»60«
[Jungkook]
„Du bist schon wach", hörte ich Taehyungs tiefe, raue Stimme am nächsten Morgen hinter mir sagen, während ich in der Küche stand und ihm etwas zu Essen machte. Er schlenderte nur, machte sich nicht einmal die Mühe, seine Füße von dem Boden zu heben, bevor er mich dann plötzlich in seine Arme zog und somit die Decke um mich legte, die über seinen Schultern lag. Für einen kurzen Augenblick, wusste ich nicht, wie ich reagieren sollte, musste dann aber leise lachen, als er seinen Kopf auf meine Schulter legte und sich einfach hängen ließ. „Ich bin noch so müde", nuschelte er leise vor sich hin und wollte sich wohl gar nicht mehr von mir lösen, weshalb ich meine Hände unter der Decke hervor schlängelte, sodass ich wieder kochen konnte.
„Weißt du, wie schwer ich es habe, die leichtesten Gerichte für dich zu kochen? Ich habe gestern zum ersten Mal etwas Richtiges gemacht, das man nicht einfach nur in den Ofen schmeißen muss", meinte ich und lachte wieder ein wenig, denn ich hatte gestern keine Beschwerden bekommen, dass das Essen nicht schmeckte. Zwar brauchte ich wirklich lang, musste dann auch zweihundert mal in das Rezeptbuch gucken oder etwas im Internet nachschauen, scheinbar hatte ich aber einfach das Talent dazu. „Du musst dich jetzt aber von mir lösen, sonst verbrenne ich mich", erwiderte ich und drehte mich ein wenig zum Mann, der jetzt ein wenig schmollte und sich dann mit hängenden Kopf an den Esstisch im Esszimmer setzte, dass direkt an die Küche grenzte.
Nun, da das Essen fertig war, tischte ich alles für uns beide auf und wir begannen zu essen. Es fiel mir wirklich schwer, irgendwie ernst zu bleiben, denn Taehyungs Haare hatten sich aufgetürmt und wären sie jetzt noch rot, hätte er ausgesehen wie ein Hahn, weshalb ich diese Vorstellung aus meinem Kopf nicht mehr loswerden konnte und immer wieder leise vor mich hin kicherte. Mein Gegenüber war scheinbar so müde, dass er das gar nicht so richtig mitbekam und nur seine Suppe trank, mit dem Kopf halb über dem Tisch und dem Gesicht beinahe in der Schüssel.
„Sag mal, wieso bist du denn so müde? Du hast geschlafen wie ein Stein und es ist auch schon kurz nach zwölf! Du hast beinahe zwölf Stunden geschlafen", merkte ich an und lachte, was Taehyung aber nicht so witzig fand, denn er riss sofort die Augen auf und verschluckte sich, sprang auf.
„Wieso rufst du mich nicht? Ich muss Young-Mi zur Schule bringen!", rief er und wollte gerade in ihr Zimmer gehen, jedoch hielt ich ihn davon ab, indem ich nach seiner Hand griff, wodurch er mich ein wenig verwundert anschaute. Ich lächelte.
„Sie kam heute morgen ins Schlafzimmer, war bereits komplett fertig. Ich hatte nicht gewusst, dass sie dorthin musste, habe sie dann aber hingebracht", erzählte ich. „Zwar kann ich kein Autofahren, aber wir sind gemeinsam mit dem Bus gefahren. Es hat ein bisschen länger gedauert, aber ich glaube diese Busfahrt hat ihr Spaß gemacht, denn sie traf dort auf einen Freund und eine Freundin aus ihrer Schule. Ich habe mich nett mit den Müttern unterhalten."
Taehyung brauchte ein wenig, um meine Worte wirklich zu verarbeiten, letztendlich setzte er sich dann aber wieder hin und trug nun ebenfalls ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen.
„Sie wollte mich unbedingt bis mit in ihren Klassenraum nehmen und hat mich dort all ihren Freunden vorgestellt. Es war wirklich süß!", erzählte ich noch und legte meinen Löffel beiseite, weil ich fertig gewesen war. „Weil sie dachte, ich würde nicht mehr alleine aus der Schule finden, hat sie mich auch ganz Stolz wieder bis zum Eingang gebracht und ist dann vollkommen eigenständig wieder zurück in ihre Klasse gegangen. Du hast sie genau richtig großgezogen."
Ich konnte mir nur vorstellen, was in etwa Taehyung gerade fühlen musste, denn dieses Lächeln, dass seine Lippen nur zierte, war ehrlich und herzlich. Wahrscheinlich ging sein Herz gerade auf, wenn er hörte, was seine Tochter getan hatte und dass sie, obwohl sie noch so jung war, schon so reif schien.
„Aber nun zu dir. Wie geht es dir und wie fühlst du dich? Du hast die Nacht ziemlich ruhig geschlafen und ich habe immer mal wieder geguckt, ob du Fieber hattest, aber deine Temperatur ist nicht mehr allzu hoch angestiegen", fragte ich und legte mein Gesicht auf meine Hände ab.
„Ein wenig schwach und angeschlagen fühle ich mich schon noch, aber mir geht es definitiv besser als gestern", antwortete der Braunhaarige und stütze seinen Kopf ebenfalls an seine Hand. „Nur dank dir, weil du mich so schön behandelt hast und an meiner Seite warst", meinte er noch, was mir schmeichelte und ich somit sofort wieder rote Wangen bekam. Komplimente waren noch immer etwas, dass mich sofort rot werden ließ, weshalb ich schnell nach einer anderen Beschäftigung suchte und somit abräumen wollte, jedoch hielt man mich auf, denn der Mann griff nach meinem Handgelenk und hielt dieses ganz fest.
Etwas verwirrt schaute ich zu ihm und legte die Schüssel wieder ab, damit sie nicht noch aus meiner Hand fallen würde. So plötzlich, wie er nach mir gegriffen hatten zog er mich zu sich, sodass ich nicht anders konnte, als zu stolpern und auf seinem Schoß zu landen, was natürlich sein Ziel war. Ich saß einfach da, konnte kein Wort sagen und wusste auch gar nicht, was ich sagen sollte, schaute verwirrt in seine leuchtenden Augen, sah im Blickwinkel sein schwaches Schmunzeln und aus dem Nichts vergrub er sein Gesicht in meiner Halsbeuge, was in mir ein derartig angenehmes, aber auch aufregendes Gefühl auslöste, dass ich eine kribbelnde Gänsehaut bekam.
„Taehyung, der Abwasch macht sich nicht von selbst. Du kannst ihn nicht machen, also mach ich es", murmelte ich irgendwann ganz leise vor mich hin, denn ich wollte nicht, dass er es hörte und sich von mir lösen würde, gleichzeitig wollte ich aber nicht so einfach zu haben sein. Ich befand mich zur Zeit wirklich in einem inneren Konflikt mit mir selbst, denn ich wusste nicht mehr, was richtig war und was falsch.
Vielleicht war das hier schon der Beweis dafür, dass Taehyung mich wirklich wollte und er nicht mehr tun würde, was vor zwei Jahren mal geschah. Vielleicht war all das, was Jackson meinte, gar nicht wirklich nötig, denn Taehyung wollte bereits nur mich.
Sollte ich ihm also verzeihen?
Oder sollte ich ihn weiter zappeln lassen?
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