09 | Herzrasen
Friends. Ich wünsche euch viel Spaß mit dem nächsten Kapitel :D
Kaia lächelte zufrieden, als sie dem Kassierer etwas später das Geld überreichte. Während sie bezahlte, stellte Nio ihre Ausbeute bemüht ordentlich und platzsparend wieder vom Band auf den Einkaufswagen. Sie beobachtete ihn lächelnd dabei, bevor sie ihm zur Hand ging.
„Danke, du warst mir echt eine große Hilfe", sagte sie, als er den Wagen ein Stück von der Kasse wegschob, um dem Kunden nach ihnen Platz zu machen.
„Ach, ich hab doch gar nichts gemacht", lächelte er schief und kratzte sich am Hals. Das erste Mal seit langer Zeit wirkte er für einen Moment aufrichtig verlegen. Ihr Bauch kribbelte verräterisch.
„Sollen wir vielleicht noch was essen gehen? Ich lade dich ein", sagte sie und deutete auf den Weg zur Cafeteria.
„Auf gar keinen Fall will ich, dass du für mich bezahlst", protestierte er und hob abwehrend die Hände.
„Mach dir nicht ins Hemd, okay? Ich möchte mich einfach bei dir für deine Hilfe bedanken", lächelte sie besänftigend. Einen Moment ließ er nachdenklich seinen Blick in Richtung der Essensausgabe schweifen, die vor lauter Kunden kaum noch zu sehen war.
„Sei mir nicht böse, aber hier ist es mir echt zu voll", sagte er schließlich. Er hatte recht. Es war wirklich viel los.
„Wenn du magst, komm doch noch mit zu mir. Mom und Dad sind eh nicht da. Wir könnten uns unterwegs irgendwas mitnehmen und bei uns essen", schlug sie vor. Er grinste.
„Okay. Klingt gut."
Etwas später fand Kaia sich gemeinsam mit Nio auf der gemütlichen Couch im Wohnzimmer wieder. Während er sich über ein paar Burger und Pommes hermachte, aß sie ihren Salat mit Putenbruststreifen und Croutons.
„Sicher, dass du keinen willst?", hakte er noch einmal nach und hielt ihr einen der noch verpackten Burger hin, die sie auf dem Rückweg bei einem Imbiss geholt hatten. Kaia schüttelte entschieden den Kopf.
„Nein, danke. Ich werde schon satt, ehrlich", beteuerte sie und aß wie zur Bestätigung ein Stück Pute. Nio, der gerade von seinem Burger abgebissen hatte, musterte sie skeptisch.
„Machst du jetzt auf Diät, oder was?", fragte er, als er das Stück heruntergeschluckt hatte. Sie wich seinem prüfenden Blick aus und piekte ein paar Salatblätter auf ihre Gabel.
„Ach was, nein. Hatte nur keinen Appetit auf Fast Food", schwindelte sie und schob sich schnell die Salatblätter in den Mund. Er sah sie noch einen Moment schweigend an, bevor er sich wieder seinem Burger widmete.
„Hast du heute noch was vor?", wechselte sie das Thema, um nicht weiter mit ihm darüber sprechen zu müssen. Er zuckte mit den Schultern.
„Vielleicht treffe ich mich noch mit Ramon und Paco."
„Was wollt ihr machen?", hakte sie neugierig nach. Er winkte ab.
„Ach, die wollen auf den Kiez, aber ich hab keinen Bock."
Sie zog skeptisch die Augenbrauen hoch.
„Warum nicht? Du gehst doch voll gerne raus."
Er schüttelte den Kopf.
„Eigentlich wollte ich noch ins Training und danach an ner Karre von nem Kunden rumschrauben", erzählte er. Sie runzelte die Stirn.
„Abends?"
„Mach ich oft", offenbarte er. Sie sah ihm verblüfft ins Gesicht.
„Wusste ich gar nicht..."
Er lächelte.
„Du hast nie gefragt", erwiderte er und aß den letzten Bissen seines Burgers, bevor er sich den nächsten nahm und ihn aus dem Papier wickelte. Sie deutete mit einem Nicken darauf.
„Ist das dann nicht kontraproduktiv?", hakte sie schmunzelnd nach. Er zuckte lediglich mit den Schultern.
