Beste Freundinnen und verbotene Dinge


Wir sahen uns die verschiedenen Kleidungsstücke an und immer, wenn ich nur ansatzweise ein Preisschild zu Gesicht bekam, stockte mir für kurze Zeit der Atem und ich war geschockt davon, das Menschen ernsthaft so viel Geld für ein Stück Stoff ausgaben, auf dem nur irgendein luxuriöses Zeichen abgebildet war. Das konnte selbst der gleiche Fetzen Stoff sein, doch sobald da irgendein bestimmtes Zeichen von irgendeiner teuren Marke drauf war, stieg der Preis rasant in die Höhe. 

Ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie viele Monate oder vielleicht gar Jahre meine Mutter und mein Stiefvater arbeiten mussten, damit sich jedes einzelne Familienmitglied, wenigstens ein ordentliches, vollständiges Outfit von hier leisten konnte. 
Das waren doch echt unmenschliche Preise und selbst wenn ich genug Geld für diese Kleidungsstücke hätte, würde ich mir trotzdem nie im Leben etwas in diesem Laden kaufen, denn damit würde ich mich einfach nur selbst belügen, weil das so gar nicht ich war. 
Nope, nie im Leben würde man mich dazu kriegen, in diesem Laden irgendwas zu kaufen. Noch nicht einmal klauen würde ich hier und das musste schon etwas heißen. 

,,Das ist doch krank.'', sprach ich meine Gedanken einmal laut aus und Lukas drehte sich zu mir um, um mich fragend anzuschauen. 
,,Was?'', fragte er verwirrt und ließ eine ältere Dame mit ihrem Mann an uns vorbei, welche uns nur mit hochgezogenen Augenbrauen musterten. Ja, wir gehören hier nicht her, das habt ihr Affen richtig erkannt. 
,,Das ist doch krank - also die Preise hier.'', wiederholte ich es noch einmal und Lukas seufzte. 
,,Ja...schon.'', sagte Lukas nachdenklich und sah sich unsicher im Laden um. 

,,Warum genau wolltest du eigentlich nochmal ausgerechnet mit mir hier rein?'', fragte ich ihn und wieder seufzte er. 

,,Na ja, Maria und ich tun gerne mal so, als wären wir voll das reiche Pärchen. Ich weiß, das klingt komisch und du wirst den Sinn dahinter vielleicht auch nicht so ganz verstehen, aber wir ziehen uns halt irgendein Outfit aus diesem Laden an und machen uns dann halt über diese ganzen reichen Menschen lustig.'', erklärte er mir nun genauer, lächelte unsicher und ich spürte wie seine Hand zu schwitzen begann, weil Lukas sie bis jetzt immer noch nicht losgelassen hatte. 

Doch jetzt hatte er genau das getan und ich fühlte mich plötzlich so leer, nur weil Lukas mich nicht mehr berührte. Das Kribbeln in meinem Bauch war ebenfalls weg und ich schaute traurig auf meine Hand, welche bis eben noch eng mit Lukas' umschlungen war, ehe ich richtig realisierte, was genau ich da eigentlich dachte und ich meine schwitzige Hand schnell an irgendeiner teuren Jacke abwischte. 

,,Hey, das ist doch überhaupt nicht schlimm, dass du das mit Maria machst. Meine beste Freundin und ich spielen Nachts zusammen Tennis.'', sagte ich lachend und nun musterte mich Lukas verwirrt. 
,,Ihr spielt Nachts zusammen Tennis?'', harkte er unglaubwürdig nach und ich nickte. 
,,Wieso macht ihr das nicht tagsüber?'' 
,,Ja, da spielen doch die ganzen Vereine und wir geben doch nicht extra Geld dafür aus.'', erklärte ich und nun lachte Lukas. 

,,Ihr nehmt es lieber in Kauf, von der Polizei erwischt zu werden, anstatt einmal Geld dafür auszugeben, dass ihr legal dort spielen dürft?'' Unglaubwürdig sah er mich an und wieder nickte ich nur, weil es nun mal genauso stimmte, egal wie absurd das vielleicht klingen mag, es war einfach tatsächlich so. 

,,Die werden uns schon nicht erwischen, niemals. Manchmal grillen wir da auch und uns bemerkt keine Sau.'', zuckte ich mit den Schultern.
,,Ihr zwei seid echt verrückt.'' Lukas lächelte mich schüchtern an und schüttelte mit dem Kopf.
,,Aber es macht Spaß.''
,,Das glaube ich dir.''

Ich sah Lukas nachdenklich von der Seite an und mit mal sprang mir eine wahnsinnig gute Idee in den Kopf. 

,,Ey!'', fing ich an und tippte pausenlos auf Lukas' Schulter rum, weil er gerade dabei war, einen Mann dabei zu beobachten, wie er irgendwelche teuren Lackschuhe anprobierte. 
,,Ey, mach' mir keinen blauen Fleck!'', sagte er lachend, als ich seine volle Aufmerksamkeit hatte und Lukas nahm meinen Finger von sich weg. 
,,Ich hab' eine Idee.'', teilte ich ihm mit und Lukas sah mich mit einem interessierten Gesichtsausdruck an. 
,,Die wäre?''

,,Wir beide machen, für eher Außenstehende, komische Dinge mit unseren besten Freundinnen.'', fing ich an und Lukas nickte. 
,,Das stimmt.''
,,Und wenn wir schon in diesem Laden hier sind, dann kann ich ja auch das machen, was du mit Maria immer machst und du machst im Gegenzug das, was ich mit meiner besten Freundin immer so mache.'', schlug ich grinsend vor und hoffte, dass Lukas zustimmen würde. 

