»23«
[Jungkook]
„Herr Kim, Sie haben Ihr Handy irgendwie bei uns liegen lassen", erzählte ich und hielt meinem Lehrer sein Handy hin. Ich erkannte, dass seine Augen ziemlich glasig waren und es wirkte, als hätte er geweint gehabt, denn sie waren auch rot und obendrein zierten sein Gesicht tiefe Augenringe, die vorhin noch nicht da gewesen waren, jedoch wollte ich nicht darauf eingehen, da es mich letztendlich nichts anging.
„Oh, ich danke dir. Ich habe es eben gerade schon überall gesucht", erwiderte er nur sehr leise und nahm sein Handy weiterhin dankend an. Natürlich erkannte ich sofort, dass etwas nicht stimmte, schließlich zitterten seine Hände sogar ein wenig und ich sah, wie er hin und wieder mal nach vorne taumelte, aber ich traute mich nicht zu fragen, weil ich Angst hatte alles somit nur umso schlimmer zu machen. Deswegen wollte ich einfach so schnell wie möglich gehen, weshalb ich mich zur Verabschiedung verbeugte, jedoch sah ich etwas, dass mir einen Pfeil durch das Herz schoss, weshalb ich nicht mehr länger still bleiben konnte.
„Herr Kim! Sie bluten am Fuß!", meinte ich sofort und fiel auf die Knie, um mir das genauer anzuschauen, wobei ich auch noch schreiben auf dem Boden sah. Ich wagte einen Blick hinein in seine Wohnung, wo eine Schublade auf dem Boden lag, davor ganz viel zersplittertes Glas. „Was ist hier passiert? Ist jemand eingebrochen?", fragte ich sofort in Panik und schaute einmal besorgt zu ihm nach oben. Er senkte seinen Blick zu mir und ich erkannte, dass sich Tränen in seinen Augen bildeten, die letztendlich seine Wangen hinunter liefen.
„Alles ist gut, du solltest Nachhause. Es ist spät. Hat deine Mutter dich gefahren?", erwiderte er lediglich und zog seinen Fuß weg. Mit einem leisen Seufzen stand ich wieder auf und nickte schwach. Zwar wusste ich nicht, was vorgefallen war, jedoch sah das auf keinen Fall gut aus, weshalb ich meinen ganzen Mut zusammen nahm und eifrig den Kopf dann letztendlich schüttelte.
„Ich möchte Ihnen aber helfen, wie Sie mir ebenfalls geholfen haben", entgegnete ich geradewegs hinaus und merkte mein Herz schon rasen. „Vorne an der Straße stand bis eben noch eine Frau, die ich für eine Nachbarin hielt und nach Ihrer genauen Adresse fragte, weil ich sie nicht wusste. War das zufällig Ihre Freundin? Das kann ja nicht sein, Sie sagten Ihre Freundin sein Schwanger und diese Frau hatte sicherlich den schlanken Körper eines Models."
Er nickte nur leicht und ich fing an die Situation ein wenig zu verstehen.
„Sie sollten am Besten nicht mehr stehen, wenn ihr Fuß verletzt ist. Sind Sie in eine der Scherben getreten? Ich rufe schnell meine Mutter an!", sagte ich noch zu dem Mann und griff schnell nach meinem Handy. Er versuchte noch, mich dazu zu überreden, dass ich doch Nachhause fahren würde, jedoch hatte ich mich bereits dazu entschlossen, dass das auf keinen Fall in Frage käme, weshalb ich meine Mutter anrief und ihr grob die Situation schilderte. Kurze Zeit später war sie auch schon da.
„Was ist hier bloß passiert? Sie hätten aufpassen sollen mit den Scherben", machte meine Mutter in einem ebenfalls besorgten Ton deutlich und trat dann in die Wohnung. „Ich werde das hier alles aufräumen, während du dich um ihn kümmerst Jungkook. Desinfiziere seine Wunde und schau, ob sie nicht zu tief ist. Dein Vater hat dir das alles schon beigebracht."
Obwohl ich sehr nervös war, nickte ich und schaute dann zu Taehyung, welcher seinen Blick nach wie vor auf den Boden gesenkt hatte. Ich konnte verstehen, dass es ihm gerade nicht gut ging und er sich bestimmt auch dafür schämte, dass wir hier waren, ich als Schüler ihn so sah, aber er hatte selbst gesagt, man solle Hilfe annehmen, wenn man sie brauchte, auch wenn man sich dagegen weigerte.
Weil ich Schuhe anhatte, konnte ich ohne Probleme in die Wohnung treten, wo ich schnell nach Hausschuhen suchte. „Ziehen Sie die an", murmelte ich und hielt dabei jeweils immer einen dieser Schuhe vor seinem Fuß. Ohne weiter nachzudenken, griff ich nach seiner Hand und legte seinen Arm um meine Schultern und meinen eigenen um seinen Torso. Ich ignorierte, dass ich seinen trainierten Körper so dicht an mir hatte und definitiv die Muskeln an seinem Bauch spürte, blieb also stark, weil das gerade von mir verlangt war, brachte ihn schnell in das nächste Zimmer, welches sich als das Schlafzimmer erwies. Dort setzte ich Taehyung vorsichtig an den Rand seines Bettes ab.
