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[Jungkook]

„Lass uns das öfter machen! Das hat wirklich Spaß gemacht", meinte Yoongi lächelnd, als er vor meinem Haus parkte. Auch ich lächelte, ich lachte sogar leise.

„Schwänzen? Wenn wir das zu oft machen, müssen wir damit rechnen, dass wir noch eine Abmahnung bekommen", erwiderte ich, aber er schien das nicht wirklich so gemeint zu haben, denn er schüttelte nur den Kopf.

„Uns treffen und einfach etwas unternehmen. Seitdem Jimin fast schon täglich tanzt, mache ich kaum noch was und habe meiste Zeit über Langeweile", erklärte er. „Wenn du also mal nichts zu tun hast, schreib mich an und wie gammeln dann wenigstens zusammen. Zusammen nichts tun ist immer noch besser als alleine nichts zu tun."

Ich nickte nur noch, bevor ich mich dann letztendlich verabschiedete und ihm noch dabei zuschaute, wie er wegfuhr. Beinahe vergaß ich, dass ich heute einen sehr großen Fehler gemacht hatte, für den Taehyung bestimmt noch Konsequenzen haben würde, weil ich jetzt aber Zuhause war und ihn erst morgen wiedersehen würde, war mir das relativ egal. Für mich zählte es gerade einfach, dass ich endlich Freunde hatte, mit denen ich etwas unternehmen konnte. 

„Ich bin wieder da!", rief ich ins Haus, als ich gerade hereinkam. Meine Eltern wussten, dass ich bei Yoongi war, jedoch dachten sie, ich sei erst nach der Schule mit dorthin gegangen. Jetzt war es kurz vor Neun, am Abend. Eigentlich wollte ich direkt nach oben und mir endlich meine Jeans ausziehen, sie war nämlich einfach unbequem, jedoch hörte ich meinen Namen, wie er gerufen wurde, wodurch ich keine andere Wahl hatte, als erst einmal ins Wohnzimmer zu gehen.

Meine Eltern machten das manchmal, wenn sie mir irgendwas erzählen wollten, das mich aber nicht wirklich interessierte. Heute war es aber anders.

„Was ist denn?", fragte ich und trat gerade in den Raum hinein. Sofort blieb ich stehen als sei ich an der Stelle festgefroren und ein Schauer lief meinen Rücken hinunter, als ich Taehyung sah, der neben meiner Mutter saß und gerade an einer Tasse nippte. Mit stark zitternden Beinen und einem rasenden Herzen, versuchte ich mir nicht anmerken zu lassen, dass es mich in Panik brachte, dass er gerade hier saß, und setzte mich auf den Sessel, sodass alle Augen auf mir lagen. Selbst die meines Vaters, der für gewöhnlich um diese Uhrzeit noch bei sich in der Praxis war.

„Wie meintest du, heißt dieser Freund, bei dem du gleich nach der Schule warst? Ich habe seinen Namen wieder vergessen", fragte mich meine Mutter.

„Du meinst Yoongi", antwortete ich ganz leise und wagte es gar nicht zu meinem Freund zu schauen, jedoch erkannte ich im Blickwinkel, dass er da saß und mich mit einem leichten Grinsen anschaute, während er immer wieder mit der Spitze seines Daumens über den Rand seiner Tasse strich.

„Dieser Yoongi", fing mein Vater an zu sagen. „Heute war das erste und auch letzte Mal, dass ihr was unternehmt. Wir möchten deine Freundschaft zu ihm nicht."

Sofort setzte ich mich auf und konnte nicht nachvollziehen, was er da gerade sagte, aber eine Chance zum Reden bekam ich nicht, denn meine Mutter sprach direkt los.

„Wir wissen, dass du nicht viele Freunde hast und du es wohlmöglich auch sehr schwer hast unter den Anderen, aber wir werden nicht zulassen, dass jemand wie Yoongi einen schlechten Einfluss auf dich ausübt! Schwänzen? Sag mal, was fällt dir überhaupt ein? Weißt du, wie viel dein Vater und ich tun, damit du Tag für Tag problemlos in die Schule kannst? Wir tun alles für deine Zukunft und dich! Ist das der Dank?"

„So war das doch gar-", fing ich an zu sagen und wollte mich erklären, jedoch wurde mir die Stimme sofort wieder genommen, indem mein Vater sprach. „Du brauchst dich gar nicht erst rechtfertigen! Wir wissen alles von Herrn Kim, der dir noch eine Chance gegeben hat und lieber erst mit uns redete, anstatt gleich zur Direktorin zu gehen, schließlich seid ihr ja Hand und Hand durch das Gebäude vor ihm weggerannt!"

