14 | Icebreaker
Ohne viel Blabla schnell weiter. Ich wünsche euch ganz viel Spaß und Frohe Ostern :)
„Ich bin nicht sauer", fiel sie ihm ins Wort. „Ich habe bloß ernstgemeint, was ich gesagt habe – solang du so bist, kann ich mit dir nicht zusammen sein."
Noch immer schaute sie ihn nicht an, sah aber in ihrem Augenwinkel, wie er seine Kiefer fest aufeinanderpresste.
„Ich weiß. Deshalb werde ich auch an mir arbeiten. Ich versprech's dir."
Sie seufzte schwer.
„Wozu?", wollte sie wissen und sah ihm nun doch aufgebracht ins Gesicht. „Selbst, wenn du deine Emotionen in den Griff bekommst – wer sagt mir, dass du mich nicht ein paar Wochen später wieder ghostest, so, wie es dir in den Kram passt? Das kannst du vielleicht mit irgendeiner von deinen Tussis machen, die sich dir willenlos vor die Füße werfen, aber mit mir läuft so ne Scheiße nicht, Nio."
Sie glaubte zu erkennen, dass ihm ein Schmunzeln übers Gesicht huschte. Dass er sie nicht für voll nahm, machte sie nur noch wütender.
„Ich mache keine Witze, okay? Ich mein's ernst. Du kannst nicht über mich verfügen, wie es dir gerade passt. Wochenlang kommt von dir rein gar nichts, dann auf einmal meldest du dich wieder, wir verbringen Zeit miteinander und du schlägst dich mit irgendwelchen Idioten, die irgendwas Schlechtes über mich gesagt haben, so, als wäre dir das bitterernst mit-"
„Wenn du nur wüsstest, wie bitterernst mir das mit dir ist", unterbrach er sie entschieden. Sie schüttelte energisch den Kopf.
„Und warum hast du dich dann nie nur auf mich konzentriert, sondern mich immer geghostet und andere Frauen gedatet, wie ein Arschloch?"
„Weil ich es dir leichter machen wollte, das mit uns abzuhaken..."
Sie sah ihm aus großen Augen ins Gesicht.
„Lang nicht mehr sowas Jämmerliches gehört."
Nio schnaubte aufgebracht.
„Scheiße, Kaia. Ich habe dir doch gesagt, wie sehr ich auf dich stehe. Ich denke praktisch an nichts anderes mehr als an dich und daran, wie gut es sich anfühlt, wenn du bei mir bist. Aber damals dachte ich, dass du eigentlich mehr verdienst als jemanden wie mich, der sich nicht im Griff hat, zu viel trinkt, sich ständig rumtreibt und noch gar nicht weiß, was er eigentlich will. Ich wusste nicht, ob ich sowas kann... Eine Beziehung. Ich meine, ich hatte das noch nie. Jedenfalls nicht richtig, mit ‚all in' gehen und diesen Scheiß. Aber du hast mein Leben komplett auf den Kopf gestellt und ich dachte, dass ich dem, was du verdienst, nicht gerecht werden kann und dir vielleicht eines Tages wehtue. Eigentlich verdienst du einen Leander und keinen, der sich nicht sicher ist, was er will. Aber ich konnte dir das nicht sagen, weil das bedeutet hätte, dass ich uns aufgebe und ich das nicht konnte. Du bedeutest mir viel zu viel, als dass ich dich gehen lassen könnte. Also dachte ich, wenn ich dich so dazu bringen kann, uns aufzugeben, fällt es mir leichter, dich loszulassen. Aber ich hab mich verkalkuliert, okay? Ich kann dich nicht loslassen. Weil das bedeutet, dass dich irgendein anderer klärt – und der dich vielleicht auch nicht gut behandelt."
Nio brach ab, als er sich regelrecht in Rage geredet hatte. Er atmete schwer, während Kaia ihm einfach nur schweigend ins Gesicht schaute.
