A family like broken glass [2]
Flashback
Nach einer zwanzig minütigen Autofahrt, waren wir dann endlich bei Alex' Elternhaus angekommen und meine Mama parkte den Wagen, direkt vor diesem, ehe sie den Motor ausschaltete.
Ich sah sie nur stumm von der Seite an und schnallte mich daraufhin auch schon langsam ab. Ich sah nach hinten zu Luis und dieser war schon wieder in aller Seelenruhe eingeschlafen.
Meine Mutter erwiderte meinen Blick und sah ebenfalls, dass ihr Sohn schon wieder völlig weggedämmert war.
,,Nimmst du die Taschen und ich trage ihn?! Er wird wohl kaum gehen wollen, ich kenne ihn doch.'', fragte sie nach und deutete auf den schlafenden Luis.
,,Klar.'', stimmte ich direkt lächelnd zu und wir stiegen augenblicklich aus.
Meine Mama weckte meinen kleinen Bruder, schnallte ihn ab, nahm ihn auf den Arm und ich holte währenddessen die Sporttasche aus dem Kofferraum.
Danach gingen wir auch schon Richtung Haustür und meine Mama sah mich nur skeptisch und schief grinsend zugleich von der Seite an, als wir vor dieser standen.
,,Willst du sie etwa aus ihrem erholsamen Schlaf klingeln, oder wie hast du dir das eigentlich jetzt vorgestellt?'', fragte sie nach und biss sich einmal auf die Unterlippe.
,,Nein, es gibt da noch eine ganz andere Lösung.'', winkte ich bloß lächelnd ab und hob daraufhin auch schon die Fußmatte leicht an.
Ich zog einen Schlüssel unter dieser hervor und hielt ihn meiner Mama augenblicklich unter die Nase. Ihre Miene erhellte sich augenblicklich und sie lachte einmal kurz auf.
,,Ach, das allseits bekannte Versteck des Haustürschlüssels unter der Fußmatte.'', erwiderte sie immer noch lachend und ich schloss in dieser Zeit die Haustür ganz leise auf.
Im Flur angekommen, zogen wir uns so leise, wie nur irgendwie möglich, Schuhe und Jacke aus und gingen daraufhin auch schon genauso leise die knarzenden Treppe nach oben, in der Hoffnung, dass wir so erst einmal niemanden in der oberen Etage wecken würden.
,,Okay, mein Spatz. Ich geh' mal zu Rosalina und versuche sie irgendwie wach zukriegen, damit wir einen Schlafplatz haben und sie überhaupt Bescheid davon weiß, dass wir hier sind.'', erklärte mir meine Mutter flüsternd und ich nickte verstehend.
,,Ich werde mich dann zu Alex legen.'', erwiderte ich nur grinsend und deutete auf ihre Zimmertür, hinter welcher meine beste Freundin höchstwahrscheinlich schon friedlich schlafend in ihrem Bett lag.
,,Mach' wie du denkst. Aber wenn etwas ist, dann kannst du auch ruhig zu mir kommen, ja?!'' Meine Mama sah mich bittend an und ich nickte augenblicklich als Bestätigung.
,,Werd' auf jeden Fall auch machen, falls der Fall auch eintreten sollte. Gute Nacht euch und versucht gut zu schlafen.'', antwortete ich nur und verabschiedete mich von beiden.
,,Dir auf alle Fälle auch eine Gute Nacht und versuch' ebenfalls gut zu schlafen und träum' was Schönes.'', lächelte sie leicht und meine Mama fuhr sich einige verirrte Strähnen aus dem nicht mehr ganz so verheultem Gesicht.
Ich schenkte dieser tollen, starken Frau ein breites Lächeln zurück und verschwand dann auch schon in dem Zimmer meiner besten Freundin, als meine Mama mit Luis und den Sporttaschen zusammen ebenfalls in dem Schlafzimmer von Alex' Eltern verschwunden war.
Es war stockfinster hier drin, weil Alex die Rollos unten hatte, aber weil ich mich in diesem Zimmer genauso gut auskannte, wie in meinem Eigenem, hatte ich überhaupt keinerlei Probleme damit, ihr Bett zu finden.
Als ich vor diesem stand, zog ich mich fix bis auf Boxershorts und T-Shirt aus und tastete einmal kurz auf diesem umher, damit ich mich ja nicht gleich einfach so auf meine beste Freundin drauflegte, wenn ich zu ihr stieg.
Als ich mich ganz genau versichert hatte, wo genau sie eigentlich lag, legte ich mich augenblicklich zu ihr ins Bett, kroch etwas unter ihre warme Bettdecke und blieb daraufhin völlig reglos auf diesem liegen.