„Ach, ich seh das nicht so eng. Ich hab immer Phasen, in denen es mir leichtfällt, auf meine Ernährung zu achten, und dann hab ich Phasen, da lass ich das einfach laufen. Wenn der Punkt kommt, an dem ich merke, ich gehe aus der Form, reiße ich mich wieder ein bisschen mehr zusammen. Alles in allem hab ich einen guten Stoffwechsel, also passt das schon", antwortete er und biss genüsslich von dem Burger ab. Als sie merkte, dass das Gewissen an ihr nagte, weil sie schon ewig nicht mehr beim Sport gewesen war, biss sie sich auf die Zunge.
„Angeber", murmelte sie mürrisch. Er lachte. „Du musst deinen Job echt mögen", griff sie nun nochmal den zweiten Teil seiner Antwort auf. Er nickte.
„War die beste Entscheidung, die ich treffen konnte", antwortete er. „Ich liebe, was ich tue, und es fühlt sich keine Sekunde nach Arbeit an", sagte er und nahm noch einen Bissen. Sie aß noch etwas von ihrem Salat und musterte ihn nachdenklich.
„Klingt, als wärst du richtig happy mit deinem Job."
„Wäre doch scheiße, was zu machen, wo ich mich jeden Tag hin quälen muss", gab er zurück. Sie nickte.
„Was willst du machen, wenn du mit deinem Studium fertigbist?"
„Weiß noch nicht", sagte sie. „Ich will mich da nicht so festlegen."
„Hast ja auch noch ein bisschen Zeit", sagte er, während sie den Rest ihres Salats mit zwei Stücken Fleisch auf ihre Gabel piekte.
„Zum Glück", seufze sie, bevor sie sich alles in den Mund schob und den Teller zur Seite stellte. Nio aß unterdessen den letzten Happen seines Burgers. Während sie einen Schluck trank, wischte er sich mit einer Serviette den Mund und die Finger ab. Dann warf er sie auf den leeren Teller. Sie stapelte das dreckige Geschirr ineinander.
„Warte, ich helfe dir", sagte er und begann damit, den Tisch abzuräumen. Sie beobachtete ihn stirnrunzelnd dabei, als er aufstand und es in die Küche trug. Mit dem Papiermüll in der Hand folgte sie ihm, um dort alles zu entsorgen. Anschließend musterte er sie ernst.
„So. Und jetzt sag... wieso isst du nicht, worauf du Bock hast?", fragte er und nahm sie prüfend ins Visier. Sie biss sich ertappt auf die Zunge.
„Ich hatte einfach keinen Appetit auf Burger, hab ich doch gesagt", schwindelte sie.
„Bullshit. Du glaubst, es stimmt, was Vicky gestern gesagt hat."
Sie seufzte schwer.
„Naja, ein bisschen ist es ja auch so; ich habe nun mal keine Modelfigur."
Er schüttelte den Kopf, dann machte er ein paar Schritte an sie heran und blieb unmittelbar vor ihr stehen. Sie biss sich auf die Zunge, als der verführerische Duft seines Parfums ihr in die Nase stieg.
„Und das ist auch gut so", sagte er entschieden. „Ich steh auf deine Kurven. Okay? Also lass dir von der nichts anderes erzählen."
Sie glaubte, unter seinem intensiven Blick zu erröten. Seit wann konnte er sie dermaßen nervös machen?
„Es geht ja auch gar nicht um dich, sondern um mich", gab sie vor. Er zog die Augenbrauen zusammen.
„Kann es sein, dass es ein bisschen was von beidem ist?"
Sie atmete schwer.
„Vielleicht."
„Ich meinte das ernst, was ich gesagt habe. Ich stehe auf dich – und zwar genauso, wie du bist. Du machst dir viel zu viele Gedanken und siehst Probleme, wo keine sind. Du bist perfekt, Kaia", versicherte er ihr.
Sie schaute zu ihm auf und nagte hadernd an ihren Lippen. Wann war er eigentlich zu diesem tollen Mann geworden, der gerade vor ihr stand? Warum bemerkte sie das erst jetzt? Und weshalb musste er trotz allem seinem Vater nacheifern, auf dem Kiez rumhängen und sich ständig in Schwierigkeiten bringen? Sie strich sich seufzend durch die Locken.
„Keine Ahnung, was mit mir los ist. Irgendwie stört es mich, dass du ständig ein anderes Model an der Hand hattest, die du dir am besten noch aufm Kiez aufgerissen hast", räumte sie leise ein. Er biss sich auf die Unterlippe.
„Hör zu, wegen dieser Kiezsache..."
Sie zog die Augenbrauen zusammen.
„Was ist damit?"
„Ich weiß genau, dass es dich stört, wenn ich da rumhänge...", offenbarte er ihr. „Aber du musst dir echt keine Gedanken machen. Ich geh nicht raus, weil ich Bock auf andere Frauen hab."
