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[Jungkook]

Immer wieder schaute ich nervös auf die Uhr an meinem Handgelenk und sah, dass es bereits Mitternacht, aber Acelya noch immer nirgends zu sehen war. Ich wusste nicht, ob sie meine Nachricht überhaupt erhalten hatte, schließlich warf ich mein Handy bereits weg, bevor ich das noch sehen konnte. Als sie dann schon ganze zehn Minuten zu spät war, kam in mir allmählich die Panik auf, vor allem als ich die hellen Scheinwerfer eines Autos sah, weshalb ich gehen wollte.

Mein Herz raste mir bis in den Hals hinein, während ich mich dann hinter einem Busch verstecken musste, aus Angst die Person im Auto würde mich kennen. So hielt ich meinen Blick steht's darauf und wollte eigentlich warten, bis die Person wegfahren würde, jedoch blieb das Auto irgendwann in nicht allzu weiter Entfernung von mir stehen und sobald das Licht dann ausging, erkannte ich augenblicklich, wer hier war. Und es war nicht Acelya.

„Taehyung?", murmelte ich leise vor mich hin und riss die Augen weit auf. Lange konnte ich darüber aber nicht nachdenken, denn ich sah plötzlich wie meine Mitschülerin gerade ankam und musste sie so schnell wie möglich zu mir holen, weshalb ich sie einfach in den Busch zog, dabei meine Hand fest auf ihren Mund drückte, damit sie nicht schreien würde, bis sie mich letztendlich erkannte und beruhigte.

„Verdammt Jungkook, bist du eigentlich komplett verrückt? Wenn rauskommt, dass ich mich mit dir getroffen habe und um diese Uhrzeit überhaupt durch die Stadt kursiere, werde ich eine Menge Ärger am Hals haben. Mich interessiert das zwar nicht, aber ich kann auch ganz gut ohne leben!", entgegnete sie sofort und ich drückte schnell meinen Finger an meinen eigenen Mund, um ihr klar zu machen, dass sie leiser sein sollte.

„Wieso ist Herr Kim hier? Hast du ihm erzählt, dass ich hier sein würde?", fragte ich sie, aber das Mädchen schüttelte hastig den Kopf und schaute ebenso verwirrt zu dem Auto unseres Lehrers. Es regnete und wir wurden beide nass, denn einfache Regenjacken reichten bei diesem Wetter nicht mehr aus. „Wir müssen warten, bis er hier weg ist, es ist nämlich zu gefährlich für mich."

„Aber sag doch erst einmal, wieso du dich überhaupt versteckst und wieso ich heute Morgen von meiner Mutter geweckt wurde, die meinte, die Polizei wolle mich ausfragen über dein Verschwinden! Deine Nachricht am Freitag war ja schon komisch, aber gerade jetzt fühle ich mich wie eine Kriminelle", gab sie von sich und war noch immer zu laut. Acelya wusste scheinbar nicht, wie man leise Reden würde. Ihre Stimme war noch immer zu laut.

Weiterhin besorgt, konnte ich meine Augen nicht von Taehyung nehmen, denn so riskant wie es gerade auch war, dass ich mich hier und er sich dort, fast direkt vor uns, befand, erwärmte es mir das Herz, zu sehen, dass er sich offensichtlich nach mir umschaute. Er trug diesen Blick, wie an dem Tag auch, an dem ich ihm von der Sache mit Daniel erzählte. Und er würde nicht hier sein, wenn er nicht nach mir suche, oder?

„Ist es seinetwegen?", hörte ich die weibliche Stimme neben mir sagen. „Erzähl es mir! Ist irgendwas Wahres dran, an den Gerüchten über Herrn Kim und dich? Oh mein Gott, wart ihr zusammen und habt euch getrennt, weil er ein Psychokiller ist?"

Leise seufzend schaute ich zu ihr und nickte nur leicht, schüttelte dann aber sofort den Kopf.

„Herr Kim ist der Mann, der mein Herz erobert hat, aber kein Psychokiller. Er war der Einzige, der sich jemals um mich kümmerte und dafür sorgte oder es wenigstens versuchte, die anderen munddicht zu machen, damit sie mich nicht mehr so schlecht behandelten", fing ich an zu erzählen. „Immer, wenn es mir mal offensichtlich schlecht ging, scheute er nicht und fragte sofort, wie es mir ginge, interessierte sich dafür und wollte mir wirklich helfen. Mehrmals schon rettete er mich aus schwierigen Situationen, aus denen ich mich selbst nur relativ schwer befreien konnte und war für mich da. Es gibt neunundneunzig Gründe für mich, ihn zu lieben und nur einen einzigen dafür, es nicht zu tun. Dieser eine Grund ist, dass meine Gefühle ihn belasten, weil er mein Lehrer ist."

