Das erste Mal saufen und ein unangenehmer Anruf


Durch die Sonnenstrahlen, die durch das kleine Fenster des Kellers schienen und mein Gesicht kitzelten, wurde ich wach und schlug langsam die Augen auf.
Ich kniff sie aber sofort wieder zusammen und drehte mich auf die Seite, bei welcher ich mich sofort an Marcels Arm festklammerte, welcher sich schon die ganze Nacht über fest um mich geschlungen hatte.
Ich gab nur ein leises Seufzen von mir und wollte heute am liebsten gar nichts tun, sondern einfach nur im Bett liegen bleiben. Dies war gar nicht mal so unwahrscheinlich, denn Marcel war so fertig von der Arbeit und wollte die nächsten Tage am Besten nur noch durchpennen.

Ich war während seiner Erzählung tatsächlich schon mittendrin eingepennt und hatte auch sonst soweit ziemlich gut geschlafen.
Eigentlich hatte ich vermutet, dass ich diese Nacht absolut nicht pennen konnte, weil mich die Sache mit Ronny und der Gang viel zu sehr aufgewühlt hat, sodass ich kaum ein Auge zukriegen würde.
Aber Marcels beruhigende Stimme, seine schützende und vor allem auch behaarte Brust und die Geschichte, in der mein Leben noch völlig in Ordnung und unbeschwert war, hatten mir die nötige Ruhe gegeben und ich konnte mit einem Lächeln auf den Lippen in aller Seelenruhe friedlich einschlafen.

Ich lächelte, drehte mich wieder zurück, öffnete die Augen und sah meinen besten Freund, wie ein Vollidiot grinsend, beim Schlafen zu.
Ich war echt froh darüber, dass ich diesen wundervollen Jungen an meiner Seite haben durfte und ihn Alex damals, aufgrund seines Kuscheltieres, angesprochen hatte.
Wer weiß, ob ich je großartig Kontakt mit ihm aufgenommen hätte oder ob es nicht nur bei einer einfachen Schulfreundschaft geblieben wäre, die man in seinem näheren Bekanntenkreis des öfteren mal hatte.
Aber ich war froh darüber, dass Marcel nicht nur irgendein Schulfreund, sondern mein bester Freund geworden ist, welcher hoffentlich bis zu meinem Tod an meiner Seite verweilen würde.

Marcel hatte, ebenso wie Alex, alles erdenkliche mit mir durchgemacht und kannte mich sogar schon fast besser, als ich mich selbst. Er hatte mir schon so oft in sämtlichen Krisen geholfen, ist mit mir zusammen durch die größte Scheiße gegangen und war immer für mich da, wenn ich ihn einmal brauchte.
Marcel war diese Art von Freund, welchen man ohne jegliche Bedenken um drei Uhr nachts, mitten in der tiefsten Nacht, anrufen und von seinen Problemen erzählen konnte. Er war überhaupt nicht sauer deswegen, klang auf gar keinen Fall genervt dabei, sondern telefonierte solange mit einem, bis der frühe Morgen anbrach und er schon bald wieder los zur Arbeit musste.
Solche Nächte kamen bei mir nicht gerade selten vor und ich konnte ihn und natürlich auch Alex, zu jeder erdenklichen Zeit anrufen und sie waren überhaupt nicht sauer auf mich und meckerten mich auch nicht am Telefon voll, was mir denn eigentlich einfiel, zu so einer eher ungewöhnlichen Uhrzeit, ihre heilige Nachtruhe zu zerstören. Nein, Alex und Marcel war es immer total egal und sie taten meistens so, als hätte ich zu einer völlig üblichen Zeit angerufen und wäre nicht gerade dabei gewesen, sie mitten aus ihren süßen Träumen zu reißen.

Die beiden waren echt die allerbesten Freunde fürs Leben und das habe ich auch noch nie angezweifelt.
Ich bin mit den zweien schon so oft durch dick und dünn gegangen, hatte mit ihnen den größten Mist abgezogen, mit ihnen zusammen die höhsten Höhen, aber auch die tiefsten Tiefen erlebt und jedes einzelne Mal waren sie für mich dagewesen und ich auch ebenso für sie.
Auch wenn ich eher der war, der die meisten Probleme und Schwierigkeiten von uns allen hatte, war ich dennoch stets für sie da und half ihnen, auch wenn ich selbst gerade vollkommen am Arsch war.
Die beiden waren neben meiner Familie die wichtigsten Menschen in meinem gesamten Leben und ich wollte ihnen immer wieder genau das zurückgeben, was sie mir immer und immer wieder tagtäglich mitgaben. Marcel und Alex hatten mir in sämtlichen Zeiten schon so eine enorme Kraft gegeben, hatten immer hinter meinen Entscheidungen gestanden und mir immer eine starke Schulter geschenkt, sodass ich ihnen das Alles natürlich auch zurückgeben wollte, wenn es auch einmal bei ihnen kriselte.