Ich wollte Alex ungerne wecken, denn sie hatte ihren Schlaf sowas von verdient und musste morgen schließlich auch noch zur Schule.
Genauso wenig wollte ich sie auch mit meinem Problemen so spät in der Nacht nerven, denn sie hatte schließlich genug eigene Probleme und da musste sie sich nicht auch noch ausgerechnet mit meinen befassen.
Alex sollte sich nicht ständig Sorgen um mich machen, denn sie war schließlich nicht meine Mama, sondern lediglich nur meine beste Freundin, die sich um so etwas überhaupt keine Gedanken machen sollte/brauchte.
Ich seufzte einmal leise auf und fuhr mir meine verirrten Strähnen aus dem Gesicht, ehe an die weiße Decke starrte.
Ich hörte, wie Alex ganz leise schnarchte und ich wendete meinen Blick von der Decke ab, um sie daraufhin lächelnd von der Seite zu mustern.
Sie sah so verdammt friedlich beim Schlafen aus und genau deswegen wollte ich sie auch ungerne wecken. Alex sollte einfach in Ruhe schlafen können und sich nicht, mitten in der tiefsten Nacht, meine mehr als unnötigen Probleme anzuhören.
Alex drehte sich plötzlich komplett in meine Richtung und ihr Arm legte sich dadurch leicht um meinen Bauch.
Ich biss mir nur vollkommen unsicher auf die Unterlippe und versuchte ihren Arm wieder von mir herunterzuschieben, damit sie ja nichts von mir mit bekam.
Ich kuschelte zwar verdammt gerne mit Alex, aber sie sollte mich jetzt echt nicht in ihrem Bett bemerken. Bloß nicht, denn sie brauchte ja schließlich ihren wohlverdienten Schlaf!
Doch sie gab nur ein unverständliches Grummeln von sich und ihr Arm rutschte augenblicklich weiter nach oben.
Alex tastete mit ihrer Hand an meinem Gesicht herum und ehe ich mich versah, hatte sie auch schon ihre Augen geöffnet. Fuck!
Sie sah sich nur vollkommen verwirrt und verschlafen zugleich in ihrem Zimmer um, und als meine beste Freundin mich neben sich bemerkte, setzte sie sich auf ihren Armen auf und musterte mich einmal.
,,Timi?'', fragte sie vollkommen verschlafen nach und strich sich einige verirrte Strähnen aus dem Gesicht.
,,Ja?'', machte ich nur, weil es jetzt sowieso viel zu spät war. So ein Mist aber auch! Warum musste sie mich nur in ihrem Bett bemerken?!
,,Träum' ich etwa gerade, oder liegst du gerade wirklich neben mir?!'' Meine beste Freundin musterte mich weiterhin verwirrt und tastete wieder mit zusammengekniffenen Augen an meinem Gesicht umher.
,,Oder ist es Wochenende und ich habe vollkommen verpennt, dass du eigentlich bei mir schläfst?!'', philosophierte sie weiterhin darüber, wieso ich mitten in der Woche neben ihr im Bett lag und war immer noch vollkommen perplex.
,,Nein Alex, du träumst nicht und ich liege wirklich neben dir.'', bestätigte ich ihr und hielt ihre Hand nun fest, damit sie endlich mal damit aufhörte, mir ständig in meinem Gesicht umherzufummeln und mir eventuell jeden Moment die Brille aus dem Gesicht zu schlagen.
,,Hä? Aber was suchst du denn hier, wenn nicht Wochenende ist?'', fragte sie gähnend nach und musterte mich dann noch einmal haargenau im schwachen Licht.
,,Oh Gott, Timi, hast du etwa geweint?!'', fragte Alex nun ganz besorgt und hellwach nach und beugte sich augenblicklich über mich.
,,Ähm...ja...'', gab ich schüchtern und zögerlich zugleich zu und lief dabei einmal ganz rot an, was Alex hoffentlich bei diesem Licht nicht weiter erkennen konnte.
,,Aber warum das denn?'' Meine beste Freundin legte den Kopf schief und sah mich weiterhin vollkommen besorgt an.
,,Ist nicht so wichtig, Alex. Schlaf' ruhig weiter, wir besprechen das morgen einfach nach der Schule.'', winkte ich bloß ganz gelassen ab, versuchte sie wieder zurück in die Kissen zu drücken, doch ich scheitere daran, weil sie sich so sehr verspannte.
,,Wie, ist nicht so wichtig?!'', fragte Alex nach und zog augenblicklich die Augenbrauen nach oben.
,,Na, das ist halt eben nicht so wichtig, dass wir jetzt ausgerechnet darüber miteinander reden müssen.'', erwiderte ich nur Schulter zuckend und lächelte meine beste Freundin beruhigend an.