„Also hast du dir gedacht, na gut, also, wenn sie schon jemand wie Scheiße behandelt, dann sollte wenigstens ich das sein?", blaffte sie ihn an, die Augen zu Schlitzen verengt. Nio seufzte.
„Nichts liegt mir ferner, Kaia", versicherte er etwas sanfter. Sie zuckte zusammen, als er ihre Hand in seine nahm. Doch sie zog sie kopfschüttelnd weg.
„Und warum zur Hölle hast du es dann nicht durchgezogen, sondern dich wieder mit mir getroffen? Hast mit mir geflirtet, bist mit mir ins Kino gegangen, hast mit mir gegessen, versucht mich zu küssen?", platzte es wütend aus ihr heraus. „Was bin ich für dich? Ein beschissenes Spielzeug?"
Er hob abwehrend die Hände.
„Ich habe dich vermisst, okay? Seit zwei Monaten denke ich an nichts anderes mehr als an dich, und jedes Mal, wenn ich über meinen Schatten springe und mich bei dir melde, kommt nichts zurück. Ich arbeite an mir, war seit Wochen nicht mehr feiern, gehe jeder Auseinandersetzung aus dem Weg, aber da du mich ignoriert hast, konnte ich dir das nicht erzählen. Fuck, Kaia. Ich bin verliebt in dich. Warum zwingst du mich, dir das so deutlich zu sagen? Du weißt doch, dass ich nicht gut über meine Gefühle reden kann", platzte es auf einmal unvermittelt aus ihm heraus. Da sie im ersten Moment nicht wusste, was sie zu seinem Gefühlsausbruch sagen sollte, sah sie ihn einfach nur schweigend aus großen Augen an. Ihre Gedanken überschlugen sich so schnell, dass es ihr nicht gelang, sie zu ordnen. Das Herz schlug ihr von einer Sekunde auf die andere bis zum Hals, während ihr gleichzeitig heiß und kalt wurde.
„Scheiße, man", knurrte Nio, dann sprang er plötzlich auf, um die Flucht anzutreten. Kaia beobachtete weiterhin sprachlos, wie er sich von ihr abwandte und nach drinnen verschwand. Als sie begriff, dass er wieder mal dabei war, sie einfach so zurückzulassen, kochten ihre Emotionen hoch. Er konnte ihr doch nicht so etwas sagen und sich dann aus dem Staub machen, erst recht nicht, wenn sie die Diskussion vor ihren Eltern nicht fortsetzen konnten. Was, wenn er diese Unterhaltung mit ihr als Anlass nahm, sie ein weiteres Mal zu ghosten, nur, um sich seinen Gefühlen und Ängsten nicht stellen zu müssen? Wütend schlug sie die Decke zur Seite und folgte ihm.
„Dein ernst, dass du jetzt einfach so abhaust?", fragte sie. Nio, der inzwischen die Zimmertür erreicht hatte, fuhr noch einmal zu ihr herum.
„Du hattest Recht. Es bringt nichts, wenn wir miteinander reden", erwiderte er, doch Kaia schüttelte energisch den Kopf.
„Was ist falsch mit dir, Nio? Sonst lässt du überall ungefragt den Testosteron-Bullen raushängen, der seine Männlichkeit nicht genug nach außen tragen kann. Du suchst regelrecht nach Schwierigkeiten, in die du dich werfen kannst, um dir selbst zu beweisen, was für ein krasser Typ du bist. Aber wenn es darum geht, dich vor mir geradezumachen, zu deinen Gefühlen zu stehen und nicht vor Problemen davonzulaufen, kneifst du?", forderte sie ihn heraus, reckte ihm das Kinn entgegen und sah ihm provokant ins Gesicht. Angesichts ihrer harten Worte blähte er die Nasenflügel auf und presste die Kiefer fest aufeinander.
„Wie redest du überhaupt mit mir?", wollte er wissen, den finsteren Blick starr auf sie gerichtet.