„Haben Sie hier irgendwo einen Verbandskasten?", fragte ich und schaute zu dem Mann, der mit seinem Finger zu einer Tür zeigte, die wahrscheinlich zum Bad ging. Damit lag ich richtig, da ich dort unter dem Waschbecken in einer Schublade letztendlich auch fand, wonach ich gesucht hatte. Mit diesem roten Kasten in der Hand rannte ich schnell wieder zurück zu Taehyung, wo ich mich wieder vor ihn kniete und seinen Fuß vorsichtig auf meinen Schoß hob.
Zum Glück hatte er weiße Socken getragen, sonst hätte ich bestimmt niemals gesehen gehabt, dass er diese Verletzung am Fuß hatte und er selbst hätte sie wahrscheinlich nicht behandelt, was zu einer Entzündung hätte führen können. Ich zog sie ihm aus und atmete erleichtert aus, als ich sah, dass er kein Glas in sich hatte, dass ich hätte entfernen müssen und auch die Wunde nicht allzu groß oder tief war, sondern ein einfacher Schnitt, der aber etwas größer zu sein schien.
„Das kann jetzt leicht brennen", sprach ich leise vor mich hin und tupfte mit einem kleinen Wattebausch auf seine Wunde, nachdem ich dieses zuvor in Wunden-Desinfektionsmittel getunkt hatte. Ich hörte ein Zischen seinerseits und vermerkte, wie Taehyung sich leicht anspannte, jedoch wurde es wieder besser, als ich anfing leicht zu pusten. Da ich jetzt auch besser erkennen konnte, wie die Wunde wirklich aussah, da nicht mehr allzu viel Blut dran war, bestätigte sich meine Vermutung, dass es sich hier um nichts allzu gravierendes handelte und er nicht ins Krankenhaus müsse, um genäht zu werden oder Sonstiges. „Das muss nicht genäht werden", teilte ich noch leise mit und machte eine Kompresse mit einem Verband drumherum, wobei ich wirklich saubere Arbeit leistete. Anders konnte man es von dem Sohn eines Arztes, der einem das schon in jungen Jahren beigebracht hatte, eigentlich auch nicht erwarten.
„Vielen Dank", nuschelte der Braunhaarige nur und ließ seinen Kopf seufzend in den Nacken fallen. Es machte mich wirklich fertig ihn so zu sehen und nicht zu wissen, was denn wirklich passiert war, jedoch konnte ich mir ungefähr vorstellen, dass es was mit dieser Frau zutun hatte. Als ich klingelte, rief er ihren Namen, Mina, und sie war scheinbar die Frau die ich an der Straße traf und fragte, wo im Gebäude sich die Wohnung befand. Mich wunderte es nach wie vor, dass sie keinen größeren Bauch hatte, was man von einer Schwangeren, die bald das Geschlecht ihres Kinder herausfinden sollte, eigentlich gewohnt war.
„Bist du hier fertig Jungkook?", hörte ich meine Mutter plötzlich hinter mir. Ich drehte mich zu ihr um, weil sie mich aus meinen Gedanken riss und brauchte einige Zeit um ihre Frage wirklich aufzunehmen, bevor ich dann nickte und aufstand. „Ich denke ich sollte Krücken bei deinem Vater in der Praxis abholen, weil die Wunde geschont werden muss. Soll ich dich vorher Nachhause fahren oder bleibst du hier bei Herrn Kim?"
Unwissend, was ich sagen sollte, schaute ich zu Taehyung, der natürlich noch nicht wusste, dass ich mindestens noch eineinhalb Stunden hier bleiben müsse, wenn es dazu käme. Dann nickte er aber.
„Dann bleibe ich hier", antwortete ich ihr und sie nickte ebenfalls leicht.
„Ich habe alles soweit aufgeräumt und auch die Schublade wieder an die wand gehoben. Zum Glück war sie nicht so schwer", meinte sie und winkte uns noch zu, bevor sie verschwand und uns somit alleine ließ.
„Wollen Sie etwas trinken? Ich hole Ihnen schnell etwas", sagte ich irgendwann, nachdem wir uns lange Zeit lang einfach angeschwiegen hatten und mir die Situation etwas zu unangenehm wurde. Ich wollte gerade gehen, obwohl ich nicht einmal wusste, wo die Küche war, da griff er nach meiner Hand und hielt sie ganz doll fest.
Erschrocken und verwirrt, wandte ich meinen Blick zu ihm, aber lange Zeit blieb mir nicht mehr, um darüber nachzudenken, denn er zog mich genauso plötzlich an sich heran und legte seine Arme fest um mich. Weil er auf dem Bett saß, schlang er seine Arme um meinen Oberkörper, da ich ja stand, und sein Kopf lag an meiner Brust. Mir blieb der Atem weg und meine Beine wären jetzt schon längst ineinander versackt, würde er mich nicht halten.
„Dein Herz rast so sehr", gab Taehyung ganz leise von sich, während wir in dieser Position verweilten. Ich wusste nicht wirklich zu antworten und legte daher sehr zögerlich meine Hand an seinen Rücken und tappte sanft einige Male darauf.
,,Es wird Ihnen wieder besser gehen", war das Einzige, was mir dann noch in den Sinn fiel.
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