,,Du willst mich doch jetzt gerade verarschen, oder?! Timi, du hast geheult und das nicht gerade wenig, das sehe ich ganz genau, mir kannst du da nichts vormachen. Als ob ich da noch irgendwie ruhig schlafen könnte, wenn ich so etwas weiß. Also, sag' mir schon, warum hast du denn geweint?'' Alex sah mich erwartungsvoll, besorgt und bittend zugleich an und ich hasste es, dass mich dieses Mädchen so verdammt gut kannte.
,,Schreibst du nicht morgen 'ne ganz wichtige Klassenarbeit in Mathe? Dafür musst du doch sicherlich ausgeschlafen sein, mein Schatz!'', fragte ich unsicher nach und grinste einmal schief.
,,Bei der werde ich mich wohl kaum konzentrieren können, wenn du mir nicht gefälligst sagst, was genau mit dir eigentlich los ist.'', erwiderte meine beste Freundin nur und sah mich eindringlich an.
,,Ich würde es dir doch noch erzählen, so ist das ja nicht.'', seufzte ich, weil sie einfach auf mich hören und weiterschlafen sollte.
,,Ja, und zwar jetzt!'' Alex legte sich augenblicklich auf den Rücken und drehte ihren Kopf in meine Richtung, um mich nun wieder erwartungsvoll und bittend zugleich anzusehen.
,,Eher wirst du wohl kaum keine Ruhe geben, oder?'', harkte ich erneut seufzend nach und Alex nickte augenblicklich.
,,Ich will es unbedingt wissen, mein Schatz.''
,,Du weißt zwar, dass ich dir sonst immer genug Zeit gebe, um mir etwas zu erzählen, aber wenn du es schon in Erwägung ziehst, mitten in der Nacht zu mir zu kommen, dann möchte ich den Grund dafür auch sofort wissen.'', fügte meine beste Freundin noch hinzu und strich mir einige Strähnen aus dem nicht mehr ganz so verheultem Gesicht.
,,Also, es gab halt wieder Stress Zuhause - extremen Stress.'', fing ich langsam an.
,,Was ist denn passiert?'', fragte Alex besorgt nach und griff nach meiner Hand, um unsere Finger miteinander zu verschränken.
,,Also, meine Eltern hatten mal wieder einen heftigen Streit miteinander - sehr heftig sogar dieses Mal.'', fuhr ich fort und Alex seufzte einmal ganz leise auf, als sie das hörte.
,,Was ist denn wieder so passiert?'', fragte sie weiterhin besorgt nach und rückte näher zu mir.
,,Na ja, das Übliche eigentlich halt.'', erklärte ich meiner besten Freundin und hielt mir dabei die Tränen zurück, weil ich daran eigentlich gar nicht mehr denken wollte.
,,Aber es muss doch irgendwie noch schlimmer als sonst gewesen sein, wenn du zu mir kommst.'', erwiderte Alex, sah mich vielsagend an und ich nickte nur stumm.
,,Nicht nur ich bin dieses Mal hier.'', sagte ich dann und nun musterte mich Alex wieder mit verwirrter Miene.
,,Wie du bist dieses Mal nicht alleine hier?!'', harkte sie ihrem Gesichtsausdruck entsprechend nach und zog zusätzlich die Augenbrauen zusammen.
,,Meine Mama und Luis sind auch dieses Mal hier.'', erklärte ich ihr.
,,Und wo genau sind die beiden jetzt gerade in diesem Moment?'', fragte Alex nach und setzte sich etwas aufrecht hin.
,,Sind bei deiner Mama. Sie wird sich ja sicherlich gut um die beiden kümmern.'', antwortete ich und die Miene meiner besten Freundin erhellte sich augenblicklich wieder.
,,Okay, dann ist ja gut.'', machte sie erleichtert und legte sich wieder hin.
,,Aber was ist denn bitte alles passiert, dass selbst die beiden von Zuhause flüchten?'', fragte Alex nun wieder ganz besorgt nach und musterte mich dementsprechend von der Seite, während sie mir beruhigend über den Handrücken strich, was mich zugegebenermaßen neben ihrer Nähe etwas mehr entspannte und gleichzeitig auch beruhigte.
,,Es war eigentlich alles so wie immer halt. Die ganzen Vorwürfe, dass Rumgehacke auf mir und meiner Mutter und die ganzen anderen Sachen eben halt. Aber dieses Mal ist meiner Mama einfach endgültig der Kragen geplatzt und sie hat meinem Vater nun mal ordentlich die Meinung dieses Mal gegeigt.'', erklärte ich meiner besten Freundin nun etwas genauer und sie nickte verstehend.
,,Also will sie sich nun endgültig von ihm trennen, oder wie hat sie sich das nun genau vorgestellt?'', harkte sie nach.
