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Ich war schon immer relativ naiv, weswegen ich viele falsche Freunde hatte. Aber da gibt es viele, denen es so geht. Nur irgendwann wurde daraus Angst und diese Angst wurde zu meinem Feind. Diese Angst hat aus mir dieses kleine, schüchterne Mauerblümchen gemacht, das ich über Jahre hinweg war. Und irgendwann hat mich diese Angst krank gemacht. Vor vier Jahren hat es angefangen, dass ich nicht mehr schlafen konnte und Nächte durchgeweint habe. Das ich Todesangst hatte, mir diese Angst aber durch keinen logischen Punkt erklären konnte. Wie auch soll sich ein 10-jähriges Mädchen erklären, dass es Nachts im Bett liegt und Angst hat, jede Sekunde sterben zu können? Irgendwann wurde es in der Schule dann so schlimm, dass meine Lehrerin mit meinen Eltern gesprochen hat und verlangte, mich in psychologische Behandlung zu geben, da sie von der Schule aus keine Sicherheit mehr für mich garantieren können. Dann kam ich also zu einer Psychologin. Nach einem halben Jahr kam dann die Feste Diagnose „Angststörung". Für mich selber bedeutete das aber herzlich wenig. Ja, ich bin jetzt psychisch krank, und jetzt? Die Antwort ist Therapie. Und ich habe es gehasst wie die Pest. Jeden Dienstag für zwei Stunden. Aber ich habe es gemacht. Ich habe gelernt, wie ich mit Panikattacke umzugehen habe, wie ich mit meinen Schlaftropfen, Pastillen und den Beruhigungstropfen umzugehen habe.

Und das war das einzige, was ich nützlich fand. Das einzige nützliche, was ich für mich in der Therapie gelernt habe. Denn es hat mir geholfen. Dann habe ich vor knapp einem Jahr Wattpad entdeckt. Ich habe angefangen zu schreiben und habe Menschen kennengelernt. Eine meiner jetzt besten Freundinnen ist mittlerweile 18 und meiner Meinung nach schwer depressiv. Ich bin kein Psychologe, aber ja. Es gab Nächte, in denen ich so Angst hatte, dass sie sich die Pulsadern wieder aufschneidet. Ich hatte so Angst einen Menschen, der für mich wie eine große Schwester ist, zu verlieren. Und irgendwann habe ich eines realisiert: Ich kann sie nicht mehr halten. Ich habe realisiert, dass ich nicht mehr in der Lage bin sie davon abzubekommen, wenn sie sich wirklich umbringen will. Ich habe realisiert, dass ich sie gehen lassen muss, wenn sie gehen will. Und das war eines der schlimmsten Gefühle, die ich je gefühlt habe. Es war schlimmer, als meine Krankheit. Es war schlimmer als meine eigene Todesangst, die ich Nachts mit Tropfen meist erfolgreich unterbinden kann. Es war einfach ein Gefühl von absoluter Hilflosigkeit.

Dann habe ich auch noch ein anders Mädchen über Wattpad kennengelernt. Ich nenne sie immer Honey. Sie war, als ich sie kennengelernt habe, der glücklichste, positivste und euphorischste Mensch, den ich kenne. Sie hatte ein so schönes Lachen. Mit ihr konnte man immer Lachen, man konnte mit ihr immer reden, man konnte alles positive der Welt mit ihr machen. Sie wurde mit der Zeit zu meiner besten Freundin. Und dann erlosch ihr Lachen und sie begann sich von mir zu distanzieren. Sie kam an den gleichen Punkt, an dem ich sie gehen lassen muss. Und so war auch das Gefühl der Hilflosigkeit wieder mehr als präsent. Aktuell weiß ich nicht, ob ich noch ihre beste Freundin bin, aber ich hoffe es. Dann habe ich ebenfalls eine andere sehr gute Freundin über Wattpad kennengelernt. Sie ist ein Sonnenschein, auch, wenn ihre Familiäre, sowie Schulische Situation viele zum zerbrechen bringen würde. Und doch bleibt sie stark. Sie ist neben Honey meine beste Freundin und ich bewundere sie sehr. Ich bewundere sie sehr für ihre Stärke und für alles, was sie aushält. Ich habe sie unfassbar dolle lieb.

Und jetzt kommt der Punkt, der mich zu dem gemacht hat, der ich genau jetzt bin. Um das zu verstehen muss ich wieder vier Jahre zurück greifen und erklären. Sei vier Jahren habe ich den Gedanken Mädchen um ein ganzes interessanter zu finden als Jungs. Soweit so gut. Jedoch habe ich das immer verdrängt. Ich hatte genug mit meiner Therapie zu tun gehabt und wusste nicht mal, dass es gleichgeschlechtliche Liebe überhaupt gibt. In der Welt meiner Eltern existiert sowas nicht. Dann habe ich vor einem Jahr ein Mädchen über Wattpad kennengelernt, für welches ich sofort geschwärmt habe. Irgendwann waren wir zunächst Bekannte. Dann Freunde, dann beste Freunde und dann wurde mir klar, dass ich mich in dieses Mädchen verliebt habe. Und alle Gedanken, Vermutungen, Theorien und einfach alles von vor vier Jahren war wieder so präsent in meinem Kopf. Und das war mir alles zu viel. Ich hatte Angst. Mittlerweile wusste ich auch, was Homosexualität ist und dass es existiert. Und irgendwann wusste ich, dass ich es selbst bin. Und dann habe ich es ihr irgendwann gesagt. Und ich hatte das größte Glück der Welt. Wir sind nun seit dem 4.2.2017 zusammen. Und seit dem hat sich alles verändert. Ich bin selbstbewusster geworden, ich fühle mich wohler in meiner Haut, ich habe weniger Angst, ich bin glücklich. Ich bin im großen und ganzen wirklich glücklich.

Natürlich habe ich viele Ängste. Ich habe immer noch die Angststörung und Angst davor, dass meine Eltern meine Sexualität nicht akzeptieren, wenn sie davon erfahren, aber ich möchte die schönen Momente leben. Mit den Menschen, die mich glücklich machen. Mit den Ängsten kann ich mich befassen, wenn sie eintreten. Zwar klappt das nicht immer, aber ich bin froh, dass mein Leben jetzt so ist, wie es ist. Denn es gibt vieles, was mich glücklich macht. Und der größte Punkt ist definitiv meine Freundin. Denn mit ihr kann ich alles schlechte überstehen. Vielleicht war das jetzt alles ein bisschen sehr chaotisch, aber ich hoffe, dass man sie verstehen konnte. Und eines möchte ich sagen: Nimm deine Ängste, Sorgen und Probleme ernst, aber erkenne auch vermeintlich kleine schöne Momente und schätze die schönen Dinge im Leben. Das war meine Geschichte.

~ Julia K.

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