Die Gegenwart ist der größte Baustein der Zukunft


,,Du schaffst das schon, mein Schatz. Das Gespräch ist nur dafür da, um dir zu helfen, dir möchte niemand etwas Böses.'', sagte Lukas aufmunternd ins Handy, welches ich dicht gepresst ans Ohr hielt, während ich eingesperrt in einer der Kabinen der Jungstoilette hing.
Gleich würde es soweit sein. Gleich würde ich das lang gefürchtete Gespräch mit meinem Klassenlehrer führen, mit dem ich heute schon eine Doppelstunde Mathe hatte, in der er mich nochmal daran erinnern musste.
Er hatte mir versichert, dass ich keine Angst haben brauchte und eigentlich wusste ich das auch, dass in diesem Gespräch niemand mit dem Baseballschläger auf mich warten, auf mich einprügeln und mich fragen würde, wieso ich so ein dummer Vollidiot bin.

Aber ich wusste auch, wie kaputt mich so eine Art von Konversation machen konnte. Das ganze Jahr gab ich keinen einzigen Fick auf Schule, bis auf diesen einen Tag, wo mir meine verbaute Zukunft vor Augen geführt wurde.
Ich hatte wirklich Angst, denn gerade lief mein Leben so verdammt gut und endlich war ich wieder glücklich. Ich hatte einen wundervollen festen Freund, ein noch viel besseres Verhältnis zu meiner Mama und auch in der Schule lief es besser denn je.
Ich wollte mir das Alles nicht wegen meiner Psyche kaputtmachen lassen. Die Stimmen in meinem Kopf, die sich in den letzten Wochen ungewöhnlich ruhig verhalten hatten, klopften jetzt schon hämisch lachend an der Tür und wurden immer lauter.

Ich hatte auch gar nicht vorgehabt, Lukas anzurufen und ihn damit zu belasten. Schließlich hatte er gerade auch einiges an Stress wegen der Schule, weil für die nächsten Wochen sehr viele Tests und Klausuren angekündigt wurden.
Aber aus dem Impuls heraus, dass ich nicht die nächste Straßenbahn nach Hause nahm und meine Mama mit meinem Klassenlehrer alleine ließ, hatte ich seine Nummer gewählt und den grünen Hörer gedrückt.
Ich brauchte einfach jemanden, der mich wieder zurück auf den Boden der Tatsachen holte und wer eignete sich dafür besser als Lukas. Das schnelle Entgegennehmen meines Anrufs hatte mich dann aber gewundert, denn laut Stundenplan müsste er gerade im Unterricht sitzen. Aber auf die Nachfrage, hatte Lukas nur erwidert, dass ich mir darum keine Sorgen machen sollte.

,,Okay, es hat gerade zum Unterricht geklingelt.'', erklärte ich Lukas, nachdem folgendes Signal durch das Gebäude gehallt war und mit leicht zittrigen Fingern drehte ich das Schloss um, um aus der Kabine zu treten.
,,Baby, bleib' bitte ruhig, du atmest schon wieder total schwer. Es wird alles gut und du bist nicht alleine.'', versuchte mich Lukas sofort herunterzubringen, während ich nach meinem Rucksack griff und mir diesen überschulterte.
,,Obwohl... Wenn ich jetzt umfalle, schlage ich mir an der Heizung den Kopf auf und muss wegen 'ner Platzwunde ins Krankenhaus. Dann verschiebt sich das Gespräch auf unbestimmte Zeit...'', antwortete ich nachdenklich und musterte die beschmierte Heizung.
,,Ich verpass' dir gleich 'ne Platzwunde! Raus aus dem Klo und weg von Heizungen!''

Ich musste lachen und checkte mich noch einmal im leicht zerstören Spiegel, den die Siebtklässler vor einigen Wochen 'aus Langeweile, weil ist ja sonst nichts zutun' mit Steinen in einer Freistunde beschmissen hatten.
Ich schüttelte mit dem Kopf, verließ die Toilette und ging auf den Flur, wo einige Schüler noch durch den Schulflur rannten, um pünktlich in den Unterricht zu kommen oder draußen vor der verschlossenen Klassenzimmertür warteten, weil der Lehrer noch nicht da war.
Ich seufzte leise und würde gerne mit ihnen tauschen. Selbst den blöden Biologieunterricht mit Frau Knappig, den der Rest meiner Klasse gerade hatte, würde ich lieber über mich ergehen lassen, als dieses Gespräch zu führen.