,,Wie es zurzeit den Anschein macht: Ja. Es halt ziemlich ernst von ihr geklungen und nicht so, als wäre das einfach so dahergesagt gewesen und nicht so, als würden wir in ein' paar Tagen wieder zurück zu ihm gehen und so tun, als wäre rein gar nichts weiter vorgefallen - so wie sonst halt eben auch. Ich denke schon, dass sie es dieses Mal auch ernsthaft durchzieht.'', bestätigte ich meiner besten Freundin und sie pustete einmal geräuschvoll die Luft aus, ehe sie sich durch ihre blonden, schulterlangen Haare fuhr.
,,Wow, schon krass...''
,,Bist du denn froh darüber, oder eher nicht so?'', fragte Alex dann nach und drehte sich auf die Seite, während sie immer noch meine Hand festgedrückt hielt.
,,Ich weiß es nicht so recht. Also, irgendwie macht es mich schon recht glücklich, weil endlich dieser ganze Terror Zuhause ein Ende nimmt, aber irgendwie macht es mich wiederum auch verdammt traurig, weil sie nun getrennte Wege miteinander gehen und wir nun keine Familie mehr sind.'', antwortete ich ihr wahrheitsgemäß und wusste gar nicht so recht, wohin eigentlich mit meinen ganzen Gefühlen.
Ich war so verdammt verwirrt, denn eigentlich wollte ich es immer so unbedingt. Aber jetzt, wo es tatsächlich soweit war und diese Vorstellung real wurde, war es irgendwie doch verdammt komisch und eben verwirrend für mich.
Es machte mich irgendwie glücklich, dass sie nun endgültig voneinander getrennt waren, denn dann hörte endlich dieser ganze Terror Zuhause auf und meine Mama lebte nicht mehr in ständiger Angst, dass sie, für alles was sie eben auch nur ansatzweise tat, angeschrien oder gar geschlagen werden könnte.
Ich musste mir auch nicht mehr diese ganzen Vorwürfe von meinem Papa anhören und ständig zu Ohren bekommen, wie nutzlos und scheiße ich doch eigentlich war und wie sehr er meine Geburt und die ungewollte Schwangerschaft meiner Mama tagtäglich bereute und diesen Tag am liebsten für immer aus seinem Leben verbannen wollte.
Luis würde von dem Ganzen ebenfalls verschont bleiben, denn er hätte irgendwann leider auch den Zorn meines Vaters zu spüren bekommen, obwohl er im Gegensatz zu mir auch wirklich gewollt war und sich wahrscheinlich auch viel besser als ich anstellen würde.
Aber irgendwann hätte mein Vater auch schon noch seinen Grund gefunden, um selbst meinen kleinen, perfekten Bruder für irgendetwas grundlos fertigzumachen und ihn eventuell auch zu schlagen.
Aber anderseits war die baldige, offizielle Trennung meiner Eltern auch verdammt scheiße, denn wir mussten uns dann erst einmal ein neues Leben, ganz ohne unseren Vater, aufbauen.
Meine Mama hatte seit ihrem 22. Lebensjahr keinen weiteren Job mehr gehabt, weil mein Papa das aus irgendeinem Grund einfach nie wollte und immer noch nachdem alten Weltbild lebte, dass sie ja in die Küche gehörte, sich gefälligst um den Haushalt und die Erziehung der Kinder kümmern sollte.
Wer wusste schon, ob sie noch etwas oder überhaupt irgendetwas in dem Bereich der Altenpflegerin finden würde. Zudem mussten wir uns auch noch schleunigst eine neue Bleibe suchen, denn wir konnten ja schließlich nicht für immer bei Alex oder gar bei meinem Großvater bleiben.
Zwar würde mein Opa uns sicherlich bis zu seinem Tod bei sich leben lassen, aber ich wusste ebenso gut auch, dass meine Mama ihm ungerne auf der Tasche lag, das mochte sie früher schon nicht, und unbedingt gerne auf ihren eigenen Beinen stehen wollte.
Es hatte beides eben seine Vor- und Nachteile und ich wusste einfach nicht so recht, wie genau ich mich eigentlich nun fühlen oder was ich gar davon eigentlich halten sollte.
Alex zog mich nur in ihre Arme, weil sie ganz genau wusste, wie sehr ich mir den Kopf gerade über dieses Thema zerbrach und ich drückte mich ihr nur, so nah wie nur irgendwie möglich entgegen.
Ich schlang meine Arme um sie und Alex zog mich noch ein Stückchen dichter zu sich, sodass noch nicht einmal mehr ein Blatt Papier zwischen uns passte.
Ich heulte nur meiner besten Freundin die Schulter voll und sie strich mir einmal ganz sachte und beruhigend zugleich über den Rücken.