Ich merkte, wie sich Marcel neben mir im Bett räkelte, irgendwas leise vor sich hin murmelte und dann langsam die Augen aufschlug. Er gähnte einmal, wischte sich quer übers Gesicht und drehte dann seinen Kopf in meine Richtung, um mich mit seinen müden, dunklen Augen zu mustern.

,,Morgen, Marcel.'', lächelte ich und löste mich nach Stunden aus seiner festen, liebevollen Umarmung. Ich rückte etwas von ihm weg und drehte mich auf die Seite, um ihn grinsend anzusehen.
Marcel drehte sich ebenfalls zu mir und stupste mir gegen die Nase.
,,Morgen, Timi.'', begrüßte er mich müde und erwiderte mein Lächeln.

,,Hast du gut geschlafen?'', fragte ich ihn und umklammerte fest das Kissen.
,,Joa, du?'',drehte er den Spieß einmal um und gähnte.
,,Neben meinem besten Freund, welcher mir so eine wunderbare Geschichte erzählt, schlafe ich doch immer gut.'', antwortete auf seine Frage lachend und Marcel stimmte direkt mit ein.
,,Das war aber sehr süß und schwul formuliert.''

,,Wie spät ist es eigentlich?'', fragte ich nach, als Marcel und ich kurz miteinander geschwiegen und nur mit müden Augen in der Gegend umhergestarrt hatten.
,,Weiß nicht.'', antwortete er ungewiss und beugte sich rüber zu seinem Nachttisch, um auf den Wecker, der dort stand, zu gucken.
,,Vierzehn Uhr?!'' Mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte Marcel seinen Wecker und wollte nicht so ganz wahrhaben, was da stand.
Auch wenn Marcel und ich gerne mal bis in die Puppen hineinpennten, war diese Zeit für uns jetzt ziemlich ungewöhnlich, da wir gestern Abend, für unsere Verhältnisse, verdammt früh ins Bett gegangen waren.

,,Oh, bin ich dumm.'', meinte mein bester Freund dann plötzlich und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.
,,Das wissen wir alle. Aber warum ist es dieses Mal so?'', fragte ich lachend nach und Marcel trat mich mit seinem Fuß.
,,Sagte mir ein Tim Wolbers.'', erwiderte er bloß eingeschnappt, doch lachte kurz darauf wieder, als ich ihn für diese Aussage in die Seite knuffte.

,,Ne, aber jetzt mal ehrlich, warum bist du denn dumm?'', fragte ich und drehte mich auf den Rücken.
,,Weil dieser Wecker schon seit Monaten stehengeblieben ist und ich ständig vergesse, die Batterien zu wechseln.'', erklärte er mir und nahm den Wecker an sich, um diesen von den leeren Batterien zu befreien.
,,Und da soll nochmal einer sagen, ich bin faul und verpeilt.'', lachte ich und schloss die Augen.

,,Du bist auch faul und verpeilt.'', sagte Marcel nur und ich merkte, wie er vom Bett aufstand.
,,Du auch!'', erwiderte ich bloß grinsend.
,,Ein Wunder, dass wir beide überhaupt noch nach Hause finden, wenn wir zusammen irgendwo unterwegs sind.'', lachte Marcel und ich stimmte mit ein.
,,Na ja, obwohl dieses eine Mal, als wir vierzehn waren, dass erste Mal so richtig besoffen waren und Alex uns mitten in der Nacht vom Theater aufsammeln musste.'', erinnerte ich meinen besten Freund wieder an ein ganz bestimmtes Erlebnis und ich konnte förmlich vor meinem inneren Auge sehen, wie sich Marcels Miene in diesem Moment erhellte und er leise lachte, als er ebenfalls an diese Nacht zurückdachte.