,,Lukas?''
,,Ja?'', machte dieser nur.
,,Ich würde dann erstmal auflegen, mein Klassenlehrer kommt sicherlich gleich. Falls irgendwas sein sollte, schreibe ich dir.'', erwiderte ich nervös und spürte, wie ich wieder zu schwitzen anfing.
,,Alles gut, mein Schatz. Meld' dich, wenn das Gespräch vorbei ist und sag' mir dann, wie es gelaufen ist.'', lächelte dieser.

,,Mach' ich. Dir viel Spaß in der Schule. Danke, dass du überhaupt rangegangen bist und dich um mich gekümmert hast. Ich wollte nicht nerven.'', erwiderte ich schuldbewusst und seufzte leise.
,,Du kannst mich nicht nerven und natürlich gehe ich ran, Baby. Es freut mich, wenn ich dich etwas herunterbringen konnte. Ich wünsche dir viel Glück, du packst das.'', antwortete Lukas aufmunternd.
,,Ja, Danke, das hat mir sehr geholfen. Ich melde mich dann. Tschüss.'', verabschiedete ich mich grinsend von Lukas, ehe ich das Handy vom Ohr abnahm, auflegte und zurück in meine Hosentasche wandern ließ.

Ich atmete tief durch, fuhr mir durch die Haare und lehnte mich gegen die Wand neben unserem Klassenzimmer. Meine Hände begangen leicht zu zittern und der Schweiß unter meinen Achseln, konnte mit denen der Sechstklässler mithalten, die noch kein Deo kannten.
Ich wollte es nur noch hinter mich bringen und hoffen, dass wirklich alles gut gehen würde. Auch wenn ich gerade nichts lieber tun wollte, als wegzurennen, musste ich mich der Verantwortung stellen - schließlich hatte ich es mir selbst eingebrockt. 
Hätte es schon deutlich früher bei mir Klick gemacht, müsste ich jetzt nicht hier stehen, beziehungsweise, ich müsste keine Angst davor haben, mal wieder vor Augen geführt zu bekommen, wie schlecht es um meinen Schulabschluss stand.

,,Oh, ist er noch gar nicht da? Ich dachte schon, ich wäre zu spät. Entschuldigung, es hat etwas länger gedauert. Ich hab' mich mit einer meiner Damen verquatscht.'' Die Stimme meiner Mama, die gerade die Treppen nach oben kam und sich neben mich stellte, holte mich aus den Gedanken.
,,Nein, alles gut. Ich glaube...äh... Ich glaube, er sucht noch alles zusammen. Du weißt ja, manche Lehrer tragen die Noten nicht pünktlich ein und so.'', erwiderte ich beruhigend und lächelte sie schief an.
,,Wird sicherlich gleich kommen. Aber ansonsten geht es dir gut?'' Mama sah mich etwas besorgt von der Seite an, streichelte mir über die Schulter und eifrig nickte ich, weil ich nicht darüber reden wollte.

,,Ich hab' bis eben mit Lukas telefoniert, der hat mich etwas runtergebracht.'', gab ich zu, lächelte halbherzig und hoffte, dass sie mir die Nervosität und Angst, die dick und fett auf meiner Stirn geschrieben stand, nicht anmerken würde.
Mama wusste nach all den Jahren zwar, wie ich auf diese Gespräche reagierte und, dass ich jedes Mal unendlich aufgeregt vor diesen war, jedoch versuchte ich immer wieder, mir nichts davon anmerken zu lassen.
Ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen diesbezüglich machte, denn es reichte schon, dass sie heute überhaupt schon wieder zu so einem Gespräch kommen musste, obwohl ich ihr beim letzten Mal geschworen hatte, dass so etwas nie wieder vorkommen würde.