,,Sh Timi, bleib' ruhig, alles wird gut.'', flüsterte sie mir beruhigend ins Ohr und ich schüttelte nur mit dem Kopf.
,,Alex, ich weiß nicht...'', meinte ich nur und sie löste mich etwas von sich.
,,Was genau verwirrt dich denn so daran?'', fragte sie besorgt nach und strich mir einmal meine Tränen aus dem eh schon vollkommen verheulten Gesicht.
,,Ich weiß auch nicht so recht, was genau mich daran eigentlich so sehr verwirrt.'', fing ich schluchzend an und schnaubte einmal laut auf.
,,Also, ich bin irgendwie verdammt glücklich darüber, aber auch anderseits wiederum verdammt traurig.'', erläuterte ich Alex etwas genauer meine Gefühle und sie nickte verstehend.
,,Ich verstehe schon, wie du das meinst, mein Schatz.'', fügte sie noch ihrer Gestik hinzu.
,,Dich macht es bestimmt glücklich, dass deine Mama nicht mehr so scheiße behandelt wird und nicht mehr in ständiger Angst leben muss, weil sie eventuell von ihm verletzt werden kann, oder?!'', harkte Alex nach und ich nickte augenblicklich bestätigend.
,,Und dich macht es bestimmt anderseits traurig, weil ihr euch ein neues Leben aufbauen müsst und keine richtige Familie mehr seid.'', stellte meine beste Freundin erneut fest und wieder gab ich ihr mit einem Nicken die Bestätigung für ihre Vermutung.
Dann musste ich augenblicklich breit lächeln und lachte einmal kurz auf. Dieses Mädchen kannte mich einfach nur zu gut!
,,Was grinst du denn jetzt so bescheuert, du Idiot?'', fragte Alex nun ganz verwundert nach und legte den Kopf parallel dazu schief.
,,Wegen dir.'', antwortete ich ihr wahrheitsgemäß.
,,Wegen mir?'', harkte sie immer noch verwundert nach und zog die Augenbrauen zusammen.
,,Ja, ganz genau wegen dir allein'.'', bestätigte ich ihr und nickte lächelnd.
,,Aber warum das denn jetzt?'', fragte Alex und strich mir einige verirrte Strähnen aus dem Gesicht.
,,Weil du mich so verdammt gut kennst halt. Das was du da eben gesagt hast, habe ich auch eins zu eins genauso gedacht.'', lächelte ich und sie grinste nun ebenfalls breit.
,,Aw, du bist ja süß.'', machte sie und kniff mir in die Wange, ehe sie mir einen Kuss auf diese gab.
,,Aber du kennst mich genauso gut und das macht mich ebenfalls verdammt glücklich, dass ich dich an meiner Seite habe.'', fügte sie noch breit lächelnd hinzu und drückte einmal fest meine Hand.
,,Aber trotzdem finde ich, dass du deswegen nicht unbedingt traurig sein sollst. Natürlich ist es am Anfang vollkommen verständlich, aber sehe nicht nur das Negative an der ganzen Sache. Selbstverständlich ist es irgendwo scheiße ohne deinen Vater, denn er war schließlich immer bei dir und gehört ja auch schließlich zu euch. Aber er hat so verdammt viel Mist in den letzten Jahren gebaut und an euch andauernd irgendwelche Fehler gesucht, obwohl er selbst noch nicht einmal wirklich frei von diesen war und größtenteils auch die meisten gemacht hat. Dein Vater hat deine Mama ja allein' schon vollgemacht, während sie gerade nur einmal geatmet hat.'', meinte Alex dann zu der ganzen Sache und ich nickte einmal.
,,Ja, mein Papa hat irgendwie immer versucht, uns irgendwelche Fehler in die Schuhe zu schieben und uns irgendwie schlecht zu reden. Dabei konnten wir für vieles doch selber nichts.'', stimmte ich ihr zu und schüttelte einmal vollkommen verständnislos mit dem Kopf.
,,Ich glaube aber, dass mir viel eher die große, bevorstehende Veränderung so Angst bereitet. Da wird ja noch so vieles Neues nun auf mich zu kommen.'', teilte ich meiner besten Freundin meine Bedanken mit und seufzte dann einmal ganz laut.
,,Aber eine Veränderung ist doch nicht automatisch etwas Schlechtes, mein Schatz.'' Alex fuhr mir durch die Haare und legte ihren Arm um meine Schulter.
,,Ich weiß! Aber irgendwie ist es ja schon komisch, dass die Trennung meiner Eltern nun Wirklichkeit ist. Ich hab' mir das so unfassbar oft alles schon ausgemalt, wie es wohl wäre, aber dass es nun doch passiert ist, ist einfach nur verdammt krass.'', erwiderte ich nachdenklich und konnte es selbst einfach kaum glauben. Meine Eltern hatten sich nun endgültig voneinander getrennt.