„So, wie du das brauchst, damit du mir wirklich zuhörst", sagte sie ungerührt. Nio schnaubte, strich sich mit der flachen Hand übers Gesicht. Selbst jetzt, wo er in der Situation hilflos und verloren wirkte, zog er sie magisch an. Die vollen Lippen leicht geöffnet, sah er auf sie herab, schien über seine nächsten Schritte nachzudenken. Kaias Bauch kribbelte verräterisch, während sie sich in seinen blauen Augen verlor. Sie wusste nicht, ob es richtig war, ihrer Sehnsucht nachzugeben, aber es fühlte sich gut an, dass es ihm ähnlich ging und er einfach nur Angst davor hatte, es zu riskieren.
Also nahm sie all ihren Mut zusammen, zog ihn am Kragen seines Hoodies zu sich herunter und presste ihre Lippen auf seine. Nio war so überrascht, dass er in seiner Bewegung erstarrte und die Augen aufriss. Ihre Wangen glühten, ihr Mund brannte, doch es war kein unangenehmes Brennen; im Gegenteil. Es war lieblich, wohltuend und machte Lust auf mehr. Endlich war er ihr nah; so nah, dass die Hitze, die sein Körper ausstrahlte, sich unmittelbar auf sie übertrug. Da er sich jedoch noch immer nicht regte, zog sie sich beschämt zurück. Doch gerade, als sie sich von ihm gelöst hatte, schlang er seine Arme um sie und zog sie mit einem bestimmten Ruck fest an sich, bevor er seine Lippen wieder auf ihre drückte und zufrieden in den zweiten Kuss hineingrinste. Kaia seufzte leise. Es fühlte sich unbeschreiblich an, seine Lippen auf ihren zu spüren. Sie waren ein wenig rau und schmeckten nach der Mische, die er eben noch getrunken hatte. Als er sie nochmal küsste, schlang sie ihre Arme um seinen Hals. Ihre Beine drohten nachzugeben, also klammerte sie sich regelrecht an ihm fest und krallte ihre Fingernägel in den Stoff seines Hoodies. Als er mit seiner Zunge in ihren Mund drang und seine Hände auf Wanderschaft gingen, ließ sie sich endgültig fallen und vergaß die Welt um sich herum. Er küsste sie intensiver, eroberte sie und ließ sie mit diesem Kuss spüren, dass er lang genug auf sie gewartet hatte.
Sie zog ihn mit sich aufs Bett. Er wehrte sich nicht, brachte sie stattdessen unter sich und sah auf sie herab. Sein Blick war derart tief und durchdringend, dass sie erschauderte. Seine Augen funkelten geheimnisvoll, doch er ließ ihr keine Zeit, länger darüber nachzudenken, sondern zog sie wieder zu sich heran und verschloss ihre Lippen mit einem weiteren Kuss. Er war viel weicher und zärtlicher als gerade eben. Seine Oberarme zitterten leicht, als er sich auf dem Ellbogen abstützte, um sich nicht vollständig auf sie sinken zu lassen.
Als er sich jetzt auf den Rücken drehte, zog er sie mit sich, so, dass sie nun auf ihm saß. Er sah zu ihr auf, betrachtete sie einen Augenblick, ehe sie sich wieder zu ihm herunterbeugte und er ihr einen weiteren Kuss gab, der sie die Welt um sich herum ausblenden ließ.
Immer wieder löste er den Kuss, knabberte an ihrer Unterlippe, saugte daran, leckte quälend langsam darüber, bevor sich ihre Zungen endlich wiederfanden, sich gegenseitig neckten, sich zurückzogen und sich erneut suchten.
Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als sie sich wieder von ihm löste. Einen Moment schauten sie einander schweigend in die Augen, versuchten, zu Atem zu kommen. Ihre Finger strichen ihm die Snapback vom Kopf, dann vergrub sie sie in seinem blonden Haar. Es war wunderbar voll und weich. Sie runzelte die Stirn, als er zurückwich und mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihr aufschaute.
„Das machst du aber nicht, wenn ich die frisiert habe", legte er klare Spielregeln fest. Kaia schmunzelte.
„Angst um deine schicke Hahnenfrisur?"