Aber was hatte ich auch erwartet? Dass ich mich in einem Jahr ändern und es wirklich hinkriegen würde? Bis ich mal in meinem Kopf bekommen würde, dass es im Leben so viel mehr als Drogen, Sex und Partys gab, würde ich schon längst im Grab rotieren.
Wäre das hier nicht meine allerletzte Chance, würde ich genau hier stehen und meiner Mama scheinheilig versprechen, dass ich im nächsten Schuljahr alles besser machen würde und sowas auch nie wieder vorkommen wird.
Eigentlich ist es schon traurig, dass ich ihr das Versprechen mittlerweile seit über 5 Jahren machte und sich noch immer nichts gebessert hatte. Jedes Jahr aufs Neue kamen wir an genau diesen Punkt und drehten uns nur noch im Kreis. Aber was erwartete ich auch?

,,Entschuldigung, es hat etwas länger gedauert. Es kamen noch einige Schüler zu mir und wollten etwas zu einer Aufgabe wissen. Und wenn man schon einmal dabei ist, soll man auch direkt alles erklären.'', kam mein Lehrer lachend die Treppen hoch und zückte seinen Schlüsselbund.
,,Ach, alles kein Problem, wir haben Zeit.'', winkte meine Mama gelassen ab. Ich nickte nur stumm und musste einmal schwer schlucken, nachdem ich das Notenbuch in seiner Hand bemerkt hatte, bei dem nochmal deutlich in Zahlen niedergeschrieben stand, dass meine Intelligenz nur bis zur nächsten Wand reichte.
Er schloss die Tür auf, bat uns herein und mit Beinen aus Wackelpudding, trat ich mit Mama zusammen in den Klassenraum. Er wies uns an einen Tisch, auf dem Mama und ich uns auf den Stühlen niederließen und mein Lehrer selbst nahm noch einen Stuhl dazu, um diesen an den Tisch zu schieben, während er die restlichen Sachen darauf ablegte.

,,Also, erstmal einen schönen guten Tag, Frau Wolbers. Es freut mich, dass sie das Alles einrichten konnten und sich auch die Zeit nehmen.'', begrüßte mein Klassenlehrer meine Mama lächelnd und schlug das Klassenbuch auf.
,,Bevor wir mit dem ernsteren Teil beginnen, muss ich sagen, dass ich stolz darauf bin, dass du die letzten drei Wochen jeden Tag zur Schule gekommen bist, Tim. Das freut mich richtig, dich hier immer wieder sitzen zu sehen.'', lächelte er und ich erwiderte dieses.
,,Also wirklich, da kannst du dir einmal auf die Schulter klopfen. Ich hab' auch nochmal meine Kollegen gefragt und die freut das auch, dass du jetzt so gut mitarbeitest, dich meldest und auch mal freiwillig was abgibst.'' Soweit so gut...

,,Wenn du so weitermachst, kann das echt was werden. Ich hoffe, dass du am Ball bleibst, auch wenn ich gleich ein paar unschöne Dinge sagen werde. Aber gibt es erstmal Fragen?'' Unsicher sah mein Lehrer zu uns, doch Mama und ich schüttelten beide mit dem Kopf.
,,Du wirst ja mit hoher Wahrscheinlichkeit dieses Jahr deinen Schulabschluss machen. Das ist auch bei der Beruflichen Reife geblieben, oder?'' Ich nickte und musste mir das Lachen verkneifen. Sehe ich etwa so aus, als würde ich was anderes schaffen?
Mein Klassenlehrer lächelte, griff nachdem Notenbuch und am liebsten wollte ich aufstehen und den Raum verlassen, weil ich wusste, was gleich folgen würde und, dass ich das nicht hören wollte.