Marcel und ich waren vor ein paar Jahren mal zu einer kleinen Party bei einer guten Freundin von uns eingeladen gewesen und weil es dort Alkohol für alle hieß, hatten Marcel und ich uns natürlich auch reichlich an diesem bedient.
Das Einzige was wir bei unserem jugendlichen Leichtsinn nicht bedacht hatten war, dass unsere Körper, welche zu diesem Zeitpunkt noch nicht ordentlich an Alkohol gewöhnt waren, dementsprechend auch extrem auf diesen reagierten und wir schneller besoffen wurden, als wie es eigentlich üblich war.
Aber Marcel und ich hatten uns nichts weiter dabei gedacht, uns die Finger auf dem Klo nacheinander immer wieder in den Hals gesteckt und gedacht, dass der Alkohol so viel schneller aus unserem Körper heraus war und wir in Ruhe weitertrinken konnten.

Irgendwann im Laufe des Abends, als wir schon massig getrunken hatten, so gegen drei Uhr morgens, beschlossen wir dann, den Heimweg anzutreten. Zwar hatten uns diverse Leute angeboten, dass sie uns auch nach Hause fahren würden, weil wir wirklich nicht so ausgesehen hatten, als würden wir in diesem Zustand nach Hause finden, aber unsere besoffenen Ichs waren sehr optimistisch und sehr überzeugt davon, dass wir sehr wohl alleine den Weg nach Hause finden würden. Dementsprechend zogen wir dann auch, bis zu dem Hals zu gesoffen, zu Fuß los.

Blöd war nur, dass Marcel und ich absolut nicht mehr wussten, wo wir wohnten und sogar die Namen unseren Straßen vergessen hatten, weshalb wir dementsprechend auch kein Taxi rufen konnten, welches uns zwei verzweifelte Jugendliche eventuell sicher nach Hause bringen würde.
Denn wir hatten schnell gemerkt, dass wir die Angebote mit dem Gefahren werden hätten doch lieber annehmen sollen, denn unsere Freundin Jessica kannte erstens unsere Adressen und konnte den Fahrern diese auch dementsprechend mitteilen und zweitens, waren Marcel und ich noch nicht einmal fünfhundert Meter gegangen und hatten uns in dieser Zeit schon mehrmals auf die Fresse gelegt.
Wir wussten, dass dieser Nachhauseweg gar nicht so einfach sein würde, so wie wir uns das eigentlich vorgestellt hatten. Es fühlte sich so an, als müssten wir durch unendliche Weiten reisen, uns durch die tiefsten Dschungel quälen, durch die schlimmsten Flüsse schwimmen, durch die heißesten Wüsten wandern, dass schlimmste Unwetter überleben - doch dabei war unser Weg nur eine schlappe Landstraße und unsere Häuser waren gerade mal dreißig Minuten von ihrem entfernt gewesen.

Die totale Krönung kam noch, als Marcel und ich, irgendwann, nach ungefähr zwei Stunden, endlich mal feststellen, dass wir in die völlig falsche Richtung gelaufen waren und uns nun in der verlassenen Altstadt befanden.
Natürlich wussten wir dann erst recht nicht, was wir tun sollten und weil ich unter Alkoholeinfluss ziemlich emotional wurde, hatte ich nach dieser Erkenntnis sofort angefangen hemmungslos zu heulen, weil ich dachte, dass ich nie wieder nach Hause und zu meiner geliebten Familie finden würde.
Marcel war in dieser Zeit nur völlig größenwahnsinnig geworden und hatte, während ich in meinem inneren Kopf schon dabei war, Abschiedsbriefe an jedes einzelne meiner Familienmitglieder zu schreiben, überlegt, ob er nicht einfach das Schaufenster eintreten sollte und wir die Nacht dann in irgendeinen Laden verbrachten, damit wir bloß nicht erfroren.

Ich meinte dann aber sofort, dass wir das nicht machen konnten und einfach weitergehen sollten, weil wir irgendwann schon ein uns bekanntes Haus finden würden.
Marcel hatte zwar für einige Minuten gezögert und den großen Stein, welcher direkt unter dem Schaufenster lag, nachdenklich angestarrt, aber weil ich einfach nicht aufhörte zu heulen, war er mir schlussendlich doch gefolgt.
Zwar meinte Marcel bis heute, dass er mich einfach nicht alleine lassen wollte und sehr wohl das Schaufenster der Boutique eingeschlagen hätte, doch das glaubte ihm absolut niemand, denn dafür war er einfach zu lieb und sozial.
Mein bester Freund hatte danach nur nach meiner Hand gegriffen, damit ich ja nicht verloren ging, weil ich fast davor gewesen war, einfach jeden Moment ziellos los zu rennen, damit ich eventuell so viel schneller nach Hause finden würde. Stattdessen hielt mich Marcel noch rechtzeitig davon ab und gemeinsam taumelten wir durch die Altstadt, während wir hin und wieder über die holprigen Steine stolperten und uns das ein oder andere Mal auf die Fresse legten.