,,Timi Spatz, es ist vollkommen normal, dass das jetzt erst einmal etwas komisch und ungewohnt für dich ist. Vor allem so etwas ist nie einfach und man kann es kaum richtig glauben und realisieren. Aber glaub' mir, deiner Mama und Luis geht es sicherlich auch nicht gerade anders und es ist ebenfalls genauso komisch für die beiden genau wie für dich. Timi, aber diese Veränderung bedeutet nun wirklich nichts Schlechtes, so wie du dir das vielleicht denkst und auch eventuell ausmalst. Ich denke schon, dass es euch irgendwann besser damit gehen wird. Auch wenn es momentan nicht den Anschein macht, aber es wird wirklich nach und nach besser werden. Und um deinen Vater musst du dir auch überhaupt keine weiteren Sorgen machen, dass er eventuell alleine sein könnte. Der wird irgendwann auch schon zurecht kommen und sich wen Neues suchen. Er hat ja schließlich seine ganzen Weiber, denn er hat deine Mama ja schließlich nicht gerade selten und möglichst unauffällig mit diesen betrogen.'', versuchte mich Alex aufzumuntern, doch verdrehte aufgrund der letzten Tatsache einmal genervt die Augen.
Ich nickte nur wieder stumm vor mich hin und musste ihr in allen Punkten einfach nur vollkommen Recht geben. Es würde vielleicht nicht sofort alles perfekt und einfach werden, aber besser und nach und nach würde ich mich auch an diese für mich momentan eher komische Umstellung vollkommen gewöhnen können und lernen, mich damit abzufinden und es zu akzeptieren.
Ich legte dankbar meine Arme um meine beste Freundin und sie zog mich augenblicklich fester in diese. Alex strich mir erneut sachte und beruhigend zugleich über den Rücken und ich schloss lächelnd die Augen.
Ich war gerade so unfassbar dankbar dafür, dass ich sie an meiner Seite hatte und sie trotz meiner ganzen Fehler immer noch zu mir hielt und stand. Ich hatte so verdammt viele Ecken und Kanten und dennoch liebte und akzeptierte sie mich.
Eine Träne lief mir nach dieser Erkenntnis augenblicklich die Wange hinunter und ich heulte erneut Alex' T-Shirt voll.
,,Hey, was ist denn nun los?'', fragte sie sofort ganz besorgt nach und löste mich etwas von sich.
,,Ich bin...ich bin...nur so froh darüber, dass du...dass du trotz meiner ganzen Ecken und Kanten immer noch...bei mir...bei mir bist...'', murmelte ich ihr weinend ins Shirt und krallte mich wie ein Ertrinkender in dieses fest.
,,Warum sollte ich das denn auch nicht tun, Timi?'', fragte sie nur irritiert und sah mich eindringlich, aber dennoch verwirrt zugleich an.
,,Na, ich bin doch so ein' schrecklicher Mensch und total scheiße. Ich frag' mich da echt, wie du und Marcel da überhaupt noch zu mir stehen könnt'.'', erklärte ich ihr und strich mir die Tränen daraufhin aus dem Gesicht.
,,Was hat dir dein Vater schon wieder alles gegen den Kopf geworfen?'', fragte Alex nun stattdessen nach.
,,Nichts...'', antwortete ich nur knapp.
,,Timi, was hat er zu dir gesagt?'' Alex sah mich todernst und leicht sauer zugleich an und ich tat weiterhin einen auf vollkommen ahnungslos und als wüsste ich überhaupt nicht, was genau sie damit eigentlich meinte.
,,Wie kommst du denn darauf, dass er unbedingt etwas damit zutun hat?'', fragte ich nun stattdessen und sah meine beste Freundin erwartungsvoll an, während ich parallel dazu die Augenbrauen nach oben zog.
,,Ich kenne dich ganz genau, wenn du totalen Selbsthass auf dich schiebst. Dein Vater hat dir save wieder irgendetwas gegen den Kopf geknallt und du redest dir wieder ein, dass seine bescheuerten Worte auch noch stimmen. Also, sag' mir gefälligst, was hat dir dieses Arschloch schon wieder zu dir gesagt, damit ich dich schön vom Gegenteil überzeugen kann.'', sagte Alex nun etwas deutlicher, sah mich weiterhin mit ihren eindringlichen blauen Augen an und hielt mich an meinen Schultern fest.
Ich seufzte nur einmal ganz laut auf und verdrehte einmal möglichst auffällig die Augen, damit es Alex, trotz des schwachen Lichtes, noch ziemlich gut und haargenau erkennen konnte.
Sie würde ja eh keine Ruhe geben, bis ich endlich mit der Sprache herausrücken würde, das wusste ich ganz genau.