,,Ich weiß, dass wir letztes Jahr schon darüber gesprochen hatten, aber da du ja von vornherein gesagt hattest, dass du gerne wiederholen möchtest, haben wir es nur zum Teil angerissen.'', fing mein Lehrer an und sah in das Heft.
,,Also, wenn du den einfachen Hauptschulabschluss machen möchtest, muss der Gesamtdurchschnitt bei 4,4 liegen. Außerdem braucht man eine Mindestnote von 4 in allen Fächern, ein Ausgleich ist aber mit einer 3 möglich.''
,,Beim Ausgleichen ist es aber so, dass 4 Fächer insgesamt ausgeglichen werden können. Bei dir ist das erstmal nur in 2 Fächern möglich, da dass Gesetz vorgibt, wenn jemand in Deutsch oder Mathe 5 steht.'' Na das klingt ja rosig. Wo kann ich mich bitte vergraben gehen?

,,Die Englischprüfung fließt hier nicht mit ein. Was nicht unbedingt der Freifahrtschein dafür sein soll, dass du sie verhauen kannst, aber falls du dort einen Blackout haben solltest oder es nicht gut läuft, ist das nicht allzu schlimm.'', beruhigte er mich lächelnd. Na super, das bringt ja sehr viel...
,,Dafür zählen aber die Halbjahresnoten von Mathe und Deutsch doppelt, genau so wie die Projektprüfung, die vor circa einem Monat abgegeben werden musste.'' Mein Klassenlehrer musterte mich einmal vielsagend und ich lief rot an, weil ich natürlich nichts abgegeben hatte.
,,Die schriftlichen Noten in Deutsch und Mathe zählen hingegen wieder normal. Also, das sind im Allgemeinen die Anforderungen, die der Staat stellt, damit wir überhaupt einen Hauptschulabschluss vergeben dürfen.'', erklärte er und wir nickten stumm.

,,Ich hab' mir deine Noten angesehen, Tim und ich weiß, dass das scheiße klingt, aber gerade sieht es so aus, als könntest du es nicht schaffen.'', seufzte er leise. Was du nicht sagst, Sherlock...
,,Aber ich bin optimistisch und glaube, dass das etwas werden kann, auch wenn es für dich gerade nicht den Anschein macht. Du hast wirklich Potenzial und die letzten drei Wochen haben gezeigt, dass du kannst, wenn du nur willst.''
,,Wenn ich nicht daran glauben würde, dass du es schaffst, würde ich auch nicht dieses Gespräch mit dir führen. Aber du zeigst, dass du ehrgeizig und diszipliniert bist und auch das erreichen kannst, was du gerne erreichen willst.'', sprach er aufmunternd auf mich ein. Wirklich?

,,Werfen wir erstmal einen Blick auf deine Noten, damit du einen ungefähren Überblick darüber hast, wo du dich noch verbessern musst und wo du so bleiben kannst - obwohl du dich da natürlich auch dort gerne verbessern darfst.'', lächelte er und sah auf seine Notizen.
,,Die größten Probleme sehe ich bei dir vor allem in Physik und Mathe. Da wäre es schon wichtig, wenn du dich auf eine 4 verbesserst, weil man eine 6 nicht ausgleichen kann. Eine 5 würde zum Beispiel in Mathe gehen, aber auch nur, wenn du in Deutsch auf eine 3 kommst.''
,,Meine Empfehlung wäre, dass du versuchst in Physik und Geschichte mindestens auf eine 4 zukommen, was auch für alle anderen Fächer, bis auf Deutsch, Mathe, Kunst, Sport, Musik, sowie die Wahlpflichtfächer gilt.'' Ach du Heilige...

,,Wie gesagt, vor allem für Mathe und Deutsch würde ich dir dringend empfehlen, auf die 3 zu kommen, weil du damit noch einiges ausgleichen kannst, falls du zum Beispiel in Geschichte oder Sozialkunde nicht auf die 4 kommst.'', fuhr er fort.
,,Du zeigst besondere Leistungen in Kunst, Musik und Sport, aber leider helfen diese Fächer bei dem Abschluss nicht. Es schwierig, mit diesen Noten etwas auszugleichen, weil es nun mal nur Nebenfächer sind.''
Ich nickte verstehend und sah zu meine Mutter, die mit großen Augen auf das Notenheft starrte und ähnlich baff wie ich über diese ganzen Informationen schien. Dass es mit dem Abschluss nicht einfach werden würde, ist von Anfang an klar gewesen, dass es aber so viel zu beachten gab, nicht.