Stirnrunzelnd schaute ich zu Taehyung, denn ich hatte nicht damit gerechnet, dass er es ihnen erzählen würde. Selbst wenn, dann nicht so im Detail.

Mittlerweile konnte ich nur noch hoffen, dass er ihnen das mit dem Mittelfinger nicht erzählt hatte, meine Eltern waren nämlich wirklich streng, was sowas anging und ich wusste, dass mir das mehr Stress einbrächte, als mein plötzliches Verschwinden letzte Woche. Da hatten sie wenigstens noch Mitleid mit mir, weil sie dachten, es sei durch das Mobbing geschehen, jetzt aber hatte ich keine Ausrede und war gefangen. Es gab keine Chance mehr, wie ich mich aus dieser Situation retten konnte.

„Herr Kim ist noch nachsichtig und du wirst nicht nachsitzen müssen, aber wir sind es nicht, denn wir können nicht einfach so davonkommen lassen, dass du dich so verhältst. Der Kontakt zu Yoongi ist dir unterbunden und wir möchten auch mit seinen Eltern sprechen, damit es sicher ist. Außerdem kriegst du eine Woche lang Hausarrest und wirst dieses Wochenende nicht mit nach Jeju kommen, wir fahren alleine", meinte meine Mutter noch. Damit war es auch gegessen für mich, obwohl ich mich so sehr freute, endlich mal wieder an den Strand zu können und zu entspannen.

„Kann ich jetzt wenigstens auf mein Zimmer?"

„Ja, aber Herr Kim möchte sich gerne noch unter vier Augen mit dir unterhalten! Du solltest ihm nebenbei auch danken, dass er dich nicht bestraft. Wenn du noch einmal solch einen Mist baust, dann war's das mit dem Medizinstudium für dich!", erwiderte mein Vater. Seine Stimme hob sich ein wenig.

„Ist mir doch egal! Ich war sowieso nie daran interessiert, Medizin zu studieren! Ihr wollt das für mich und nicht ich, aber das interessiert ja keinen", entgegnete ich und merkte, wie meine Stimme dabei ein wenig brach, weil ich fast anfing zu weinen. Ohne noch etwas zu sagen, stand ich auf und schaute zu Taehyung, welcher mich etwas perplex anschaute, wohl nicht mehr dumm vor sich hin Grinsen wollte, wegen meiner Reaktion gegenüber meines Vaters. Lange wartete er aber nicht und kam dann mit nach oben in mein Zimmer.

Während ich mich direkt zu meinem Bett begab und mich auf dieses hinsetzte, bereits mit Tränen in den Augen, schloss er die Tür hinter sich noch, kam dann zu mir und setzte sich ganz dicht an mich heran. Er wollte gerade seinen Arm um mich legen, sah ich im Augenwinkel, jedoch rutschte ich ein Stück weg von ihm, weshalb der Mann aufgab und seufzend seinen Blick senkte.

„Ich konnte nicht ahnen, dass deine Eltern so streng mit dir sind. Letztes Mal schienen sie wirklich nett und verständnisvoll zu sein, weshalb ich dachte, du würdest vielleicht nur Hausarrest oder so bekommen", fing der Ältere an zu sagen. „Auch wenn du mir gerade sehr leid tust, weil du einen wahrscheinlich guten Freund verlierst, hast du noch keine Bestrafung für den Mittelfinger erhalten."

Augenblicklich hob ich meinen Blick und riss die Augen auf, während ich Taehyung anschaute.

„Weißt du, ich mag es gar nicht, dass du dich so rebellisch verhältst", sagte er leise. „Und ich dulde solches Verhalten nicht, das solltest du wissen."

Allmählich bekam ich Angst vor ihm, weil seine Stimme wieder immer bedrohlicher klang, aber ich wusste, er würde mir niemals wehtun. Außer vielleicht mit seinen Worten.

„Und wie willst du mich bestrafen?", fragte ich leise und wischte die Tränen von meinen Wangen weg.

„Wie wäre es damit, dass du während der Schulzeit nicht mehr von meiner Seite weichen darfst, außer du musst zum Unterricht eines anderen Lehrers? Es ist nicht unüblich für Schüler, dem Lehrer zu assistieren, wenn sie Mist bauen", meinte er, weshalb ich ihn nur verwirrt anschaute.

„Mehr nicht?", erwiderte ich. „Es ist ja nicht so, als hätte ich die letzten drei Jahre nichts anderes gemacht. Bestrafung kann man das nicht nennen."

Und er grinste leicht.

„Ich habe nicht gesagt, dass ich es dir leicht machen werde, Jungkook."

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