Acelya's Blick veränderte sich plötzlich und ich wusste nicht wirklich, wie ich ihn deuten sollte, jedoch war er nicht angeekelt oder abwertend, wie die Blicke, die meine Klassenkameraden mir immer zuwarfen. Er wirkte mitfühlend.

„Und warum willst du weg? Warum rennst du davon, wenn sich hier sicherlich eine unglaubliche Liebesgeschichte abspielen könnte?", fragte sie mich und schaute mich mit einem leisen seufzen an.

„Er weiß es. Er kennt meine Gefühle und seine Antwort darauf war nicht gerade einladend. Weißt du wie schwer es für mich ist, noch hier zu bleiben, wenn ich ganz genau weiß, dass meine Liebe für ihn, ihm nur Schwierigkeiten bereitet? Ich möchte keine Last sein, nicht für ihn, da er mir doch schon so oft geholfen hat", erklärte ich. „Nach all den Dingen, die er für mich tat, kann ich doch nicht einfach so eine Mauer sein, die sich ihm in den Weg stellt. Meine Liebe zu ihm ist zu gefährlich. Es könnte ihn seine ganze Karriere kosten, mir aber nichts anhaben, und das möchte ich nicht in Kauf nehmen."

„Hör auf! Merkst du es nicht selbst? Das sind alles nur Ausreden, die du dir selbst ausdenkst, weil du Angst hast. Ich weiß nicht wovor, aber es ist so. Er wird seinen Job nicht verlieren, weil du ihn liebst und es gibt auch keinen Grund zur Sorge, dass du ihm eine Last sein wirst! Ich kenne Herrn Kim nicht wie du oder die Anderen, aber wie du es mir erzählst, scheint er ein wirklich aufrichtiger Mensch zu sein und ich bin mir sicher, dass alles, worüber du dir Sorgen machst, vollkommen unnötig ist", meinte sie und lächelte schwach. „Versteck dich nicht länger, sonst wirst du eine wirkliche Last für ihn. Der Polizist hat mir erzählt, dass er Herr Kim als einziger potentieller Verdächtiger für dein Verschwinden zählen könnte, weil du bei ihm warst. Sie wollen zwar noch nicht so weit gehen, aber du musst es auch nicht so weit bringen! Vielleicht ist er ein Mensch wie der Mond. Er hat eine dunkle und eine helle Seite, beide sind immer vorhanden, kommen aber entweder zusammen oder alleine zum Vorschein. Vielleicht hast du ihn an einem Tag erwischt, an dem Neumond war, somit nur seine dunkle Seite zum Vorschein kam. Gib nicht sofort auf, hab ein wenig mehr Vertrauen in dich selbst, bitte."

„Aber, wie soll ich das denn machen? Wenn ich jetzt einfach so zurückkehre, wird es viele Probleme geben!", erwiderte ich, aber Acelya schüttelte wieder nur den Kopf.

„Vielleicht mögen einige Hindernisse auf dich zukommen, wenn du jetzt zurückkehrst, aber sie sind überwindbar. Also, sei kein Feigling und beweise dich!", stärkte sie mich und stand plötzlich auf, mich dabei am Ärmel ebenfalls auf die Beine ziehend, weil wir vorher noch hockten. So vertieft in meinen Gedanken wie ich war, über alles, was sie sagte, achtete ich gar nicht mehr auf das Mädchen und erschreckte mich, als sie mich plötzlich aus dem Gebüsch auf den Gehweg schubste und wegrannte, sich dabei noch einmal zu mir drehend, um mir einen Daumen nach oben zu zeigen.

Es war bereits zu spät, um noch wegzulaufen, denn Taehyung hatte mich gesehen und stieg gerade aus seinem Auto aus, so hörte ich es jedenfalls hinter mir, als ich die Autotür hörte. Ohne diese hinter sich zu schließen, da es regnete, kam er in einem schnellen Tempo einfach auf mich zu, weswegen ich Angst bekam, dass er vielleicht Böse war, da man ihn verdächtigte und er sich daher rächen wollen würde, aber wie ich es wirklich gar nicht erwartet hatte, zog er mich einfach in seine Arme. Er umarmte mich, ganz fest, hier inmitten der Nacht, im Regen, vor unserer Schule.

„Du hast versprochen, du würdest das nicht mehr tun", hörte ich ihn sagen und spürte, wie er mich noch feste an seinen eigenen Körper presste. Es verwirrte mich so sehr und ich wusste nicht genau, wie ich darauf reagieren sollte, zögerte daher ein wenig, bevor ich wirklich alles, was hier gerade geschah, realisierte.

Länger zurückhalten konnte ich es nicht und fing an zu weinen, wobei ich meine Arme ebenfalls um ihn legte. Weil ich kleiner war, legte ich sie um seinen Torso, das tat's gerade aber nicht zur Sache. Für mich zählte lediglich, dass wir überhaupt hier so standen. Arm in Arm.

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