Sie seufzte. Ihre gerade noch so gute Stimmung drohte zu kippen.
„Lass uns bitte nicht darüber sprechen", sagte sie leise.
„Ich will das jetzt gar nicht so großmachen. Aber du hast das vorhin angeschnitten und danach so abgetan und ich wollte dich einfach wissen lassen, dass ich den Kiez nicht brauche."
Eine wohlige Wärme breitete sich von ihrem Bauch in ihrem gesamten Körper aus. Zu hören, dass ihm ihre Zweifel durchaus aufgefallen und ihre Bedenken wichtig waren, gab ihr ein gutes Gefühl. Es zeigte, dass sie ihm wichtig war. Manchmal war er empathischer, als sie es ihm zutraute.
„Ich häng da nur so zum Spaß rum, um Zeit mit meinen Jungs zu verbringen. Und klar habe ich da hin und wieder eine kennengelernt. Aber die Frauen jucken mich wirklich null, die können mir nicht das geben, was ich bei dir habe", ergänzte er. Ihr Herz begann wie wild zu klopfen.
„Marten wäre sicher traurig, wenn du ihn nicht mehr besuchst", kommentierte sie dennoch, um ihn noch ein wenig mehr Schmeicheleien zu entlocken, weil es sich so gut anfühlte, sie zu hören. Aber er zuckte lediglich unbeeindruckt mit den Schultern.
„Der ist ganz froh, wenn ich mich da nicht blicken lasse. Glaub mir."
„Kann ich verstehen. Ich finde es auch unnötig, dass du da rumhängst. Wenn ich an die ganzen zwielichtigen Gestalten denke, die du kennst, wird mir richtig schlecht. Und wir wissen beide, dass du ein Hitzkopf bist. Ich mache mir einfach Sorgen, dass du dich in Schwierigkeiten bringst", sagte sie ehrlich. Ein sanftes Lächeln huschte über seine Mundwinkel.
„Ich geh da nur hin, um abzuschalten. Manchmal schraube ich stundenlang an Autos rum, um den Kopf freizukriegen. Aber ab und zu muss ich einfach mal was anderes sehen. Und dann fahre ich da hin, trinke ein bisschen was und verschwinde irgendwann wieder. Aber ich würde tausend Nächte umgeben von halbnackten Frauen sofort gegen eine Stunde mit dir tauschen", erwiderte er, seine blauen Augen noch immer fest auf ihre gerichtet. Ihr Mund wurde trocken, als sie Gefahr lief, sich in ihnen zu verlieren. Sie schmunzelte zufrieden.
„Das war süß."
„Ich weiß, kann ich gut", lobte er sich selbst mit einem süffisanten Grinsen auf den Lippen. Sie verdrehte die Augen.
„Okay, und schon ist der Moment dahin", kommentierte sie trocken und schob sich an ihm vorbei.
„Hey. Warte mal...", sagte er, griff nach ihrem Handgelenk und drehte sie wieder zu sich herum. Sie versuchte, das Kribbeln in ihrem Bauch zu ignorieren, doch als er die letzte Distanz zwischen ihnen überbrückte, wurde es so stark, dass sie das Gefühl hatte, vollends davon eingenommen zu werden.
„Ich habe jedes Wort ernstgemeint", versicherte er so leise, dass ihre Nackenhärchen sich aufstellten und ihr ein wohliger Schauer über den Rücken lief. Er war ihr auf einmal so nah, dass seine Körperwärme sich auf sie übertrug. Ihr Herz raste, als sie sich nun doch in seinem tiefen Blick verlor. Ihre Haut brannte unter seiner Berührung, doch da sie buchstäblich mit dem Rücken zur Wand stand, konnte sie nicht zurückweichen. Er nahm sie zwischen der Fassade und sich selbst gefangen, während sein Blick sich in ihren bohrte.
Für einen Moment traute sie sich nicht einmal mehr zu atmen. Sie spürte seinen Atem auf ihrer Wange, bevor seine Lippen ihre streiften. Sie wollte endlich so von ihm geküsst werden, dass ihr schwindelig wurde. Doch so sehr sie sich auch danach sehnte – so leicht würde sie es ihm ganz sicher nicht machen; nicht, nach allem, was passiert war. Als er nun seine Lippen auf ihre senkte, drehte sie ihren Kopf zur Seite, sodass er lediglich ihren Mundwinkel traf, ehe sie sich mit wild klopfendem Herzen an ihm vorbeidrückte.