Im Laufe der Nacht waren wir dann irgendwann, halbwegs ohne einen großartigen Unfall - nur mit aufgeschürften Knien, beim Theater unserer Stadt angekommen und hatten uns vor diesem total erschöpft niedergelassen.
Während ich nicht mehr ganz so stark heulte und Marcel nicht mehr ganz so größenwahnsinnig und asozial war, und darüber nachdachte, wie wir im Theater einbrechen und dort schlafen konnten, gestanden wir uns endlich, nach Stunden der Verzweiflung ein, dass wir so nie nach Hause finden würden.
Marcel und ich hatten dann lange darüber nachgedacht, was wir jetzt tun sollten, doch uns fiel einfach nichts ein. Doch irgendwann, als Marcel gerade sein Handy herausholte, um eine Runde Piano Tiles zu zocken, war ich nur wie von der Tarantel gestochen aufgesprungen und hatte völlig aufgeregt gemeint, dass er gefälligst Alex anrufen sollte, weil diese schließlich ganz genau wusste, wo wir nochmal wohnten.

Nachdem sich mein bester Freund dann um die viermal verwählt hatte und seine arme Oma, seinen älteren Cousin, den Chef seines Vaters und einen Schulfreund von uns, aus dem Schlaf gerissen hatte, klappte es beim fünften Versuch und er hatte Gott sei Dank die richtige Nummer gewählt.
Alex war nur völlig verschlafen ans Handy gegangen und hatte ganz besorgt gefragt, was denn mit Marcel los sei, weil er zu so eine eher unmenschliche Zeit dringend anrufen musste.
Während Marcel und ich dann völlig durcheinander darüber erzählten, was genau wir alles auf unserem eigentlichen Nachhauseweg erlebt hatten, hatte Alex nach gefühlt zwanzigtausend Mal nachfragen, was denn jetzt eigentlich die Sachlage war, endlich verstanden, was genau wir von ihr wollten und sie hatte sich sofort mit ihrem Fahrrad auf den Weg gemacht, um uns wandelnde Alkoholleichen einzusammeln.

Ich musste kurz auflachen, als ich mich an ihr genervtes Gesicht zurückerinnerte, welches sie sofort gemacht hatte, nachdem sie uns beide da Mitten auf der Treppe vorm Theater hatte liegen sehen und wie sie uns beiden fast in die Eier treten hätte, weil wir sie wegen so etwas aus ihrem erholsamen Schlaf gerissen hatten.

,,Ihr seid solche Vollidioten. Alter, wärt ihr beide nicht meine besten Freunde und hätte ich euch nicht so unfassbar lieb, dann könnte sich eure Zahnbürste morgen als arbeitslos melden, ihr Hurensöhne. Aber auf den Kater, den ihr morgen sicherlich haben werdet, freue ich mich schon viel lieber und glaubt mir, ihr werdet leiden und euch schwören, nie wieder etwas zu trinken - aber ihr werdet es im Endeffekt eh wieder tun.'', war ihr einziger Kommentar zu diesem Thema, als wir durch die beleuchteten Straßen Bielefelds gingen und Alex derbe damit auf die Nerven gingen, wie krass unser Nachhauseweg doch eigentlich war und wir ihr so dankbar dafür waren, dass sie uns abgeholt hatte, weil wir ansonsten bis heute Morgen noch dort gelegen hätten.

Nach ein paar Kotz- und Pisspausen hatten wir es dann irgendwann am hellenden Morgen zu Alex' nach Hause und in ihr Bett geschafft. Sie hatte uns nur mit dem Kopf schüttelnd zugedeckt, uns ein paar Eimer vors Bett gestellt, uns die Hosen fix ausgezogen, uns noch einmal an den Kopf geknallt, was für dumme Idioten wir doch eigentlich waren und dann war sie auch schon in das Zimmer ihres Bruders verschwunden, um mit diesem in einem Bett zu schlafen, weil ihres in dieser Nacht ja von belegt wurde und sie keinen Bock darauf hatte, in eines mit uns zu schlafen, weil sie Angst davor hatte, dass wir sie ankotzen könnten oder ihr noch mehr auf die Eierstöcke gehen würden.

