
„Das ist ganz normal und vielleicht brauchst du einfach noch Zeit. Aber denkt dran, dass ich für dich da bin." Chloé legte ihren Kopf auf meine Schulter und erneut schwiegen wir. Wir saßen eine Ewigkeit an den Klippen und lauschten dem Meer. Ab und an kamen Tränen, die ich laufen ließ, auch wenn es mich anstrengte und es weh tat.
„Danke", murmelte ich schließlich. Chloé knuffte mich in die Seite, „Das ist doch selbstverständlich." Doch, das war es nicht. Weder dass ich Chloé hatte, noch dass Paul mich liebte. Es war etwas Besonderes und ich war dankbar.
„Weißt du, ich habe immer noch kein College gefunden. Ich habe mir gedacht, dass ich erstmal bleibe." Ich lächelte meine beste Freundin an.
„Da freut sich Embry sicher.", ich wischte mir über meine Wangen, die wahrscheinlich inzwischen ganz rot waren.
Cholé schmunzelte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top