Nio schaute Kaia einen Moment sprachlos hinterher. Die Luft um sie herum schien noch immer zu brennen, doch statt sich auf den Kuss einzulassen, war sie einfach geflohen. Nio schüttelte fassungslos den Kopf.
„Lässt du mich jetzt echt einfach so stehen?", platzte es aus ihm heraus, als er schließlich seine Sprache wiederfand und ihr in den Flur folgte. Ihm war das Schmunzeln auf ihren Lippen nicht entgangen, als sie sich davongestohlen hatte. Als sie den Eingangsbereich erreichte, drehte sie sich mit einem zuckersüßen Lächeln auf den Lippen zu ihm um.
„Was denn?"
Er überbrückte die letzte Distanz zwischen ihnen mit ein paar Schritten, dann blieb er dicht vor ihr stehen. Seine Augen funkelten aufgeregt.
„Du weißt schon, dass ich kriege, was ich will?"
Ihr Herz raste, denn auch sie hätte nichts lieber getan, als ihn jetzt einfach zu küssen. Lang würde sie ihm jedenfalls nicht mehr widerstehen können, ganz egal, wie sehr sie ihn bis aufs Blut reizen und seine Absichten aus ihm herauskitzeln wollte. Sie hielt den Atem an, als er seine Hände an ihre Taille legte und sie dicht zu sich heranzog. Plötzlich kratzte ein Schlüssel in der Haustür und Kaia zuckte zusammen.
„Glück für dich", raunte er ihr leise zu, ehe er sich von ihr löste, die Tür sich öffnete und Cassie und John vor ihnen standen. Von einer Sekunde auf die andere wurde Kaia so heiß, dass sie glaubte, sie würde jede Sekunde in Flammen aufgehen. Dennoch gelang es ihr, ihre Nervosität mit einem Lächeln zu überspielen.
„Hey", sagte sie zu ihren Eltern. Nio hatte bereits sein charmantestes Lächeln aufgesetzt und schloss betont unschuldig ihre Mutter in die Arme.
„Hey, was machst du denn hier?", fragte Cassie, als sie sich von Nio löste und er sich John für eine Umarmung zuwandte.
„Kaia wollte ein paar Sachen für ihre Wohnung besorgen. Also hab ich ihr kurz dabei geholfen", erklärte er knapp und drückte seinen Patenonkel kurz an sich. John seufzte schwer.
„Dieses leidige Thema also", kommentierte er und warf seiner Tochter einen flüchtigen Blick zu. Kaia wusste, dass es ihm noch immer zusetzte, dass sie nicht einfach in die Eigentumswohnung ziehen wollte, die er für sie gekauft hatte, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war.
„Seit wann hast du denn Ahnung von Innenausstattung?", stichelte Cassie an Nio gewandt, während sie ihre Schuhe auszog. Kaia war ihrer Mutter dankbar dafür, dass sie die Situation rettete, ehe ihr Vater einmal mehr darauf herumreiten konnte, wie unnötig er Kaias Entscheidungen fand.
„Was ist falsch mit den Frauen in deiner Familie?", fragte er John. Der grinste.
„Wenn ich das wüsste, würden wir heute hier nicht stehen."
„Bleibst du noch?", wollte Cassie wissen, doch Nio schüttelte zu Kaias Erleichterung den Kopf.
„Nee, wollte noch zum Training und danach was an ner Karre rumschrauben", erzählte er, bevor er sich Kaia zuwandte und ihr einen neutralen Blick schenkte.
„Also, danke fürs Essen", sagte er, bevor er sie behutsam zu sich heranzog.
„Danke, dass du mitgekommen bist", erwiderte sie und ließ sich von ihm in eine Umarmung ziehen. Er berührte sie fast schon unschuldig, darauf bedacht, vor ihren Eltern keinen Verdacht zu erwecken. Sie sog ein letztes Mal für diesen Tag den verführerischen Duft seines Parfums ein und erwischte sich dabei, wie sie kurz die Augen schloss, um seine Nähe zu genießen, die sich seltsam vertraut anfühlte. Ihr Bauch kribbelte wie verrückt, während seine Körperwärme sie einhüllte. Sein Atem kitzelte an ihrem Ohr, kurz bevor er ihr etwas hineinflüsterte. „Das nächste Mal kommst du nicht so leicht davon."
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich mag ihn schon ein bisschen. Was sagt ihr? Würdet ihr ihm eine Chance geben, oder wäre euch das alles zu heikel unter den ganzen Voraussetzungen?
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