,,Ich werde diese Nacht niemals vergessen.'', sagte Marcel lachend und stellte seinen Wecker auf die richtige Uhrzeit.

,,Das war einfach nur zu witzig.'', fügte ich ebenfalls lachend hinzu.

,,Aber Alex hält uns das bis heute noch vor. Wir sind ihr dafür echt noch was schuldig.'' Marcel biss sich schuldbewusst auf die Unterlippe und ich drehte mich in seine Richtung.

,,Wir halten ihr beim Kotzen jedes einzelne Mal die Haare und kaufen für sie Tampons, wenn sie es mal wieder vor lauter Schmerzen nicht aus dem Haus schafft. Also mehr kann sie dafür echt nicht von uns verlangen.'', zählte ich ein paar Dinge auf, die wir für sie getan hatten und erneut lachte Marcel.

,,Ja gut.'', war seine Antwort darauf.

,,Kannst du mir mal mein Handy bitte geben?'', fragte ich meinen besten Freund dann, obwohl ich es gar nicht erst in die Hand nehmen wollte.
Ich hatte nämlich so Angst davor, dass ich irgendwelche hasserfüllten Nachrichten von Ronny und dem Rest der Gang bekommen hatte. Aber insgeheim hoffte ich auch, dass mir Lukas geschrieben hatte oder ich ein wenig mit ihm schreiben konnte.
,,Linke Hosentasche?'', harkte er nach und ich nickte.
,,Alles wie immer.'', grinste ich und kurz darauf lag mein Handy auf meiner Brust.

,,Danke.'', bedankte ich mich immer noch grinsend bei ihm.
,,Bitteschön.'', lächelte Marcel und streckte sich einmal.
,,Ich geh' mal gucken, ob meine Eltern schon Frühstück gemacht haben. Bin gleich wieder da.'', meldete sich Marcel fix ab und zog sich ein T-Shirt über.
,,Bis gleich.'', lächelte ich ihm noch hinterher, ehe er aus dem Keller verschwunden war.

Mit leicht erhöhtem Herzschlag nahm ich mein Handy in die etwas zitternde Hand und wollte am liebsten gar nicht auf den Knopf an der Seite drücken, welcher mir meinen Bildschirm hervorblitzen lassen würde.
Ich hatte so eine verdammte Angst vor einer Nachricht von Ronny und wollte mir gar nicht erst ausmalen, was er mir geschrieben haben könnte. Und ausgerechnet jetzt war auch noch Marcel verschwunden und das hieß, niemand konnte mich so schnell in seine Arme auffangen, falls ich tatsächlich eine Nachricht von diesem Wichser haben sollte und dann anschließend einen Nervenzusammenbruch kriegen würde.
Ich war gestern einfach so abgehauen und hatte meine Familie mal wieder hintergangen und vollkommen im Stich gelassen. Sie sind nicht deine Familie, Tim!

Ich atmete einmal tief durch, drückte zaghaft den Knopf an der Seite und erkannte, dass ich tatsächlich eine Unmenge an diversen Nachrichten hatte. Als ich die Leiste etwas verwundert herunter zog und den Namen ''Mama'' las, welche mich nur so mit Nachrichten bombardiert hatte, rutschte mir mein Herz in die Hose und ich stöhnte einmal aufgrund meiner Dummheit auf. Ich schlug mir mit meiner flachen Hand mehrfach gegen die Stirn und fragte mich immer wieder, wie man nur so dämlich sein konnte, um so etwas wichtiges zu vergessen.

,,Fuck!'', stöhnte ich genervt auf und in diesem Moment öffnete sich die Tür und Marcel trat in den Raum.

,,Timi, wichst du schon wieder oder warum stöhnst du so rum?'', fragte er direkt lachend nach und hielt sich die Hände vor die Augen.
,,Marcel, du Arsch!'', lachte ich und bewarf ihn mit einen seiner unzähligen Kissen.
,,Also ja? Soll ich nochmal schnell rausgehen und warten bist du fertig bist? Aber bitte nicht aufs Lacken, denn es ist gerade erst frisch bezogen worden. Taschentücher...''
,,Marcel, ich bin nicht am Wichsen, sondern einfach nur dumm!'', schrie ich ihn lachend an, doch seufzte kurz darauf. Marcel schaute unsicher auf und sah mich dann mit schief gelegten Kopf an, als er sich versichert hatte, dass ich wirklich nicht am Wichsen war.