Insgeheim wollte ich ihn nämlich auch ein wenig aus der Reserve locken und schauen, ob Lukas wirklich der brave, nette Schüler war, welcher er zu seien schien. 
Klar, ganz so brav war er dann doch nicht, weil er kiffte, aber wer tat das denn bitte nicht einmal in seinem Leben?! Ganz so ''hart'' galt man deswegen heutzutage eh nicht mehr, weil es schließlich eh fast jeder machte und es doch gar nicht mal so schlimm war. 
Mich würde halt nur mal interessieren, ob Lukas ab und zu nicht auch mal ein kleiner Rebell war und sich ein paar Sachen zu traute, die schon sehr riskant waren. 

Natürlich wollte ich ihn nicht in irgendeine Scheiße ziehen und ihn ungefähr zu dem gleichen schrecklichen Kerl wie mich machen, aber auch Lukas konnte ruhig mal etwas Verbotenes tun und ich kann wetten, dass es ihm danach gar nicht mal so schlecht gehen würde. 

Aber wenn Lukas das nicht machen möchte, dann hatte ich dafür natürlich vollkommenes Verständnis. Ich wollte ihn schließlich zu nichts zwingen und es war immer noch ihm überlassen, ob er das mit mir machen wollte oder nicht. 
Ich stellte mir das einfach nur verdammt witzig mit ihm vor und irgendwo tief in meinem Inneren wollte ich auch nicht, dass das hier vielleicht unser erstes und auch letztes Treffen sein würde, denn ins Jugendzentrum konnte ich zurzeit absolut nicht. 
Ich wollte mich einfach noch ein paar mal mit ihm treffen, denn Lukas war wirklich so ein lieber Junge und ich hatte in dieser halben Stunde, in der wir jetzt schon miteinander draußen waren, so viel gelacht, wie schon lange nicht mehr bei irgendeiner anderen Person. 

,,Ähm...klar, können wir das machen.'', stimmte Lukas dann schlussendlich doch zu und kratzte sich unsicher am Hinterkopf. 
,,Du musst das nicht machen, wenn du das nicht möchtest.'', sagte ich dennoch, weil ich merkte, dass ihn das schon ein wenig anspannte. 
,,Doch, ich möchte das liebend gern mit dir machen. Ich mein, wenn du schon meine Sache mitmachst, dann möchte ich deine schließlich auch machen.'', hielt er direkt dagegen und lächelte mich an. 

,,Bist du dir da wirklich sicher? Ich möchte nämlich wirklich nicht, dass du etwas machst, was du eigentlich gar nicht möchtest. Wir können auch gerne etwas anderes machen, wenn dir das zu riskant ist. Ich möchte dich schließlich nicht in irgendeine Scheiße reiten, falls wir doch, zwar mit geringer Wahrscheinlichkeit, erwischt werden sollten.'', setzte ich noch schnell hinterher, weil ich wirklich ungerne wollte, dass Lukas nur irgendwas tat, weil ich seine Sache schließlich auch mitmachte und es dann nur gerecht war. 

,,Ja Tim, ich bin mir da ziemlich sicher, keine Angst.'', besänftigte mich Lukas und lächelte mich an. 

,,Und außerdem, es ist schon cool, mal was Aufregendes und Verbotenes zu machen. Ich mein, hallo? Wir beide sind doch verdammt nochmal steinreich und der Tennisplatz von den Schmitz' ist eh viel größer als unserer und das ist total unfair. Niemand darf besser dran sein als wir.'' Lukas verstellte seine Stimme ganz komisch, sodass es glatt so klang, als würde man ihm die Nase zu halten und er schüttelte enttäuscht mit dem Kopf. Ich lachte nur laut auf, sodass mein Lachen durch den ganzen Laden hallte und wir ein paar komische Blicke von anderen Kunden, samt Verkäufer, auf uns lenkten. 

,,Ohja, stimmt. Wir müssen denen diesen Platz auf jeden Fall ruinieren und als nächstest kaufen wir uns noch 'nen Flughafen, weil die können echt nicht besser dran sein als wir, das sehe ich nicht ein!'', stimmte ich direkt völlig enttäuscht mit ein und nun lachte Lukas. 

,,Aber nein, wir brauchen 'ne ganze Fluglinie, obwohl wir die eigentlich gar nicht brauchen!''
,,Und vergiss nicht den Zoo, mein Lieber!'' Ich hob den Finger in die Luft und Lukas nickte sofort eifrig. 
,,Ja, natürlich, der Zoo! Wir brauchen zwar keinen, weil Kinder eh voll die Plagen sind, aber ein Zoo ist wichtig für mein Selbstwertgefühl!'', stimmte Lukas mir sofort zu und wir brachen kurz darauf in schallendes Gelächter aus. 

,,Alter, ne.'' Lukas bekam sich kaum noch ein vor Lachen und krallte sich an mir fest, weil er ansonsten lachend auf dem Boden zusammenbrechen würde. 
,,Bin ich denn schon gut in meiner Rolle drin?'', fragte ich grinsend, als wir uns einigermaßen beruhigt hatten und Lukas wischte sich die letzten Lachtränen aus dem Gesicht. 
,,Du bist perfekt  in der Rolle drin. Ein wahrhaftes Naturtalent bist du.'' Er zeigte den Daumen nach oben und ich lächelte noch breiter, als wie ich es eh schon tat. 

,,Na dann, lass' uns mal ein paar passende Sachen heraussuchen, damit wir auch die passenden Klamotten für unser seriöses Auftreten haben.'', sagte ich noch, ehe ich Lukas am Ärmel packte und ihn in die Männerabteilung schleifte, wo wir uns einige Kleidungsstücke heraussuchten und mit diesen in separaten Umkleiden verschwanden.


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