,,Ich weiß, dass das gerade sehr viel Input gewesen ist, den man erstmal sacken lassen muss. Ich möchte dir aber sagen, Tim, dass du keine Angst haben brauchst, weil wir das hinkriegen werden. Es wird vielleicht viel und es wird dich an deine Grenzen bringen, aber wir schaffen das.'', munterte mein Klassenlehrer mich lächelnd auf.
,,Die Abschlussprüfungen sind in fast zwei Monaten, was heißt, dass wir noch etwas Zeit haben. Ich kann dir versprechen, dass alle Kollegen euch entsprechend darauf vorbereiten werden und wir auch so früh wie nur möglich damit anfangen werden. Keiner von euch wird dort ins kalte Wasser geschubst. Wir verlangen nur von euch, dass ihr da seid und mitmacht, wenn wir euch darauf vorbereiten.''
,,Und für die restlichen Noten kann ich dir nur empfehlen, so weiterzumachen, wie du es in den letzten Wochen auch getan hast. Wenn du immer mitschreibst und dich meldest, kannst du dir schon mal eine gute Mitarbeitsnote verdienen. Dann auf jeden Fall fleißig für Tests lernen, Hausaufgaben machen und sich auch ruhig mal trauen, etwas freiwillig abzugeben, wenn der Lehrer das anbietet.'' Soll ich euch auch noch 'nen Kuchen backen, wenn wir schon dabei sind?

,,Ich weiß, dass du Mathe nicht besonders magst und dich immer freust, wenn es ausfällt, aber ich habe eine kleine Hausaufgabe für dich mitgebracht. Wenn du willst, kannst du das gerne machen und mir zum Bewerten abgeben. Keine Sorge, falls es schlechter als eine 3 sein sollte, trag' ich die Note nicht ein.'', erklärte er mir und schob mir einen Zettel entgegen. Ih, Prozentrechnung...
,,Ich kann dir nur empfehlen, auch mal bei den anderen Lehrern nachzufragen, ob die Aufgaben für dich haben, die du Zuhause bearbeiten kannst und zu einem bestimmten Termin abgeben darfst. Ich verstehe, dass ihr Schüler nach der Schule lieber im Bett liegen und schlafen wollt', aber für solche freiwilligen Arbeiten kriegst du sehr viel Zeit, darfst auch das Internet nutzen und dir von Außenstehenden zur Hilfe holen - vielleicht fällt dir das ja leichter, als einen Test zu schreiben.''
,,Und wenn du möchtest, kann ich auch gerne nochmal mit dir durchrechnen, welche Noten du wo bekommen musst, um das entsprechende Ziel zu erreichen. Egal was ist, wenn du Fragen hast, kannst du immer zu mir kommen. Auch wenn du dich nicht traust, einige Lehrer nach Aufgaben zu fragen, dann mach' ich das auch gerne für dich. Oder... es müssen ja noch nicht mal Aufgaben sein, du kannst ja auch nach Vorträgen fragen, dafür sind wir immer sehr offen, nimmt uns ja auch einiges an Arbeit ab.'', lachte er vielsagend. 

,,Und eine Sache, die ich noch dringend ansprechen muss, sind deine Fehlstunden, Tim. Ich habe vor dem Gespräch nochmal zusammengezählt, wie viele das eigentlich sind und... Wow, das ist eine Menge.'', pustete mein Klassenlehrer geräuschvoll die Luft aus und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Jetzt geht's richtig los...
,,Du weißt, dass wir eine gewisse Toleranz haben, was unentschuldigte Fehlstunden angeht und wir immer versuchen, erst das Gespräch mit euch zu suchen, bevor wir rechtliche Schritte einleiten, aber du musst wirklich aufpassen. Kurz gesagt; Die Toleranzgrenze bei dir ist nur noch sehr gering und du darfst dir noch 10 Fehlstunden erlauben, bevor die erste Mahnung eintritt und wir dich leider von der Schule schmeißen müssen.'' Ach du scheiße...
,,Das klingt jetzt alles sehr hart und das ist es auch. Aber mir ist wichtig, dir das nochmal gesagt zu haben. Aber ich bin zuversichtlich und glaube, dass du dir das nicht verspielen wirst. Mach' weiter wie jetzt und dann brauchst du auch keine Angst haben. Du packst das und falls irgendwas ist, darfst du mich gerne ansprechen.'', lächelte er mich ermutigend an und mir blieb nicht mehr als ein Nicken übrig. Du bist so ein Idiot!