,,Warum bist du denn dumm?'', fragte Marcel verwirrt nach und kam auf mich zu.
,,Deswegen.'', erklärte ich knapp und hielt ihm, zu näheren Erläuterung, mein Handy unter die Nase, wo der Chat mit meiner Mama geöffnet war.
,,Zweihundert ungelesene Nachrichten?!'' Unglaubwürdig sah er mich an und zog die Leiste herunter.
,,Achtzig verpasste Anrufe - also, wenn da nicht einer sauer und besorgt ist.'', lachte Marcel kurz auf und ich seufzte erneut.

,,Wusste sie denn, dass du bei Ronny bist?'', fragte er und ich schüttelte mit dem Kopf.
,,Ich hab' ihr nur gesagt, dass ich draußen bin. Ich habe ihr aber nicht gesagt, mit wem ich unterwegs bin.'', antwortete ich wahrheitsgemäß und sah zerknirscht auf mein Handy.
Selbst wenn ich mit Ronny unterwegs war, meldete ich mich regelmäßig bei ihr und schrieb' ihr, dass ich noch lebte und dass sie sich keine Sorgen machen brauchte, weil es mir gut ging.
Die Arme konnte sicherlich die ganze Nacht kein Auge zu kriegen und das nur, weil ihr Sohn zu unfähig war, um zu schreiben, dass er nicht nach Hause kommen würde, weil er bei seinem besten Freund schlafen würde.

,,Ruf' sie am Besten an und sag' ihr Bescheid, dass du noch lebst und bei mir bist.'', befahl mir Marcel und ich nickte.

Er legte sich zu mir ins Bett, gab mir mein Handy wieder und sah mich auffordernd an.
Ich schloss sofort den Chat von meiner Mama und mir, ignorierte den Rest und tippte sofort ihre Nummer ein, ehe ich sie völlig schuldbewusst und mit einem schlechten Gewissen zugleich, anrief.

Schon nachdem ersten Tuten nahm sie ab und das ließ mich darauf schließen, dass sie ihr Handy immer bei sich getragen hatte, obwohl meine Mama das wirklich nie machte, weil sie es nicht für wichtig hielt. Nur wenn irgendetwas schlimmes und wichtiges war, trug sie ihr Handy ständig bei sich und ging auch sofort an dieses heran, sobald sie nur einen Anruf oder eine Nachricht erhielt. Dass dies jetzt gerade auf mich zu traf, tat echt verdammt weh und ich fühlte mich immer schlechter.

,,Timi Schatz! Wo bist du? Geht es dir gut? Ist was passiert? Bist du verletzt?'', fragte sie sofort besorgt und völlig aufgebracht nach.
,,Hey, Mama...'', begrüßte ich sie leise und biss mir auf die Unterlippe.
,,Oh Gott, du weißt gar nicht, wie froh ich darüber bin, deine Stimme zu hören.'', atmete sie erleichtert aus.
,,Wo bist du?'', griff sie sofort auf einer ihrer Fragen zurück, jetzt wo sie wusste, dass es mir gut ging und ich wohlauf war.
,,Bei Marcel.'', antwortete ich zerknirscht.
,,Ein Glück.''

,,Ich hab' bei ihm geschlafen. Sorry, dass ich nicht Bescheid gesagt habe.'', entschuldigte ich mich direkt und war so froh darüber, dass ich meiner Mama gerade nicht gegenüber stand.
Wahrscheinlich würde es nur halb so schlimm sein und sie würde mir sicherlich keine Vorwürfe machen, sondern mich nur fest in ihre Arme schließen und glücklich darüber sein, dass ich gesund und unverletzt wieder Zuhause war.
,,Alles gut, mein Schatz. Ich habe mich nur gewundert, wo du denn bist, weil du mir nicht mehr geschrieben hast und ich dachte, dir wäre etwas auf dem Nachhauseweg passiert.'', beruhigte sie mich leicht besorgt, doch ich konnte förmlich heraushören, dass sie gerade am lächeln war.
,,Ne ne, alles gut. Ich bin unversehrt bei Marcel angekommen und mir geht es super.'', bestätigte ich ihr und musste ebenfalls lächeln.
,,Genau.'', rief Marcel ins Telefon hinein und meine Mama lachte.