,,Mein Vater meinte zum Beispiel, dass es verdammt peinlich wäre, dass ich für eine Arbeit noch eine zweite Chance bekommen habe, weil die Erste bei mir doch nicht allzu gut ausgefallen ist.'', fing ich an und Alex zog augenblicklich nur die Augenbrauen nach oben.
,,Was soll daran denn bitteschön so schlimm sein?! Wenigstens ergreifst du die Initiative und wirfst es nicht einfach so weg und nimmst die schlechte Note einfach so hin. Daran ist doch rein gar nichts peinlich. Viel peinlicher wäre es doch, wenn du diese Chance einfach weg geworfen oder noch nicht einmal dafür gelernt hättest.'', erwiderte Alex auf die erste Anschuldigung meines Vaters und schüttelte einmal vollkommen verständnislos mit dem Kopf.
,,Aber es ist ja trotzdem schon etwas peinlich, wenn ich das als Einziger noch einmal schreiben muss, weil ich es eben beim ersten Mal nicht so richtig auf die Reihe gekriegt habe.'', meinte ich nur vollkommen unsicher und seufzte einmal.
,,Na und?! Dann brauchst du halt eben 'ne zweite Chance, dann ist das halt eben so. Nicht jedes Thema kann einem so locker von der Hand gehen und du bist sicherlich auch nicht der einzige Schüler auf dieser Welt, welcher für einen Test eine zweite Chance bekommt. Dein Vater soll mal froh darüber sein, dass du dich überhaupt um gute Noten bemühst.'', sagte Alex daraufhin nur leicht wütend und ich nickte zustimmend, weil sie zugegebenermaßen ja schon total Recht hatte mit dem, was sie da eigentlich sagte.
,,Hat er noch irgendwas gesagt?'', fragte sie dann nach und strich mir über die Schultern.
,,Ja, schon...'', antwortete ich leise und atmete einmal geräuschvoll die Luft aus.
,,Und was so?'', harkte Alex nach und ich sah meine beste Freundin nur mit leicht genervten Augen an.
Ich verstand ihre Sorge ja vollkommen und wusste sie auch sehr zu schätzen, aber es fuckte mich gerade schon extrem ab, dass sie mich so auslöcherte und mir einfach keine Ruhe lassen wollte. Alex sollte einfach nur schlafen und sich nicht mit meinen Problemen beschäftigen, das war echt nicht nötig.
,,Na ja...also, mein Vater meinte halt, dass ich nicht zeichnen kann, mein Lispeln, mit welchem ich laut ihm mal schleunigst zum Logopäden gehen müsste, total schrecklich ist, dumm wie ein' fucking Ziegelstein bin, hässlich bin, er meine Geburt selbstverständlicherweise auch bereut und dass ich in meinem Leben später überhaupt nichts geschissen kriegen werde. Dann hat er eben noch auf meinen Drogenkonsum rumgehackt und es so dargestellt, als wäre ich ja 24/7 vollkommen drauf und bis zum Anschlag zugedröhnt. Also, das Übliche halt, sag' ich ja.'', erzählte ich ihr dann das, was mein Vater mir heute Abend wieder alles gegen den Kopf geknallt hatte und mir stießen augenblicklich wieder Tränen in die Augen, während mich Alex nur mit offenem Mund und total geschockter Miene ansah.
Anstatt irgendwas zu erwidern, zog sie mich direkt wieder zurück in ihre Arme und strich mir erneut sachte über den Rücken und fuhr mir in regelmäßigen Abständen durch die Haare.
Ich heulte nur mal wieder ihre eh schon durchnässte Schulter voll und wartete darauf, was sie wohl zudem Ganzen sagen würde. Vielleicht stimmte sie meinen Vater ja auch sogar zu, weil es nun einmal der Wahrheit entsprach.