Er schnaubte.
„Hör mal, Mädchen. Dass du keine Ahnung von Style hast, sieht man schon daran, wie du immer deine Klamotten trägst."
Kaia sah ihm empört ins Gesicht.
„Ach ja? Was gefällt dir denn daran nicht?", wollte sie wissen.
„Die Hosen sind zu eng", sagte er. „Regt die Fantasie viel zu sehr an."
Kaia kicherte leise.
„Ist doch nicht mein Problem, wenn du deine Gedanken nicht unter Kontrolle hast."
„Es geht doch gar nicht um mich, sondern um die anderen Typen."
„Und was ist mit den Mädchen in diesen Läden, in denen du dich am Wochenende immer rumtreibst? Die haben praktisch gar nichts mehr an", fragte sie. Es machte ihr Spaß, ihn aus der Reserve zu locken.
„Mit denen bin ich auch nicht zusammen...", konterte er. Sie schmunzelte.
„Ach, wir sind jetzt also zusammen..."
Er runzelte die Stirn.
„Reiz mich jetzt nicht, okay? Ich habe dir gerade gesagt, wie viel du mir bedeutest. Meinst du, das sag ich jeder, oder was?"
Als Kaia ihm einen versöhnlichen Kuss aufdrückte, schloss er für den Moment die Augen. Plötzlich polterte es laut im Flur. „Kaia?"
Als sie die Stimme ihrer Mutter hörte, rutschte sie augenblicklich von Nio herunter. Der richtete sich in aller Ruhe auf und setzte sich die Snapback wieder auf den Kopf.
„Sekunde, Mom. Ich komme gleich", rief Kaia ihrer Mutter durch die geschlossene Tür zu und presste Nio ihren Zeigefinger auf die Lippen. Das Letzte, was sie nun gebrauchen konnte, war, mit ihm erwischt zu werden und nervige Fragen beantworten zu müssen.
„Es ist fünf vor 12. Wir gehen schonmal raus", ergänzte ihre Mutter überflüssigerweise.
„Okay. Ich schreibe nur schnell meine Nachricht an Alisha zuende, dann komme ich", schwindelte sie und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass ihre Antwort ausreichen würde, ihre Mutter abzuwimmeln. Tatsächlich hörte sie kurz darauf Schritte auf der Treppe. Nio griff nach ihrer Hand und biss ihr sanft in den Finger, den sie ihm gerade noch über den Mund gehalten hatte.
„Als ob denen nicht aufgefallen wäre, dass wir beide weg sind", grinste Nio kopfschüttelnd, dann zog er Kaia nochmal zu sich heran und gab ihr einen Kuss. Nur widerwillig löste sie sich von ihm und sie krabbelten aus dem Bett. Doch statt die Tür zu öffnen, blieb Nio noch einmal stehen, sah auf sie herunter und schlang seinen Arm um sie. „Ich schieße mit Papa Raketen in die Luft. Wenn der ganze Trubel vorbei ist, fährst du nach Hause. Ich komme nach und wir reden in Ruhe über alles. Deal?", schlug er vor.
„Okay", stimmte sie zu. Sie hielt den Atem an, als er ihr ein zufriedenes, strahlendes Lächeln schenkte.
„Gut", sagte er. „Küss mich nochmal."
„Küss du mich doch..."
Er verdrehte grinsend die Augen, bevor er sich zu ihr herunterbeugte und ihr einen Kuss auf die Lippen drückte.
„Daran könnte ich mich gewöhnen", murmelte er und küsste sie ein allerletztes Mal, dann gab er sie endgültig frei, setzte sein unergründliches Pokerface auf und öffnete die Tür. Kaia schlug das Herz bis zum Hals, als sie ihm nach unten folgte.
Hach, was soll ich sagen? Da haben sie sich doch noch gekriegt. Wurde ja auch langsam Zeit, oder? Glaubt ihr, dass die zwei eine Chance haben, wirklich glücklich zu werden? Ein letztes Kapitel kommt dann noch nächste Woche :D
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