,,Da bin ich aber froh drüber, dass es dir gut geht.'', sagte sie erleichtert und meine Mundwinkel zuckten noch viel mehr nach oben. Meine Mama so glücklich zu hören, beruhigte mich ungemein und es machte mich ebenfalls noch ein großes Stück zufriedener.
,,Er hat geschlafen wie ein kleines Baby, als ich ihm eine Gute Nacht-Geschichte erzählt habe.'', plauderte Marcel ins Handy hinein und erneut lachte meine Mama.
,,Marcel, halt die Klappe.'', zischte ich ihm nur entgegen, doch konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
,,Nein Timi, lass' ihn ruhig reden. Ich hab' Marcel schon solange nicht mehr gehört.'', meinte meine Mama darauf nur.
Marcel lächelte mich triumphierend an und ich streckte ihm nur meinen Mittelfinger entgegen.

,,Kommst du heute Abend wieder, Timi?'', fragte mich meine Mutter dann und ich sah zu Marcel.
,,Ich weiß nicht. Kommt ganz drauf an, ob Marcel mich noch bei sich behalten möchte oder ob er schon genug von mir hat.'', antwortete ich grinsend und wurde direkt in seine Arme gezogen.
,,Natürlich möchte ich dich noch hier behalten, du Idiot.'', nuschelte er in meine Haare und ich lachte.
,,Ich glaube, ich bin noch einige Nächte hier.'', meinte ich dann.
,,Ist OK. Es sind ja eh bewegliche Ferien und falls sich doch noch etwas ändern sollte, dann kannst du mir ja jederzeit schreiben.'', lächelte sie ins Telefon.
,,Werde ich machen.''

,,Dann Tschüss, Mama. Hab' einen schönen Tag und grüß Frank von mir.'', verabschiedete ich mich lächelnd von ihr.
,,Tschüss, mein Schatz. Ich wünsche euch beiden auch einen schönen Tag. Ich werd' die Grüße ausrichten und im Gegenzug wirst du Anne für mich grüßen.'', befahl mir meine Mama lachend und ich stimmte mit ein.
,,Mach' ich. Hab' dich lieb.''
,,Ich dich auch.'' Danach legten wir auf ich starrte grinsend auf mein Handy. Das ist doch viel besser gelaufen, als erwartet. 

,,Du hast mich wohl noch einige Tage an der Backe.'', grinste ich meinen besten Freund vielsagend an.
,,Liebend gerne doch.'', erwiderte er mein Grinsen und wuschelte mir durch die Haare.
,,Mal sehen, wann du deinen ersten Nervenzusammenbruch Dank mir kriegst.'', lachte ich und löste mich von Marcel.
,,Du bist doof.'' Marcel bewarf mich mit einem Kissen und er bekam dieses direkt wieder zurück.

,,Jetzt werfe hier nicht mit meinen Kissen, du Asozialer, sondern lass' uns hoch zum Frühstück gehen.'', meinte Marcel darauf nur lachend und reichte mir mein T-Shirt, welches ich mir mitten in der Nacht ausgezogen und auf den Boden geworfen hatte.

,,Och nö, ich will weiter im Bett liegen blieben.'', sagte ich nur erschöpft und ließ mich zurück ins Bett fallen.
,,Nichts da! Du kommst jetzt mit und isst was!'', befahl mir Marcel grinsend und packte mich an meinen Handgelenken, um mich nach oben zu ziehen.
,,Ich kann doch auch noch später was essen!'', murmelte ich nur und zog mir mein Shirt über.
,,Du kannst dich auch noch später ausruhen.'', konterte Marcel und schob mich Richtung Tür. Ich murmelte nur irgendwas unverständliches, was ich noch nicht einmal selbst richtig identifizieren konnte und schlürfte langsam die Treppen hoch.

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Noch eine kleine Anmerkung in eigener Sache: 

Und zwar bin ich ab nächster Woche für einige Tage in Berlin, bei meiner Schwester und weiß nicht so recht, ob ich dort etwas hochladen kann. Ich werde versuchen, noch vor meiner Fahrt ein Kapitel hochzuladen, aber falls doch nichts kommt, dann bitte wundert euch nicht. :D

Vielen lieben Dank fürs Lesen. Ich wünsche euch allen noch einen schönen Tag! c:



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