,,Okay, das wäre es von meiner Seite. Falls es Fragen gibt, dürfen diese gerne gestellt werden. Ich hoffe, dass soweit aber erstmal alles klar ist, auch wenn das gerade sehr viele Informationen auf einmal gewesen sind.'', lächelte er und sah zwischen mir und meiner Mutter hin und her.
,,Nein, ich hätte keine Fragen. Aber vielen lieben Dank, dass Sie uns so aufgeklärt haben. Ich denke, dass das Timi sehr geholfen hat.'', erwiderte meine Mama und strich mir beruhigend über den Rücken. Um noch mehr Zukunftsängste zu bekommen auf jeden Fall....
,,Nicht dafür. Wir versuchen wirklich alles, um unseren Schülern den Schulabschluss so angenehm wie möglich zu machen. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass Tim das packen wird.'' Hör' doch auf mit diesem scheinheiligen Getue!

,,Also, wenn du auch keine Fragen hast, Tim, wären wir fertig. Es klingelt sowieso gleich und dann musst du ja auch schon wieder weiter.'', lächelte mein Klassenlehrer mich an und ich nickte nur stumm. Konnte nicht die Decke herunterfallen und mich einfach platt drücken?
,,Neee, alles gut. Ich hab's verstanden.'', erwiderte ich kleinlich, hielt mir die Tränen zurück und verstaute den Zettel, den er mir eben gegeben hatte, sehr, sehr tief in meinem Rucksack, weil ich davon nichts sehen wollte.
,,Okay, dann wären wir soweit fertig.'', klatschte er einmal in die Hände, lächelte uns an und erhob sich vom Stuhl, was Mama und ich ihm gleich taten, ehe wir Richtung Tür begleitet wurden.

,,Also wirklich, Tim, falls du noch irgendwelche Fragen oder Sorgen haben solltest, kannst du jederzeit zu mir kommen. Ich wollte dir mit dem Gespräch auch keine Angst einjagen. Das klingt alles etwas kompliziert und schwierig, aber wir kriegen das hin und du bist auch nicht der Einzige, dem es so geht. Du hast jetzt schon so einen großen Fortschritt gemacht, auf den du sehr stolz sein kannst.'', lächelte er, bevor mein Lehrer die Tür öffnete und ich nickte nur stumm.
,,Dann bedankte ich mich bei Ihnen, Frau Wolbers, dass Sie die Zeit gefunden haben und dir, Tim, wünsche ich noch eine schöne Chemiestunde mit Herr Rottenberg. Wir sehen uns dann morgen wieder.'', verabschiedete mein Lehrer sich von uns und reichte meiner Mama die Hand, die sie lächelnd entgegennahm.
,,Dankeschön und bis zur Abschlussfeier. Einen schönen Feierabend später.'', verabschiedete sie sich lachend, bis ich die Türklinke herunterdrückte, weil ich nur noch raus aus diesem Raum und mich am liebsten für immer in Luft auflösen wollte. Das ist zu viel für mich!

,,Ist alles gut, mein Schatz?'', fragte mich Mama, nachdem sich die Tür zum Klassenzimmer geschlossen hatte und musterte mich sichtlich besorgt von der Seite.
,,Ja klar.'', erwiderte ich lässig und zuckte mit den Schultern.
Ich lächelte sie an, doch sofort bannten sich die ersten Tränen ihren Weg in die Freiheit. Ich begann leise zu schluchzen, vergrub die Hände im Gesicht und bevor ich fallen konnte, nahm mich Mama fest in den Arm.

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