,,Timi Schatz, du sollst wissen, dass das, was dir dein Vater da gesagt hat, so überhaupt nicht stimmt und rein gar nichts davon auch nur ansatzweise der Wahrheit entspricht. Du zeichnest echt verdammt schöne Bilder und du kannst das so unfassbar gut. Jedes deiner Werke ist einfach nur wundervoll und überhaupt nicht scheiße oder gar hässlich. Dein Lispeln ist auch vollkommen OK und wenn ich ehrlich bin, finde ich es auch echt verdammt süß. Das macht aus dir doch keinen schlimmeren Menschen und fällt doch kaum auf. Und dumm bist du auf alle Fälle überhaupt nicht. Du bist zwar manchmal ein' totaler Vollidiot, aber dumm weiß Gott nicht. Du bist so ein unfassbarer intelligenter Junge und deine Noten sagen rein gar nichts darüber aus, denn das sind nur irgendwelche Zahlen und irgendwann juckt es doch eh keinen mehr, was du in dieser oder jener Arbeit hattest. Und hässlich bist du ebenso nicht. Dein Vater brauch' viel eher mal 'ne Brille, um deine Schönheit überhaupt richtig erkennen zu können. Deine Geburt war überhaupt kein' Fehler und das weißt du auch, mein Hase. Es ist total toll, dass du hier bist und ich ausgerechnet dich als meinen besten Freund an der Seite habe. Ich könnte mir da echt keine andere Person an meiner Seite vorstellen, als dich und es ist echt so, so toll, dass du auf dieser Welt bist. Und selbstverständlich wirst du später dein' Leben auf die Reihe kriegen, da bin ich mir zu hundert Prozent sicher. Vielleicht nicht so, wie er sich das vielleicht gerne vorstellen mag, aber du wirst das Alles ganz super hinbekommen, daran glaube ich ganz fest. Und dein Drogenkonsum hält sich doch noch in einem total gesunden Rahmen, mein Schatz. Ich mein, du kiffst zwar relativ viel, aber kiffen ist doch gar nicht mal so schlimm und zu den harten Sachen greifst du so selten, dass man manchmal schon fast vergisst, wann es das letzte Mal überhaupt war. Außerdem ist er mit seinem ganzen Bier auch nicht gerade so unschuldig und sollte erst Recht keine großen Töne in diese Richtung spucken. Aber Timi, du bist das Alles so gar nicht, was dein Vater dir da heute Abend schon weider alles gegen den Kopf geknallt hat. Du bist ein wundervoller, kluger und hübsche Junge, der ziemlich stolz auf dich und sein Tun sein kann.'', erwiderte Alex nun flüsternd in mein' Ohr, löste mich etwas von sich und lächelte mich ganz stolz und ehrlich an. Mir stießen augenblicklich wieder Tränen in die Augen und ich lächelte und heulte aufgrund der Worte meiner besten Freundin.
,,Aw Alex, du bist so unfassbar süß. Ich liebe dich.'', sagte ich lächelnd und ich schmiss mich zurück in ihre Arme.
,,Och Timi, das ist doch nur die pure Wahrheit. Aber ich liebe dich auch.'', lachte sie und fuhr mir durch die Haare.
,,Trotzdem waren das eben verdammt süße Worte von dir.'', nuschelte ich grinsend gegen ihr Shirt und sah lächelnd und mit strahlenden Augen zu ihr hoch.
,,Geht es dir jetzt schon wieder etwas besser?'', fragte Alex nach und löste mich etwas von sich.
,,Ja, es geht schon wieder etwas.'', nickte ich zustimmend und wischte mir die restlichen Tränen aus dem Gesicht.
,,Das ist doch schön und freut mich.'', lächelte sie und fuhr mir durch die Haare.
,,Es hat echt verdammt gut getan, mir das mal so aus der Seele geredet zu haben.'', gab ich zu und grinste meine beste Freundin an.
,,Du kannst jederzeit mit mir darüber reden, wenn du das möchtest. Ich bin immer für dich da. Auch wenn du dich nur ausheulen und keinen einzigen Ton von dir geben willst, bin ich für dich da und höre dir gerne zu, nur damit es dir danach vielleicht etwas besser geht.'', sagte Alex lächelnd und sah mich aufmunternd an.
,,Das ist lieb von dir. Danke.'', bedankte ich mich lächelnd bei ihr und drückte Alex einen Kuss auf die Wange.
,,So, und jetzt können wir aber auch ruhig schlafen gehen. Du schreibst ja schließlich noch 'ne verdammt wichtige Klassenarbeit und das dann auch noch ausgerechnet in dem verhassten Fach Mathe.'', meinte ich dann und Alex drehte sich wieder zurück auf den Rücken.
,,Aber wenn du reden willst...'', fing sie sofort an und ich legte mich auf sie drauf.
,,Jaja, dann werde ich die Initiative ergreifen und dich schon wecken, keine Angst.'', beendete ich lachend ihren Satz und sie schlang ihre Arme augenblicklich fest um mich.
,,Gut, dass du es auch selber weißt, was du zutun hast, wenn es dir schlecht geht.'', atmete meine beste Freundin erleichtert aus.
,,So, jetzt aber Gute Nacht, Alex.'', sagte ich und kuschelte mich näher an sie.
,,Gute Nacht, Timi. Schlaf' und träum' was Schönes.'', lächelte Alex und schloss augenblicklich die Augen.
,,Du auch.'', erwiderte ich noch, ehe ich ebenfalls die Augen schloss und meine Arme ebenfalls fest um meine beste Freundin schlang.
Gott, liebte ich dieses Mädchen!
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