Der Dieb
Da stehe ich.
Zurückgelassen, der heissen Sonne ausgesetzt.
Und doch fühle ich es wie Regentropfen auf mich nieder prasseln, schwer wie Blei und gleichzeitig leicht wie Watte.
Ohne mich zu regen, schaue ich nach vorne, geradeaus.
Meine Lippen sind trocken wie die Wüste.
Meine Augen wässrig wie die tiefe See und so leer wie mein Inneres.
Er hat es mitgenommen.
Mein Schlagen.
Mein Flattern.
Mein Atmen.
Nichts hat er mir gelassen.
Nichts ausser Lippen, trocken wie die Wüste, Augen wässrig wie die tiefe See und eine hungrige Leere.
Sie frisst mich auf.
Langsam - quälend - endlos.
Egal wie trocken meine Lippen, ich spüre noch immer den Kuss und wie ich dabei zerbarst.
Ein Abschiedskuss, hat er gesagt.
Egal wie wässrig meine Augen, das Prickeln seiner - die Tränen wegwischenden - Finger auf meiner Haut hat sich eingebrannt.
Es läge nicht an mir, er wäre das Problem; sagte er.
Er hatte sich in mich eingebrannt, er prägt mich wie das Brandzeichen den Mustang.
Doch ich gehöre keiner Wildheit mehr an, keiner Freiheit.
Das Brennen der Leidenschaft in meiner Brust ist fort.
Er hat es gestohlen.
Mir nichts gelassen.
Meine Glieder fühlen sich schwer an, ziehen mich Richtung Erdkern.
Dort sacke ich zusammen, auf dem staubigen Boden einer Gegend ohne Leben.
Karg. Trocken. Unfruchtbar.
Genauso fühle ich mich.
Grau und staubig, alt und brüchig.
Dahin bröckelnd und mit der Erde eins werdend.
Tot.
Zittrig fahre ich mit der Hand über das ausgedörrte Braun.
War ich früher eine rote Blüte auf der Blumenwiese, so bin ich heute ein wertloses Sandkorn auf diesem erbarmungslosen Boden, ein Überrest einer hässlichen Wurzel, wimmernd nach Frische verlangend.
Und dann kommt der Regen.
Zuerst tastet er sich vorsichtig vor, erobert immer gieriger jedes noch so winzige Staubkorn.
Er durchtränkt meine Bluse, meinen sorgfältig gebügelten Rock und meine Strümpfe.
Er durchnässt mich bis auf die Haut.
Meine Lippen sind feucht, meine Tränen hinfort geschwemmt.
Schwerfällig drehe ich mich auf den Rücken, die an mir klebenden Stoffe schmiegen sich wie angegossen an meinen fröstelnden Körper.
Es war heiss.
Nun ist mir kalt.
Es schmeichelt mir.
Ich schliesse die Augen.
Ich will diese Hitze nicht, das Austrocknen macht mich ganz schwach.
Ich mag den Regen.
Den Sommerregen.
So süss und sauer, warm und kalt zugleich.
Lieblich und charmant, keine Härte, keine nachträglichen Schmerzen.
Er küsst mich, meine Lippen, meine Lider, meinen müden Körper.
Kühl, aber erfrischend. Und ehrlich. Keine Spielchen, blosse Natur.
Er wird mich nicht bestehlen.
Nicht der Regen.
Er ist nicht wie er.
Ein Dieb.
A/N
... tbh, ich bin noch nicht sicher, ob mir "Der Dieb" gefällt, was meint ihr? <3
- alice xx
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